Beteiligung von Nachbarn an Schulsanierungen: So begründet Rottweil die Forderung

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Schulträger können Nachbargemeinden zur Mitfinanzierung von Sanierungskosten heranziehen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg festgestellt. Die Stadt Rottweil möchte das als Schulträgerin umsetzen – was für Unmut sorgt. Bittere Worte kamen aus dem Gemeinderat Villingen-Schwenningen diese Woche. Wir haben die Stadt Rottweil um Stellungnahme gebeten.

(Region Rottweil). Umlandgemeinden, die sich nicht selbst mit der Einrichtung und Fortführung einer Schule belasten, können an der Erfüllung der Schulträgeraufgaben durch die Schulstandortgemeinde finanziell in die Pflicht genommen werden. Das ist die Quintessenz eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Februar 2023. Einem Schulträger sei es „nicht zumutbar, die ungedeckten, auf die auswärtigen Schüler entfallenden Kosten der Generalsanierung … allein zu tragen“, urteilten die Richter in Bezug auf ein Projekt in Geislingen. Das gilt auch für Rottweil. Die Sanierungen von Droste-Hülshoff- und Albertus-Magnus-Gymnasium, etwa, verschlingen Millionen Euro. Bis zu 24 Umlandgemeinden möchte Rottweil daher zur Kasse bitten.

Den Rottweiler Nachbarn bereitet das keine Freude, im Gegenteil. Aus Villingen-Schwenningen kam jetzt sogar eine erboste Antwort, die wir an anderer Stelle ähnlich erregt erwidert haben. Dort glaubt man, der Schwanz wolle mit dem Hund wedeln. Der Kleinere sich also über den Größeren erheben. Sicher eine eher emotionale Wertung des Ansinnens aus Rottweil.

Was aber treibt die Stadt Rottweil an, es sich mit den Nachbarn so zu verscherzen? Die Debatte im Villingen-Schwenninger Rat kommentiert die Stadt auch auf Nachfrage nicht. Zur Sache aber: „Unsere Vorgehensweise ist durch das Schulgesetz und die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (VGH) vorgegeben“, erklärt ein Sprecher der Stadt Rottweil. Demnach sind die Nachbargemeinden an den Bau- oder Sanierungskosten einer Schulstandortgemeinde zu beteiligen, wenn die Standortgemeinde Schulträgeraufgaben benachbarter Gemeinden übernimmt und eine Kostenübernahme allein nicht zugemutet werden kann.

Dementsprechend habe der Gemeinderat Rottweil die Stadtverwaltung am 5. Juli 2023 damit beauftragt, mit den Städten und Gemeinden ins Gespräch zu gehen. Das Ziel:  gemäß § 31 Schulgesetz eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu deren finanzieller Beteiligung an der Sanierung verschiedener Schulen abzuschließen und den Nachbargemeinden die hierfür erforderlichen Informationen und Unterlagen zu übermitteln.

Das geschah im Fall VS offenbar per USB-Stick.

„Wir sind als Kommune durch die aktuelle Rechtslage und die eindeutige Rechtsprechung aus unserer Sicht sogar verpflichtet, diese Gelder einzufordern“, erklärt der Stadtsprecher weiter. „Andernfalls würde unserer Stadt ein finanzieller Schaden entstehen.“ Die Forderungen der Stadt Rottweil bezögen sich auf einen Rechtsanspruch, der nun auch gerichtlich eindeutig verbrieft ist – denn der VGH hat keine Revision mehr zugelassen. Für die Umsetzung haben die Gerichte ein Prozedere vorgegeben. Zunächst sollten die  Kommunen versuchen, in einer Freiwilligkeitsphase öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abzuschließen.

