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    Inspiration für Auge und Seele

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    Weihnachten führt viele Menschen in die Kirchen – dem zentralen Wirkungsfeld des Rottweiler Künstlers Tobias Kammerer. Zig Sakralräume in der Region, in Deutschland und in Europa hat er bereits mit ebenso virtuosen wie konzentrierten Glasfenstern und Objekten ausgestattet. Oder gar komplett gestaltet. Ein Buch dokumentiert nun dieses Schaffen.

    Was für ein Kaliber: 2798 Gramm bringt dieser Prachtband auf die Waage. Auch die Maße mit knapp 30 auf 25 Zentimetern trumpfen auf. Innen geht es nicht weniger großzügig zu: Ganzseitige Abbildungen, elegantes Layout – hier ist man in die Vollen gegangen, auch bei den Texten, die entweder Beschreibungen Kammerers sind oder von kompetenten Kunstwissenschaftlern stammen.

    Mit diesem Band wird, überschon vorliegende Bücher hinausgehend, offenkundig eine Zwischenbilanz gezogen – mit gutem Grund: Kammerer, Jahrgang 1968, ist seit Jahrzehnten im Bereich der sakralen Kunst tätig. Und hat in Formen und Farben eine künstlerische Sprache entwickelt, der eine besondere Synthese gelingt: Einerseits wurzelt sie fest in der Traditions- und Sinntiefe des christlich-abendländischen Zeichenvokabulars. Zugleich schlägt sie aber einen Bogen zu aktuellen Bezugssystemen, Sehbedürfnissen, Ästhetiken – und ist dabei getragen von höchstem Qualitätsbewusstsein. Damit hat sich Tobias Kammerer beträchtliches Renommee erworben. Mittlerweile zählt er zu den gefragtesten Künstlern in diesem Feld.

    Der Effelter Kodex, gestaltet von Tobias Kammerer – eine der Entdeckungen, die man in diesem Buch machen kann. Foto: al

    Das Buch macht anschaulich, warum. Es geht stark von der materiellen Dimension aus: 15 Kapitel sind zunächst nach Werkstoffen, Bearbeitung und Funktion gegliedert – von Guss-Aluminium über Marmor und Sandstein, bis zu Kategorien wie verformtem Glas und schließlich Figuren und Grabzeichen.

    Diese Orientierung am Stofflichen fasziniert, da Kammerer erläutert, wofür welche Materialen geeignet sind, welche Eigenschaften sie haben, was das für Gestaltungsprozesse bedeutet und welches Eigenleben Werkstoffe mitunter entfalten. Da wird viel Erfahrung greifbar, wenn er etwa Holz als den Träger natürlicher Struktur heraushebt, Stahl als „das Metall aus dem Brücken sind“ charakterisiert und verformtes Glas mit gefrorenem Wasser vergleicht.

    Damit schafft er inspirierende Zugänge zum Bilderschatz der teils älteren, teils sehr neuen Werke, die in diesem opulenten Band dokumentiert sind: Zum Beispiel der Altar der Neuapostolischen Kirche Singen, den Kammerer aus Gussaluminium wie eine Schale geformt hat – lesbar etwa als verdichtetes Sinnbild des Abendmahlsgeschehens, das im Zentrum christlicher Theologie steht.

    Oder die archaische Kraft der Bronzestücke in der Kapelle im Hospiz am Spaichinger Dreifaltigkeitsberg: Sie scheinen – ganz ohne harte Linien und exakte Kanten – von der Unwägbarkeit des Lebens, aber auch seinen Dynamiken und Schwingungen zu sprechen. Oder das Kreuz im Gebetsraum des Altenpflegeheims St. Lioba in Fulda: Kammerer hat den Christus nicht auf gequerte Balken gespannt. Er taucht ihn in einen sonnenartigen Kreis mit aufsteigender Geste ein – aus dem Gekreuzigten wird so auch ein Auferstehender.

