Depression im Landkreis Rottweil – Warnsignale erkennen und Hilfe finden

Der Landkreis Rottweil liegt bei Depressionserkrankungen über dem Landesschnitt. Doch die Krankheit bleibt oft lange unerkannt – dabei gibt es klare Warnsignale und gute Hilfsangebote vor Ort.

Symbol-Bild: Pixabay

Wenn morgens das Aufstehen zur Qual wird, der Kaffee nicht mehr schmeckt und selbst der Lieblingsverein einen kalt lässt – dann sind das mehr als nur trübe Tage. Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, die jeden treffen kann. Im Landkreis Rottweil sind die Zahlen alarmierend: Bei der AOK versicherten Beschäftigte fehlen durchschnittlich 40 Tage je Fall wegen Depression. Damit belegt der Kreis innerhalb Baden-Württembergs einen der vorderen Plätze.

Wenn die Seele Alarm schlägt

„Eine Depression ist mehr als nur Traurigkeit“, erklärt das Gesundheitsamt des Landkreises Rottweil. Die Erkrankung zeigt sich in vielfältigen Facetten – und genau das macht sie so tückisch. Während die einen sich vollkommen zurückziehen und das Bett nicht mehr verlassen können, funktionieren andere nach außen hin perfekt weiter. Diese sogenannte „hochfunktionale Depression“ ist besonders heimtückisch: Man geht zur Arbeit, kümmert sich um die Familie, lächelt bei Bedarf – doch innerlich herrscht gähnende Leere.

Die Hauptsymptome sind eindeutig: eine gedrückte Stimmung, die über mindestens zwei Wochen anhält, der Verlust von Freude und Interesse an Dingen, die früher wichtig waren, sowie ein tiefsitzendes Erschöpfungsgefühl, das durch Schlaf nicht besser wird. „Viele Betroffene beschreiben es so, als würden sie wie versteinert durchs Leben gehen“, berichten Experten. Die Welt kommt nicht mehr richtig an – Farben verblassen, Geschmack verschwindet, Berührungen fühlen sich fremd an.

Der Körper spricht mit

Doch Depression zeigt sich nicht nur in der Psyche. Häufig stehen körperliche Beschwerden im Vordergrund, für die Ärzte zunächst keine Ursache finden: Hartnäckige Rückenschmerzen, ein Kloß im Hals, Magendruck, Schwindel oder diffuse Nervenschmerzen können Warnsignale sein. Schlafstörungen sind besonders typisch – man liegt nachts wach, grübelt endlos oder wacht viel zu früh auf, ohne wieder einschlafen zu können.

„Gerade bei älteren Menschen werden diese körperlichen Symptome oft fehlgedeutet“, warnt das Gesundheitsamt. Rückenschmerzen, die man bisher gut ertragen konnte, werden plötzlich unerträglich. Ohrgeräusche rücken in den Mittelpunkt der Wahrnehmung. Der Grund: Die Depression verstärkt die Beschwerden und lässt sie als Zeichen der Hoffnungslosigkeit erscheinen. Dabei wäre es wichtig, auch über die psychischen Symptome zu sprechen – über die Hoffnungslosigkeit, die Ängste, die Freudlosigkeit.

Besondere Herausforderung im Alter

Im Landkreis Rottweil, der zu den Kreisen mit einem hohen Anteil hochbetagter Menschen gehört, ist das Erkennen von Depressionen besonders wichtig. „Im höheren Alter wird eine depressive Erkrankung leicht übersehen“, erklären Fachleute. Die Symptome überlagern sich mit anderen Alterserkrankungen. Hinzu kommt: Ältere Menschen scheuen sich oft, über Suizidgedanken zu sprechen – aus Sorge, andere zu belasten.

Dabei gibt es klare Warnsignale, die Angehörige aufhorchen lassen sollten: Wenn sich ein Mensch plötzlich nachlässiger kleidet, die Körperpflege vernachlässigt, sich aus seinem sozialen Umfeld zurückzieht oder über längere Zeit niedergeschlagen und hoffnungslos wirkt. „Je früher eine Depression erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen“, betonen Mediziner.

Männer leiden anders

Eine Besonderheit: Depression zeigt sich bei Männern oft anders als bei Frauen. Statt Traurigkeit dominieren bei vielen männlichen Betroffenen Reizbarkeit und Aggression. Sie ziehen sich nicht zurück, sondern stürzen sich in Arbeit oder Sport – bis zur völligen Erschöpfung. Alkohol wird zum Problem. Risikoverhalten nimmt zu. „Diese eher männertypischen Symptome werden in den gewöhnlichen Depressionstests nicht erfasst“, kritisieren Experten. Die Folge: Bei Männern werden Depressionen häufiger nicht oder zu spät erkannt.

Wo finde ich Hilfe im Landkreis?

Die gute Nachricht: Der Landkreis Rottweil ist mit dem Vinzenz-von-Paul-Hospital hervorragend aufgestellt. Die psychiatrische Fachklinik bietet eine leistungsstarke Versorgung inklusive einer psychiatrischen Institutsambulanz. „Wir sind in diesem Punkt im Vergleich zu anderen Landkreisen privilegiert“, betont das Gesundheitsamt.

Erste Anlaufstelle sollte aber die Hausärztin oder der Hausarzt sein. Sie kennen die Lebensumstände ihrer Patienten und können einschätzen, ob eine Depression vorliegt. Ein einfacher Zwei-Fragen-Test gibt erste Hinweise: Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig oder hoffnungslos? Hatten Sie deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

Prävention beginnt im Alltag

Das Gesundheitsamt des Landkreises setzt auch auf Vorbeugung. Zwei beispielhafte Projekte zeigen, wie das funktioniert: Das Projekt zur Medienkompetenz von Kindern beugt durch kindgerechtes Theater ausuferndem Medienkonsum vor – ein wichtiger Baustein gegen spätere psychische Erkrankungen. Die Spaziertreffs für Senioren fördern Bewegung und soziale Kontakte – beides wirkt nachweislich depressiven Erkrankungen entgegen.

„Wir bespielen wichtige Gesundheitsthemen und arbeiten mit verschiedensten Partnern in Kooperationen zusammen, von der Bildungseinrichtung bis zum Betrieb“, erklärt das Gesundheitsamt. Ein neues BGM-Modellprojekt analysiert Fehltage und entwickelt darauf abgestimmte Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung.

Wenn es akut wird

Wer konkrete Suizidgedanken hat oder sich ernsthaft Sorgen um einen Menschen macht, sollte nicht zögern: Der Notruf 112, die nächste psychiatrische Klinik oder der sozialpsychiatrische Dienst helfen sofort. Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222.

„Depression ist keine Schwäche, sondern eine Erkrankung des Gehirns“, betonen Psychiater. „Betroffene können nichts für ihre Erkrankung. Es ist nicht ihre Schuld.“ Mit der richtigen Behandlung kommen in den meisten Fällen Lebensfreude und Hoffnung zurück. Der erste Schritt: darüber sprechen und Hilfe suchen.


Wichtige Kontakte im Landkreis Rottweil:

  • Vinzenz von Paul Hospital, Rottweil: Psychiatrische Fachklinik mit Institutsambulanz
  • Hausärztliche Praxen: erste Anlaufstelle für Diagnose und Überweisung
  • Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (24/7 kostenlos)
  • Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116 117
  • Notruf bei akuter Gefahr: 112
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