Die Stadt Tuttlingen und deren Umlandgemeinden treibt das Thema ebenfalls um. Dort beauftragte der Gemeinderat am 25. September 2023 die Stadtverwaltung einstimmig, „gegenüber den … Gemeinden die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu erklären, um … eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu deren finanzieller Beteiligung an der Generalsanierung des Immanuel-Kant-Gymnasiums sowie an der Generalsanierung und am Neubau des Otto-Hahn-Gymnasiums abzuschließen.“

Dass Tuttlingen einen Teil der Baukosten wieder erhält, lehnt der Oberbürgermeister dort, Michael Beck, freilich ab, und der aktuellen Diskussion kann er nach einer Mitteilung der Stadt auch Gutes abgewinnen: „Endlich wird ein jahrzehntelanger Missstand thematisiert – nämlich die fehlende Unterstützung, die Schulträger beim Bau oder bei der Sanierung von Schulbauten erfahren.“ So sei es ein Unding, dass Tuttlingen zwei Gymnasien zum allergrößten Teil komplett allein finanziert, obwohl für die eigenen Schüler ein einziges Gymnasium völlig ausreichen würde. Bei der Kostenbeteiligung sieht Beck aber eher das Land in der Pflicht: „Eine Kompensation müsste über großzügigere Schulbauproramme des Landes sowohl für aktuelle als künftige Schulbauvorhaben geschehen.“ Leider aber wälze das Land diese Aufgabe auf die kommunale Ebene ab – „indem wir nun rückwirkend auch noch die Aufgaben eines Inkassobüros übernehmen sollen.“

Rottweil wiederum beobachtet interessiert die Entwicklung im Nachbarlandkreis. Und man befürchtet einen regen Zahlungsverkehr, wenn, wie von den Gerichten vorgegeben, die gegenseitigen Ansprüche tatsächlich geltend gemacht werden sollten. „Dies wird in der Konsequenz dazu führen, dass Gelder teilweise – wenn auch mit zeitlichem Versatz – hin und her überwiesen werden“, so der Sprecher der Stadt Rottweil. Dies sorge für weiteren unnötigen Bürokratismus. „Insofern wäre es uns – auch um unnötige interkommunale Debatten zu vermeiden – ebenfalls lieber, das Land würde uns auskömmlich mit Finanzmitteln ausstatten, sodass ein solcher Ausgleich nicht erforderlich wäre.“ Das Vorgehen der Stadt Rottweil aber, so der Sprecher abschließend, „spiegelt die aktuelle Lage wider“.

Das interessiert diese Woche



Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Schulträger können Nachbargemeinden zur Mitfinanzierung von Sanierungskosten heranziehen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg festgestellt. Die Stadt Rottweil möchte das als Schulträgerin umsetzen – was für Unmut sorgt. Bittere Worte kamen aus dem Gemeinderat Villingen-Schwenningen diese Woche. Wir haben die Stadt Rottweil um Stellungnahme gebeten.

(Region Rottweil). Umlandgemeinden, die sich nicht selbst mit der Einrichtung und Fortführung einer Schule belasten, können an der Erfüllung der Schulträgeraufgaben durch die Schulstandortgemeinde finanziell in die Pflicht genommen werden. Das ist die Quintessenz eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. Februar 2023. Einem Schulträger sei es „nicht zumutbar, die ungedeckten, auf die auswärtigen Schüler entfallenden Kosten der Generalsanierung … allein zu tragen“, urteilten die Richter in Bezug auf ein Projekt in Geislingen. Das gilt auch für Rottweil. Die Sanierungen von Droste-Hülshoff- und Albertus-Magnus-Gymnasium, etwa, verschlingen Millionen Euro. Bis zu 24 Umlandgemeinden möchte Rottweil daher zur Kasse bitten.

Den Rottweiler Nachbarn bereitet das keine Freude, im Gegenteil. Aus Villingen-Schwenningen kam jetzt sogar eine erboste Antwort, die wir an anderer Stelle ähnlich erregt erwidert haben. Dort glaubt man, der Schwanz wolle mit dem Hund wedeln. Der Kleinere sich also über den Größeren erheben. Sicher eine eher emotionale Wertung des Ansinnens aus Rottweil.

Was aber treibt die Stadt Rottweil an, es sich mit den Nachbarn so zu verscherzen? Die Debatte im Villingen-Schwenninger Rat kommentiert die Stadt auch auf Nachfrage nicht. Zur Sache aber: „Unsere Vorgehensweise ist durch das Schulgesetz und die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (VGH) vorgegeben“, erklärt ein Sprecher der Stadt Rottweil. Demnach sind die Nachbargemeinden an den Bau- oder Sanierungskosten einer Schulstandortgemeinde zu beteiligen, wenn die Standortgemeinde Schulträgeraufgaben benachbarter Gemeinden übernimmt und eine Kostenübernahme allein nicht zugemutet werden kann.

