Hauptversammlung von Waffenhersteller Heckler & Koch abgebrochen

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Die Hauptversammlung des Oberndorfer Waffenherstellers Heckler & Koch (H&K) hatte am heutigen Dienstag um 10 Uhr im Rottweiler Neckartal begonnen. Doch nach dem Rechenschaftsbericht des Vorstandsvorsitzenden und zwei weiteren Wortmeldungen war Schluss: Ein Vertreter des  früheren Mehrheitsgesellschafters und zeitweiligen Chefs des Unternehmens, Andreas Heeschen, meldete sich zu Wort. Er bezweifelte, dass  genügend Aktien vertreten seien.

Der Versammlungsleiter solle das überprüfen. Und tatsächlich, nach einer viertel Stunde Unterbrechung musste der Versammlungsleiter die Hauptversammlung auflösen, weil nur 48 Prozent des Kapitals vertreten waren. Heeschen, so berichtet es ein Teilnehmer der NRWZ, sei zwar angemeldet gewesen, dann aber nicht gekommen.

Heeschen streitet seit Jahren über die Stimmrechte eines Aktienpaketes mit den neuen Mehrheitseigentümern. Er besitzt aber noch eigene HK- Aktien. Die hatte er zwar angemeldet, war aber nicht in Rottweil erschienen. Da die umstrittenen Aktien offenbar nicht gezählt wurden und Heeschens Aktien fehlten, kamen die etwa 20 Aktionärsvertreter im Saal nur auf 48 Prozent der Stimmen.

„Peinlich“, fand ein Beobachter das Ereignis. Nach der Satzung wird es nun in drei Monaten eine weitere Hauptversammlung geben, diese könnte aber auch online stattfinden. Bei dieser zweiten Versammlung würde es auch kein Quorum geben. Die beiden ersten Wortmeldungen kamen von kritischen Aktionären. Da die Versammlung aufgelöst werden musste, gab es auf deren Fragen auch keine Antworten. Eine Sprecherin von HK war um die Mittagszeit telefonisch nicht erreichbar.(him)

Unsere ursprüngliche Berichterstattung: 

(Heeschen) strebt eine Neubesetzung des Aufsichtsrats an. Zugleich machen, auch dieser Konflikt hat Tradition, die sogenannten kritischen Aktionäre ihrem Ärger über die Exporte von H&K Luft. Das Unternehmen sucht derweil Alternativen zum angestammten Veranstaltungsort Pulverfabrik.

Rottweil – Zwei Polizeibeamte. Zwei erfahrene, zwar, aber dennoch: Mehr ist offenkundig nicht nötig, um den angekündigten und zu erwartenden Protest der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre gegen Heckler & Koch in Schach zu halten. So sind es um 8.45 Uhr, eine halbe Stunde nach Beginn der Demonstration, genau vier Menschen, die sich versammelt haben und ihrem Protest Ausdruck verleihen. Dieser richtet sich gegen Waffenlieferungen an die Brennpunkte der Welt und teils in die Hände von Kindern, die als Soldaten eingesetzt werden. „Halt! Das ist der falsche Weg!“, haben die Demonstrierenden als Ausdruck ihres Protests ausgelegt. Erste Hauptversammlungsteilnehmer, die mit schicken Wagen anrücken, interessiert das nicht. Sobald die Security sie durchlässt, brausen sie die heute für unbefugte Autofahrerinnen und -fahrer gesperrte Straße zum Veranstaltungsort durch.

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Zugangskontrolle: Ein Securitymitarbeiter kontrolliert einen Besucher der Hauptversammlung. Foto: gg

Dieser erscheint dem Management von Heckler & Koch offenbar als ungünstig. Es ist die am Ende des Industriegebiets Neckartal gelegene Pulverfabrik. H&K ist nicht zum ersten Mal dort. Denn die Satzung schreibt dem Unternehmen bislang vor: „Hauptversammlungen der Gesellschaft können bislang nur am Ort der Gesellschaft, einer Stadt im Landkreis Rottweil oder in Berlin stattfinden.“ Da laut H&K aber „geeignete Veranstaltungsräumlichkeiten in Oberndorf am Neckar wie auch im Landkreis Rottweil nur schwer zu finden sind, soll die Satzungsregelung angepasst und die Hauptversammlung künftig auch an anderen Orten stattfinden können.“ Künftig damit auch im Landkreis Tuttlingen, im Landkreis Freudenstadt oder im Schwarzwald-Baar-Kreis, wenn die Hauptversammlung dem heute zustimmt.

Andere Tagesordnungspunkte sind gewichtiger als dieser. Beispiel: Verwendung des Bilanzgewinns in Höhe von 163,5 Millionen Euro. Dieser soll zu einem kleinen Teil als Dividende ausgeschüttet werden, nämlich zu sechs Cent je Aktie, was immerhin mehr als zwei Millionen Euro ausmachen wird. 161 Millionen beabsichtigt das Management unter Firmenchef Jens Bodo Koch aufs neue Rechnungsjahr vorzutragen. Sechs Cent pro Aktie, das sind zwei mehr als im Vorjahr.

