Geld- oder Haftstrafe? Amtsgericht Rottweil fällt Urteil

Rottweiler Unruhestifter wehrt sich gegen Gerichtsurteil

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Zu 14 Monaten Haft ist am Dienstag der Vorwoche ein mutmaßlicher notorischer Unruhestifter vom Amtsgericht Rottweil verdonnert worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verurteilte hat Berufung eingelegt, in der Folge auch die Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wird in der nächsten Instanz neu verhandelt werden.

(Rottweil). Vergangene Woche sah es das Amtsgericht als erwiesen an, dass sich der Mann einer Körperverletzung, einer Unmenge an Beleidigungen, zudem Bedrohungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen, Verleumdungen, Störungen der Totenruhe, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, falschen Verdächtigungen, mehrfachen Missbrauchs des Notrufs und manchem mehr schuldig gemacht hat.

Wie die NRWZ auf Nachfrage erfuhr, ist Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt worden, es ist damit nicht rechtskräftig. Näheres war zunächst nicht zu erfahren. Der Anwalt des Beklagten verweigerte etwa eine Stellungnahme mit Verweis darauf, dass er zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Wie später weiter zu erfahren war, ist seitens des Beklagten Berufung zur nächsthöheren Instanz eingelegt worden. Entsprechend hat offenbar die Staatsanwaltschaft reagiert, indem auch sie Rechtsmittel eingelegt hat.

Wie eine Sprecherin des Rottweiler Amtsgerichts inzwischen bestätigte, „wurde ein Rechtsmittel rechtzeitig vom Angeklagten eingelegt.“ Eine Begründung der Berufung sei noch nicht eingegangen „und zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht erforderlich“.

Auffallend war: Seit dem Urteilsspruch vergangenen Dienstag kam es zu keinem weiteren Feuerwehreinsatz rund um das Wohnhaus des mutmaßlichen Störenfrieds. Innerhalb der Feuerwehr, so ist zu hören, wurde dies mit zurückhaltender Erleichterung und vorsichtiger Hoffnung aufgenommen.

Ruhig geworden ist es dort derweil nicht, wie ein Anwohner berichtet. „Es ist richtig, dass es zu keinem Feuerwehreinsatz (mehr) kam, aber dennoch zu zwei Kleinstbränden bei der Nachbarin. Freitagnacht, sowie Sonntagabend.“ Die Feuerwehr sei vor Ort gewesen. „Er gibt also keine Ruhe.“

Der Fall selbst: Es gehe um ein „ganzes Konglomerat an Straftaten“, so die Richterin am Rottweiler Amtsgericht in ihrer Begründung. Es soll die juristische Aufarbeitung einer ganzen Serie von Vorkommnissen in der und um die Vogelsangstraße in der Rottweiler Altstadt sein. Entscheidend: „Y. war nach Überzeugung des Gerichts bei sämtlichen Taten voll schuldfähig“, so die Richterin unter Berufung auf einen psychologischen Gutachter. Und all die Zeuginnen und Zeugen in dem Verfahren, sie hätten allesamt keinen sogenannten Belastungseifer gezeigt. Sie wollten Y. nicht etwa kollektiv etwas anhängen, seien demzufolge glaubhaft gewesen. Sie hätten unter Y. zudem teils erheblich gelitten.

Die gegenüber der Forderung der Staatsanwaltschaft um vier Monate niedrigere Haftstrafe rührt nur vermeintlich daher, dass das Gericht ein niedrigeres Einkommen bei Y. angenommen hat. Derzeit ist er erwerbslos. Ein geringeres Einkommen führt zu geringeren Tagessätzen. Das Gericht hat aber bei der Bildung der Gesamtstrafe zum Vorteil des Beklagten einfach etwas straffer zugemessen als der Ankläger.

Die Urteilsbegründung

Zwar habe sie als Richterin zugunsten von Y. wahrgenommen, dass es im Rahmen der Hauptverhandlung einzelne „Reaktionen und Entschuldigungen“ seinerseits gegeben habe, sagte sie. Andererseits waren da die Vielzahl an Straftaten, deren wiederholte Begehung und die knappen Zeiträume zwischen einzelnen Taten. Außerdem sei er einschlägig vorbestraft wegen Bedrohung und Beleidigung, verurteilt 2004 und 2010. Eine Geldstrafe sei zudem nicht geeignet, auf Y. einzuwirken. Es müsse eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden. In einigen Einzelfällen wie in der Gesamtheit.

