Zwischen Himmelsglanz und Erdenarmut: Weihnachtsmotive in der Spätgotik

Die Bildwerke der „Sammlung Dursch“ – hier im Bereich „Freude und Dankbarkeit“ – wurden 2019 glanzvoll neu in Szene gesetzt (Foto: R. Graner).

Die Sonntagsführung in der Sammlung Dursch lädt kunsthistorisch Interessierte und Besucherinnen und Besucher am 21. Dezember ab 15 Uhr zu einer stimmungsvollen Reise in die Bildwelt des 15. und 16. Jahrhunderts ein, die die Advents- und Weihnachtszeit kulturell bereichern möchte. Im Mittelpunkt stehen ausgewählte Werke, die die Verkündigung Mariens, die Geburt Christi sowie die Anbetung der Könige in ihrer spätgotischen Ausprägung zeigen.

Das christliche Weihnachtsfest ist nicht nur ein liturgisches Ereignis, sondern immer auch ein Spiegel der jeweils herrschenden geistigen, sozialen und religiösen Strömungen. Wie die Geburt Christi verstanden, dargestellt und ausgelegt wurde, veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte grundlegend. Insbesondere zwischen Mittelalter und Renaissance zeigte sich ein deutlicher Wandel, auch in der religiösen Praxis.

War im Hochmittelalter die Spiritualität weitgehend auf das kirchliche Umfeld konzentriert, in dem die Gläubigen die Messe vor allem als Zuschauer erlebten, veränderte sich dies in der Spätgotik deutlich: Unter dem Einfluss der Devotio moderna und der Mystik gewinnt das persönliche Andachtsleben an Bedeutung. Laien beginnen, die biblischen Szenen nicht nur zu betrachten, sondern innerlich nachzuvollziehen: Freude, Mitgefühl und emotionale Identifikation treten an die Stelle rein symbolischer Betrachtung. Einher damit ging auch die Einführung von Krippendarstellungen und Andachtsbildern sowie die Geburt des volkstümlichen Weihnachtsliedes.

Auch in den Darstellungen des Weihnachtsgeschehens verändern sich die Bilder stark: Maria und das Kind werden liebevoller und menschlicher dargestellt. Man sieht Zärtlichkeit, Nähe und Gefühle. Die Bildwelt stützt so die neue Volksfrömmigkeit, indem sie das Weihnachtsgeschehen in den Alltag der Gläubigen holt und teils sogar in die zeitgenössische Architektur und Mode übersetzt.

Dabei flossen auch verstärkt außerkirchliche Motive und Symbole wie etwa aus dem pseudo-matthäischen Kindheitsevangelium und den Visionen der Hl. Birgitta ein, die auch heute noch stark unsere Vorstellungen von Weihnachten prägen. Besonders schön lassen sich diese Einflüsse an Werken innerhalb der Sammlung Dursch erleben und nachvollziehen.

Während der etwa einstündigen Führung erläutert Dr. Peter Bippus, wie sich religiöse Motive in dieser Epoche wandelten und wie durch detaillierte Symbolik, emotionale Ausdruckskraft und raffinierte Handfertigkeit zentrale Aspekte der Weihnachtsgeschichte ins Bild gesetzt wurden. Teilnehmende erhalten Einblicke in die Bedeutung ikonografischer Elemente sowie die gesellschaftlichen und spirituellen Hintergründe der Zeit.

Bei der Führung werden diese Themen nicht bloß theoretisch vermittelt, vielmehr wird eingeladen, sich auf die Objekte einzulassen, indem eigene Erfahrungen miteinfließen und ein Gespräch mit der Vergangenheit beginnen kann.

INFO: Treffpunkt mit Dr. Peter Bippus am 21. Dezember, 15 Uhr, Foyer des Dominikanermuseums. Kosten: 2 Euro zzgl. Eintritt. Kinder bis 18 Jahren sind frei.

    Abonnieren
    Benachrichtigen bei
    guest
    0 Kommentare
    Neueste
    Älteste Meistbewertet
    Inline-Feedbacks
    Alle Kommentare anzeigen
    0
    Ihre Meinung würde uns sehr interessieren. Bitte kommentieren Sie.x