Landkreis Rottweil: Zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb

Ein Porträt der Region, die Tradition und Innovation vereint

Ein besonderes Städtchen im Landkreis Rottweil: In Schiltach lohnen sich besonders die historische Altstadt mit Marktplatz und Fachwerkhäusern sowie mehrere kleine, spezialisierte Museen. Für einen Tagesausflug bekommt man damit eine gute Mischung aus Stadtbummel, Geschichte und Schwarzwald-Panorama. iStock-Foto

An der Nahtstelle Baden-Württembergs, wo die bewaldeten Höhen des Schwarzwalds auf die Kalkfelsen der Schwäbischen Alb treffen, erstreckt sich der Landkreis Rottweil. 21 Städte und Gemeinden auf 770 Quadratkilometern bilden eine Region, die ihre Identität aus Gegensätzen schöpft: ländliche Strukturen mit industrieller Stärke, historisches Erbe mit zukunftsorientierter Wirtschaft, Naturverbundenheit mit technologischer Innovation.

Geografie zwischen den Landschaften

Der Landkreis verbindet unterschiedliche Naturräume. Im Westen erheben sich die Höhen des Mittleren Schwarzwalds bis auf knapp 1.000 Meter, durchzogen von den Tälern der Schiltach und Kinzig. Die Brunnholzer Höhe bei Schramberg markiert mit 940 Metern den höchsten Punkt. Nach Osten öffnet sich die Landschaft zu den Oberen Neckar-Gäuen, während im Südosten die Baar-Hochmulde den Übergang zur Schwäbischen Alb bildet.

Der Neckar, der als kleines Bächlein in Schwenningen entspringt, hat sich bei Rottweil bis zu 150 Meter tief in die Muschelkalkplatten eingegraben. Dieses weitgehend unverbaute Flusstal zwischen Rottweil und Horb gehört zu den landschaftlichen Höhepunkten der Region und bietet seltenen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum.

Mit 182 Einwohnern pro Quadratkilometer liegt die Bevölkerungsdichte deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 311. Diese Weitläufigkeit ist Teil der Lebensqualität, die die Region auszeichnet.

Demografische Vitalität

Ende 2024 lebten im Landkreis Rottweil 140.237 Menschen – Tendenz steigend. Diese Entwicklung hebt sich deutlich von vielen anderen ländlichen Regionen ab, die mit Bevölkerungsrückgang kämpfen. Besonders bemerkenswert ist die Anziehungskraft auf junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren. Der Wanderungssaldo in dieser Altersgruppe liegt bei über 36,5 pro 1.000 Einwohner – ein Spitzenwert, der zeigt, dass die Region jungen Menschen Perspektiven bietet.

Dieser positive Trend hat mehrere Ursachen: Ein stabiler Arbeitsmarkt mit rund 60.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten und eine hohe Lebensqualität schaffen ein Umfeld, in dem sich Menschen eine Zukunft aufbauen können. Die beiden Großen Kreisstädte Rottweil und Schramberg fungieren als Mittelzentren und bieten zusammen mit den Städten Oberndorf am Neckar und Sulz am Neckar maßgebliche Infrastruktur für die umliegenden Gemeinden.

Wirtschaftliche Basis

Die wirtschaftliche Struktur des Landkreises ruht auf einem robusten mittelständischen Fundament. Traditionell dominieren Metallindustrie, Maschinenbau, Elektrotechnik und Präzisionstechnik. Viele Unternehmen sind in ihren Nischen Weltmarktführer – sogenannte Hidden Champions, die hochspezialisierte Komponenten für globale Märkte fertigen.

Zu den größten Arbeitgebern zählen die Hansgrohe SE in Schiltach mit rund 3.000 Mitarbeitern, Hugo Kern und Liebers in Schramberg mit 7.200 Beschäftigten und VEGA Grieshaber in Schiltach mit 1.400 Angestellten. Auch Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar, JUNGHANS microtec in Dunningen und zahlreiche weitere spezialisierte Betriebe prägen die industrielle Landschaft.

Die Industriedichte liegt über dem Landesdurchschnitt – eine bemerkenswerte Leistung für eine ländlich geprägte Region. Gleichzeitig wächst der Dienstleistungssektor kontinuierlich und stellt mittlerweile über 40 Prozent der Arbeitsplätze. Diese Mischung aus produzierendem Gewerbe und Dienstleistungen macht den Landkreis wirtschaftlich widerstandsfähig.

Die Anbindung an die Autobahn A81 zwischen Stuttgart und Zürich bildet die Lebensader der Region. Sie ermöglicht schnellen Zugang zu den Wirtschaftsmetropolen und sichert die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Unternehmen. Als Teil der Technologieregion Schwarzwald-Baar-Heuberg profitiert der Landkreis zudem von Netzwerkeffekten und gemeinsamem Wissenstransfer.