Zurück zum Oberwasser

Der wiederum gut eineinhalb rund zweieinhalb Stunden dauernden Urteilsbegründung hörte Y. aufmerksam zu. Zunächst ohne Regung, ohne Show. Er, der zuvor noch mit seinem Anwalt herumgealbert hatte, wirkt erstmals besiegt. Er schlägt immer wieder die Augen nieder. Und er lächelt nun nur noch gelegentlich. Seine Haltung: abweisend. Er muss eine Menge einstecken von dieser jungen Amtsrichterin, die flüssig Vorwurf an Vorwurf reiht, einordnet und wertet und Y. mit den Konsequenzen konfrontiert. Es dauert eine Weile, bis er damit fertig wird. Und wieder zu grinsen beginnt. Erst nach rund einer Dreiviertelstunde der Vorhaltungen findet Y. wieder allmählich zu sich selbst. Nach eineinviertel Stunden lacht er erstmals während der Urteilsbegründung vernehmlich, wird wieder der alte, der Überhebliche. Doch es fällt ihm sichtlich schwer, wieder Oberwasser zu erlangen. Bis zur Urteilsverkündung hatte ihm der Prozess anscheinend ja nichts anhaben können. Da fühlte er sich unangreifbar, safe. Als gerissen, hat ein Prozessbeobachter ihn bezeichnet. Als psychisch krank und seelisch gestört, ein Gutachter. Sein Handeln könne er aber steuern, sein Verhalten reflektieren, die rechtlichen Folgen bewerten, erklärte die Richterin. Eine verminderte Schuldfähigkeit liege nicht vor. Es gehe auch nicht darum, dass er „mal übers Ziel hinausgeschossen“ sei.

Jetzt hat Y. einen Schuss vor den Bug bekommen. Reue löst aber auch dieser Dämpfer offensichtlich nicht aus. Auch keine Einsicht. Und die Richterin glaubt: Es sei mit weiteren Straftaten zu rechnen. Immerhin hätten auch Ermittlungsverfahren ihn bislang nicht davon abgehalten, weitere Straftaten zu begehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Y. Hat eine Woche Zeit, Berufung oder Revision einzulegen.

Unser Bericht von den Schlussvorträgen

Es dauert, bis die Justiz reagiert. Monatelang. Auch für ihre Antwort auf einen jahrelang andauernden, anzunehmenden Nachbarschaftsterror nimmt sie sich mehrere Prozesstage Zeit. Doch dann knallt’s: Der Staatsanwalt will den Beschuldigten, einen mutmaßlichen Serien-Beleidiger, -Brandleger und -Unruhestifter, im Knast sehen. Er hält eine ganze Liste an Taten für verwirklicht und nachgewiesen. Nicht so, naturgemäß, der Verteidiger. Er sieht in seinem Mandanten kein Unschuldslamm. Wohl aber jemanden, dem man viele der vorgeworfenen Taten eben nicht nachweisen kann.

Letzter Tag im Prozess gegen den mutmaßlichen Unruhestifter aus der Rottweiler Altstadt. Die Beweisaufnahme wird geschlossen. Es folgen noch die Plädoyers, die Schlussvorträge, dann das Urteil. „Dieses Verfahren ist kein gewöhnliches“ – insgesamt sei über mehr als 80 einzelne Verfahren Beweis erhoben worden, sagt der Staatsanwaltschaft eingangs seines gut einstündigen Plädoyers am Dienstagmorgen. Einige sind unter einem Aktenzeichen zusammengefasst. Außerdem hätten viele Menschen zu leiden gehabt: Nachbarn, Retter, Polizisten, Beschäftigte auf der Leitstelle. Einzige Stellungnahme von Y., dem Angeklagten: „Es kann sein, dass mir die Pferde durchgegangen sind“, habe er über seinen Anwalt wissen lassen. Er sei vielleicht das eine oder andere Mal „über das Ziel hinausgeschossen“. Und er habe sich für einzelne Taten entschuldigt – wenngleich er sich meist nicht erinnern konnte, nach seiner Aussage.

Unter den Taten, die der Ankläger für erwiesen hält: Er habe seine Schwägerin geschlagen. Nicht allzu schlimm, aber dennoch. Das Opfer leidet bis heute. Die Einzelstrafe: 30 Tagessätze à 25 Euro. Dann habe Y.seine Schwägerin auch noch fälschlicherweise beschuldigt – „um von seiner eigenen Tat abzulenken“, so der Staatsanwalt. Macht: 45 Tagessätze zu 25 Euro. Zudem zwei Beleidigungen gegen einen Polizeibeamten am Telefon. Einzelstrafen, die laut Ankläger angemessen wäre: 25 und 30 Tagessätze à 25 Euro.

