Freitag, 19. April 2024

Rottweils Oberbürgermeister rechnet nicht mit weiteren Knallern

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Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß hat im Rahmen seiner Neujahrsansprache am Abend in der Stadthalle erklärt, dass das laufende Jahr vor allem nach dem Gewinn der Landesgartenschau 2028 nicht nochmals einen solchen Knaller bereithalten könnte. „Wir sollten die Erwartungshaltung an dieser Stelle etwas zurückschrauben“, sagte er in der Stadthalle. Es sei nicht das Ziel, „jedes Jahr eine neue Rakete steigen zu lassen“. Vielmehr müsse man sich auf die begonnen Projekte konzentrieren und diese mit der notwendigen Ruhe und Professionalität abarbeiten und zum Erfolg führen.

Alle Fotos: Team Ralf Graner Photodesign

Niemand von uns kann in die Zukunft blicken und heute schon voraussagen, was uns im neuen Jahr an unvorhergesehenen Knallern erwartet.

Ralf Broß

Von der Römerstadt über die Reichsstadt bis hin zum Rottweil der Gegenwart stehe die Kleinstadt am Neckar an der Schwelle zu einer neuen Epoche, sagte Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß am Sonntag im Rahmen des Bürgerempfangs. Dies war bereits der zehnte. Es sei eine Eine Epoche, „in der bürgerschaftlicher Gemeinsinn, die Kreativität der Menschen, moderne Technologien und die hohe Lebensqualität im ländlichen Raum eine dynamische Verbindung eingehen“.

Turm, Hängebrücke und Landesgartenschau – diese Themen überstrahlten alles. Doch es gebe weiter in der Stadt. Broß nannte etwa den sozialen Wohnungsbau, den Ausbau von Kindergarten- und Kinderkrippenangeboten, die Sanierung des Droste-Hülshoff-Gymnasiums (DHG), die Stadionsanierung und den Bau einer Skateranlage, die Sanierung von Brücken und Gemeindestraßen, Wirtschaftsförderung und Tourismus, ein Mobilitätskonzept, Digitalisierung, Städtebauförderung, Hotelnutzung, ein neues Stadtmuseum und die Schaffung neuer Bauplätze in den Ortsteilen.

Die Landesgartenschau bleibe allerdings bei alledem das zentrale Thema in den
nächsten Jahren. „Sie ist eine riesige Chance für unsere Stadt, uns langfristig
städtebaulich weiterzuentwickeln“, sagte Broß. Er bot seinem Kollegen Thomas Herzog, der sich mit der Stadt Schramberg ebenfalls beworben hatte und leer ausging, erneut an, „im Rahmen unseres Gartenschaukonzeptes ein regionales Fenster anzubieten, in dem auch Schramberg und der restliche Landkreis sich präsentieren können“.

Viele positive Effekte gingen mit der Landesgartenschau einher, die über eine rein städte- und landschaftsplanerische Entwicklung hinausgehen würden. Broß: „Landesgartenschauen
rekultivieren nicht nur ökologische Brachflächen und werten das Stadtzentrum auf, sondern wirken sich positiv auf die Lebensqualität aus und erzielen Image- und Beschäftigungseffekte, was vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel wichtig ist.“

Bis zum Jahr 2028 will die Stadt 20 Millionen Euro investieren. Derzeit werde die Ausschreibung für einen europaweiten Wettbewerb vorbereitet.

Wichtig sei nun, „dass die Motivation und das Engagement all derjenigen, die uns bei der Bewerbung unterstützt haben, nicht nachlassen.“

Broß brachte wiederum einen Ringzughalt Rottweil-Stadtmitte vor, über dessen Finanzierung zuletzt ein Streit mit Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel ausgebrochen war. Beide wollten sich über das Thema verständigen. 

 

Hier die gesamte Neujahrsansprache (das Redemanuskript), in dem Broß auf viele weitere städtische Themen eingeht wie etwa die anstehende Kommunalwahl und die Feiern zu „500 Jahre Ewiger Bund“.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Gäste,

zum diesjährigen Bürgerempfang begrüße ich Sie alle recht herzlich mit den Klängen der Stadtkapelle Rottweil. Unter der Leitung von Julian König hat sie uns musikalisch mit einer Fanfare von David Maslanka auf das neue Jahr eingestimmt.

Der Bürgerempfang ist wieder der feierliche Rahmen, den wir für die Verleihung der Bürgermedaille schaffen.

