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„Eine zweite Chance für alte Gemäuer“, Veröffentlicht: Samstag, 9. Oktober 2021, 11.57 Uhr

Eine zweite Chance für alte Gemäuer

(Anzeige). Mehr als doppelt so viele Menschen kaufen lieber eine bereits vorhandene Immobilie, statt neu zu bauen: Rund zweieinhalb Millionen Menschen entschieden sich laut Statista 2020 für den Kauf eines bestehenden Hauses und nur eine knappe Million für den Bau eines Eigenheims. Experten geben einen Überblick über die Vor- und Nachteile von Immobilien aus zweiter Hand. Eines der Themen dieser NRWZ-Sonderveröffentlichung rund ums Bauen & Wohnen.

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Bau-Boom hält an: 529 neue Wohnungen im Kreis Rottweil gebaut

Boomende Baubranche: Im Landkreis Rottweil wurden im vergangenen Jahr 529 neue Wohnungen gebaut – in Ein- und Zweifamilienhäusern, in Reihen- und Mehrfamilienhäusern. Das teilt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mit. Die IG BAU beruft sich hierbei auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts.

Danach flossen für den Neubau im Kreis Rottweil Investitionen in Höhe von rund 111 Millionen Euro. „Der Boom der Branche hält schon seit Jahren an. Und es ist kein Ende in Sicht“, sagt Bezirksvorsitzende Ilse Bruttel. Die Gewerkschafterin verweist auf einen wachsenden Berg genehmigter, aber noch nicht fertiggestellter Wohnungen, der zu „prall gefüllten Auftragsbüchern“ bei den Unternehmen führe: Nach einer Auswertung des Pestel-Instituts wurden im Landkreis zwischen 2011 und 2019 Baugenehmigungen für rund 820 Wohnungen erteilt, die noch gebaut werden müssen.

„Es gibt einen regelrechten Stau am Bau. Maurer, Zimmerleute und Fliesenleger arbeiten am Anschlag, um die Auftragsflut zu bewältigen. Statt Kurzarbeit und Homeoffice heißt es bei ihnen: Überstunden und Wochenendarbeit“, so Bruttel. Die IG BAU Südbaden fordert, die Beschäftigten in der Region an den guten Geschäften der Firmen fair zu beteiligen.

„Bauleute machen einen unverzichtbaren Job: Sie schaffen dringend benötigten Wohnraum, halten Straßen und Brücken instand, bauen Gleise und errichten Windräder“, betont IG BAU-Verhandlungsführer Carsten Burckhardt. Zugleich habe die Baubranche die Binnenkonjunktur im Corona-Krisenjahr 2020 entscheidend stabilisiert und einen noch stärkeren Einbruch verhindert. „Es ist überfällig, dass die Arbeitgeber diese Leistung anerkennen“, so Burckhardt. Die Beschäftigten erwarteten ein kräftiges Lohn-Plus und einen Ausgleich für die oft stundenlange Pendelei zu den Baustellen – „das ist Zeit, in der sie ihre Familie nicht sehen, um für den Chef unterwegs zu sein“.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden im vergangenen Jahr 306.376 neue Wohnungen in Deutschland fertiggestellt – ein Plus von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit wurden so viele Wohnungen neu gebaut wie seit 2001 nicht mehr. Die Statistikbehörde geht zudem von bundesweit rund 780.000 genehmigten Wohnungen aus, die erst noch gebaut werden müssen. Dieser sogenannte Bauüberhang habe ein Rekordhoch erreicht. Laut Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) stieg der Umsatz der Branche im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf 143 Milliarden Euro.

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Foto: Schwäbisch Hall

Die Zukunft beim Bauen heißt Kreislaufwirtschaft

Warum Bauherren auf nachhaltige und (wieder)verwertbare Materialien setzen sollten

Nachhaltigkeit spielt beim Bauen eine immer größere Rolle. Im Fokus steht dabei das enorme Abfallaufkommen. Wie gelingt also eine ressourcenschonende Wiederverwertung von Baustoffen? Die Lösung heißt Kreislaufwirtschaft. Was das genau bedeutet und worauf es dabei ankommt, erklärt Thomas Billmann von der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Auf die Bauwirtschaft in Deutschland und in der Folge auch auf die Bauherrenfamilien kommt mit dem Green Deal der EU eine Schlüsselrolle bei der Klimawende zu. Das Ziel dabei: Klimaneutralität bis 2050. Doch bislang machen Neubau und die Sanierung von Gebrauchtimmobilien laut Umweltbundesamt mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland aus.

„Wir müssen schon bei der Planung von Häusern darauf achten, welches Material wir wie verbauen, damit wir am Lebensende einer Immobilie möglichst alle Materialien wiederverwenden können“, erklärt Modernisierungsexperte Thomas Billmann. „In jedem Haus stecken mehrere Tonnen Stahl, zudem Holz, das CO2 speichert, und Edelmetalle wie Kupfer. So betrachtet ist der Gebäudebestand ein riesiges Rohstofflager, das wir künftig noch viel stärker nutzen müssen“. Derzeit gilt oft: Die Mülldeponie ist die Endstation für die meisten Baustoffe. Doch die Verwertung von Bauabfällen kostet viel Energie: Die Baustoffe müssen in ihre Einzelkomponenten getrennt und weiterverarbeitet werden.

