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Fehlt immer noch der Sparwille?

Schwierige Haushaltsplanberatungen

 Ein erhebliches Minus im Ergebnishaushalt weist der Haushaltsplan 2026 der Stadt Schramberg aus. Aus den 1,7 Millionen Defizit, die noch in der Vorlage von Kämmerer Klemens Walter standen, würden nur noch 800.000 Euro. Die Stadt darf nämlich mit 900.000 Euro mehr aus dem Finanzausgleich rechnen. Dennoch haben die Gemeinderätinnen und Räte im Anschluss an Walters Bericht nach weiteren Einsparmöglichkeiten gesucht, um wenigstens auf eine Null zu kommen. Insgesamt fast 76 Millionen Euro stecken im Ergebnishaushalt.

Schramberg. Walter erinnerte daran, dass Schramberg bis Corona „immer mehr Erträge aus Ausgaben“ zu verzeichnen hatte. Wegen der guten Jahre 2022 und 23 habe Schramberg weniger Geld aus dem Finanzausgleich (FAG) erhalten. Nun allerdings profitiere die Stadt von den folgenden schlechteren Jahr 2024 und erhalte erhöhte Zuweisungen. Weil aber die Aufwendungen weiter stiegen, sprach Walter von „keiner guten Entwicklung“.

Stadtkämmerer Klemens Walter. Foto: him

Die beschlossenen Haushaltseinsparungen von 25 Prozent und dann nochmals zehn Prozent könnten „die Mindererträge im Millionenbereich nicht in kurzer Zeit kompensieren“. Bei der Gewerbesteuer rechnet Walter im Jahr 2026 mit 16,6 Millionen, gut 15 Millionen seien Vorauszahlungen. In früheren Jahren nahm Schramberg um die 25 Millionen ein. Deshalb rechnet der Kämmerer mit einem leichten Anstieg in den Folgejahren. „Etwas Optimismus kann man haben.“

Große Schwankungen bei der Gewerbesteuer. Foto: him

Vereinszuschüsse

Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch ging kurz auf die Vereinszuschüsse ein. Die SG Schramberg muss in zwei Hallen in Sulgen dringend Dach und Böden sanieren. Diese Investitionen seien unabweisbar und betrügen für die Stadt 56.5000 Euro.

Den Zuschuss für einen Orgelwettbewerb kürze die Stadt von 5000 Euro auf 3250 Euro. Bei der Musikschule handle es ist in erster Linie um Personalkosten für die Lehrkräfte, da gebe es keine Kürzungsmöglichkeiten.

Fast alle Stellen sind besetzt

Fachbereichsleiter Christian Birkle erklärte bei den Personalkosten von gut 24 Millionen Euro gehe man von einer globalen Minderausgabe von 500.000 Euro aus. Damit liege man deutlich niedriger als in den Vorjahren. Der Grund: 97 Prozent der Stellen seien besetzt. Das sei der schlechteren Konjunktur geschuldet. Neue Stellen seien nur für die Betreuung im Kita- und Schulbereich beantragt.

Die Schwere zwischen Einnahmen (gelb) und Ausgaben (grau) geht auseinander. Foto: him

Mangelnder Sparwillen

In der Aussprache hat sich der Sprecher der CDU-Fraktion Thomas Brantner über noch nicht ausreichenden Sparwillen in der Verwaltung beklagt. Die Sachkosten stiegen von 13,5 auf 14 Millionen Euro, monierte er. Die Konjunktur sei weiter schwach. Er wundere sich deshalb, weshalb die Verwaltung dennoch mit 50 Prozent mehr Gewerbesteuer in den Folgejahren rechne. Seine Fraktion habe „Änderungswünsche, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen“, so Brantner.

Er erinnerte an eine CDU-Forderung von vor 25 Jahren. Damals habe seine Partei eine Kürzung beim Personal um fünf Prozent gefordert. Das sei damals der richtige Ansatz gewesen. Er plädiere dafür, nur solche Stellen neu zu schaffen, bei denen es auch eine Förderung gebe.

Man könne auch bei bestimmten Stellen wieder kürzen, nämlich da, wo man freiwillig über die gesetzlichen Vorgaben gehe, etwa bei den Leitungsstellen in Kitas. Um die fehlenden 800.0000 Euro auszugleichen, schlug er vor, die Minderausgabe beim Personal auf eine Million hochzusetzen. Der Rat votierte später mit großer Mehrheit dafür.

