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Impf-Tourismus blüht

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Nur knapp die Hälfte aller Menschen, die im Kreisimpfzentrum Rottweil geimpft wurden, kommt aus dem Kreis Rottweil. Dies teilte Kreisbrandmeister Nicos Laetsch bei der wöchentlichen Medien-Telefonkonferenz des Landratsamts mit.

Allerdings geht Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel davon aus, dass eine ähnlich hohe Zahl an Kreisbewohnern in anderen Impfzentren einen Termin bekommen hat. Michel schätzt daher, dass rund 20 Prozent der Hiesigen bereits eine Impfung erhalten haben.

Genaue Zahlen zu den Geimpften im Kreis werden daher auch nicht erhoben. Dem Gesundheitsamt wird, wie dessen Leiter Dr. Heinz-Joachim Adam auf Nachfrage berichtete, noch nicht einmal die Zahl der impfenden Arztpraxen im Kreis genannt. Adam verwies dazu auf die Webseite der Kassenärztlichen Vereinigung, und dieser lässt sich entnehmen: 58 Arztpraxen nehmen Impfungen vor, und dort wurden, Stand vorgestern (26. April), etwas über 4100 Menschen erst- und 166 auch schon zweitgeimpft.

Die derzeitige Entwicklung der Infektionen bereitet dem Landrat nach wie vor große Sorgen. Von den bald 7000 Infizierten in Kreis seit Beginn der Pandemie sind allein im April dieses Jahres über 1000 angesteckt worden. „über 15 Prozent aller Infektionen in den letzten vier Wochen!“ Die ergriffenen Maßnahmen wie die Ausgangssperre, die seit 17. April gilt, und die Schulschließung (seit 19. April) „wirken erst mit Verzögerung“. Konkret wurde in diesem Punkt Gesundheitsamtschef Adam: Die Inzidenz im Kreis werde, so vermutet er, noch einige Tage über 200 bleiben. Übernächste Woche könnte sie dann unter 165 sinken.

Die Tendenz, dass mehr Jüngere infiziert werden, halte an, berichtete Adam: Mehr als die Hälfte der mit Covid-19 Angesteckten sei unter 39 Jahre alt, und die Zahl steige. Im Kreis seien sechs Fälle der südafrikanischen, zwei der brasilianischen Virus-Mutation festgestellt worden. Die indische Variante sei „noch nicht da“, sagte Stephan Vilgis vom Gesundheitsamt. Die bisher gelieferten Impfstoffe würden gegen die brasilianische und die südafrikanische Mutation nicht so gut wirken wie gegen die britische und bei Nichtgeimpften. „Jede Impfung schützt“, betonte Adam dazu. Außerdem könnten die Impfstoffe „binnen Wochenfrist“ auf die neue Herausforderung umgestellt werden.

In der Rottweiler Asylanten-Unterkunft sind derzeit noch 17 Menschen infiziert, berichtete Dr. Adam. Die Bewohner seien noch bis 6. Mai in Absonderung, demnächst würden alle durchgetestet. Sozialdezernent Bernd Hamann berichtete von einer gereizten Stimmung, auch weil die Bewohner nicht mehr selbst zum Einkaufen gehen dürfen. Sicherheitskräfte sorgten dafür, dass nicht verbotenerweise Besuch in die Unterkunft komme. Das Essen werde von einem Caterer geliefert, ohne Schweinefleisch – und kalt zum Erwärmen, wann immer die Bewohner das wollten. Damit soll dem Ramadan Rechnung getragen werden.

Dass für Geimpfte zwei Wochen nach der Zweitimpfung und Genesene laut Verordnung des Landes kein tagesaktueller negativer Schnelltest erforderlich ist, berichtete Thomas Seeger, der Leiter des Ordnungsamts. Laut der Verordnung muss aber beides nachgewiesen werden.

 

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Wolf-Dieter Bojus
Wolf-Dieter Bojus
... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

3 Kommentare

  1. Ja der Impftourismus blüht. Das kann ich bestätigen. Meine Frau und ich „durften“ auch nach Ulm. In der Region war vor 2 Monaten zeitnah kein Termin zu bekommen. In Ulm hat das problemlos geklappt. Wäre die Software zur Terminvergabe ein klein wenig intelligenter, könnte man das dort abfangen. Aber so stümperhaft wie diese Software programmiert wurde, kann man das nicht erwarten. Es sind nun halt über 700 km mehr auf dem Tacho – aber egal, die zweite Impfdosis ist drin. Und das ist was letztendlich zählt. Leid tun mir nur solche Menschen, die diese Möglichkeit nicht haben und lange warten müssen. Wären unsere Behörden nicht unwillig, das andere Wort mit „un“ will ich nicht schreiben und würden sich nicht hinter dem Datenschutz verstecken, gäbe es bessere Möglichkeiten. Aber man plant lieber Neubauten. Das ist wichtiger in Zeiten der Pandemie. die Menschen im Kreis müssen halt warten. Noch eine kurze Anmerkung zum Ablauf im Impfzentrum Ulm – 1 mit Sternchen. Bestens organisiert, freundliche hilfsbereite Menschen. Die Zweitimpfung für 2 in unter 20 Minuten. Fast wie in Amerika.

  2. Seit ca. 6 Wochen versuche ich herauszufinden, wo der Landkreis Rottweil mit den Impfungen steht.
    Es fällt nämlich auf, dass viele Landkreise mittlerweile tagesgenau Zahlen berichten, auf der Sonderseite des „Tagesspiegel“ gibt es dazu z.B. eine interaktive Deutschland-Karte. Der Landkreis Rottweil ist allerdings ein weisser Fleck….
    Ich bin vom Landratsamt zunächst äusserst unwirsch abgewimmelt , danach mit Allgemeinplätzen abgespeist worden, ganz so, wie es auch in diesem Artikel wieder zum Ausdruck kommt.
    Tatsache ist, dass andere Landkreise (z.B. Sigmaringen) sehr wohl tagesaktuell berichten und dabei auch die Impfungen in den Vertragsarztpraxen, dem dortigen Kreisimpfzentrum, im zentralen Impfzentrum in Tübingen sowie die mobilen Impfteams berücksichtigt werden; alles Zahlen, die man in Rottweil nicht zu ermitteln in der Lage ist oder die man bewusst unter Verschluß hält.
    Wenn ich jetzt lese, dass knapp 50% der im hiesigen Impfzentrum Geimpften von ausserhalb kommen, frage ich mich wirklich, wie Hr. Dr. Michel zu der Einschätzung kommt, dass bei uns 20% bereits einmal geimpft sind.
    Würden wir im Durchschnitt der Republik liegen, müssten es Stand heute knapp 25% sein (das ist ein Viertel mehr!), aber wer will das hinterfragen, wenn man sich derart mit Vermutungen und Einschätzungen abspeisen lassen muss?

    • Der Landkreis glänzt hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit mit den Informationen bzgl impfen und Inzidenzen ganz und gar nicht. Das es anders geht sieht man z.B in FDS …..

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