LKW-Maut bisher ohne Wirkung

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Die Einführung der LKW-Maut auf Bundesstraßen hat sich bisher noch nicht auf die Anzahl der schweren Lastwagen auf der  B 462 in Schramberg ausgewirkt. Das ergibt sich aus Zahlen, die die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) auf Anforderung der NRWZ bereit gestellt hat.

Um einen Vergleich herstellen zu können, haben wir die Zahlen für die Jahre 2016 und 2017, also vor der Maut-Einführung und für 2018 angefordert, jeweils die Monate August bis Oktober.

Die Zähleinrichtung wird regelmäßig kontrolliert.

Dabei ergibt sich für PKW folgendes Bild: Demnach fuhren in den drei Monaten (erste Zahl absolut, zweite Zahl Durchschnitt am Tag):

2016:            1.216377                 13.221

2017:            1.078009                 11.717

2018:            1.231491                 13.386

Leicht-LKW       

2016                 50.824                      552         

2017                 47.483                      516                        

2018                 50.131                      545

Schwere LKW

2016                85.712                        932           

2017                71.751                        780           

2018                86.118                        936

Auf den ersten Blick erstaunlich ist das Jahr 2017 mit starken Rückgängen in allen drei Kategorien. Dies erklärt sich allerdings, wenn man sich daran erinnert, dass das ganze Jahr 2017 und besonders im Herbst die Bundesstraße zwischen Sulgen, Dunningen und Rottweil erneuert  und teilweise ganz gesperrt war. Sinnvollerweise lassen sich also nur die Jahre 2016 und 2018 vergleichen. Und da ergibt sich praktisch kein Unterschied bei den Zahlen.

An einer anderen Zählstelle an der B 462 vor der Abfahrt Sulgen sehen die Zahlen für August 2016  und August 2018 ganz ähnlich aus. Hier fuhren laut Regierungspräsidium Tübingen – Landesstelle für Straßentechnik durchschnittlich werktags

PKW

2016              13.799

2018              13.867

schwere LKW  und Busse 

2016                 1204

2018                 1250

Auch hier also annähernd gleiche Zahlen.

Die Zählstelle vor der Ausfahrt Sulgen. Fotos: him

LKW-Maut als Kostenfaktor zu gering

Weshalb die LKW-Maut bisher zu keinem Rückgang geführt hat, dafür gibt es ganz unterschiedliche Erklärungen: Edgar Neumann, der Leiter der Pressestelle und Öffentlichkeitsarbeit im Baden-württembergischen Ministerium für Verkehr meint, der Zeitraum  sei „zu kurz, um belastbare Aussagen zu Verlagerungseffekten zu treffen“. Hinzu komme, dass Logistiksysteme und Belieferungsstrategien nicht derart schnell angepasst werden könnten und eine Verlagerung eines gewissen organisatorischen und zeitlichen Vorlaufs bedürfe.

Achim Scheerer, Chef der gleichnamigen Spedition in Aichhalden und Vizepräsident der IHK, betont, für die Spediteure sei der Faktor Zeit viel wichtiger als die Maut. Wenn ein Lastzug auf der Bundesstraße eine Stunde länger unterwegs sei, dann stünden die Kosten für die Maut „in keinem Verhältnis zu den Arbeitszeitkosten“. Die Vorstellung, dass die LKWs in größerem Maße in der Vergangenheit auf die Bundestraßen ausgewichen seien, um die Maut zu sparen, sei irrig.  Scheerer räumt ein, dass es einzelne Ausweichstrecken gab. Doch die habe die Bundesregierung schon früher bemautet.

Bahn überlastet

Er wie Neumann sind der Ansicht, dass der Güterverkehr insgesamt wachse. Dass eine Maut mehr Güter auf die Schiene bringe, habe sich als „Quatsch“ erwiesen, so der Logistiker Scheerer. Dafür fehlten auf der Bahn die Kapazitäten. Der Bau neuer Trassen daure „ewig“, die alte Technik mache mehr Güterzugverkehr nicht möglich. Neumann vom „grün“ geführten Verkehrsministerium hält die Mautsätze für zu günstig, „um eine signifikante Verlagerung auf andere Verkehrsträger zu bewirken“.  