Jürgen Reuter (Aktive Bürger) wollte wissen, wie belastbar die zusätzlichen 900.000 Euro aus der FAG-Umlage seien. Das sei belastbar, darauf müssten sich die Kommunen verlassen können, erwiderte Walter.

Jürgen Winter (CDU) bedauerte, dass die Stadt in den vergangenen zehn Jahren viele Maßnahmen „verschleppt“ habe. „So schlimm war es in den vergangenen 25 Jahren noch nie.“ Die Stadt habe es nicht geschafft, die Premiumprojekte wie Halle Tennenbronn, Schulcampus und Sanierung des Gymnasiums „auf die Reihe zu bringen“. Er beobachte „Lethargie und Mutlosigkeit“ in der Verwaltung, die großen Dinge anzugehen.

„Durchgewurstelt?“

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr nannte Zeit, Geld und Personal als „zentrale Gelingensfaktoren“. In der Abteilung Hochbau habe es lange nicht genug Personal gegeben. Der damalige Abteilungsleiter habe „sich durchgewurstelt und alles gleichzeitig versucht“. Jetzt habe man eine schlagkräftige Truppe, so Eisenlohr. Nur jetzt fehle das Geld. Der politische Wille sei dagewesen, so Eisenlohr.

Tanja Witkowski monierte für ihre SPD-Buntspecht-Fraktion ebenfalls mangelnden Sparwillen. In der Haushaltsstrukturkommission sei es bisher nicht gelungen, mehr als 800.000 Euro einzusparen. Es sei „schlechter Stil“, einem ehemaligen Mitarbeiter vorzuwerfen, dieser habe „vor sich hin gewurstelt“, kritisierte sie Eisenlohr.

Ihr Fraktionskollege Reinhard Günter erinnerte daran, dass man durchaus eine Reihe großer Projekte umgesetzt habe: das Hallenbad badschnass, das Freibad in Tennenbronn, den Rathausplatz. „Das, was am kaputtesten war, haben wir erneuert.“

Clemens Maurer (CDU) wunderte sich, dass sich die Haushaltssperren nicht stärker auswirkten. Die Kämmerei vermutete dazu, dass man in diesem Jahr unter den veranschlagten 13,7 Millionen bei den Sachkosten bleibe. Bislang seien 10,3 Millionen ausgegeben worden.

Maurer plädierte bei den Betreuungskosten nur dann etwas zu tun, wenn das Land auch zahle. „Wir müssen den Mut haben, Nein zu sagen.“ Insgesamt schlug er vor, beim Personal auf Neubesetzungen zu verzichten oder innerhalb der Verwaltung umzubesetzen.

Die Rätinnen und Räte sind alle Posten durchgegangen. Foto: him

Sparvorschläge

Ins selbe Horn stieß Udo Neudeck (Freie/Neue Liste), das Land müsse die Ganztagsbetreuung gegenfinanzieren. Er fragte, weshalb die Gestaltung des Außenbereichs der Kita Kirchplatzschule eine halbe Million Euro kosten werde. Die Erdarbeiten seien sehr teuer, so Eisenlohr.

Dominik Dieterle (CDU) schlug vor, die Honorare für Gutachten von 800.000 Euro auf 720.000 Euro zu kürzen. Das hat der Rat dann auch gleich beschlossen.

Susanne Andreae (SPD-Buntspecht) wollte wissen, weshalb die Stadt Gutachterkosten für die Hausarztversorgung einplane. Da gehe es um ein Kreisprojekt. Der Haushaltsansatz sei ein „Platzhalter“, so Birkle. Die Facharztversorgung sei problematisch, meinte Jürgen Winter. Da sei es sinnvoll, sich Gedanken zu machen.

Brantner fand, bei den zwei Millionen für IT müssten sich 100.000 Euro sparen lassen. Bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen hat der Rat das beschlossen. Brantners Fraktionskollegin Barbara Kunst regte an, auf „open source“-Software zu wechseln. Eisenlohr fand die Anregung gut. Man sei dabei, bei der Software „auszumisten“.

Digitalisierung der Bauakten: Reuter kassiert Ordnungsruf

Umstritten war die Digitalisierung der Bauakten für 360.000 Euro. Abteilungsleiterin Linda Niebel wies darauf hin, dass Bauanträge nur noch digital eingereicht werden dürfen. Um nachschauen zu können, was bisher in dem Gebiet vorgegeben und entschieden worden war, sei es erforderlich, die alten Akten digital zu haben.

