Samstag, 20. April 2024

Mosny-Tochter nennt Abbruch des Aquasol-Kunstwerks respektlos

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Aus der NRWZ hat die Familie des Künstlers Gonn Mosny davon erfahren, dass dessen Kunstwerk im Aquasol beseitigt wurde. Lange war es ein prägendes Element des Bades, bis es bei der jüngsten Sanierung abgebrochen und durch klobige Farbquader ersetzt wurde. Die Tochter des Künstlers nennt das Vorgehen respektlos. Andernorts macht man es offenbar besser.

„Es ist schon erstaunlich, wie respektlos hier mit der Kunst am Bau umgegangen wurde“, erklärte Dr. Birte Silja Mosny gegenüber der NRWZ. Die Tochter des Künstlers Eckart „Gonn“ Mosny (1930-2017) ist seit dem Tod ihres Vaters dabei, dessen Gesamtschaffen zu dokumentieren und zu publizieren. Am 26. Juli 2018 war sie auch im Rottweiler Aquasol. Als dieses in den 1960er Jahren als städtisches Hallenbad errichtet wurde, hatte ihr Vater für die Längsseite des großen Beckens das wandfüllende Farb-Panorama geschaffen – damals für Rottweil ein Ausweis von Weltläufigkeit und Modernität.

So stellte sich das Keramikrelief Gonn Mosnys zuletzt dar. Foto: privat

Dass dieses Werk, wie die NRWZ in einem am 12. Juli erschienen Artikel öffentlich gemacht hat, bei der Sanierung 2019 sang- und klanglos demontiert wurde, löste bei der lange in Hamburg tätige Augenärztin Birte Silja Mosny Bestürzung aus. „Sehr schade ist das und es zeugt von wenig Kunstverständnis, wenn man sieht, wie das Hallenbad anschließend gestaltet wurde“, sagte sie mit Blick auf die lieblosen Blöcke, die auf das virtuose Farbenspiel des Keramikreliefs folgten.

Doch nicht nur ästhetisch war der Abbruch brachial. Auch kommunikativ muss man wohl von einem Scherbenhaufen sprechen. Denn die Abteilung Bäder der ENRW hat die Familie Mosny im Vorfeld der Demontage, für die „statische Gründe“ angegeben wurden, offenbar nicht kontaktiert. „Sehr überrascht“ sei man dort angesichts der NRWZ-Berichterstattung gewesen, denn damit habe man „in keiner Weise gerechnet“. „Obwohl meine Kontaktdaten der Bäderleitung in Rottweil bekannt waren, wurden wir nicht in den Prozess mit einbezogen!“, erklärte Birte Mosney spürbar bewegt. „Wir fragen uns, welche alternativen Konzepte es gab.“

Die Wand nach der Neugestaltung. Screenshot: al

Womöglich hat die fehlende Kommunikation sogar eine juristische Tragweite, denn die Familie ist Rechtsnachfolger des Künstlers. Jedenfalls hat Birte Mosny den Geschäftsführer der ENRW Christoph Ranzinger angeschrieben – und einige Fragen gestellt. Dabei gehe es, wie Mosny der NRWZ berichtete, unter anderem um das Gutachten über die Mängel der Standsicherheit, auf die sich die ENRW beim Abbruch beruft, eine professionelle Fotodokumentation des Werks und die Frage, wo sich die abgebauten Keramikplatten derzeit befinden.

Als Gegenbeispiel hat die Familie Mosny die Stadt Fellbach vor Augen. Dort hatte der Künstler fast zeitgleich mit dem Werk in Rottweil 1966 ein mehrteiliges Relief für das Hallenbad gestaltet, dass Assoziationen zu Schilf wecken sollte. Die große Arbeit schmückte das Foyer und Teile der Außenwände. Das Hallenbad wurde 2021 abgerissen und ist Geschichte. Das Relief jedoch nicht. Denn das Mosny-Werk wurde von Anfang an in die Planungen für die knapp 60 Wohneinheiten eingebunden, die anstelle des Schwimmbands entstehen.