Beleidigungen en masse

Es summiert sich. Jedes „Ar…loch“, jedes „Du blöde Sau“, „Blöde Fo…“, „Schlampe“, „Dreckspatz“, „Drecksau“ oder „Drecksack“, jeder „Spinner“, „Blöder Hund“ und „Wi…“ wird vom Staatsanwalt aufgezählt. Jede Körperverletzung, jeder ausgestreckte Mittelfinger, jede falsche Verdächtigung, jede Be- oder Todesdrohung, Verleumdung, Nötigung, jede Herabwürdigung, jede Grabschändung auf dem Altstadtfriedhof, jede Sachbeschädigung, jedes geworfene Ei und jeder Missbrauch eines Notrufs. Fälle bis Anfang 2023. Der Sauerstoff wird langsam dünne im Amtsgerichtssaal, das Publikum müde. Y. notiert zeitweilig mit, verschränkt ansonsten die Arme oder stützt seinen Kopf ab, schaut den Ankläger an, als wäre dieser nicht ganz bei Trost. Und er schüttelt wiederholt den Kopf, runzelt die Stirn. Lächelt, zeigt sich gelegentlich überrascht. Sinkt zwischenzeitlich immer mehr auf seinem Stuhl zusammen. Aber nicht aus Reue, ganz gewiss nicht. Und er schweigt. Kein Pferd geht mit ihm durch, er hat sich im Griff. Einmal wischt er vermeintliche Fussel von seiner Weste, einmal richtet er seine Socken.

Die Amtsrichterin hört ebenfalls genau zu, sie schreibt die beantragten Einzelstrafen auf. Und wird sofort harsch gegenüber Zuschauern, die miteinander flüstern.

Kriminelle Energie

Weiter im Plädoyer der Anklage: Y. habe immer wieder die Konfrontation gesucht, etwa, als er Polizeibeamte so lange provozierte, bis diese ihn festsetzten und auf die Wache mitnahmen. Drei Monate Freiheitsstrafe fordert der Staatsanwalt allein hierfür. Y. habe mit krimineller Energie immer wieder die Auseinandersetzung gesucht. Anlasslos, so der Ankläger. Er habe sich gezielt Schwächere als Ziele seiner Angriffe ausgesucht, Kinder, Senioren, aus seiner Sicht auch Frauen, so der Staatsanwalt. Und offenbar Menschen, die er durch gesetzliche Vorgaben daran gehindert sieht, sich ihn direkt vorzunehmen: Polizeibeamte, Feuerwehrleute. Das muss angemerkt werden.

Am Ende bildet der Staatsanwalt eine Gesamtstrafe für alle Einzeltaten, die er als verwirklicht betrachtet. 86 an der Zahl, einige waren im Vorfeld unter einem Aktenzeichen zusammengefasst worden. Darunter sind viele einzelne Geld-, zudem mehrere Freiheitsstrafen. Tausende Euro, mehrere Monate. Man erwartet schon, dass Justizbeamte während des Vortrags den Saal betreten, bereit, sich Y. zu schnappen. Gut eine Stunde benötigt der Staatsanwalt, alles aufzusummieren. Y.s Anwalt konsultiert immer mal wieder seine Armbanduhr, Konzentration, aber auch Resignation im Blick. Auch er schreibt mit. Er wird in seinem Schlussvortrag dagegenhalten müssen.

Forderung: eineinhalb Jahre Haft ohne Bewährung

Die vom Staatsanwalt geforderte Gesamtstrafe – die keine bloße Addition der Einzelstrafen ist, sondern ein sogenannter Zusammenzug, und die die für und gegen Y. sprechenden Punkte abwägt: eineinhalb Jahre Haft. Ohne Bewährung. Immerhin habe Y. keine sozialen Bindungen, keine positive Sozialprognose. „Durch eine Bewährungsstrafe wird er sich nicht von weiteren Taten abhalten lassen“, so der Staatsanwalt. Die Wiederholungsgefahr sei zu groß. Durch eine Bewährungsstrafe werde er sich vielmehr darin bestätigt finden, dass ihm nichts passieren könne.

Keine Verminderung der Steuerungsfähigkeit, bei keiner einzigen der vielen Taten – die Staatsanwaltschaft geht von voller Schuldfähigkeit aus: Der Psychiater, der als Gutachter am Prozess teilgenommen hat, sieht laut dem Ankläger eine umfangreiche Persönlichkeitsstörung vorliegen. Eine kindliche Verhaltensweise, ein Mangel an Empathie. Eine paranoide Verhaltensweise, weil Y. sich verfolgt fühlt etwa von seinen Nachbarn. Ein übersteigertes Bedürfnis nach Selbstdarstellung und sich in Szene zu setzen. Er brauche Aufmerksamkeit. Und eine Distanzlosigkeit, gerade gegenüber Polizisten und Frauen. Allerdings würden keine Defizite bei der Einsichtsfähigkeit vorliegen. Also könne das Gesetz mit all seiner Härte zuschlagen, so meint man.