Im Zuge der heutigen Hauptversammlung blickt Heckler & Koch nach eigenen Angaben „auf das zweitbeste Jahr der Firmengeschichte zurück. Der fortgesetzte, völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine unterstreicht die Notwendigkeit für die europäischen Staaten, sich für eine glaubhafte Abschreckung zu rüsten.“

Kriege und Krisen – und ein Waffenhersteller auf Erfolgskurs: Mit dem Großherzogtum Luxemburg setzt nach Unternehmensangaben die vierte europäische Flächenarmee auf die Sturmgewehre HK416 und HK417 aus dem Hause Heckler & Koch. Norwegen und Frankreich seien bereits seit vielen Jahren „zufriedene Nutzer dieser Produkte“, teilt H&K mit. Bei der Bundeswehr befindet sich das HK416 derzeit in der Truppenerprobung als ersten Schritt der Einführung als G95A1. Die Produktfamilie HK416 werde auch in den Vereinigten Staaten bei dem US Marine Corps, bei der US Army sowie europaweit bei nahezu allen Spezialeinheiten (etwa beim KSK der Bundeswehr) geschätzt.

„Mit unseren fortlaufend hohen Investitionen von rund 100 Millionen Euro bis 2026 in den Standort Oberndorf, den Vorbereitungen für die Belieferung der Bundeswehr mit dem HK416 und dem Fokus auf kontinuierliche Verbesserung Produktionseffizienzen leistet Heckler & Koch seinen Beitrag zum erfolgreichen Gelingen der Zeitenwende“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Jens Bodo Koch. Weiter führt er aus: „Auf dieser Grundlage sind wir nun in der Lage, unser Wachstum zukünftig kräftig zu steigern. Ein erster wichtiger Schritt ist der Zukauf einer Shooting Range in Großbritannien. Dieser stärkt die industrielle Basis und die Serviceorientierung von Heckler & Koch in UK.“

H&K sieht sich also in der sogenannten Zeitenwende unternehmerisch gut aufgestellt – als Profiteur von weltweiter Unsicherheit und Unruhe. Doch: Auf einen allenthalben wahrgenommenen internen Streit weist eine Ergänzung der Tagesordnung hin. Der im Dauerclinch mit H&K liegende Aktionär Andreas Heeschen plant zwei Aufsichtsratsmitglieder abzuberufen und durch neue, nach seiner Darstellung unabhängige ersetzen zu lassen. Beide abzuberufende Aufsichtsratsmitglieder sind erst seit Juni vergangenen Jahres, seit der letzten Hauptversammlung im Amt. 2028 hätte diese Amtszeit erst geendet. Heeschens Wahlvorschläge für die zwei der insgesamt drei Aufsichtsratsposten – an die die Versammlung nicht gebunden ist – fußt nach dessen Darstellung etwa auf einer Eignung für dieses Amt und die damit zusammenhängende zu erwartende effiziente Aufarbeitung der aktuell bestehenden Herausforderungen vor allem in der Unabhängigkeit. So sei etwa einer der beiden vorgeschlagenen Kandidaten „ist „keiner Aktionärssphäre zuzuordnen und kann damit sein Amt als Aufsichtsratsmitglied unabhängig ausüben.“

Nach Einschätzung von Beobachtern will Heeschen mit seinen Anträgen seinen Einfluss auf das Unternehmen ausbauen.

Gleich den gesamten bestehenden Aufsichtsrat in die Haftung zu nehmen, planen die sogenannten kritischen Aktionäre. So sei der Aufsichtsrat seiner Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands nicht hinreichend nachgekommen und werde auch nach der Vorlage einer Studie seiner historischen Verantwortung nicht gerecht – in Bezug auf Firmengründer Edmund Heckler, der im Nationalsozialismus Karriere gemacht haben soll. Der also ein „Karrierist im Kontext von Massenvernichtung und Zwangsarbeit“ sei.

Auch beantragt der Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, die Mitglieder des H&K-Vorstands für das Geschäftsjahr 2023 nicht zu entlasten. Hintergrund und einer der Kernpunkte der Vorwürfe, Zitat: „In ehemaligen und aktuellen Krisen- und Kriegsgebieten – wie beispielsweise in Uganda, Sierra Leone, Kolumbien und dem Irak – schossen bzw. schießen Kindersoldaten mit Gewehren von
Heckler & Koch (G3 u.a.). Viele von ihnen werden durch Kleinwaffen, auch von H&K, verletzt oder getötet.“ Problematisch sei auch der Verkauf von Waffen auf dem zivilen Markt in den USA.

 

 

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