Insgesamt drei Personen werden damit ausgezeichnet. Um wen es sich handelt, das erfahren Sie wie in den vergangenen Jahren im zweiten Teil des Bürgerempfangs.

Ich freue mich sehr darüber, dass ich zu diesem Anlass wieder viele Gäste begrüßen darf.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Sie haben bereits bemerkt, dass sich der Bürgerempfang heute von den vorangegangenen unterscheidet. Ich werde heute Abend unterstützt. Unterstützt durch eine Gebärdensprachdolmetscherin. Frau Hahn-Grönke wird meine Ansprache simultan übersetzen, weil wir Gäste haben, die gehörlos sind. Die gehörlosen Bürgerinnen und Bürger haben in der Vergangenheit am Bürgerempfang nicht teilgenommen, weil sie weder die Musikstücke noch meine Ansprache verstehen konnten. Das muss sich ändern! haben wir uns gedacht, schließlich bekennen wir uns in Rottweil zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an unserer Bürgergesellschaft und der Bürgerempfang ist Teil dieser Bürgergesellschaft. Wir haben uns im Leitbild Soziale Stadt ausdrücklich zum Ziel gesetzt, auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu achten. Das wollen wir heute Abend in dieser Form umsetzen. Gleichzeitig wollen wir auf die besonderen Bedürfnisse dieser Menschen aufmerksam machen und Sie, meine Damen und Herren, dafür sensibilisieren. Ich hoffe, dass wir mit der Simultanübersetzung auch zu einem Stück Normalität für die Menschen mit Behinderung in unserer Mitte beitragen können.

Meine Damen und Herren,

viele von Ihnen waren vermutlich auch vor einem Jahr beim letzten Bürgerempfang hier in der Stadthalle anwesend und vielleicht geht es Ihnen wie mir, dass Sie denken: schon wieder ist ein Jahr wie im Fluge vergangen.

Nun sind wir heute wieder hier zusammen gekommen – übrigens handelt es sich heute um den zehnten Bürgerempfang -, um auf das neue Jahr anzustoßen, das uns einiges Neues bringen wird. Und wie es so ein Jahreswechsel mit sich bringt, blicken wir bei dieser Gelegenheit auch in die jüngste Vergangenheit zurück und lassen sie vor unserem geistigen Auge Revue passieren.

Bei jedem von Ihnen werden vor Ihrem geistigen Auge unterschiedliche Bilder vorbeiziehen, die einen individuellen Film ergeben: Bilder von Ihrer Familie, von den Enkeln und von Familienfesten, vielleicht Bilder vom Sommerurlaub oder vom letzten Arbeitstag vor dem Ruhestand, Bilder des Abschiednehmens, Bilder der Trauer und Bilder von freudigen Anlässen.

Für die Highlights in der Stadt Rottweil gibt es ebenfalls zahlreiche Bilder. Man könnte einen eigenen Film davon drehen, der sowohl dokumentarischen als auch unterhaltsamen Charakter hätte.

Dieser Film würde sicher die Bewerbung und den Zuschlag zur Landesgartenschau 2028 für die Nachwelt dokumentieren und die große Begeisterung, mit der uns viele Kolleginnen und Kollegen und ehrenamtliche Unterstützer begleitet haben. Oder der Abbau des Krans auf der Spitze des thyssenkrupp Turmes durch einen Helikopter. Auch das war ein Highlight, weil der Turm damit sein endgültiges Aussehen bekam. Dann die Einweihung des neuen Feuerwehrhauses, der Agenda 2030-Prozess für eine nachhaltige Stadtentwicklung, das Planungsverfahren zur Fußgängerhängebrücke, die Neugestaltung des Wehrbereichs an der Dreher`schen Mühle, die Machbarkeitsstudie zum Stadtmuseum, die Bebauung der Spitalhöhe und viele weitere kommunalpolitische Projekte, die uns im letzten Jahr beschäftigt haben. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass die Planung für die JVA im Esch fortgeführt wurde. Das Land hat den Architekturwettbewerb abgeschlossen und das Architekturbüro Obermeyer Planen + Beraten mit el:ch Landschaftsarchitekten aus München mit der weiteren Planung beauftragt. Das Preisgericht würdigte insbesondere die überzeugende städtebauliche-landschaftliche Einbindung der Baukörper. Wir werden in diesem Jahr noch in das Bebauungsplanverfahren einsteigen.