Der Verteidiger sieht vieles anders

Es folgt der Schlussvortrag des Verteidigers. Y.s Anwalt wertet einzelne Taten, beschreibt einzelne Abläufe anders, vorrangig der schwerwiegenderen Vorfälle. Sieht manche Vorwürfe als nicht nachgewiesen – weshalb keine Bestrafung erfolgen könne. Zudem hätten sich einige der angeblich Beleidigten nun, in der Hauptverhandlung, nicht mehr an den genauen Wortlaut dessen erinnern können, was seinerzeit tatsächlich gesagt wurde (vor Monaten). Also: keine Strafbarkeit. Und einiges seien „reine Mutmaßungen“. Nichts, was eine Bestrafung rechtfertige. Die Zündeleien, die Grabschändungen – haben das nicht vielleicht andere begangen? Als Y. nachgewiesen sah er all das nicht. Außerdem: Widersprüchliche Aussagen der angeblich angegriffenen Kinder vor Gericht! Aktenzeichen für Aktenzeichen geht der Anwalt durch, sieht die meisten Vorwürfe als nicht stichhaltig bewiesen. Und die Videoaufnahmen seien zu schlecht, als dass man hierauf den Angeklagten erkennen könne.

Sein Mandant, Y., hört aufmerksam zu. Zeigt sich höchst zufrieden mit dem Vortrag des Verteidigers, stellt gar einen inneren Reichsparteitag zur Schau. Und schreibt mit. Zuversichtlich, mit großer Mimik – auf die manche unter den Zuhörerinnen und Zuhörern im Gerichtssaal genervt reagieren. Es fallen anwaltliche Erklärungen wie: „Den Polizeibeamten war bekannt, dass der Angeklagte leicht reizbar ist“, sie hätten ihn also offenbar nicht entsprechend provozieren müssen, hätten etwa an jenem Abend, als sie ihn in Gewahrsam nahmen, stattdessen auch „einfach davonfahren können“. Und seine Schwägerin – die habe er wohl kaum geschlagen. Vielmehr habe er einen Schlag ihrerseits abwehren wollen.

Tränen fließen

Hier fließen Tränen, ist ein Schluchzen vernehmbar. Der Anwalt sprach gerade vom Tod der Mutter. Y. weint. Für einige wenige Minuten, dann schreibt er wieder energisch mit. Schließt die Augen, wie um sein Erinnerungsvermögen zu verbessern. Lauscht dem knurrig gehaltenen Vortrag des Verteidigers. Nickt vehement. Geschichte wird geschrieben, drückt Y. aus. Die Wahrheit bricht sich Bahn. Die Amtsrichterin richtet sich unterdessen ihren Pferdeschwanz. Sie schreibt aber ebenfalls mit.

„Im Wesentlichen einige Beleidigungen“

„Im Wesentlichen bleiben einige Beleidigungen übrig“, summiert der Anwalt. Insgesamt würde doch eine Geldstrafe ausreichen, das würde ihm vor Augen führen, „dass er sich künftig straffrei halten sollte“. Schon die Hauptverhandlung sei „eine spürbare Konsequenz“ seines Handelns, sie habe ihn „nachdrücklich beeindruckt“, habe ihm klargemacht, dass er an seinem Verhalten etwas verändern müsse. Tatsächlich? Brennt es nicht weiterhin nahezu täglich rund um das Haus von Y.? Und ist er, entgegen aller Beteuerungen Dritter, wirklich nicht der Urheber der Feuer? Fallen schwere Beleidigungen nicht weiterhin gegenüber etwa Feuerwehrleuten? Von „Ar..loch“ und „Wi…“ ist die Rede. Und davon, dass man Y. angezeigt habe. Doch das wird Gegenstand eines späteren Verfahrens sein. In der Zukunft.

Außerdem sei doch der Tod der Mutter, seien die psychischen Belastungen dadurch Auslöser für die (übrig gebliebenen) Taten, sagt der Anwalt. Y. weint dazu erneut für ein, zwei Minuten. Zudem sei er psychisch krank, so sein Anwalt, stecke in einer Lebenskrise, zeige aber positive Ansätze. Eine Verurteilung zu einer Geldstrafe sei also ausreichend. Und falls es zu einer Freiheitsstrafe kommen sollte, dann sei diese doch zur Bewährung auszusetzen. Weitere Strafen könnten durch die Weisung, eine Therapie zu beginnen, vermieden werden. Sagt jedenfalls der Anwalt. „Es wäre ja niemandem geholfen, wenn er einige Monate weg ist und dann wiederkommt.“

Doch wird der Beobachter den Eindruck nicht los, dass hier nicht der empörte Angeklagte sitzt, der in weiten Teilen zu Unrecht beschuldigt wird. Sondern offenbar der gewitzte Mann, der glaubt, die Justiz könne ihm bei einigen seiner Vergehen schlicht nichts anhaben. Aber vielleicht irrt sich der Beobachter ja auch.

Auf sein letztes Wort verzichtete Y.