Bildung als Standortfaktor

Der Landkreis investiert gezielt in Bildung. Berufliche Schulen und sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren bilden zusammen mit den allgemeinbildenden Schulen in den Gemeinden ein dichtes Netz. Diese Investition in Humankapital sichert den Unternehmen den Nachschub an qualifizierten Fachkräften und macht die Region für Familien attraktiv.

Auch die Gesundheitsversorgung ist solide aufgestellt. Die Helios Klinik in Rottweil bildet das Zentrum der stationären Versorgung, ergänzt durch Fachkliniken wie die Vincenz von Paul Hospital gGmbH im psychiatrisch-medizinischen Bereich.

Natur und Tourismus

Die Landschaft ist das touristische Hauptkapital. Über weite Strecken prägen Wälder, Wiesen und Felder das Bild. Zehn Naturschutzgebiete schützen besonders wertvolle Lebensräume. Das Schlichemtal mit 216,6 Hektar ist das größte dieser Schutzgebiete.

Für Wanderer und Radfahrer bietet die Region ein gut ausgebautes Wegenetz. Der Neckarweg begleitet den Fluss auf 445 Kilometern von der Quelle bis zur Mündung. Zwei der drei Schwarzwälder Höhenwege – der Mittel- und der Ostweg – führen durch den Landkreis. Premium-Wanderwege wie der Auerhahnweg bei Schramberg verbinden Naturerlebnis mit Umweltbildung.

Der Schwarzwald bietet hier ein breites Spektrum: von sanften Tälern über dichte Wälder bis zu weitläufigen Hochflächen. Diese Vielfalt macht die Region zu einem attraktiven Ziel für naturverbundene Erholung.

Kulturelles Erbe

Die kulturelle Identität speist sich aus verschiedenen Quellen. Die römische Vergangenheit ist in Rottweil präsent, das mittelalterliche Erbe zeigt sich in Burgruinen und historischen Stadtkernen. Besonders prägend ist die schwäbisch-alemannische Fastnacht, die in Rottweil und anderen Gemeinden gelebt wird und 2014 ins UNESCO-Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde.

Museen wie das Dominikanermuseum in Rottweil, das Auto- und Uhrenmuseum in Schramberg oder das Forum Kunst dokumentieren die historische und künstlerische Entwicklung der Region. Burgruinen wie Hohenschramberg oder Falkenstein erzählen von der mittelalterlichen Vergangenheit.

Ein besonderes Kapitel bildet die Geschichte der Uhrenindustrie. Im 19. und 20. Jahrhundert entwickelte sich der Schwarzwald zum weltweit bedeutenden Zentrum der Zeitmessung. Dieses Erbe der Präzisionsarbeit prägt bis heute die industrielle Kultur der Region.

Herausforderungen und Perspektiven

Die positive Entwicklung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der Landkreis Rottweil vor Herausforderungen steht. Der demografische Wandel erfordert Anpassungen in der Infrastruktur. Der Fachkräftemangel zwingt Unternehmen zu intensiverer Personalentwicklung und Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen. Die Digitalisierung verlangt kontinuierliche Investitionen in Breitbandnetze und technologische Kompetenz.

Gleichzeitig bietet die Verbindung von ländlicher Lebensqualität und wirtschaftlicher Dynamik Chancen. In Zeiten, in denen mobiles Arbeiten zunimmt, gewinnen Regionen wie der Landkreis Rottweil an Attraktivität. Die Nähe zur Natur, bezahlbarer Wohnraum und kurze Wege verbinden sich mit beruflichen Perspektiven in innovativen Unternehmen.

Der Landkreis Rottweil zeigt, dass wirtschaftliche Stärke und ländliche Strukturen kein Widerspruch sein müssen. Die Region hat ihre industrielle Tradition in die Moderne überführt, ohne ihre Identität zu verlieren. Zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb ist ein Wirtschaftsraum entstanden, der Stabilität mit Innovationskraft verbindet.


Landkreis Rottweil auf einen Blick

  • Fläche: 770 km²
  • Einwohner: 140.237 (Ende 2024)
  • Bevölkerungsdichte: 182 Einwohner/km²
  • Gemeinden: 21 (davon 6 Städte, 2 große Kreisstädte)
  • Große Kreisstädte: Rottweil, Schramberg
  • Weitere Städte: Dornhan, Oberndorf am Neckar, Schiltach, Sulz am Neckar
  • Arbeitsplätze: ca. 60.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse
  • Wirtschaftsschwerpunkte: Metallindustrie, Maschinenbau, Elektrotechnik, Präzisionstechnik
  • Verkehr: A81 Stuttgart–Zürich, regionale Bahnverbindungen
  • Region: Schwarzwald-Baar-Heuberg, Regierungsbezirk Freiburg
  • Höchster Punkt: Brunnholzer Höhe (940 m)
  • Tiefster Punkt: Kinzig bei Schiltach (ca. 320 m)
  • Naturschutzgebiete: 10 (größtes: Schlichemtal mit 216,6 ha)
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