Für den unterhaltsamen Charakter dieses Films würden Konzerte und kulturelle Veranstaltungen stehen: die Konzerte der Sommersprossen, das Jazzfest gehörte dazu, der Ferienzauber. Die Saukirbe in Göllsdorf dürfte genauso wenig fehlen wie das Bühlinger Backhäuslefest, die festlichen Konzerte in unseren Kirchen, die Fasnet und andere kulturelle Leuchttürme und Sehenswürdigkeiten.

Wenn wir einen Film gedreht hätten, dann hätten wir sicherlich auch Interviews eingebaut. Interviews mit Personen und Persönlichkeiten, die im letzten Jahr in Rottweil zu Gast waren.

Beispielsweise der Zukunftsforscher Matthias Horx, der im Zusammenhang mit unserer Landesgartenschaubewerbung über die progressive Provinz im Allgemeinen und über Rottweil im speziellen referierte. Horx machte deutlich, dass auch in der Provinz, also in mittleren und kleineren Städten außerhalb von Ballungsagglomerationen, Zukunft entsteht.

Der ländliche Raum sei keineswegs dem Untergang geweiht. Gerade Rottweil habe nach seiner Meinung eine Menge Potential, sich der Zukunft zu öffnen und sich zu entwickeln. Man dürfe sich allerdings nicht an alten Dingen festklammern, sondern benötige Visionen und müsse offen sein für neue Wege.

Ein weiterer Interviewpartner wäre unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der in den vergangenen Jahren dieses Zukunftspotential unserer Stadt kennen und schätzen gelernt hat. Er schwärmte  bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wohl dermaßen von Rottweil, dass die gesamte Mannschaft des Staatsministeriums ihren Jahresausflug nach Rottweil machte. Samt Staatsministerin Theresa Schopper. Sie fuhren auf den Testturm, besuchten die ehemalige Duttenhoferanlage im Neckartal, besichtigten Rottweiler Kirchen oder wanderten dem Neckar entlang nach Göllsdorf, wo sie dann allesamt im Gasthaus Sonne bei guter regionaler Küche einkehrten. Man sagt, nicht nur dem Ministerpräsident hat’s geschmeckt.

Ein weiteres Interviews würden wir von Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller präsentieren. Prof. Altenmüller ist einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Neurophysiologie und Neuropsychologie von Musikern. Er ist Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin der Hochschule in Hannover und war im letzten Jahr zu Gast in Rottweil auf Einladung von Dr. Reinhard Schugg bei der Reihe „brain meets music.“ Dabei hat er einen spannenden Vortrag gehalten über die Zusammenhänge von Musik und Gehirnaktivitäten. Altenmüller ist in Rottweil geboren, hat hier sein Abitur gemacht und brachte mit vielen Anekdoten und Erinnerungen seine Verbundenheit mit seiner Geburtsstadt zum Ausdruck.

Und wenn Prof. Altenmüller für Kultur und Musik steht, dann repräsentiert die baden- württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut Hightech und Innovation. Der Anlass ihres Besuchs im vergangenen Jahr war der Hightech- Summit des Landes Baden-Württemberg im September. Über 1.000 kreative Unternehmer aus der baden-württembergischen Hightech-Branche strömten für einen Tag ins Kraftwerk, in dem die Ministerin am Abend dann den begehrten CyberOne-Preis an besonders zukunftsträchtige Start-ups aus dem „Ländle“ übergab. Das Land hat dieses renommierte Gipfeltreffen 2015 aus der Taufe gehoben, und wir sind stolz darauf, dass es uns zusammen mit der Trend Factory gelungen ist, eine attraktive Location anzubieten, die nach dem Europapark Rust im Jahr 2017 nun Rottweil in den Focus rückte.

Nun haben wir keinen Film gedreht, den wir Ihnen heute Abend präsentieren könnten. Das würde den Rahmen u.a. wegen Überlänge sprengen. Wenn ich jedoch die Aussagen der genannten Interviewpartner zusammenfassen sollte, dann könnte das Fazit lauten:

Im progressiven Rottweil spielt die Musik, denn hier kann man die führenden Unternehmen des Landes treffen, gemütlich einkehren und regionale Küche genießen. Und wenn Sie in einer Rottweiler Gastwirtschaft einkehren sollten und zum Nachbartisch rüber schielen und denken, Mensch, der Mann dort am Nebentisch sieht aus wie unser Ministerpräsident, dann müssen Sie damit rechnen: ja, er ist es tatsächlich.