Jürgen Reuter rief dazwischen, in der Sitzung im Ausschuss für Umwelt und Technik sei von 80 Anfragen im Jahr die Rede gewesen. Als er auch die Antwortende unterbrach, erteilte ihm Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr einen Ordnungsruf. (Höchst ungewöhnlich, in etwa zwei Jahrzehnten als Berichterstatter habe ich das zum ersten Mal erlebt.)

Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß versicherte: „Wir brauchen es für die tägliche Arbeit, es wäre sonst ein Riesenaufwand.“ Bei acht Enthaltungen und einer Gegenstimme beschloss der Rat die Bauakten digitalisieren zu lassen.

Noch Geld für Erhard-Junghans- und Peter-Meyer-Schule ausgeben?

Brantner schlug vor, die geplanten Investitionen in die Peter-Meyer- und die Erhard-Junghans-Schule zu reduzieren, weil die Schulen ja eigentlich durch den Schulcampus ersetzt werden sollen. Der neue Leiter der Abteilung Hochbau Etienne Seif wies darauf hin, es gehe um Brandschutz, Sicherheitstechnik und Hygiene. Dinge, die „absolut notwendig“ seien, wie Eisenlohr ergänzte. Auch wisse man nicht, wie rasch es beim Schulcampus vorangehe, meinte Tanja Witkowski.

Auf Vorschlag von Udo Neudeck wird sich der Ausschuss für Umwelt und Technik mit dem Thema befassen. Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) und Stefan Grimm (Freie/Neue Liste) wollten „nie und nimmer“ beim Brandschutz sparen oder sahen die Gefahr, die Unfallkasse könnte die Schulen schließen.

Dominik Dieterle erkundigte sich, was mit den Modulen der Kitas Kirchplatzschule und Don Bosco geschehen soll. Die Erhard-Junghans-Schule würde als „neue Startchancenschule“ die Don-Bosco-Module gerne weiter nutzen, berichtete Seif ganz aktuell. Das werde gerade geprüft.

Fachbereichsleiter Bent Liebrich berichtete, die Module vom Kirchplatz könnten bei der Grund- und Werkrealschule genutzt werden. Das alles sei aber noch ganz neu. Entscheiden werde dann der Gemeinderat.

Finanzhaushalt

Zum Finanzhaushalt, in dem die Investitionen der Stadt stecken, berichtete Kämmerer Walter, der Ergebnishaushalt trage nichts bei. Die Liquiditätsreserven seien aufgebraucht. Investitionen könne die Stadt nur über Kredite finanzieren.

Prognostizierter Anstieg der städtischen Schulden. Foto: him

Dennoch bestehe „keine Gefahr“, dass der Haushalt nicht genehmigt werde. Aus dem Sondervermögen des Bundes rechnet Walter mit 12,7 Millionen in zwölf Jahren. „Wie das abgerufen werden kann, ist noch nicht klar.“ Weiter hofft Walter auf mehr Mittel aus der Finanzausgleich und für die Ganztagsbetreuung vom Land.

Dafür investiert die Stadt ihre Haushaltsmittel. Foto: him

Mobiler Blitzer kommt

Udo Neudeck beantragte, die 270.000 Euro für einen „Enforcement Trailer“, also einen mobilen Blitzer, zu streichen. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr erinnerte daran, dass man dann auch die 200.000 Euro Einnahmen im Ergebnishaushalt streichen müsse. Man könnte auch eine billigere Version für 150.000 Euro kaufen. Diese wäre dann aber nicht mit den anderen Blitzeranlage im Stadtgebiet kompatibel.

Denkbar knapp mit 15 Nein- und 14 Ja- Stimmen bei zwei Enthaltungen wurde Neudecks Antrag abgelehnt. Nun soll sich der Ausschuss für Umwelt und Technik mit dem Thema befassen.

Auf Nachfrage von Clemens Maurer zum Parkierungskonzept erklärte Eisenlohr, der Rat solle erst die neue Parkgebührenordnung beschließen. Die Schilder ließen sich über die Unterhaltskosten beschaffen, so Rehfuß.

Bei zwei Gegenstimmen der Aktiven Bürger hat der Gemeinderat den Haushaltsplanentwurf beschlossen.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.
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