Prozess gegen den mutmaßlichen Dreifachmörder: Kammer rechnet mit Medienrummel

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Das Rottweiler Landgericht rechnet beim Prozess um den Dreifachmord von Villingendorf mit einem großen Medienrummel. Die Kammer will daher zwar schreibenden Journalisten unbegrenzten Zugang zum Gerichtssaal bieten, nicht aber Fotografen und Kameraleuten. Deren Zahl beschränkt sie im Vorfeld. Zuschauer werden auch eingelassen – Prozesse sind in Deutschland grundsätzlich öffentlich -, Sicherheitskontrollen aber sind angekündigt worden.

Dem 41-jährigen Kroaten Drazen D. wird vorgeworfen, am Abend des 14. Septembers in Villingendorf (Landkreis Rottweil) drei Menschen erschossen zu haben: den 34-jährigen neuen Lebensgefährten seiner früheren Frau, dessen 29-jährige Cousine und seinen eigenen Sohn.

Drazen D. flüchtete anschließend, nach ihm wurde tagelang gefahndet. Am Nachmittag des 19. Septembers ist er schließlich in Rottweil-Neufra gefasst worden. Er befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft.

Das Landgericht Rottweil. Foto: nrwz

Am 16. März beginnt nun der Prozess gegen den Kroaten vor der Schwurgerichskammer des Landgerichts Rottweil. Um 9 Uhr im großen Sitzungssaal. 18 Verhandlungstage sind angesetzt. 

Drazen D. wird von zwei Verteidigern vertreten: Rechtsanwalt Bernhard Mussgnug aus Tuttlingen und Rechtsanwalt Fritz Philipp Döringer aus Stuttgart – dessen Leitspruch lautet: „Ob wir sie lieben oder hassen, man muss sie irgendwann entlassen …“

Beide Rechtsanwälte sind sogenannte beigeordnete, also Pflichtverteidiger – wobei der Angeklagte den Stuttgarter Döringer selbst hinzu gezogen hat, wie dieser der NRWZ berichtet. „Bei einem so umfangreichen Prozess aber ist das sicher begründbar und verständlich“, so Döringer zur NRWZ. Wenn einer der beiden Rechtsanwälte krank werde, platze nicht gleich der ganze Prozess.

Ob Drazen D. eine Aussage machen werde, ober er ein Geständnis ablegen werde – die Fragen kann Döringer mit Verweis auf seine Schweigepflicht nicht beantworten. Er lässt durchblicken, dass er darauf hinwirken will, wenn er etwa heute mittag seinen Mandanten besuchen wird. „Er wird im Laufe des Verfahrens Angaben machen. Zur Person, aber auch zur Tat, davon bin ich überzeugt“, so Döringer zur NRWZ. Das werde aber wohl nicht gleich zu Beginn des Prozesses geschehen. Dort sieht es die Prozessordnung vor, eine Hauptverhandlung beginnt mit der Einvernahme des Angeklagten zur Person und zum Tatvorwurf.  

Rechtsanwalt Mussgnug – nach eigenen Angaben „vom ersten Tag an der Verteidiger des Angeklagten“ – bestätigt das. „Mein Mandant wird sicher nicht zu Prozessbeginn eine Aussage machen.“ Mussgnug hält es zudem für unwahrscheinlich, dass D. überhaupt sprechen wird.

Dem Kroaten droht die Höchststrafe, Lebenslänglich, eventuell stellt das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld fest, was eine mögliche Entlassung nach 25 Jahren Haft verhinderte.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm neben den Morden zudem auch vor, eigens seine frühere Lebensgefährtin verschont zu haben. Sie „sollte am Leben bleiben und für den Rest ihres Lebens an dem Verlust ihres Kindes und ihres neuen Partners sowie dessen Angehörigen leiden“, heißt es in der Anklageschrift. Verteidiger Mussgnug dazu: „Das ist eine Theorie, die wir natürlich zu entkröften versuchen werden.“

Die Kammer rechnet mit einem Medienrummel – die Tat hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Deshalb ist eine sogenannte Sitzungspolizeiliche Verfügung erlassen worden. Ein umfangreiches Papier, dessen zentrale Punkte den Zugang für die Zuschauer durch eine Sicherheitsschleuse regeln und den Zutritt für Journalisten, die einen gültigen Presseausweis vorlegen und sich vorab – ein sehr seltener Vorgang – akkreditieren müssen.