Meine Damen und Herren,

das letzte Jahr war wieder ein Jahr voller schöner Ereignisse und Erfolge für unsere Stadt. Unsere Wirtschaftsministerin trug sich beim erwähnten Hightech-Summit in das Goldene Buch der Stadt ein mit den Worten:

„Rottweil ist innovativ, mutig und entwickelt sich mit einer großen Dynamik nach vorn – Kompliment! Respekt! Weiter so!“

Ende letzten Jahres bin ich in einem Interview1 gefragt worden, welchen Knaller wir denn in diesem Jahr in der Hinterhand hätten. Welche zukünftigen Projekte versprechen wieder diese große Dynamik? Was erwartet uns als nächstes?

Schließlich gab es in den vergangenen Jahren so viele große Themen, die unsere Stadt beschäftigt haben. Wie geht es 2019 weiter? Gibt es noch etwas anderes als Turm, Hängebrücke und LGS?

Niemand von uns kann in die Zukunft blicken und heute schon voraussagen, was uns im neuen Jahr an unvorhergesehenen Knallern erwartet.

Das sollte auch nicht unser Anspruch sein. Wir sollten die Erwartungshaltung an dieser Stelle etwas zurückschrauben. Es ist nicht unser Ziel, jedes Jahr eine neue Rakete steigen zu lassen. Vielmehr sollten wir uns auf die begonnen Projekte konzentrieren und diese mit der notwendigen Ruhe und Professionalität abarbeiten und zum Erfolg führen.

Und bei all dem gilt: Ja, es gibt tatsächlich noch ein Leben neben Turm, Hängebrücke und LGS. Wir beschäftigen uns nicht nur mit diesen für die Entwicklung der Stadt so wichtigen Projekten, sondern auch mit vielen weiteren Themen, die auf unserer Agenda stehen und die wir nicht jedes Jahr neu erfinden müssen. Dazu gehören der soziale Wohnungsbau, der Ausbau von Kindergarten- und Kinderkrippenangeboten, die Sanierung des DHG, Stadionsanierung und Bau der Skateranlage, die Sanierung von Brücken und Gemeindestraßen, Wirtschaftsförderung und Tourismus, das Mobilitätskonzept, Digitalisierung, Städtebauförderung, Hotelnutzung, Stadtmuseum, die Schaffung neuer Bauplätze in den Ortsteilen und vieles mehr.

Wir haben mit unseren Projekten bereits die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. Von der Römerstadt über die Reichsstadt bis hin zum Rottweil der Gegenwart stehen wir heute tatsächlich an der Schwelle zu einer neuen Epoche. Eine Epoche, in der bürgerschaftlicher Gemeinsinn, die Kreativität der Menschen, moderne Technologien und die hohe Lebensqualität im ländlichen Raum eine dynamische Verbindung eingehen.

Das war ein kurzer Ausschnitt aus all den Themen, die uns beschäftigen werden. Sie sehen, unser Rucksack ist voll beladen. Manches Projekt stößt dabei auch einmal auf unvorhergesehene Ereignisse, wie die Erschließung des Wohngebietes Brunnenäcker in Göllsdorf. Dort wurden bei Probegrabungen die Fundamente einer römischen Villa gefunden, was in der Altstadt für Unruhe sorgt. Nicht, dass Familien aus der Altstadt in Göllsdorf einen Bauplatz kaufen würden und sich jetzt um zeitliche Verzögerungen sorgten. Im Gegenteil! Vielmehr befürchten die Altstädter, dass sie das Prädikat „ältester Stadtteil in Baden-Württemberg“ an Göllsdorf verlieren könnten, wenn herauskäme, dass die römischen Reste dort älter sind als die Hypokaustanlage, das Orpheusmosaik oder der Herkules. Es gibt wenig, was für die Altstädter schlimmer wäre…

Die Landesgartenschau bleibt allerdings bei alledem DAS zentrale Thema in den nächsten Jahren. Sie ist eine riesige Chance für unsere Stadt, uns langfristig städtebaulich weiterzuentwickeln. Viele Städte haben sich darauf beworben. Auch sie hätten den Zuschlag verdient. Lieber Thomas Herzog, Schramberg ist dabei wie viele andere leider leer ausgegangen. Wir stellen uns vor, im Rahmen unseres Gartenschaukonzeptes ein regionales Fenster anzubieten, in dem auch Schramberg und der restliche Landkreis sich präsentieren können. Das wäre ein guter Anlass, sich gemeinsam aufzustellen und sich als Region zu vermarkten. Auch das Land würde das begrüßen.

