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„Mammutaufgabe“ Ganztagsbetreuung

Noch viele Fragen offen / Besonders bei der Ferienbetreuung hakt es

Nach wie vor wissen die Verantwortlichen bei der Stadt noch nicht genau, wie die Ganztagsbetreuung in den kommenden Jahren an den Grundschulen schrittweise umgesetzt werden soll. Es fehlt an Personal, Räumen und verbindlichen Finanzzusagen von Bund und Land. Das haben Kerstin Flaig und Simone Hangst im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats klar gemacht. Die eigenen Hausarbeiten habe man weitgehend erledigt, versicherten die beiden.

Schramberg. In Anwesenheit der Schulleitung der Berneckschule berichtete Abteilungsleiterin Kerstin Flaig, wie sich die Verwaltung auf den Rechtsanspruch ab dem kommenden Schuljahr vorbereite. Mit der Schaffung einer Stelle „pädagogische Gesamtleitung Schulen“ habe man einen wichtigen Schritt getan. Jetzt gehe es um weiteres Personal. Beispielsweise weitere FSJ-Stellen für die Schulen, die das Ganztagsangebot umsetzen werden, sprich Grund- und Werkrealschule Sulgen und die Berneckschule im Tal.

Abteilungsleiterin Kerstin Flaig. Foto: him

Eine Klarheit hat das Land inzwischen hergestellt: Eltern, die den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung nutzen wollen, müssen dies bis zum 15. März für das kommende Schuljahr tun. Dies gilt für die Kinder, die ab 2026/27 eingeschult werden. Das Land will den Kommunen noch besondere digitale Lösungen zukommen lassen, mit denen die Elternwünsche erfasst und der Ganztagsbetrieb organisiert werden soll.

Etliche Aufgaben, die noch warten. Foto: him

Offene Fragen bei Schließtagen und Finanzierung

Bei den 20 Schließtagen ist noch offen, ob das Landratsamt diese kreisweit festlegt, oder die jeweiligen Kommunen. Ebenfalls unklar ist, wie mit Heiligabend und Silvester umgegangen wird. Dies seien ja keine gesetzlichen Feiertage, so Flaig.

Die Finanzierung für Investitionen und den Ausbau von Räumen ist ebenfalls noch nicht abschließend geregelt. Der Bund überweist dem Land 358 Millionen Euro Die Summe hat das Land auf 861 Millionen aufstockt. Die Förderung betrage dann 70 Prozent. Wahrscheinlich wird es weitere Mittel vom Bund geben.

Problematisch ist die Förderung bei den Betriebskosten, die seien „bei weitem nicht kostendeckend“, so Flaig. Da verhandle der Städtetag noch mit dem Land.  Ein gemeinsames Leitbild zum Ganztag, das Vertreterinnen und Vertreter von etwa 30 Einrichtungen erarbeitet hätten, entspreche weitgehend den in schramberg erarbeiteten Ideen. Es sei eine gute Ergänzung.

Zu wenig Geld für die Betriebskosten. Foto: him

Mehr Personal nötig

Um die Ganztagsbetreuung anbieten zu können, muss die Stadt weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen. „Wir wissen noch nicht, wie viele Personen wir brauchen“, so Flaig. Das hänge eben von den Anmeldezahlen ab – und die habe die Stadt eben erst am 16. März 2026. Bis dahin werde man sich am bisherigen Bedarf orientieren. Um Personal zu gewinnen und zu halten, möchte die Stadt zum einen die Kompetenzen der Beschäftigten weiterentwickeln. Fortbildungen und eine zweitägige Basis-Schulung sollen das gewährleisten.

Die Zufriedenheit mit dem Job möchte man durch mehrere Maßnahmen stärken. Teamleitungen und Koordinierungskräfte sollen die Teams unterstützen. Beim Betreuungsschlüssel möchte die Verwaltung nach individuellen Lösungen je nach Situation der Schulen und Gruppen suchen. Der Schlüssel von 1: 25, also eine Betreuerin für25 Kinder, sei in vielen Fällen zu hoch. Entweder sollen dann die Gruppen kleiner oder durch FSJ-Kräfte die Gruppenleitungen unterstütz werden.

Schließlich will die Stadt die Eingruppierung der Beschäftigten im Ganztag überprüfen und die Arbeitsverträge an die neuen Bedingungen anpassen.

Ferienbetreuung mit großen Herausforderungen

Für das zuständige Jugend- und Kinderbüro JUKS hat Simone Hangst im Ausschuss berichtet, dass man in diesem Jahr die Ferienprogramme schon in Richtung Ganztagsbetreuung ausgeweitet habe. Das JUKS habe in allen Ferienprogrammen etwa 20 Prozent mehr Plätze angeboten. In den „kleinen Ferien“ gab es eine Randbetreuung von jeweils einer Stunde vor und nach dem eigentlichen Programm, also von 8 bis 16 Uhr. Das sei bei den berufstätigen Eltern sehr gut angekommen.