Während die Kammer explizit kein Kontingent für die schreibende Zunft festgelegt hat. hat sie doch eine Begrenzung der Zahl der Fotografen und Kameraleute erlassen:

Für Filmaufnahmen werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privatrechtlicher Sender) zugelassen, die jeweils aus höchstens drei Personen bestehen und von den Fernsehanstalten übereinstimmend und gemeinsam bestellt werden. Für Tonaufnahmen werden drei Aufnahmeteams (jeweils höchstens zwei Personen) zugelassen. Für Fotoaufnahmen werden drei Agenturfotografen und zwei freie Fotografen zugelassen.

Diese Journalisten hätten sich untereinander abzustimmen, einen Pool zu bilden und ihre Aufnahmen „Konkurrenzunternehmen oder weiteren Medienvertretern auf Wunsch unverzüglich und kostenfrei zur Verfügung zu stellen.“ Dazu hätten sie sich schriftlich zu verpflichten.

Darüber hinaus erlaubt der Vorsitzende Richter der Kammer keine Handys und keine Geräte mit aktivem Internetzugang. Wörtlich heißt es dazu:

Das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Nachrichten, das Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Alle für diese Zwecke nutzbaren elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone oder Tabletcomputer, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Die Geräte sind vor Betreten des Sitzungssaales auszuschalten und während der Sitzung ausgeschaltet zu lassen. Bei Zuwiderhandlungen können die Geräte beschlagnahmt sowie die Personen aus dem Sitzungssaal verwiesen werden.

Auch gibt es eindeutige Vorgaben für die Kleiderordnung im Rahmen der Zugangskontrollen: „Kleidungsstücke und Kopfbedeckungen sind – soweit zur Überprüfung erforderlich – auch dann abzulegen, wenn sich ein Zuhörer darauf beruft, sie aus religiösen Gründen tragen zu müssen. Nach der Durchsuchung ist dem Zuhörer das Wiederanlegen solcher Kleidungsstücke zu gestatten.“

Das interessiert diese Woche



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Das Rottweiler Landgericht rechnet beim Prozess um den Dreifachmord von Villingendorf mit einem großen Medienrummel. Die Kammer will daher zwar schreibenden Journalisten unbegrenzten Zugang zum Gerichtssaal bieten, nicht aber Fotografen und Kameraleuten. Deren Zahl beschränkt sie im Vorfeld. Zuschauer werden auch eingelassen – Prozesse sind in Deutschland grundsätzlich öffentlich -, Sicherheitskontrollen aber sind angekündigt worden.

Dem 41-jährigen Kroaten Drazen D. wird vorgeworfen, am Abend des 14. Septembers in Villingendorf (Landkreis Rottweil) drei Menschen erschossen zu haben: den 34-jährigen neuen Lebensgefährten seiner früheren Frau, dessen 29-jährige Cousine und seinen eigenen Sohn.

Drazen D. flüchtete anschließend, nach ihm wurde tagelang gefahndet. Am Nachmittag des 19. Septembers ist er schließlich in Rottweil-Neufra gefasst worden. Er befindet sich seit diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft.

Das Landgericht Rottweil. Foto: nrwz

Am 16. März beginnt nun der Prozess gegen den Kroaten vor der Schwurgerichskammer des Landgerichts Rottweil. Um 9 Uhr im großen Sitzungssaal. 18 Verhandlungstage sind angesetzt. 

Drazen D. wird von zwei Verteidigern vertreten: Rechtsanwalt Bernhard Mussgnug aus Tuttlingen und Rechtsanwalt Fritz Philipp Döringer aus Stuttgart – dessen Leitspruch lautet: „Ob wir sie lieben oder hassen, man muss sie irgendwann entlassen …“

Beide Rechtsanwälte sind sogenannte beigeordnete, also Pflichtverteidiger – wobei der Angeklagte den Stuttgarter Döringer selbst hinzu gezogen hat, wie dieser der NRWZ berichtet. „Bei einem so umfangreichen Prozess aber ist das sicher begründbar und verständlich“, so Döringer zur NRWZ. Wenn einer der beiden Rechtsanwälte krank werde, platze nicht gleich der ganze Prozess.