Scheerer sieht das  naturgemäß anders: Für ihn sind die Mautgebühren eine verkappte Steuererhöhung. Da die Transportkosten auf die Preise umgeschlagen werden, zahlten am Ende die Verbraucher:  „An der Mautschraube zu drehen, ist viel leichter als eine Mehrwertsteuererhöhung.“

Speziell zur B 462 weist Neumann darauf hin, dass es parallel zur B 462 keine Autobahnparallele gebe, deshalb sei „auf der B 462 durch die B-Maut keine Entlastung zu erwarten gewesen“.

Keine Verkehrszunahme auf der B 462 wie auf Bundesstraßen generell

Wenn Neumann und Scheerer von einer Zunahme des Güterverkehrs  auf der Straße sprechen, so stimmt das – aber nur für die Autobahnen. Das zeigt eine Grafik der Bundesanstalt für Straßenverkehr (BASt) für alle Autobahnen und Bundesstraßen. Seit Jahrzehnten bleibt der Verkehr auf Bundesstraßen praktisch gleich. 

Verkehrszunahme auf Autobahnen (rote Linie) und Bundesstraßen seit anfang der 50er Jahre. Grafik: BASt

Und genau dieselbe Entwicklung ist für die B 462 in Schramberg zu erkennen:

Verkehrszahlen an der B 462  Oberndorfer Straße seit 2007. Grafik: BASt

Und wer der Technik misstraut – 2005 haben die Experten manuell gezählt:

Und zehn Jahre später nochmal:

Grafiken: BASt

Info: Seit dem 1. Juli müssen LKWs auch auf Bundestraßen Maut bezahlen. Statt 15.000 sind nun 50.000 Kilometer mautpflichtig. Die Mautpflicht gilt für alle Lkw ab 7,5 Tonnen. Die Höhe ist unter anderem abhängig von der Anzahl er Achsen und der Schadstoffklasse.

Das interessiert diese Woche



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Die Einführung der LKW-Maut auf Bundesstraßen hat sich bisher noch nicht auf die Anzahl der schweren Lastwagen auf der  B 462 in Schramberg ausgewirkt. Das ergibt sich aus Zahlen, die die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) auf Anforderung der NRWZ bereit gestellt hat.

Um einen Vergleich herstellen zu können, haben wir die Zahlen für die Jahre 2016 und 2017, also vor der Maut-Einführung und für 2018 angefordert, jeweils die Monate August bis Oktober.

Die Zähleinrichtung wird regelmäßig kontrolliert.

Dabei ergibt sich für PKW folgendes Bild: Demnach fuhren in den drei Monaten (erste Zahl absolut, zweite Zahl Durchschnitt am Tag):

2016:            1.216377                 13.221

2017:            1.078009                 11.717

2018:            1.231491                 13.386

Leicht-LKW       

2016                 50.824                      552         

2017                 47.483                      516                        

2018                 50.131                      545

Schwere LKW

2016                85.712                        932           

2017                71.751                        780           

2018                86.118                        936

Auf den ersten Blick erstaunlich ist das Jahr 2017 mit starken Rückgängen in allen drei Kategorien. Dies erklärt sich allerdings, wenn man sich daran erinnert, dass das ganze Jahr 2017 und besonders im Herbst die Bundesstraße zwischen Sulgen, Dunningen und Rottweil erneuert  und teilweise ganz gesperrt war. Sinnvollerweise lassen sich also nur die Jahre 2016 und 2018 vergleichen. Und da ergibt sich praktisch kein Unterschied bei den Zahlen.

An einer anderen Zählstelle an der B 462 vor der Abfahrt Sulgen sehen die Zahlen für August 2016  und August 2018 ganz ähnlich aus. Hier fuhren laut Regierungspräsidium Tübingen – Landesstelle für Straßentechnik durchschnittlich werktags

PKW

2016              13.799

2018              13.867

schwere LKW  und Busse 

2016                 1204

2018                 1250

Auch hier also annähernd gleiche Zahlen.