Die Landesgartenschau ist unsere Entwicklungsstrategie für eine fortschrittliche und nachhaltige Modernisierung von Rottweil!

Viele positive Effekte gehen mit ihr einher, die über eine rein städte- und landschaftsplanerische Entwicklung hinausgehen. Landesgartenschauen rekultivieren nicht nur ökologische Brachflächen und werten das Stadtzentrum auf, sondern wirken sich positiv auf die Lebensqualität aus und erzielen Image- und Beschäftigungseffekte, was vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel wichtig ist. Außerdem werden die Identität der Bürger und die Identifikation mit der Stadt gestärkt. Das sind alles positive Effekte, weiche Faktoren, die wir heute noch gar nicht alle richtig überblicken können.

Bis zum Jahr 2028 geht es jetzt zunächst um die Vorbereitung und die Schaffung von baulichen Anlagen, in die wir rund 20 Mio. EUR investieren wollen. Hierzu bereiten wir gerade die Ausschreibung für einen europaweiten Wettbewerb vor. Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen, bis das Wettbewerbsergebnis vorliegt.

Erfahrungsgemäß bis zu drei Jahren. Für viele klingt das unglaublich lang. Dafür müssen wir uns aber die Zeit nehmen. Wichtig bleibt, dass die Motivation und das Engagement all derjenigen, die uns bei der Bewerbung unterstützt haben, nicht nachlassen. Wir wollen sie auch weiterhin einbinden. Hierzu wollen wir noch vor der Fasnet mit den relevanten Akteuren zusammenkommen, um über die nächsten Schritte zu beraten.

Das eigentliche Ausstellungsjahr ist 2028 mit einer schönen Eröffnungsfeier und hoffentlich mit vielen sonnigen Monaten. Zahlreiche Gäste werden sich auf den Weg nach Rottweil machen und den ÖPNV nutzen. Die Besucher sollen mit dem Zug anreisen, der mitten im Landesgartenschaugelände an der neuen Bahnhaltestelle des Ringzuges auf Höhe des Stadtgrabens halten wird, und sie können über einen noch zu bauenden Schrägaufzug den topografischen Höhenunterschied bequem und barrierefrei überwinden, um in die Innenstadt zu gelangen. So stellen wir uns das vor, sehr geehrter Herr Landrat. Der neue Haltepunkt soll anlässlich der LGS als Daueranlage geschaffen werden, um auch nach 2028 für die Kreisbewohner nutzbar zu sein. Das große Fahrgastpotential haben Sie in einem Gutachten bereits nachgewiesen. Wir hoffen, dass wir in diesem Zusammenhang gemeinsam eine vernünftige Lösung zu einem neuen Ringzughaltepunkt erreichen, bei der sich Stadt und Landkreis einbringen. Sie haben noch vor Weihnachten ein gemeinsames Gespräch angekündigt, in dem wir über die nächsten Schritte sprechen werden. Ich werte diese Einladung als ein gutes Zeichen des Miteinanders. Vielen Dank dafür.

Bei all diesen entwicklungspolitischen Pflichtaufgaben darf selbstverständlich die Kür nicht fehlen. Wir begehen in diesem Jahr zahlreiche Erinnerungen und Jubiläen, die uns an die jeweiligen Anlässe erinnern sollen.

Ein Jahrestag ist ganz eng mit unserer italienischen Partnerstadt verbunden: am 6. April jährt sich zum zehnten Mal das schwere Erdbeben in L´Aquila. Wir werden mit einer angemessenen Gedenkfeier an die Ereignisse erinnern, u.a. mit einer Ausstellung im Alten Rathaus.

Es wird Jubiläumsfeiern geben. Unsere Energieversorgung Rottweil, die ENRW, besteht seit 20 Jahren, der Kindergarten Hegneberg ebenfalls seit 20 Jahren und der kommunale Eigenbetrieb Stadtbau wird 25 Jahre alt. Auch unser Freibad feiert Geburtstag. Seit 40 Jahren ist es Sportstätte und bietet Erholung für Jung und Alt.

