Hausarztversorgung in Rottweil – „Kollegen sind überlastet“

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„Büro/Praxis/Kanzlei – 160 m2, großzügig, hell, mit 6 Stellplätzen.“ Das ist der Titel einer Anzeige in einem der beiden großen Immobilienportale online. Sie betrifft einen Rottweiler Teilort. Und sie ist für Kenner der Lage vor Ort ein Hammer: Schon wieder ein Arzt, der aufhört. Eine Allgemeinarztpraxis, die schließt, ohne dass ein Nachfolger gefunden wäre. Und doch liegt der Fall hier etwas anders.

Denn offenbar stößt die Recherche der NRWZ etwas an. Der betroffene Arzt möchte noch nichts sagen. In seiner Anzeige schreibt er In der Anzeige seines Vermieters heißt es:

Die zu vermietenden Räume im EG und UG waren 35 Jahre lang die Allgemeinarztpraxis des Ortes. Sie wird leider zum 31.3.2020 aus Altersgründen – ohne Nachfolger – frei. Die Räume werden im April 2020 freigeräumt und renoviert.

Dann noch die Preise: Nettomiete 1120 Euro, Nebenkosten 250 Euro, sechs Stellplätze, je 15 Euro.

Wieder eine Praxis die schließt? Die Hausarztversorgung ist doch schon extrem knapp in Rottweil, es gibt Menschen ohne Hausarzt, die abgewiesen werden, wenn sie bei einer Praxis vorsprechen. Es gibt schon den Tipp: Anrufen nützt nichts, da wirst Du nur abgewimmelt. Du musst persönlich vorbei gehen. Und jammern.

Es gibt den Fall eines alteingesessenen Patienten, der in der Praxis, die ihn versorgt hat, seinen Platz freimacht für seine wieder heim gezogene Mutter. Und danach die Ansage des behandelnden Arztes: Im Notfall könne der alteingesessene Patient natürlich vorbei kommen. Aber für die allfälligen Vorsorgeuntersuchungen bitte nicht. Es gibt die zugezogene Familie, die partout keinen Hausarzt findet, und die schon regional sucht.

Immerhin: Die Drähte sind im Hintergrund heiß gelaufen. Entgegen der Aussage in der Immobilienanzeige wird es für die Teilort-Praxis offenbar eine Nachfolgeregelung geben. Sie sei kompliziert, ist zu hören. Mehr über diesen Fall nicht.

Nachdem die drohende Schließung dieser weiteren Hausarztpraxis in Rottweil offenbar doch noch einmal abgewendet worden ist, bleibt die Versorgung mit Hausärzten dennoch angespannt. Das sagt Dr. Jochen Scherler, Vorsitzender der Kreisärzteschaft. „Die Kollegen der Allgemeinmedizin sind überlastet. Und der Krankenstand wird ja nicht weniger, im Gegenteil.“ Angesichts der demographischen Entwicklung werde die Zahl der zu behandelnden Menschen ja weiter steigen, so Scherler.

Und auch bei den Fachärzten klemmt es: Auf einen Termin beim Gynäkologen müsse man ein halbes bis dreiviertel Jahr warten, dazu fehlten zwei Kinderärzte, und wer eine Magenspiegelung brauche, müsse ebenfalls lange warten. „Es ist in vielen Bereichen schwierig, und es wird eher schlechter als besser“, so Scherler.

Er sieht keine positive Perspektive, auch nicht angesichts der neuen Pläne der Landesregierung, mehr Medizin-Studienplätze zu schaffen und angehende Mediziner im Studium finanziell zu unterstützen, damit sie später als Ärzte auf dem Land arbeiten. Zum einen wirke sich das erst in zehn bis zwölf Jahren aus, „das dauert ja, bis sie Fachärzte sind.“ Außerdem könne man niemanden verpflichten, danach als Hausarzt aufs Land zu gehen. „Sie können keinen rechtlich verbindlich zwingen.“

Die Kassenärztliche Vereinigung zahlt dafür zwar mehr, „aber das heißt nicht, dass sie dort bleiben und nicht in andere Bereiche abwandern, in Krankenhäuser zum Beispiel.“

Nach Scherlers Ansicht ist die einzige Lösung, Hausärzte finanziell noch besser zu stellen: Die Hausärzte verdienen trotz der Erhöhung immer noch viel weniger als Fachkollegen. „Die sind immer nach ganz hinten dran.“

Das interessiert diese Woche



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„Büro/Praxis/Kanzlei – 160 m2, großzügig, hell, mit 6 Stellplätzen.“ Das ist der Titel einer Anzeige in einem der beiden großen Immobilienportale online. Sie betrifft einen Rottweiler Teilort. Und sie ist für Kenner der Lage vor Ort ein Hammer: Schon wieder ein Arzt, der aufhört. Eine Allgemeinarztpraxis, die schließt, ohne dass ein Nachfolger gefunden wäre. Und doch liegt der Fall hier etwas anders.