Die Zählstelle vor der Ausfahrt Sulgen. Fotos: him

LKW-Maut als Kostenfaktor zu gering

Weshalb die LKW-Maut bisher zu keinem Rückgang geführt hat, dafür gibt es ganz unterschiedliche Erklärungen: Edgar Neumann, der Leiter der Pressestelle und Öffentlichkeitsarbeit im Baden-württembergischen Ministerium für Verkehr meint, der Zeitraum  sei „zu kurz, um belastbare Aussagen zu Verlagerungseffekten zu treffen“. Hinzu komme, dass Logistiksysteme und Belieferungsstrategien nicht derart schnell angepasst werden könnten und eine Verlagerung eines gewissen organisatorischen und zeitlichen Vorlaufs bedürfe.

Achim Scheerer, Chef der gleichnamigen Spedition in Aichhalden und Vizepräsident der IHK, betont, für die Spediteure sei der Faktor Zeit viel wichtiger als die Maut. Wenn ein Lastzug auf der Bundesstraße eine Stunde länger unterwegs sei, dann stünden die Kosten für die Maut „in keinem Verhältnis zu den Arbeitszeitkosten“. Die Vorstellung, dass die LKWs in größerem Maße in der Vergangenheit auf die Bundestraßen ausgewichen seien, um die Maut zu sparen, sei irrig.  Scheerer räumt ein, dass es einzelne Ausweichstrecken gab. Doch die habe die Bundesregierung schon früher bemautet.

Bahn überlastet

Er wie Neumann sind der Ansicht, dass der Güterverkehr insgesamt wachse. Dass eine Maut mehr Güter auf die Schiene bringe, habe sich als „Quatsch“ erwiesen, so der Logistiker Scheerer. Dafür fehlten auf der Bahn die Kapazitäten. Der Bau neuer Trassen daure „ewig“, die alte Technik mache mehr Güterzugverkehr nicht möglich. Neumann vom „grün“ geführten Verkehrsministerium hält die Mautsätze für zu günstig, „um eine signifikante Verlagerung auf andere Verkehrsträger zu bewirken“.  

Scheerer sieht das  naturgemäß anders: Für ihn sind die Mautgebühren eine verkappte Steuererhöhung. Da die Transportkosten auf die Preise umgeschlagen werden, zahlten am Ende die Verbraucher:  „An der Mautschraube zu drehen, ist viel leichter als eine Mehrwertsteuererhöhung.“

Speziell zur B 462 weist Neumann darauf hin, dass es parallel zur B 462 keine Autobahnparallele gebe, deshalb sei „auf der B 462 durch die B-Maut keine Entlastung zu erwarten gewesen“.

Keine Verkehrszunahme auf der B 462 wie auf Bundesstraßen generell

Wenn Neumann und Scheerer von einer Zunahme des Güterverkehrs  auf der Straße sprechen, so stimmt das – aber nur für die Autobahnen. Das zeigt eine Grafik der Bundesanstalt für Straßenverkehr (BASt) für alle Autobahnen und Bundesstraßen. Seit Jahrzehnten bleibt der Verkehr auf Bundesstraßen praktisch gleich. 

Verkehrszunahme auf Autobahnen (rote Linie) und Bundesstraßen seit anfang der 50er Jahre. Grafik: BASt

Und genau dieselbe Entwicklung ist für die B 462 in Schramberg zu erkennen:

Verkehrszahlen an der B 462  Oberndorfer Straße seit 2007. Grafik: BASt

Und wer der Technik misstraut – 2005 haben die Experten manuell gezählt:

Und zehn Jahre später nochmal:

Grafiken: BASt

Info: Seit dem 1. Juli müssen LKWs auch auf Bundestraßen Maut bezahlen. Statt 15.000 sind nun 50.000 Kilometer mautpflichtig. Die Mautpflicht gilt für alle Lkw ab 7,5 Tonnen. Die Höhe ist unter anderem abhängig von der Anzahl er Achsen und der Schadstoffklasse.

Das interessiert diese Woche

Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.