Die Ausdehnung um 20 Prozent habe aber nicht ausgereicht, so die Erkenntnis. „Es gibt immer noch Wartelisten, wir müssen nachlegen.“

Simone Hangst vom JUKS Foto: him

Das JUKS habe sich auch die Räume in den Schulen angeschaut, wo die Ferienbetreuung stattfinden könnte: „Auf welche Ressourcen können wir zurückgreifen?“ Auch die Verpflegung habe man getestet, mal gab es ein warmes Mittagessen, mal haben die Kinder ein Vesper mitgebracht. Nun werde das JUKS genau schauen, was gut und was schlecht gelaufen sei. „Wir müssen Gas geben, damit wir gerichtet sind, wenn es losgeht“, so Hangst abschließend.

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr sprach von einer „Mammutaufgabe, die auf uns zukommt“. Sie hoffe auf eine auskömmliche Regelung bei den Betriebskosten.

Lob und Kritik aus dem Verwaltungsausschuss

Freie/Neue-Liste-Gemeinderat Ralf Rückert sprach von einem komplexen Thema. Dank der Vorarbeit durch Kerstin Flaig und das JUKS habe Schramberg einen kleinen Vorsprung. Die Einrichtung einer pädagogischen Gesamtleitung sei richtig gewesen. „Das kommt Kindern und Eltern zugute.“

Der Schlüssel 1: 25 gehe überhaupt nicht, fand Rückert. „Das müssen wir dringend senken.“ Es sei wichtig, dass die Stadt im Rahmen des Startchancenprogramms neue Räume für die Ganztagsbetreuung schaffe. Beim schulischen Bereich war Rückert optimistisch. Bei der Ferienbetreuung sehe er massive Schwierigkeiten auf die Stadt zukommen.

Flaig bestätigte, dass man in den Schulen bis auf die Berneckschule schon personell gut unterwegs sei. An der Berneckschule komme man mit dem bisherigen Schlüssel nicht klar. Da bräuchte man zwei bis drei zusätzliche Stellen.

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) lobte, dass man schon so weit sei. Sie frage sich allerdings, wie das mit den fehlenden Räumen gehen soll. Eine Parallelnutzung von Klassenzimmern für die Ganztagsbetreuung sei nur übergangsweise möglich. „Das geht nicht auf Dauer.“ Für die Ferienbetreuung schlug sie vor, auch Leute einzusetzen, die keine Pädagogen seien. „Die Kinder wollen nämlich oft auch einfach nur spielen.“

Sie fragte nach dem Transport der Kinder aus den Teilorten, wenn deren Eltern den Ganztag in Anspruch nehmen wollen. Auch wollte sie eine Schätzung, um wie viele Kinder es wohl gehen werde.

Der Leiter der Berneckschule Karsten Krawczyk berichtete, für die nächste erste Klasse seien 90 Kinder angemeldet. „Zwei Drittel wollen in den Ganztag.“ Das Thema Transport sei noch nicht geklärt. „Das nehmen wir mit“, so Eisenlohr.

Jürgen Reuter (Aktive Bürger) hatte „Bauchschmerzen“ wegen der Personalfragen und der baulichen Probleme. Wir müssen schneller sein, als bei den Berneckschulmodulen.

Nicht zu viel versprechen

Dominik Dieterle (CDU) warnte vor zu großen Hoffnungen, das allzu viel ausgebaut werden könne. Man möge bei den Ansprüchen an die Räumlichkeiten etwas runtergehen. Er frage sich, ob auch die Lehrerinnen und Lehrer beim Ganztag mit einbezogen würden.

Das habe die Landesregierung verneint, so Eisenlohr. Rückert gab zu bedenken, dass Lehrer zum einen sehr teuer seien und es zum anderen gerade an den Grundschulen Lehrermangel gebe.

CDU-Rätin Barbara Kunst erkundigte sich, was eigentlich geschehe, wenn eine Kommune den Rechtsanspruch nicht erfüllen könne.  Der Rechtsanspruch gehe ans Landratsamt, so Flaig. Was in einem solchen Fall geschehe sei noch nicht geklärt. Falls Eltern klagten, so Eisenlohr, werde der Kreis das an die Kommune weitergeben. Die müsse nachweisen, dass wirklich keinerlei Mittel mehr da seien und alle Freiwilligkeitsleistungen schon gestrichen seien.

Der Ausschuss nahm den Beschlussvorschlag, dem Rat zu empfehlen, das Personalentwicklungskonzept weiter zu verfolgen, einstimmig an. Über zusätzliche Stellen soll im Rahmen der Haushaltsplanberatungen entschieden werden.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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