Auch wenn der Zweite Weltkrieg vor mehr als 80 Jahren endete: Spuren findet man auch noch heute an Stellen, an denen man es nicht erwarten würde – zum Beispiel am Tuttlinger Donauufer. Dort ist eine umfassende Kampfmitteluntersuchung nötig, bevor der Fluss wieder ein natürliches Bett bekommt. Darüber berichtet die Stadtverwaltung.
Der Zweite Weltkrieg war schon fast zu Ende, als er in Tuttlingen so richtig anfing. In den letzten Wochen des Krieges gab es gleich mehrere Luftangriffe auf die Stadt – unter anderem am 4. März 1945, als 17 Menschen ums Leben kamen. Ziel des Angriffs waren die Aesculap-Fabriken – und der Bahnhof.
Während die Gelände der zerstörten Gebäude geräumt und wieder bebaut wurden, ließ man auf den Wiesen am Ufer der Donau im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Geschehnisse wachsen. Die Folge: Noch heute befinden sich einige Verdachtsflächen auf Blindgänger im Boden. Im Kontext der Donauufergestaltung bedeutet dies, dass im Vorfeld der Baumaßnahme einiges beachtet werden muss: „Bevor wir die Landschaft neu modellieren oder den Flusslauf ändern, müssen wir erst vertieft untersuchen und mögliche Gefahren beseitigen“, so Michael Hensch, Projektleiter für das Donau-Projekt.
Erleichtert wird die Arbeit durch Unterlagen der ehemaligen Kriegsgegner: Die Allierten dokumentierten nämlich minutiös ihre Angriffe, und auch von Tuttlingen gibt es zahlreiche Schwarz-Weiß-Luftaufnahmen, auf denen genau erkennbar ist, wo Bomben detonierten oder nur einschlugen und dann nicht zündeten. Genau diese Stellen sind heute problematisch – und sie bleiben es auch, so lange mögliche Blindgänger nicht geborgen und entschärft werden: Denn je länger die Blindgänger im Boden liegen, desto größer wird die Gefahr, dass einzelne Teile durchrosten, Chemikalien sich verbinden und somit heftige Reaktionen auslösen.

Vor allem im Bereich der Kleingärten zwischen Bahngleis und Donauschlauch sowie im Flussbett der Donau selbst lassen die Luftaufnahmen auf Blindgänger im Boden schließen. Ab 2026 werden diese nun in Kooperation mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg KMBD vertieft untersucht und – falls tatsächlich etwas gefunden wird – entfernt. Bei einem Abstimmungstermin im November kamen die Experten zu dem Schluss, dass die Flächen auf alle Fälle genauer untersucht werden müssen. Insgesamt stellt sich die Situation für den KMBD jedoch als gut lösbar dar. Im Wesentlichen handelt es sich um drei Bereiche in denen Blindgänger vermutet werden. Dazu kommen Abschnitte der Donau, in denen vom Wasser aus untersucht werden muss.
Im Bereich der vermuteten Blindgänger wird mit Spezialgerät in der Tiefe im engmaschigen Radius sondiert. Sollten hierbei konkrete Erkenntnisse auf Blindgänger im Erdreich gewonnen werden, so wird dieser freigelegt und anschließend in der Regel vor Ort entschärft, bevor die Bombe zur Entsorgung abtransportiert wird. Nur in seltenen Fällen kommt es zu einer kontrollierten Sprengung vor Ort.
Immerhin: Eines dürfte in Tuttlingen auch im Ernstfall einfacher verlaufen als in vielen anderen Städten: Da die bombardierten Bereiche recht weit weg von den nächsten Häusern liegen, wird man allenfalls einzelne Gebäude und nicht ganze Viertel evakuieren müssen. Der vorgeschriebene Sicherheitsabstand zur Wohnbebauung beträgt nämlich 500 Meter – ein Wert, der in Tuttlingen fast überall erreicht wird.