Den gesamten Lebenszyklus des Bauprojekts im Blick

„Besser ist es also, die Leitungen und Rohre schon beim Bau in separaten Schächten zu verbauen, statt sie hinter Putz zu legen. Das hilft, dabei die Baustoffe später einfacher trennen zu können“, so Billmann. Auch beim Betonbau lässt sich die Wiederverwertbarkeit des Baustoffs deutlich verbessern: Recyclingbeton enthält mindestens 25 Prozent Granulat aus Abbruchbeton. Dadurch wird nicht nur die Bauschuttmenge auf den Deponien verringert. Kies als endlicher Rohstoff wird ebenfalls eingespart und zusätzlich reduziert sich die CO2-Bilanz bei der Zementherstellung.

Die richtigen Materialien und Baustoffe finden

Die Auswahl an ökologischen Baustoffen und deren Einsatzmöglichkeiten sind groß. Der Effekt auch. Massive Holzwände, Lehm oder auch reine Kunststoffe zahlen schon bei der Herstellung auf Nachhaltigkeits- und Klimaziele ein. Als erste Orientierung beim Kauf können Öko-Siegel dienen: Es gibt zahlreiche Umweltsiegel, die nachhaltige Baustoffe kennzeichnen. Der „Blaue Engel“ ist eines der ältesten und bekanntesten, ebenso die Siegel von Eco Institut, IBU und Nature Plus. Bei der Verarbeitung dieser Baustoffe weiß der Experte Rat: „Wir sollten heute beginnen, so zu bauen, dass wir die Baustoffe gut trennbar verwenden. Dann klappt‘s später auch mit der leichten, klimaschonenden Wiederverwertung.“

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Bild von Jens Neumann

Kauf von Bestandsimmobilien

Vorteile alter Häuser

Neben dem Nachhaltigkeitsgedanken, einem oft unvergleichlichen Charme und dem gewissen Etwas von bestehenden Häusern gibt es eine Reihe ganz konkreter Vorteile, wenn man sich für ein altes Haus entscheidet. Angefangen bei der Lage: Alter Bestand liegt – anders als neu erschlossene Wohngebiete – oft sehr zentral und ist optimal an die vorhandene Infrastruktur angebunden. Zudem ist der Kaufpreis in der Regel deutlich niedriger, Grundstücke sind oft größer und die Gärten bereits fertig angelegt.

Allerdings sollte das Haus von Experten begutachtet werden, damit der Kaufpreis realistisch kalkuliert werden kann. Bei den meisten alten Immobilien stehen zudem Renovierungsarbeiten an, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Wer handwerklich geschickt ist, kann allerdings viel Geld sparen, indem er selbst Hand anlegt. Experten weisen darauf hin, dass die KfW-Bank (Kreditanstalt für Wiederaufbau) verschiedene Fördermittel für Bestandsimmobilien anbietet.

Je nachdem, wie viel Renovierungs- und Sanierungsarbeiten erforderlich sind, kann der Umzug in ein altes Haus deutlich flotter gehen, als auf die Fertigstellung eines Neubaus zu warten. Auch das Umzugsdatum kann guten Gewissens frühzeitig festgelegt werden, weil man nicht fürchten muss, dass es – wie bei Neubauten möglich – zu baulichen Verzögerungen kommt.

Je oller, je doller: Je älter das Haus, desto mehr Bauarbeiten sind in der Regel nötig. Das können altersbedingte Bauschäden sein oder einfach in die Jahre gekommene Elemente, wie z. B. Fenster, die Heizungsanlage oder das Dach. Zudem kann es bei sehr alten Häusern Einschränkungen oder Vorgaben bei baulichen Veränderungen geben. Nicht selten bemerken die frisch gebackenen Besitzer erst nach Bezug weitere Schäden. Doch eine Gewährleistung ist beim Kauf bestehender Immobilien in der Regel ausge¬schlossen; es wird „gekauft wie gesehen“. Um sich hier also vor bösen Überraschungen und explodierenden Kosten zu schützen, raten Experten, bereits vor dem Kauf das Haus gründlich vom Keller bis zum Dachstuhl unter die Lupe zu nehmen. Am besten mit einem Fachmann. Der kann nicht nur die Kosten realistisch einschätzen, sondern weiß auch, welche Teile der Immobilie nicht mehr sanierbar sind.

Gibt es Haken an der Sache? Die Immobilien-Experten der ARAG raten etwa, unbedingt zu kontrollieren, ob es beim Haus finanzielle „Altlasten“ gibt, wie beispielsweise Grundschulden oder ein lebenslängliches Wohnrecht.

Zudem sollten Interessenten bei der Stadt oder der Gemeinde nachfragen, ob es geplante Änderungen der Infrastruktur gibt. Denn ein Großteil der Kosten für den Bau von Straßen, Leitungen oder Abwasserkanälen kann auf Anlieger umgelegt werden.

 

 

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