Das Urteil wird ab 13 Uhr an diesem Dienstag gesprochen. Wir werden an dieser Stelle berichten.

 

 

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)
… ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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Zu 14 Monaten Haft ist am Dienstag der Vorwoche ein mutmaßlicher notorischer Unruhestifter vom Amtsgericht Rottweil verdonnert worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verurteilte hat Berufung eingelegt, in der Folge auch die Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wird in der nächsten Instanz neu verhandelt werden.

(Rottweil). Vergangene Woche sah es das Amtsgericht als erwiesen an, dass sich der Mann einer Körperverletzung, einer Unmenge an Beleidigungen, zudem Bedrohungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen, Verleumdungen, Störungen der Totenruhe, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, falschen Verdächtigungen, mehrfachen Missbrauchs des Notrufs und manchem mehr schuldig gemacht hat.

Wie die NRWZ auf Nachfrage erfuhr, ist Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt worden, es ist damit nicht rechtskräftig. Näheres war zunächst nicht zu erfahren. Der Anwalt des Beklagten verweigerte etwa eine Stellungnahme mit Verweis darauf, dass er zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Wie später weiter zu erfahren war, ist seitens des Beklagten Berufung zur nächsthöheren Instanz eingelegt worden. Entsprechend hat offenbar die Staatsanwaltschaft reagiert, indem auch sie Rechtsmittel eingelegt hat.

Wie eine Sprecherin des Rottweiler Amtsgerichts inzwischen bestätigte, „wurde ein Rechtsmittel rechtzeitig vom Angeklagten eingelegt.“ Eine Begründung der Berufung sei noch nicht eingegangen „und zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht erforderlich“.

Auffallend war: Seit dem Urteilsspruch vergangenen Dienstag kam es zu keinem weiteren Feuerwehreinsatz rund um das Wohnhaus des mutmaßlichen Störenfrieds. Innerhalb der Feuerwehr, so ist zu hören, wurde dies mit zurückhaltender Erleichterung und vorsichtiger Hoffnung aufgenommen.

Ruhig geworden ist es dort derweil nicht, wie ein Anwohner berichtet. „Es ist richtig, dass es zu keinem Feuerwehreinsatz (mehr) kam, aber dennoch zu zwei Kleinstbränden bei der Nachbarin. Freitagnacht, sowie Sonntagabend.“ Die Feuerwehr sei vor Ort gewesen. „Er gibt also keine Ruhe.“

Der Fall selbst: Es gehe um ein „ganzes Konglomerat an Straftaten“, so die Richterin am Rottweiler Amtsgericht in ihrer Begründung. Es soll die juristische Aufarbeitung einer ganzen Serie von Vorkommnissen in der und um die Vogelsangstraße in der Rottweiler Altstadt sein. Entscheidend: „Y. war nach Überzeugung des Gerichts bei sämtlichen Taten voll schuldfähig“, so die Richterin unter Berufung auf einen psychologischen Gutachter. Und all die Zeuginnen und Zeugen in dem Verfahren, sie hätten allesamt keinen sogenannten Belastungseifer gezeigt. Sie wollten Y. nicht etwa kollektiv etwas anhängen, seien demzufolge glaubhaft gewesen. Sie hätten unter Y. zudem teils erheblich gelitten.

Die gegenüber der Forderung der Staatsanwaltschaft um vier Monate niedrigere Haftstrafe rührt nur vermeintlich daher, dass das Gericht ein niedrigeres Einkommen bei Y. angenommen hat. Derzeit ist er erwerbslos. Ein geringeres Einkommen führt zu geringeren Tagessätzen. Das Gericht hat aber bei der Bildung der Gesamtstrafe zum Vorteil des Beklagten einfach etwas straffer zugemessen als der Ankläger.

Die Urteilsbegründung

Zwar habe sie als Richterin zugunsten von Y. wahrgenommen, dass es im Rahmen der Hauptverhandlung einzelne „Reaktionen und Entschuldigungen“ seinerseits gegeben habe, sagte sie. Andererseits waren da die Vielzahl an Straftaten, deren wiederholte Begehung und die knappen Zeiträume zwischen einzelnen Taten. Außerdem sei er einschlägig vorbestraft wegen Bedrohung und Beleidigung, verurteilt 2004 und 2010. Eine Geldstrafe sei zudem nicht geeignet, auf Y. einzuwirken. Es müsse eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden. In einigen Einzelfällen wie in der Gesamtheit.