Die Musikkapellen in Neukirch und Zepfenhan feiern jeweils ihr 100jähriges Bestehen. In den dreistelligen Jubiläumsbereich kommen wir in unserem Ortsteil Hausen, der vor 925 Jahren zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde.

Und dann feiern wir ein ganz besonderes Jubiläum: 500 Jahre Ewiger Bund.

Dieses Beispiel zeigt aus meiner Sicht sehr deutlich, dass wir neben all den zukunftsgerichteten Projekten auch immer wieder in die Vergangenheit zurückblicken und uns immer wieder bewusst machen, woher wir kommen. Das ist das Besondere an unserer Stadt: diese Verbindung zwischen Historie und Zukunft.

Albert Einstein ist bekannt für sein Zitat „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“

„Wer (allerdings) die Vergangenheit nicht kennt (…)“, so Altkanzler Helmut Kohl, „(…) der kann die Gegenwert nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“

Ich glaube, Albert Einstein wäre mit dem Ewigen Bund nicht so recht warm geworden. Er würde sich – sofern er noch leben würde – auf 232 m Höhe Gedanken zur Relativitätstheorie machen, in den Himmel blicken und die Stadt vom Testturm aus der Ferne betrachten.

Dabei ist das Verhältnis zwischen Rottweil und der Eidgenossenschaft doch relativ alt. 500 Jahre Ewiger Bund.

Ein halbes Jahrtausend Geschichte, das uns mit der Eidgenossenschaft verbindet. 500 Jahre verbriefte internationale Beziehungen, 500 Jahre wechselhafte Geschichte und 500 Jahre „ewig ding und ewige fründtschafft“, so wie es in der Originalurkunde heißt, die im Jahr 1519 von dreizehn Schweizer Orten und der Reichsstadt Rottweil unterzeichnet beeidigt wurde und im Original in unserem Stadtarchiv aufbewahrt wird. Damals schwur die männliche Einwohnerschaft unserer Stadt auf dem Rottweiler Marktplatz vor einer eidgenössischen Abordnung dafür zu sorgen, dass in der Reichsstadt die Freundschaft mit den Schweizern „zu ewiger zit niemer mer vergessen wird.“

Damit wurde der Grundstein einer langjährigen Beziehung gelegt, die uns mit den eidgenössischen Orten ewig verbindet. Mit Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Underwalden, Zug, Glarus, Basel, Freiburg im Üchtland, Solothurn, Schaffhausen und Appenzell.

Der Ewige Bund ist ein Bündnis. Ein Versprechen auf Ewigkeit. Ein multilaterales Abkommen, das Rechte und Pflichten der genannten Orte definierte. Das Bündnis umfasste ursprünglich einen militärischen Beistandspakt, der die Unterstützung im Notfall regelte. Es umfasste Wirtschaftsbeziehungen beider Seiten mit dem gegenseitigen Verzicht auf die Einführung neuer Zölle und es regelte die Rechtshilfe bei der Verbrechensbekämpfung. Heute haben wir die NATO und die Europäische Union. Die Schweiz gilt als neutral.

Verblieben ist eine enge freundschaftliche Beziehung mit der Schweiz und insbesondere mit der Stadt Brugg im Aargau, mit der wir 2013 unser 100jähriges Stadtjubiläum feierten. Eine der ältesten Städtepartnerschaften überhaupt.

Im Selbstverständnis der Rottweiler ist diese uralte, historische Verbindung, die bereits in der Römerzeit ihren Anfang nahm, mit der Schweiz seit jeher fest verankert. Das wollen wir in diesem Jahr am Wochenende des Stadtfestes am 7. September mit einem kleinen Festakt feiern. Dazu haben wir alle Stadtpräsidenten der 13 Schweizer Städte eingeladen und wir sind sehr glücklich darüber, dass bis auf eine Stadt alle zugesagt haben. Wir bleiben am Ball. Zur Eröffnung des Stadtfestes mit den Schweizer Gästen darf ich Sie alle jetzt schon recht herzlich einladen. Zu diesem Anlass wird auch die Historische Bürgerwehr wieder ihren Auftritt haben. Die Bürgerwehr verwendet neuerdings umweltfreundliches Schwarzpulver. Das ist im Grunde genommen eine lobenswerte Entwicklung. Es sollen ja wegen der Feinstaubproblematik infolge Pulverdampf keine Fahrverbote provoziert werden. Ich hoffe allerdings, dass es zu keinen Rohrkrepierern wie beim Neujahrsschießen kommt. Denn wir sollten für unsere Schweizer Gäste ein gutes Bild abgeben, ansonsten stellen diese am Ende noch unseren historischen Beitrag zum Sieg in der Schlacht von Murten in Frage.

