Am Samstagvormittag formierte sich ihr Protest in der Innenstadt von Rottweil. Ein Zeichen der Solidarität mit den örtlichen Hebammen, die sich gegen den Hebammenhilfevertrag auflehnen.
„Keine Hebamme, keine sichere Geburt“ – mit Transparenten wie diesem protestierten Unterstützerinnen und Unterstützer Rottweiler Hebammen am Samstag. Die Vorgeschichte ist bisher einmalig im Bundesgebiet: Die elf Beleghebammen der örtlichen Helios-Klinik haben ihre Verträge gekündigt. Geschlossen. Nun hatten drei Mütter zur einer unterstützenden Demonstration aufgerufen.
Der Hebammenhilfevertrag bringt erhebliche Veränderungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung unabhängiger Hebammen in Deutschland mit sich. Der Deutsche Hebammenverband (DHV) hat bereits Bedenken geäußert, dass der neue Vertrag hinter den ursprünglichen Forderungen des Verbands zurückbleibt und negative wirtschaftliche Konsequenzen für die Hebammen haben könnte. Es gab zahlreiche Aktionen und politische Bemühungen, um Änderungen zu erreichen oder das Inkrafttreten des neuen Vertrags zu verhindern. Laut den Hebammen aber sieht es so aus, dass sie künftig, nach dem nun erfolgten Inkrafttreten des Vertrags, nicht mehr auskömmlich arbeiten können. „Die Abschlüsse der Hebammenverbände mit dem GKV lassen wieder die Unplanbarkeit der Arbeitsbelastung außer Acht und sind somit für die Beleghebammen eine Katastrophe. Für viele steht ihre Existenz auf dem Spiel“, heißt es vonseiten der Betroffenen. Der GKV ist die Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen.
Der zum 1. November 2025 in Kraft getretene Hebammenhilfevertrag regelt laut GKV bundeseinheitlich die Versorgung der gesetzlich Versicherten durch die etwa 18.000 freiberuflich tätigen Hebammen. „Der jetzt gültige Hebammenhilfevertrag bringt umfassende strukturelle Veränderungen mit sich, die die Versorgung der gesetzlich Versicherten deutlich verbessern. Darüber hinaus verbessert er die Vergütung für freiberuflich tätige Hebammen. Vom neuen Vertrag profitieren also die gesetzlich Versicherten genauso wie die Hebammen“, heißt es seitens des Verbands.
Die Regelungen des neuen Vertrags wurden im April 2025 durch eine Schiedsstelle festgesetzt und sind rechtlich bindend. Nachdem im Rahmen der Verhandlungen zwischen dem Deutschen Hebammenverband (DHV), dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD), dem Netzwerk der Geburtshäuser (NWGH) und dem GKV-Spitzenverband keine Einigung zur Ausgestaltung des neuen Hebammenhilfevertrags zustande gekommen war, hatte der DHV die für diesen Fall gesetzlich vorgesehene Schiedsstelle angerufen.
Der Hebammenhilfevertrag des GKV legt die Vergütung und Arbeitsbedingungen für alle freiberuflichen Hebammen bundesweit fest. Die Vergütung für Hebammen erfolgte bislang auf der Basis der Anzahl an Geburten. Der neue Vertrag sieht zum ersten Mal eine Abrechnung auf Minutenbasis vor. Freiberufliche Hebammen, die als Beleghebammen in Kliniken Geburten betreuen, bekommen lediglich 80 Prozent des neuen Stundensatzes.
Auf den allerorten aufgeflammten Protest reagiert der Verband aber inzwischen. Man nehme die geäußerten Bedenken und Sorgen von Hebammen zu den Auswirkungen der neuen Regelungen auf die Tätigkeiten von freiberuflich tätigen Beleghebammen in Krankenhäusern sehr ernst und habe bereits im September konkrete Vorschläge zur flexibleren Umsetzung des von der Schiedsstelle festgelegten Vertrags unterbreitet, teilt der GKV mit. „Diese Vorschläge greifen die Sorgen der Hebammen auf.“
Die vorgeschlagenen Verbesserungen: Eine vollständige Eins-zu-eins-Pauschale für Beleghebammen wird nun auch für schnelle Geburten und bei Schichtwechseln anerkannt. Neu eingeführt wird eine Regelung, die es Hebammen ermöglicht, ambulante Leistungen zur Klärung eines akuten Behandlungsbedarfs eigenständig abzurechnen. Zudem wird eine Konvergenzphase eingeführt, die den Hebammen mehr Zeit gibt, sich an das neue Vergütungssystem anzupassen, welches finanzielle Anreize für eine Eins-zu-eins-Betreuung bietet. Der GKV-Spitzenverband erwartet, dass diese Änderungen zeitnah von den Vertragspartnern vereinbart werden.

Um unterdessen den Druck zu erhöhen, haben sich Unterstützerinnen und Unterstützer der Hebammen am Samstagmorgen in der Hauptstraße in Rottweil versammelt. Allerdings musste der Protest offenbar ruhig vonstattengehen. Berichten zufolge waren weder Trillerpfeifen, Megaphone noch laute Instrumente erlaubt.