Zurück zum Oberwasser

Der wiederum gut eineinhalb rund zweieinhalb Stunden dauernden Urteilsbegründung hörte Y. aufmerksam zu. Zunächst ohne Regung, ohne Show. Er, der zuvor noch mit seinem Anwalt herumgealbert hatte, wirkt erstmals besiegt. Er schlägt immer wieder die Augen nieder. Und er lächelt nun nur noch gelegentlich. Seine Haltung: abweisend. Er muss eine Menge einstecken von dieser jungen Amtsrichterin, die flüssig Vorwurf an Vorwurf reiht, einordnet und wertet und Y. mit den Konsequenzen konfrontiert. Es dauert eine Weile, bis er damit fertig wird. Und wieder zu grinsen beginnt. Erst nach rund einer Dreiviertelstunde der Vorhaltungen findet Y. wieder allmählich zu sich selbst. Nach eineinviertel Stunden lacht er erstmals während der Urteilsbegründung vernehmlich, wird wieder der alte, der Überhebliche. Doch es fällt ihm sichtlich schwer, wieder Oberwasser zu erlangen. Bis zur Urteilsverkündung hatte ihm der Prozess anscheinend ja nichts anhaben können. Da fühlte er sich unangreifbar, safe. Als gerissen, hat ein Prozessbeobachter ihn bezeichnet. Als psychisch krank und seelisch gestört, ein Gutachter. Sein Handeln könne er aber steuern, sein Verhalten reflektieren, die rechtlichen Folgen bewerten, erklärte die Richterin. Eine verminderte Schuldfähigkeit liege nicht vor. Es gehe auch nicht darum, dass er „mal übers Ziel hinausgeschossen“ sei.

Jetzt hat Y. einen Schuss vor den Bug bekommen. Reue löst aber auch dieser Dämpfer offensichtlich nicht aus. Auch keine Einsicht. Und die Richterin glaubt: Es sei mit weiteren Straftaten zu rechnen. Immerhin hätten auch Ermittlungsverfahren ihn bislang nicht davon abgehalten, weitere Straftaten zu begehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Y. Hat eine Woche Zeit, Berufung oder Revision einzulegen.

Unser Bericht von den Schlussvorträgen

Es dauert, bis die Justiz reagiert. Monatelang. Auch für ihre Antwort auf einen jahrelang andauernden, anzunehmenden Nachbarschaftsterror nimmt sie sich mehrere Prozesstage Zeit. Doch dann knallt’s: Der Staatsanwalt will den Beschuldigten, einen mutmaßlichen Serien-Beleidiger, -Brandleger und -Unruhestifter, im Knast sehen. Er hält eine ganze Liste an Taten für verwirklicht und nachgewiesen. Nicht so, naturgemäß, der Verteidiger. Er sieht in seinem Mandanten kein Unschuldslamm. Wohl aber jemanden, dem man viele der vorgeworfenen Taten eben nicht nachweisen kann.

Letzter Tag im Prozess gegen den mutmaßlichen Unruhestifter aus der Rottweiler Altstadt. Die Beweisaufnahme wird geschlossen. Es folgen noch die Plädoyers, die Schlussvorträge, dann das Urteil. „Dieses Verfahren ist kein gewöhnliches“ – insgesamt sei über mehr als 80 einzelne Verfahren Beweis erhoben worden, sagt der Staatsanwaltschaft eingangs seines gut einstündigen Plädoyers am Dienstagmorgen. Einige sind unter einem Aktenzeichen zusammengefasst. Außerdem hätten viele Menschen zu leiden gehabt: Nachbarn, Retter, Polizisten, Beschäftigte auf der Leitstelle. Einzige Stellungnahme von Y., dem Angeklagten: „Es kann sein, dass mir die Pferde durchgegangen sind“, habe er über seinen Anwalt wissen lassen. Er sei vielleicht das eine oder andere Mal „über das Ziel hinausgeschossen“. Und er habe sich für einzelne Taten entschuldigt – wenngleich er sich meist nicht erinnern konnte, nach seiner Aussage.

Unter den Taten, die der Ankläger für erwiesen hält: Er habe seine Schwägerin geschlagen. Nicht allzu schlimm, aber dennoch. Das Opfer leidet bis heute. Die Einzelstrafe: 30 Tagessätze à 25 Euro. Dann habe Y.seine Schwägerin auch noch fälschlicherweise beschuldigt – „um von seiner eigenen Tat abzulenken“, so der Staatsanwalt. Macht: 45 Tagessätze zu 25 Euro. Zudem zwei Beleidigungen gegen einen Polizeibeamten am Telefon. Einzelstrafen, die laut Ankläger angemessen wäre: 25 und 30 Tagessätze à 25 Euro.