Meine Damen und Herren,

in den vergangenen 500 Jahren ist viel geschehen. Unsere Stadt hat sich verändert. Sie ist größer geworden, moderner. Wir haben das große Glück, dass zwei Weltkriege nahezu spurlos an unserer historischen Innenstadt vorbeigezogen sind. Ihr heutiges Aussehen entspricht in großen Teilen dem Stand vor 500 Jahren, so wie dies auch die Pürschgerichtskarte wiedergibt.

Niemand von uns möchte ernsthaft in den Verhältnissen von vor 500 Jahren leben. Aber uns daran erinnern, das wollen wir gerne. Unsere Ansprüche haben sich gewandelt. Wir wollen die Ergebnisse des Fortschrittes nutzen. Und genau das sind die Herausforderung und das Spannungsverhältnis, vor denen wir stehen: die Bewahrung unseres historischen Erbes und die Modernisierung unserer Stadt. Ich denke, wir haben das in der Vergangenheit gut hinbekommen. Das braucht Mut und Durchhaltevermögen, gleichzeitig aber auch Offenheit und Transparenz.

Der Gemeinderat spielt dabei eine zentrale Rolle, da viele wichtige Entscheidungen und Grundsatzbeschlüsse in diesem Gremium und seinen Ausschüssen fallen. Die 26 Gemeinderäte gestalten nach besten Wissen und Gewissen unsere Stadt mit. Im Rahmen der repräsentativen Demokratie vertreten und verkörpern sie die Bürgerschaft.

Am 26. Mai finden in diesem Jahr wieder Kommunalwahlen statt. Neben dem Kreistag werden auch der Rottweiler Gemeinderat und die Ortschaftsräte neu gewählt. Einige amtierende Gemeinderäte haben bereits erklärt, dass sie für eine Wiederwahl nicht mehr antreten werden. Es wird also Veränderungen geben. Die Karten werden neu gemischt. Ich weiß, dass die Parteien und Wählervereinigung sich derzeit im Endspurt befinden, Kandidaten für ihre Listen zu gewinnen, damit Sie als Wählerinnen und Wähler eine Auswahl haben.

Der Eine oder die Andere von Ihnen ist sicherlich auch angesprochen worden oder spielt mit dem Gedanken, zu kandidieren.

Ich kann Sie an dieser Stelle nur ermutigen: engagieren Sie sich für Ihre Stadt, für unser Rottweil. Setzen Sie sich dafür ein, dass unsere Stadt zusammenhält und sich auch in den nächsten 5 Jahren positiv weiterentwickelt, denn „Demokratie ist ein wichtiges Stück Heimat (…) und schafft Zusammenhalt“, so hat es jüngst unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausgedrückt.

Alle demokratische Parteien und Wählervereinigungen, die die freiheitlich- demokratische Grundordnung achten, sind willkommen.

Nutzen Sie also die Chance, die Ihnen angeboten wird. Haben Sie keine Angst vor dem Ehrenamt. Haben Sie Zuversicht in den Wandel. Unser Gemeinderat braucht weiterhin Menschen, die etwas bewegen und unsere Stadt voranbringen wollen.

Auch in den Ortschaftsräten und im Kreistag. Und eines kann ich Ihnen versprechen: Interessante Themen haben wir genug. Ihnen wird es nicht langweilig werden!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein spannendes, erfolgreiches und gesundes Neues Jahr.

Lassen Sie uns unser Rottweil weiterhin mit Energie und Freude voranbringen. Alles Gute in 2019!

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NRWZ-Redaktion
Unter dem Label NRWZ-Redaktion beziehungsweise NRWZ-Redaktion Schramberg veröffentlichen wir Beiträge aus der Feder eines der Redakteure der NRWZ. Sie sind von allgemeiner, nachrichtlicher Natur und keine Autorenbeiträge im eigentlichen Sinne. Die Redaktion erreichen Sie unter redaktion@NRWZ.de beziehungsweise schramberg@NRWZ.de