Dienstag, 19. März 2024

„3x lauter Knall“ bei Villingendorf – eine Spurensuche

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„23.30 // 3x lauter Knall, was war das?“ Das fragt ein Nutzer auf Facebook, in der Gruppe „Du weißt, dass Du aus Villingendorf bist…“ Parallel fragt eine Leserin bei der NRWZ an. Wir hören uns um. Und können das Rätsel leider nicht lösen.

Ich wollte Sie fragen, ob Sie etwas von den Explosionen wissen, die man diesen Monat schon zwei Mal nachts zwischen 23.15 Uhr und 23.30 Uhr in Villingendorf gehört hat. Das erste Mal hörte man 3 Explosionen am 04.02.21 und heute am 23.02 wieder 3 Explosionen. Ãœber eine Antwort wäre ich sehr dankbar.“

Eine NRWZ-Leserin per Direktnachricht an die Redaktion

An diesem Mittwochmorgen liegt diese Nachricht im Posteingang. Die NRWZ fragt nach – bloß wo? Polizei, Feuerwehr, Bürgermeister, Jäger fallen uns ein. Sie alle antworten rasch.

„Vielleicht ein Meteorit?“

Der Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz ist an diesem Morgen wieder früh am Schreibtisch. Um 7.39 Uhr erreichen wir ihn, er ist bereits auf dem Laufenden. Der „Südkurier“ habe da was von einem lauten Knall berichtet, das habe er am Morgen gelesen. „Der mysteriöse, laute Knall von Konstanz: War es ein Meteoroid (sic!) beim Eintritt in die Erdatmosphäre?„, fragt das Blatt. Und berichtet von Meteroitensichtungen am Wochenende in Süddeutschland. Ob es ebenfalls einer gewesen sein könnte bei Villingendorf, fragt sich der Konstanzer Beamte. Und kommt zum Schluss – nein, wohl eher nicht, denn die Villingendorfer haben ja drei Explosionen oder Knalle gehört.

Parallel schaut der Beamte im Polizeibericht nach. Der weist für Villingendorf kein passendes Vorkommnis aus, wie so etwas in Amtsdeutsch heißt. Zwei Ampeln seien ausgefallen, steht da, wohl Baustellenampeln auf der Strecke nach Talhausen. Aber wohl kaum mit einem Knall. Oder gleich drei.

„Nichts bekannt“

Bereits um 7.45 Uhr kann Villigendorfs Bürgermeister Marcus Türk auf Nachfrage der NRWZ hin vermelden, er habe sich „eben etwas umgehört. Uns im Rathaus ist diesbezüglich nichts bekannt.“ Auch bei Bürgermeisters zuhause hätten sie keinen Knall wahrgenommen.

Das deutet darauf hin, dass es sich um ein sehr lokales Ereignis gehandelt hat. Die Meldungen kommen zudem nur aus Villingendorf, nicht aus Gemeinden und Städten im Umkreis.

Das Munitionslager? „Auf keinen Fall“

Parallel kommt auf Facebook ein Gerücht auf. Jemand schreibt davon, dass die Knalle „wohl“ von einem Bunker kommen sollen. Ein Bunker? Bei dem es knallt? Die NRWZ fragt geschwind bei einem Villingendorfer nach, dieser weiß wie üblich Bescheid. Es gebe da diesen Bunker im Wald nahe dem Ort, der als Sprengmittelllager genutzt werde. Und nennt den Händler dazu. Auch dort erreicht die NRWZ bereits vor 8 Uhr eine Ansprechpartnerin.

Diese versetzen wir mit unserer Anfrage in eine gewisse Unruhe. Wenn es an ihrem an sich gut gesicherten Lager zu Explosionen gekommen sei, dann würde sie das wissen, sagt sie. Mitarbeiter der Firma, die Sprengmittel etwa an Steinbrüche liefert, seien üblicherweise sehr früh am Tag an diesem Lager. Dort sei alles in Ordnung gewesen. „Auf keinen Fall“ hätten die Explosionen, Schüsse, Knalle oder was auch immer dort ihren Ursprung.