Beleidigungen en masse

Es summiert sich. Jedes „Ar…loch“, jedes „Du blöde Sau“, „Blöde Fo…“, „Schlampe“, „Dreckspatz“, „Drecksau“ oder „Drecksack“, jeder „Spinner“, „Blöder Hund“ und „Wi…“ wird vom Staatsanwalt aufgezählt. Jede Körperverletzung, jeder ausgestreckte Mittelfinger, jede falsche Verdächtigung, jede Be- oder Todesdrohung, Verleumdung, Nötigung, jede Herabwürdigung, jede Grabschändung auf dem Altstadtfriedhof, jede Sachbeschädigung, jedes geworfene Ei und jeder Missbrauch eines Notrufs. Fälle bis Anfang 2023. Der Sauerstoff wird langsam dünne im Amtsgerichtssaal, das Publikum müde. Y. notiert zeitweilig mit, verschränkt ansonsten die Arme oder stützt seinen Kopf ab, schaut den Ankläger an, als wäre dieser nicht ganz bei Trost. Und er schüttelt wiederholt den Kopf, runzelt die Stirn. Lächelt, zeigt sich gelegentlich überrascht. Sinkt zwischenzeitlich immer mehr auf seinem Stuhl zusammen. Aber nicht aus Reue, ganz gewiss nicht. Und er schweigt. Kein Pferd geht mit ihm durch, er hat sich im Griff. Einmal wischt er vermeintliche Fussel von seiner Weste, einmal richtet er seine Socken.

Die Amtsrichterin hört ebenfalls genau zu, sie schreibt die beantragten Einzelstrafen auf. Und wird sofort harsch gegenüber Zuschauern, die miteinander flüstern.

Kriminelle Energie

Weiter im Plädoyer der Anklage: Y. habe immer wieder die Konfrontation gesucht, etwa, als er Polizeibeamte so lange provozierte, bis diese ihn festsetzten und auf die Wache mitnahmen. Drei Monate Freiheitsstrafe fordert der Staatsanwalt allein hierfür. Y. habe mit krimineller Energie immer wieder die Auseinandersetzung gesucht. Anlasslos, so der Ankläger. Er habe sich gezielt Schwächere als Ziele seiner Angriffe ausgesucht, Kinder, Senioren, aus seiner Sicht auch Frauen, so der Staatsanwalt. Und offenbar Menschen, die er durch gesetzliche Vorgaben daran gehindert sieht, sich ihn direkt vorzunehmen: Polizeibeamte, Feuerwehrleute. Das muss angemerkt werden.

Am Ende bildet der Staatsanwalt eine Gesamtstrafe für alle Einzeltaten, die er als verwirklicht betrachtet. 86 an der Zahl, einige waren im Vorfeld unter einem Aktenzeichen zusammengefasst worden. Darunter sind viele einzelne Geld-, zudem mehrere Freiheitsstrafen. Tausende Euro, mehrere Monate. Man erwartet schon, dass Justizbeamte während des Vortrags den Saal betreten, bereit, sich Y. zu schnappen. Gut eine Stunde benötigt der Staatsanwalt, alles aufzusummieren. Y.s Anwalt konsultiert immer mal wieder seine Armbanduhr, Konzentration, aber auch Resignation im Blick. Auch er schreibt mit. Er wird in seinem Schlussvortrag dagegenhalten müssen.

Forderung: eineinhalb Jahre Haft ohne Bewährung

Die vom Staatsanwalt geforderte Gesamtstrafe – die keine bloße Addition der Einzelstrafen ist, sondern ein sogenannter Zusammenzug, und die die für und gegen Y. sprechenden Punkte abwägt: eineinhalb Jahre Haft. Ohne Bewährung. Immerhin habe Y. keine sozialen Bindungen, keine positive Sozialprognose. „Durch eine Bewährungsstrafe wird er sich nicht von weiteren Taten abhalten lassen“, so der Staatsanwalt. Die Wiederholungsgefahr sei zu groß. Durch eine Bewährungsstrafe werde er sich vielmehr darin bestätigt finden, dass ihm nichts passieren könne.

Keine Verminderung der Steuerungsfähigkeit, bei keiner einzigen der vielen Taten – die Staatsanwaltschaft geht von voller Schuldfähigkeit aus: Der Psychiater, der als Gutachter am Prozess teilgenommen hat, sieht laut dem Ankläger eine umfangreiche Persönlichkeitsstörung vorliegen. Eine kindliche Verhaltensweise, ein Mangel an Empathie. Eine paranoide Verhaltensweise, weil Y. sich verfolgt fühlt etwa von seinen Nachbarn. Ein übersteigertes Bedürfnis nach Selbstdarstellung und sich in Szene zu setzen. Er brauche Aufmerksamkeit. Und eine Distanzlosigkeit, gerade gegenüber Polizisten und Frauen. Allerdings würden keine Defizite bei der Einsichtsfähigkeit vorliegen. Also könne das Gesetz mit all seiner Härte zuschlagen, so meint man.