Dementsprechend habe der Gemeinderat Rottweil die Stadtverwaltung am 5. Juli 2023 damit beauftragt, mit den Städten und Gemeinden ins Gespräch zu gehen. Das Ziel:  gemäß § 31 Schulgesetz eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu deren finanzieller Beteiligung an der Sanierung verschiedener Schulen abzuschließen und den Nachbargemeinden die hierfür erforderlichen Informationen und Unterlagen zu übermitteln.

Das geschah im Fall VS offenbar per USB-Stick.

„Wir sind als Kommune durch die aktuelle Rechtslage und die eindeutige Rechtsprechung aus unserer Sicht sogar verpflichtet, diese Gelder einzufordern“, erklärt der Stadtsprecher weiter. „Andernfalls würde unserer Stadt ein finanzieller Schaden entstehen.“ Die Forderungen der Stadt Rottweil bezögen sich auf einen Rechtsanspruch, der nun auch gerichtlich eindeutig verbrieft ist – denn der VGH hat keine Revision mehr zugelassen. Für die Umsetzung haben die Gerichte ein Prozedere vorgegeben. Zunächst sollten die  Kommunen versuchen, in einer Freiwilligkeitsphase öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abzuschließen.

Die Stadt Tuttlingen und deren Umlandgemeinden treibt das Thema ebenfalls um. Dort beauftragte der Gemeinderat am 25. September 2023 die Stadtverwaltung einstimmig, „gegenüber den … Gemeinden die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu erklären, um … eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zu deren finanzieller Beteiligung an der Generalsanierung des Immanuel-Kant-Gymnasiums sowie an der Generalsanierung und am Neubau des Otto-Hahn-Gymnasiums abzuschließen.“

Dass Tuttlingen einen Teil der Baukosten wieder erhält, lehnt der Oberbürgermeister dort, Michael Beck, freilich ab, und der aktuellen Diskussion kann er nach einer Mitteilung der Stadt auch Gutes abgewinnen: „Endlich wird ein jahrzehntelanger Missstand thematisiert – nämlich die fehlende Unterstützung, die Schulträger beim Bau oder bei der Sanierung von Schulbauten erfahren.“ So sei es ein Unding, dass Tuttlingen zwei Gymnasien zum allergrößten Teil komplett allein finanziert, obwohl für die eigenen Schüler ein einziges Gymnasium völlig ausreichen würde. Bei der Kostenbeteiligung sieht Beck aber eher das Land in der Pflicht: „Eine Kompensation müsste über großzügigere Schulbauproramme des Landes sowohl für aktuelle als künftige Schulbauvorhaben geschehen.“ Leider aber wälze das Land diese Aufgabe auf die kommunale Ebene ab – „indem wir nun rückwirkend auch noch die Aufgaben eines Inkassobüros übernehmen sollen.“

Rottweil wiederum beobachtet interessiert die Entwicklung im Nachbarlandkreis. Und man befürchtet einen regen Zahlungsverkehr, wenn, wie von den Gerichten vorgegeben, die gegenseitigen Ansprüche tatsächlich geltend gemacht werden sollten. „Dies wird in der Konsequenz dazu führen, dass Gelder teilweise – wenn auch mit zeitlichem Versatz – hin und her überwiesen werden“, so der Sprecher der Stadt Rottweil. Dies sorge für weiteren unnötigen Bürokratismus. „Insofern wäre es uns – auch um unnötige interkommunale Debatten zu vermeiden – ebenfalls lieber, das Land würde uns auskömmlich mit Finanzmitteln ausstatten, sodass ein solcher Ausgleich nicht erforderlich wäre.“ Das Vorgehen der Stadt Rottweil aber, so der Sprecher abschließend, „spiegelt die aktuelle Lage wider“.

Das interessiert diese Woche