Zwei besondere Bäume fallen Fäulnis und Borkenkäfer zum Opfer
Stadt muss Linde und Weidefichte fällen lassen

Eine traurige Nachricht für Naturfreunde hatte Konrad Ginter im Gemeinderat. Zwei wohlbekannte Bäume müssen krankheitsbedingt gefällt werden: die Linde gegenüber vom ehemaligen Speckseppleshof an der Ecke Vier-Häuser-Straße/ Rottweiler Straße in Sulgen und die große Weidefichte an der Hornberger Straße von Langenschiltach nach Oberreichenbach bei der Abzweigung zum Gasthaus „Deutschen Jäger“.
Schramberg. Ein Baumgutachter habe die Bäume untersucht und festgestellt, sie seien „nicht zu retten“, berichtete der Leiter der Abteilung Tiefbau Konrad Ginter. An der Linde in Sulgen seien Pilzfruchkörper und damit Fäulnis am Fuß des Baumes und in einer Gabelung gefunden worden.


Borkenkäfer zerstört Deutschlands dicksten Baum
Die Fichte am Windkapf habe der Borkenkäfer heimgesucht. „Sie muss gefällt werden.“ Besonders bitter: Die Fichte gilt seit 1950 als Naturdenkmal und steht deshalb unter besonderem Schutz.
Da das Fällen von so markanten Bäumen zu Fragen aus der Bevölkerung führe, informiere die Stadt im Vorfeld darüber, so Ginter.
Eine Fichte mit Geschichte
Die Weidefichte vom Windkapf hat eine ganz besondere Geschichte: Im März 2008 besuchten Landrat Wolf-Rüdiger Michel, der damalige Schramberger Oberbürgermeister Herbert O. Zinell, Ortsvorsteher Klaus Köser und Vertreter der evangelischen Stiftung Pflege Schönau die Fichte. Damals hatten Baumexperten festgestellt, dass diese Fichte wohl Deutschlands dickster Baum sei. Landrat Michel wies auf die Naturdenkmaleigenschaft hin. Die Fichte habe die Nummer 159.

Nur Weidefichten können so dick werden
Förster Holger Thoma von der evangelischen Stiftung, auf deren Grund der Baum steht, erklärte, sie sei so dick geworden, weil sie nie in einem Waldverbund stand. Ihre grüne Krone reicht nämlich von ganz unten bis zur Spitze, und die Krone sei der „Wachstumsmotor“ für die Bäume. Für ihn als Förster sei sie wegen der vielen Astlöcher „wirtschaftlich uninteressant“.
Dennoch sei sie ganz wichtig für sein Revier: „Ein früherer Waldbauprofessor von mir hat immer gesagt, solche Bäume braucht man in jedem Revier als Biotop für Kobolde und Waldgeister“, erzählte Thoma lachend.
Dass man nun wisse, dass die Fichte Deutschlands dickster Baum sei, habe man Baumfans zu verdanken, erzählte damals Zinell. Die hätten bei allen registrierten Naturdenkmalen nachgeforscht und festgestellt, „unsere Weidfichte ist deutschlandweit die dickste.“ Und tatsächlich: In einem Meter Höhe gemessen hatte der Baum im Jahr 2008 einen Umfang von 6,31 Metern und war damit etwa 80 Zentimeter dicker als eine Fichte im Taunus.

Hat Napoleon hier schon Rast gemacht?
Diese Fichte hat aber auch historisch eine besondere Bedeutung. Im Raum Tennenbronn -Langenschiltach – Reichenbach halte sich das Gerücht, schon der französische Kaiser Napoleon habe die Windkapf-Fichte gekannt, erzählte der damalige Tennenbronner Ortsvorsteher Klaus Köser: „Auf seinem Zug vom Rheingebiet hoch in den Schwarzwald soll Napoleon hier Rast gemacht haben.“
Nun also sind wegen eines Millimeter großen Tierchens die Tage dieses wunderschönen Baumes gezählt. Der Borkenkäfer straft Landrat Michel Lügen. Michel scherzte nämlich in März 2008: “Es ist ja ein kirchlicher Baum, und der Herrgott lässt seine Kirche und auch ihre Bäume nicht im Stich!“
