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Das ehemalige Krankenhaus als TikTok-Star

"Echte Urbexer" verhalten sich anders / Vandalismus von Anfang an ein Problem

Verlassene Krankenhäuser scheinen auf eine bestimmte Sorte Leute eine besondere Anziehungskraft auszuüben. Auf TikTok wimmelt es von kurzen Videos, die Leute in leerstehenden Krankenhäusern aufgenommen haben. Es gibt Freunde von „lost places“, also verlassenen Orten, die sich dort tummeln, um zu fotografieren und zu filmen. Drei solcher „Abenteurer“ hat die Polizei am späten Mittwochabend im ehemaligen Schramberger Krankenhaus aufgegriffen und angezeigt (wir haben berichtet).

Schramberg. Die örtliche Tageszeitung hatte Mitte August in einer Aufmachergeschichte über den Hype auf TikTok berichtet. Dann hatte sich die Stadtverwaltung zu Wort gemeldet und darauf hingewiesen, dass die Stadt das ehemalige Krankenhaus keineswegs als „lost place“ verstanden wissen wolle. Die Eingänge seien verschlossen, das Gelände mit Bauzäunen abgesperrt.

Der Zugang zum Gelände ist mit einem Bauzaun abgesperrt. Foto: him

Vandalismus seit der Schließung

Immer wieder berichten Anwohner von Vandalismus im Gebäude. Anneliese Bendigkeit, die selbst jahrzehntelang im Krankenhaus gearbeitet hatte, war häufig im Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Kürzlich haben Unbekannte zwei große Fensterscheiben an der ehemaligen Cafeteria beschädigt.

Zwei kaputte Scheiben an der ehemaligen Cafeteria. Foto: him

Den größten Schaden haben allerdings nach der Schließung im Jahr 2011 die neuen Eigentümer angerichtet. Der Landkreis Rottweil hatte das Schramberger wie das Rottweiler Krankenhaus bekanntlich an einen Klinikkonzern verkauft. In dessen Auftrag hatten Bauarbeiter gewaltsam Heizungsrohre und Versorgungsleitungen aus den Wänden gerissen, Waschbecken zerstört und Möbel unbrauchbar gemacht. Damals hat man in Schramberg vermutet, so solle dafür gesorgt werden, dass das ehemalige Krankenhaus nicht ohne weiteres wieder als ein solches verwendet werden kann.

Als im April 2016 Mitglieder des Gemeinderats und der Verwaltung
das ehemalige Krankenhaus besichtigten,
schüttelte man die Köpfe über die sinnlose Zerstörung im Gebäude durch die Eigentümer nach 2011. Inzwischen gehört das Krankenhaus ja wieder der Stadt. Archiv-Fotos: him

Von Hausfriedensbruch bis Diebstahl

Auch die Polizei weist darauf hin, dass man sich strafbar mache, wenn man ohne Einwilligung des Eigentümers in ein Gebäude eindringt. Hausfriedensbruch, nennt sich das. Bricht man eine Tür auf, kommt noch Sachbeschädigung dazu. Und wenn man auch noch etwas mitnimmt, wie einer der jungen Männer vom Mittwochabend, heißt das Diebstahl.

TikTok-Filmchen – für „Urbexer“ unter ihrer Würde

Wie die drei auf das Schramberger Krankenhaus aufmerksam geworden sind, ist unbekannt. Denn eigentlich verraten die Lost-Places-Fotografen die Örtlichkeiten nicht. Sie nenne sich „Urban Explorer“ oder kurz Urbexer, Stadtentdecker also.

Die Natur holt sich das Gebäude nach und nach zurück. Foto: him

Ihnen sei es „wichtig zu betonen, dass Urbexer stets verantwortungsbewusst handeln sollten, indem sie die Orte respektieren, die sie besuchen und die geltenden Gesetze und Sicherheitsvorschriften beachten“.

Auf einer Schweizer Urbex-Seite heißt es: „Nimm nichts mit ausser deinen Bildern und hinterlasse nichts ausser deinen Fussspuren.“ Die Leute, die sich und ihre Filmchen auf TikTok präsentieren, heißen bei „echten“ Urbexern schlicht „TikTok Idiot“

Auf einem der TikTok-Videos zum Schramberger Krankenhaus zeigt ein solcher Lost-Places-Sucher einen Eingang. Er kommt aber nicht weit. Er berichtet sogar: „Alles war entweder abgesperrt oder komplett verschlossen.“

Der TikToker kam nicht weit. Dahinter war nur ein leerer Kellerraum.

Die drei Ertappten kamen nicht von hier

Die drei, die sich gestern von der Polizei überraschen ließen, waren zwar aus dem weiteren Umland, aber nicht aus dem Kreis Rottweil und auch nicht aus einer Schramberger Nachbargemeinde, wie Polizeisprecher Patrick Zöllner der NRWZ bestätigt.

Sonst hätten sie vielleicht geahnt, dass unmittelbar nach einer weiteren großen Geschichte zum Thema in der Lokalzeitung die Polizei ein Auge auf das Krankenhaus haben wird.

Im Dickicht verborgen. Foto: him




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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