Ob Drazen D. eine Aussage machen werde, ober er ein Geständnis ablegen werde – die Fragen kann Döringer mit Verweis auf seine Schweigepflicht nicht beantworten. Er lässt durchblicken, dass er darauf hinwirken will, wenn er etwa heute mittag seinen Mandanten besuchen wird. „Er wird im Laufe des Verfahrens Angaben machen. Zur Person, aber auch zur Tat, davon bin ich überzeugt“, so Döringer zur NRWZ. Das werde aber wohl nicht gleich zu Beginn des Prozesses geschehen. Dort sieht es die Prozessordnung vor, eine Hauptverhandlung beginnt mit der Einvernahme des Angeklagten zur Person und zum Tatvorwurf.  

Rechtsanwalt Mussgnug – nach eigenen Angaben „vom ersten Tag an der Verteidiger des Angeklagten“ – bestätigt das. „Mein Mandant wird sicher nicht zu Prozessbeginn eine Aussage machen.“ Mussgnug hält es zudem für unwahrscheinlich, dass D. überhaupt sprechen wird.

Dem Kroaten droht die Höchststrafe, Lebenslänglich, eventuell stellt das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld fest, was eine mögliche Entlassung nach 25 Jahren Haft verhinderte.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm neben den Morden zudem auch vor, eigens seine frühere Lebensgefährtin verschont zu haben. Sie „sollte am Leben bleiben und für den Rest ihres Lebens an dem Verlust ihres Kindes und ihres neuen Partners sowie dessen Angehörigen leiden“, heißt es in der Anklageschrift. Verteidiger Mussgnug dazu: „Das ist eine Theorie, die wir natürlich zu entkröften versuchen werden.“

Die Kammer rechnet mit einem Medienrummel – die Tat hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Deshalb ist eine sogenannte Sitzungspolizeiliche Verfügung erlassen worden. Ein umfangreiches Papier, dessen zentrale Punkte den Zugang für die Zuschauer durch eine Sicherheitsschleuse regeln und den Zutritt für Journalisten, die einen gültigen Presseausweis vorlegen und sich vorab – ein sehr seltener Vorgang – akkreditieren müssen.

Während die Kammer explizit kein Kontingent für die schreibende Zunft festgelegt hat. hat sie doch eine Begrenzung der Zahl der Fotografen und Kameraleute erlassen:

Für Filmaufnahmen werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privatrechtlicher Sender) zugelassen, die jeweils aus höchstens drei Personen bestehen und von den Fernsehanstalten übereinstimmend und gemeinsam bestellt werden. Für Tonaufnahmen werden drei Aufnahmeteams (jeweils höchstens zwei Personen) zugelassen. Für Fotoaufnahmen werden drei Agenturfotografen und zwei freie Fotografen zugelassen.

Diese Journalisten hätten sich untereinander abzustimmen, einen Pool zu bilden und ihre Aufnahmen „Konkurrenzunternehmen oder weiteren Medienvertretern auf Wunsch unverzüglich und kostenfrei zur Verfügung zu stellen.“ Dazu hätten sie sich schriftlich zu verpflichten.

Darüber hinaus erlaubt der Vorsitzende Richter der Kammer keine Handys und keine Geräte mit aktivem Internetzugang. Wörtlich heißt es dazu:

Das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Nachrichten, das Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Alle für diese Zwecke nutzbaren elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone oder Tabletcomputer, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Die Geräte sind vor Betreten des Sitzungssaales auszuschalten und während der Sitzung ausgeschaltet zu lassen. Bei Zuwiderhandlungen können die Geräte beschlagnahmt sowie die Personen aus dem Sitzungssaal verwiesen werden.

Auch gibt es eindeutige Vorgaben für die Kleiderordnung im Rahmen der Zugangskontrollen: „Kleidungsstücke und Kopfbedeckungen sind – soweit zur Überprüfung erforderlich – auch dann abzulegen, wenn sich ein Zuhörer darauf beruft, sie aus religiösen Gründen tragen zu müssen. Nach der Durchsuchung ist dem Zuhörer das Wiederanlegen solcher Kleidungsstücke zu gestatten.“

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