Der Verteidiger sieht vieles anders

Es folgt der Schlussvortrag des Verteidigers. Y.s Anwalt wertet einzelne Taten, beschreibt einzelne Abläufe anders, vorrangig der schwerwiegenderen Vorfälle. Sieht manche Vorwürfe als nicht nachgewiesen – weshalb keine Bestrafung erfolgen könne. Zudem hätten sich einige der angeblich Beleidigten nun, in der Hauptverhandlung, nicht mehr an den genauen Wortlaut dessen erinnern können, was seinerzeit tatsächlich gesagt wurde (vor Monaten). Also: keine Strafbarkeit. Und einiges seien „reine Mutmaßungen“. Nichts, was eine Bestrafung rechtfertige. Die Zündeleien, die Grabschändungen – haben das nicht vielleicht andere begangen? Als Y. nachgewiesen sah er all das nicht. Außerdem: Widersprüchliche Aussagen der angeblich angegriffenen Kinder vor Gericht! Aktenzeichen für Aktenzeichen geht der Anwalt durch, sieht die meisten Vorwürfe als nicht stichhaltig bewiesen. Und die Videoaufnahmen seien zu schlecht, als dass man hierauf den Angeklagten erkennen könne.

Sein Mandant, Y., hört aufmerksam zu. Zeigt sich höchst zufrieden mit dem Vortrag des Verteidigers, stellt gar einen inneren Reichsparteitag zur Schau. Und schreibt mit. Zuversichtlich, mit großer Mimik – auf die manche unter den Zuhörerinnen und Zuhörern im Gerichtssaal genervt reagieren. Es fallen anwaltliche Erklärungen wie: „Den Polizeibeamten war bekannt, dass der Angeklagte leicht reizbar ist“, sie hätten ihn also offenbar nicht entsprechend provozieren müssen, hätten etwa an jenem Abend, als sie ihn in Gewahrsam nahmen, stattdessen auch „einfach davonfahren können“. Und seine Schwägerin – die habe er wohl kaum geschlagen. Vielmehr habe er einen Schlag ihrerseits abwehren wollen.

Tränen fließen

Hier fließen Tränen, ist ein Schluchzen vernehmbar. Der Anwalt sprach gerade vom Tod der Mutter. Y. weint. Für einige wenige Minuten, dann schreibt er wieder energisch mit. Schließt die Augen, wie um sein Erinnerungsvermögen zu verbessern. Lauscht dem knurrig gehaltenen Vortrag des Verteidigers. Nickt vehement. Geschichte wird geschrieben, drückt Y. aus. Die Wahrheit bricht sich Bahn. Die Amtsrichterin richtet sich unterdessen ihren Pferdeschwanz. Sie schreibt aber ebenfalls mit.

„Im Wesentlichen einige Beleidigungen“

„Im Wesentlichen bleiben einige Beleidigungen übrig“, summiert der Anwalt. Insgesamt würde doch eine Geldstrafe ausreichen, das würde ihm vor Augen führen, „dass er sich künftig straffrei halten sollte“. Schon die Hauptverhandlung sei „eine spürbare Konsequenz“ seines Handelns, sie habe ihn „nachdrücklich beeindruckt“, habe ihm klargemacht, dass er an seinem Verhalten etwas verändern müsse. Tatsächlich? Brennt es nicht weiterhin nahezu täglich rund um das Haus von Y.? Und ist er, entgegen aller Beteuerungen Dritter, wirklich nicht der Urheber der Feuer? Fallen schwere Beleidigungen nicht weiterhin gegenüber etwa Feuerwehrleuten? Von „Ar..loch“ und „Wi…“ ist die Rede. Und davon, dass man Y. angezeigt habe. Doch das wird Gegenstand eines späteren Verfahrens sein. In der Zukunft.

Außerdem sei doch der Tod der Mutter, seien die psychischen Belastungen dadurch Auslöser für die (übrig gebliebenen) Taten, sagt der Anwalt. Y. weint dazu erneut für ein, zwei Minuten. Zudem sei er psychisch krank, so sein Anwalt, stecke in einer Lebenskrise, zeige aber positive Ansätze. Eine Verurteilung zu einer Geldstrafe sei also ausreichend. Und falls es zu einer Freiheitsstrafe kommen sollte, dann sei diese doch zur Bewährung auszusetzen. Weitere Strafen könnten durch die Weisung, eine Therapie zu beginnen, vermieden werden. Sagt jedenfalls der Anwalt. „Es wäre ja niemandem geholfen, wenn er einige Monate weg ist und dann wiederkommt.“

Doch wird der Beobachter den Eindruck nicht los, dass hier nicht der empörte Angeklagte sitzt, der in weiten Teilen zu Unrecht beschuldigt wird. Sondern offenbar der gewitzte Mann, der glaubt, die Justiz könne ihm bei einigen seiner Vergehen schlicht nichts anhaben. Aber vielleicht irrt sich der Beobachter ja auch.

Auf sein letztes Wort verzichtete Y.

Das Urteil wird ab 13 Uhr an diesem Dienstag gesprochen. Wir werden an dieser Stelle berichten.

 

 

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