„Waren es Jäger“?

Auf einer möglichen Spur war zuvor schon Sven Haberer, Mitglied der Feuerwehr Villingendorf und Sprecher des Kreis-Feuerwehrverbands. „Hab‘ die Diskussionen auch schon mitbekommen, aber die angeblichen Explosionen nicht“, berichtet er kurz vor 6 Uhr auf Nachfrage der NRWZ. „Ich vermute aber Jäger dahinter“, ergänzt Haberer.

Nachgefragt

Die NRWZ kontaktiert daraufhin zunächst einen Villingendorfer, der Jäger ist (aber anderswo jagt). Ralf Hube. Er ist mit seinem Hund draußen, antwortet per Handy. „Ja, könnte passen, da der Mond hell war“, schreibt er. „Je nachdem, wie der Wind steht, hört man die Schüsse besser oder schlechter.“ Der Druck, zu jeder Jahreszeit auf Schwarzwild zu jagen, nehme durch die Afrikanische Schweinepest zu. „Das Schwarzwild kommt, da es immer zurückhaltender wird, fast nur noch nachts raus“, so Hube.

Das sagt der Kreisjägermeister

Otmar Riedmüller sitzt an diesem Mittwochmorgen auch schon kurz nach 8 am Schreibtisch. Er ist Kreisjägermeister und bestätigt: „Ja, es ist nach wie vor Jagdsaison, es ist durchaus möglich, dass die Schüsse von einem Jäger stammen.“ Wobei er anfügt, dass drei vielleicht ein bisschen viele seien. Ein oder zwei Schüsse, das sei üblich. „Aber vielleicht haben zwei Jäger in kurzer Folge nacheinander geschossen.“

Wie Jäger Hube auch schon sagte, „sehen wir dank des Mondes zurzeit relativ gut in der Nacht“, so Riedmüller. Seit dem vergangenen Jahr seien zudem Nachtsichtgeräte erlaubt. Die entstehenden Knalle, die könne man bei geschlossenen, neuen Fenstern meist nicht allzu deutlich wahrnehmen, aber je nachdem, wie der Wind steht, könne das vorkommen. „Wir schießen mächtige Kugeln ab, das kann man schon hören“, so der Jäger.

Es gehe um die Dezimierung des Schwarzwildes. Riedmüller hält es für „wünschenswert“, dass die Menschen die Hintergründe dazu erfahren. „Wir müssen das Schwarzwild bejagen, die Wildart produziert sich, hat sich wie keine andere Art an das Klima, an die Fruchtfolge, an das dicht besiedelte Land angepasst. Und clever seien die Tiere auch. 

Nochmals nachgefragt

Die NRWZ nimmt, um sicherzugehen, Kontakt mit einem der Jagdpächter in Villingendorf auf. Demjenigen, aus dessen Revier die Schüsse gekommen sein sollen. „Wir waren das nicht“, so der Jäger. Um diese Zeit, 23.30 Uhr etwa, sei man nicht draußen gewesen, sei zudem nichts geschossen worden. „Außerdem – drei Schüsse, das kann nicht sein.“ Jäger ballerten nicht herum. Die Schüsse aus diesem Jagdgebiet seien zudem im Dorf eigentlich nicht zu hören.

Er aber habe etwas anderes wahrgenommen, seine Hunde seien ebenfalls aufgeschreckt. Böller. Mehrere Knalle. Und das nicht zum ersten Mal. „Das hörte sich auch nicht wie Schüsse an, die klingen ganz anders“, so der Jagdpächter. „Die böllern hier immer mal wieder, bei Geburtstagen oder ähnlichem.“

Also Böller?

Das Rätsel bleibt ungelöst. Jedenfalls vorerst. Da die Knalle, Schüsse oder Explosionen wiederholt vorkommen – auf Facebook kommentiert eine junge Dame: „Ich habe es auch gehört. Das war doch vor Kurzem schon einmal und das um die gleiche Zeit“ – werden der oder die Urheber vielleicht noch identifiziert. Heute aber wohl leider nicht.

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