So war bereits zu Beginn klar, dass ein Teil, ein rotes Keramikrelief, in den Gemeinschaftsraum des Gebäudeensembles integriert werden sollte, um damit das Kunstwerk zu dokumentieren. Doch damit nicht genug: Als Hommage an Gonn Mosny haben Landschaftsarchitekten, wie die Stadt Fellbach in einer Pressemitteilung stolz hervorhebt, zudem eine Möglichkeit gefunden, auch Elemente der ehemaligen Hallenbadmauer neu zu nutzen.

Sie werden in eine etwa 15 Metern lange Stützmauer integriert – Nachhaltigkeit, gepaart mit schwäbischem Sparsinn. Dass das Original dafür etwas gestutzt werden musste, stört die Familie Mosny nicht. Im Gegenteil: Dort freut man sich über die Wertschätzung und das kreative Weiterwirken dieses Werks von Gonn Mosny.

Der herbe Gegensatz zwischen der Umsicht in Fellbach und dem Brechstangen-Gebaren in Rottweil treffe die Familie auch persönlich, wie Birte Mosny gegenüber der NRWZ deutlich machte. An die Entstehung der Rottweiler Wand haben sie und ihre Geschwister noch lebhafte Erinnerungen: „Jede Platte wurde bei uns zu Hause im Atelier von Hand aus Ton geformt, getrocknet, in großen Herdöfen gebrannt und dann erneut auf dem Boden zusammenhängend ausgelegt“, berichtete sie.

Ein Blick auf das Keramikrelief nach dem Einbau in Rottweil. Foto: Sammlung Familie Mosny

„Von hohen Leitern aus hat unser Vater die Wand mit Glasur, die er in eine Konservendose mit einem Auslassloch füllte, das er mit dem Finger verschloss, wenn er den Farbstrahl unterbrechen wollte, mit schwingenden Bewegungen bemalt. Das Verfahren erinnert an Jackson Pollocks dripping Technik. Nach dem Trocknen der Glasur wurde jede Keramikplatte erneut gebrannt“, erinnert sich Birte Mosny. Jede einzelne Platte sei anschließend in der Wand verankert und zusätzlich mit Mörtel befestigt worden.

Insgesamt 34 Arbeiten konnte Gonn Mosnys Tochter auf einer Rundreise durch Deutschland dokumentieren: 73 Arbeiten in Keramik, Betonrelief, Holzrelief, Natursteinmosaik, Metallplastik und farbigem Bleiglas, die ihr Vater zwischen 1954 und 1984 geschaffen hat. In der Gesamtschau kommt Birte Mosny zum Schluss: Die demontierte Keramikwand im Aquasol, die sie in ihrer Farbigkeit und Großzügigkeit besonders beeindruckend fand, gehörte zu den Schlüsselwerken im künstlerischen Schaffen ihres Vaters.

Seinerzeit ein gefragter Künstler: Eckart „Gonn“ Mosny (1930-2017). Foto: Hochschule Pforzheim

Info: Gonn Mosny wurde 1930 als Eckart Mosny in Hamburg geboren. 1952 bis 1957 studierte er in Stuttgart an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste bei Willi Baumeister. 1964 nahm Mosny eine Lehrtätigkeit als Dozent für Malerei an der Kunst- und Werkschule Pforzheim auf. 1971 erhielt er eine Professur für Malerei und wurde im selben Jahr Gründungsrektor der Staatlichen Fachhochschule für Gestaltung Pforzheim. Durch Berufung namhafter Künstler wie Jürgen Brodwolf oder Michael Sandle baute er das Lehrangebot gezielt aus. Aus gesundheitlichen Gründen musste Mosny schließlich 1984 seine Hochschultätigkeiten aufgeben, war jedoch weiter als freischaffender Künstler tätig. Mosny verstarb am 21. September 2017 im Alter von 87 Jahren in Telfs in Österreich.

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