Denn offenbar stößt die Recherche der NRWZ etwas an. Der betroffene Arzt möchte noch nichts sagen. In seiner Anzeige schreibt er In der Anzeige seines Vermieters heißt es:

Die zu vermietenden Räume im EG und UG waren 35 Jahre lang die Allgemeinarztpraxis des Ortes. Sie wird leider zum 31.3.2020 aus Altersgründen – ohne Nachfolger – frei. Die Räume werden im April 2020 freigeräumt und renoviert.

Dann noch die Preise: Nettomiete 1120 Euro, Nebenkosten 250 Euro, sechs Stellplätze, je 15 Euro.

Wieder eine Praxis die schließt? Die Hausarztversorgung ist doch schon extrem knapp in Rottweil, es gibt Menschen ohne Hausarzt, die abgewiesen werden, wenn sie bei einer Praxis vorsprechen. Es gibt schon den Tipp: Anrufen nützt nichts, da wirst Du nur abgewimmelt. Du musst persönlich vorbei gehen. Und jammern.

Es gibt den Fall eines alteingesessenen Patienten, der in der Praxis, die ihn versorgt hat, seinen Platz freimacht für seine wieder heim gezogene Mutter. Und danach die Ansage des behandelnden Arztes: Im Notfall könne der alteingesessene Patient natürlich vorbei kommen. Aber für die allfälligen Vorsorgeuntersuchungen bitte nicht. Es gibt die zugezogene Familie, die partout keinen Hausarzt findet, und die schon regional sucht.

Immerhin: Die Drähte sind im Hintergrund heiß gelaufen. Entgegen der Aussage in der Immobilienanzeige wird es für die Teilort-Praxis offenbar eine Nachfolgeregelung geben. Sie sei kompliziert, ist zu hören. Mehr über diesen Fall nicht.

Nachdem die drohende Schließung dieser weiteren Hausarztpraxis in Rottweil offenbar doch noch einmal abgewendet worden ist, bleibt die Versorgung mit Hausärzten dennoch angespannt. Das sagt Dr. Jochen Scherler, Vorsitzender der Kreisärzteschaft. „Die Kollegen der Allgemeinmedizin sind überlastet. Und der Krankenstand wird ja nicht weniger, im Gegenteil.“ Angesichts der demographischen Entwicklung werde die Zahl der zu behandelnden Menschen ja weiter steigen, so Scherler.

Und auch bei den Fachärzten klemmt es: Auf einen Termin beim Gynäkologen müsse man ein halbes bis dreiviertel Jahr warten, dazu fehlten zwei Kinderärzte, und wer eine Magenspiegelung brauche, müsse ebenfalls lange warten. „Es ist in vielen Bereichen schwierig, und es wird eher schlechter als besser“, so Scherler.

Er sieht keine positive Perspektive, auch nicht angesichts der neuen Pläne der Landesregierung, mehr Medizin-Studienplätze zu schaffen und angehende Mediziner im Studium finanziell zu unterstützen, damit sie später als Ärzte auf dem Land arbeiten. Zum einen wirke sich das erst in zehn bis zwölf Jahren aus, „das dauert ja, bis sie Fachärzte sind.“ Außerdem könne man niemanden verpflichten, danach als Hausarzt aufs Land zu gehen. „Sie können keinen rechtlich verbindlich zwingen.“

Die Kassenärztliche Vereinigung zahlt dafür zwar mehr, „aber das heißt nicht, dass sie dort bleiben und nicht in andere Bereiche abwandern, in Krankenhäuser zum Beispiel.“

Nach Scherlers Ansicht ist die einzige Lösung, Hausärzte finanziell noch besser zu stellen: Die Hausärzte verdienen trotz der Erhöhung immer noch viel weniger als Fachkollegen. „Die sind immer nach ganz hinten dran.“

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