Zu Weihnachten erhielten die Freunde des Künstlers Rolf Storz aus Schiltach stets eine mit besonderer Liebe ausgewählte Karte und sehr persönlichen Worten. In diesem Jahr erreichte sie über eine bewegende Anzeige in der Lokalpresse die Nachricht von seinem Tod. Nachdem sich der Künstler in den letzten Jahren in eine eremitisch-asketische Stille zurückgezogen hatte, schlief er am 17. Dezember nach kurzer, schwerer Krankheit friedlich und würdevoll ein, wie er es sich gewünscht hatte – voller Dankbarkeit auf die Freundschaft und Unterstützung in seinen letzten Lebenstagen blickend.
Schramberg. Seine Heimatstadt Schiltach und seine Geburtsstadt Schramberg trauern um einen ihrer bedeutendsten und profiliertesten zeitgenössischen Künstler, der in unserer Zeit ein Solitär war. Rolf Storz setzte sich mit einem sehr hohen Anspruch jenseits von Kunstmetropolen, -märkten- und -vereinen für Ideale der Kunst ein, die es heute in allgemeiner Beliebigkeit kaum mehr gibt. Seine auf den ersten Blick sehr gegensätzliche Schaffensphasen verbindende Leitfrage war von Anfang an: „Mensch, wer bist Du?!“

Kindheit und Jugend in Schramberg
Der Künstler wurde am 7. Juni 1956 als einziges Kind des Schreiners Arthur Storz (1923 – 1997) und seiner Ehefrau Martha Storz (1922 – 2010) in Schramberg geboren. In der Umgebung seines Elternhauses im Gasthaus „Goldener Stern“ an der alten Steige und am Vogtsbach erlebte er ein seine selten empfindsamen Sinne erweckendes Kinderparadies mit besonderer Natur und besonderen Menschen.
Und schon früh erspürte er in seiner Umwelt die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges mit den von ihr hinterlassenen Schicksalen – wie einen „tiefen Staub“ auf einer „gefegten Straße“, wie er die „bleierne Stille“ im „Wirtschaftswunder“ einer verdrängenden Nachkriegsgesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland anklagte.

Der „Unrechtstod“
Der „Unrechtstod“ wurde deshalb zu einem seiner großen künstlerisch-menschlichen Themen – manifestiert in seinen Hauptwerken: Einerseits der Bildskulptur „Neunte Stunde“, einer zutiefst erschütternden Darstellung des gekreuzigten Christus aus dem Jahr 1991, die heute in der Evangelischen Kirche in Wolfach zu sehen ist.
Zum anderen in seinem Entwurf für das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in Berlin im Jahr 1994, einem von insgesamt acht preisgekrönten Entwürfen in einem Bundeswettbewerb, zu dem von den namhaftesten Künstlern der Welt insgesamt 528 Beiträge eingereicht worden waren.

Langer Weg zur Kunst
Rolf Storz arbeitete zuerst als Stadtgärtner in Schramberg und war seit 1987 freischaffender Künstler in Schiltach, wo er seit 1982 wohnhaft war. Ein ermutigendes Wort des Kunsterziehers Franz Krisch (1915 – 1973) am Gymnasium Schramberg wies dem suchenden jungen Menschen den Lebensweg zum Künstlertum, so dass er sich 2016 auch an der Ausstellung „Generation Franz Krisch“ von Podium Kunst Schramberg beteiligte.
Die Reihe seiner eigenen Ausstellungen begann 1981 im „Park-Hotel“ in Schramberg, dessen Atmosphäre er liebte – und endete 2015 im Rathaus der Stadt Schiltach, in dem mehrere seiner Bilder durch Ankäufe heute auch dauerhaft zu sehen sind.

Sein insgesamt 167 Arbeiten umfassendes Werk besteht aus einem gegenständlichen Frühwerk vor allem aus altmeisterlichen „Menschenbegegnungen“ und einigen Landschaften sowie einem nicht-gegenständlichen Hauptwerk aus ebenfalls altmeisterlich gemalten, aber abstrakten Bildkompositionen voller Farben und Emotionen, die aus den Tiefen seiner Seele kamen.
Als Künstler wie als Mensch fühlte er sich eng der Romantik des 19. Jahrhunderts verbunden, an welche die Bildkompositionen seines Hauptwerkes unübersehbar erinnern. Sein handschriftlich geführtes Werkverzeichnis und seine Pressedokumentation hat der Künstler als Erbe und Auftrag dem Stadtarchiv und Stadtmuseum seiner Geburtsstadt Schramberg vermacht.
Lebenslange Suche
Seine Bilder entstanden in der großen Einsamkeit eines Menschen in lebenslanger Gottes- und Selbstsuche – und gewannen daraus ihren berührenden Ausdruck. Mit jedem Bild gebe er ein Stück von sich selbst weg, sagte Rolf Storz einmal – und jedes Bild hinterlasse deshalb auch eine Narbe, die erst verheilen müsse.
Diese Einsamkeit machte den Künstler letztlich zum Einsiedler. Seinen stillen Weg ging er aber bewusst für alle, erinnerte er doch kurz vor seinem Tod noch mit einem Zitat daran, „denn von dem, was aus großer Einsamkeit kommt, leben als dann die Vielen.“