    Neben bekannten Arbeiten wie etwa der Dunninger Christophorus-Kapelle bietet die Dokumentation auch echte Überraschungen, die man sonst kaum zu Gesicht bekäme. Beispielsweise das Evangeliar der Kirche St. Peter und Paul im oberfränkischen Effelter: Kammerer hat einen eindrucksvollen Bucheinband aus gegossenem Aluminium geschaffen – ganz in der Tradition prächtigster Buchhüllen seit dem Frühmittelalter. Aber doch mit unverkennbar eigener, im 21. Jahrhundert beheimateter Handschrift.

    Tobias Kammerer gestaltet auch liturgische Textilien – hier ein Beispiel aus der Evangelischen Kirche Möhrfelden. Foto: al

    Eine echte Entdeckung sind von Kammerer gestaltete Paramente, also in der Liturgie verwendete Stoffe – sei es für Altäre oder priesterliche Aufgaben. Auch derlei Textilien verleiht der Künstler mit enormer Gestaltungssensibilität eine ästhetische Kraft und Lebendigkeit, verbunden mit symbolischer Sinntiefe. Auch in diesem Gestaltungsfeld gelingt es ihm also, Sinnlichkeit und Übersinnlich-Spirituelles zusammenzuführen.

    Der Band ist damit eine Inspiration nicht nur fürs Auge, sondern nicht minder für die Seele.

    Info: Das Buch „Orte der Verkündigung: Skulpturen für den Sakralraum“, mit Texten von Tobias Kammerer, Bernd Goldmann und Iris Nestler ist im B. Kühnen Verlag erschienen (ISBN 978-3874485418, 356 Seiten) und für 79 Euro im Buchhandel erhältlich.

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    Was für ein Kaliber: 2798 Gramm bringt dieser Prachtband auf die Waage. Auch die Maße mit knapp 30 auf 25 Zentimetern trumpfen auf. Innen geht es nicht weniger großzügig zu: Ganzseitige Abbildungen, elegantes Layout – hier ist man in die Vollen gegangen, auch bei den Texten, die entweder Beschreibungen Kammerers sind oder von kompetenten Kunstwissenschaftlern stammen.

    Mit diesem Band wird, überschon vorliegende Bücher hinausgehend, offenkundig eine Zwischenbilanz gezogen – mit gutem Grund: Kammerer, Jahrgang 1968, ist seit Jahrzehnten im Bereich der sakralen Kunst tätig. Und hat in Formen und Farben eine künstlerische Sprache entwickelt, der eine besondere Synthese gelingt: Einerseits wurzelt sie fest in der Traditions- und Sinntiefe des christlich-abendländischen Zeichenvokabulars. Zugleich schlägt sie aber einen Bogen zu aktuellen Bezugssystemen, Sehbedürfnissen, Ästhetiken – und ist dabei getragen von höchstem Qualitätsbewusstsein. Damit hat sich Tobias Kammerer beträchtliches Renommee erworben. Mittlerweile zählt er zu den gefragtesten Künstlern in diesem Feld.

    Der Effelter Kodex, gestaltet von Tobias Kammerer – eine der Entdeckungen, die man in diesem Buch machen kann. Foto: al

    Das Buch macht anschaulich, warum. Es geht stark von der materiellen Dimension aus: 15 Kapitel sind zunächst nach Werkstoffen, Bearbeitung und Funktion gegliedert – von Guss-Aluminium über Marmor und Sandstein, bis zu Kategorien wie verformtem Glas und schließlich Figuren und Grabzeichen.

    Diese Orientierung am Stofflichen fasziniert, da Kammerer erläutert, wofür welche Materialen geeignet sind, welche Eigenschaften sie haben, was das für Gestaltungsprozesse bedeutet und welches Eigenleben Werkstoffe mitunter entfalten. Da wird viel Erfahrung greifbar, wenn er etwa Holz als den Träger natürlicher Struktur heraushebt, Stahl als „das Metall aus dem Brücken sind“ charakterisiert und verformtes Glas mit gefrorenem Wasser vergleicht.

    Damit schafft er inspirierende Zugänge zum Bilderschatz der teils älteren, teils sehr neuen Werke, die in diesem opulenten Band dokumentiert sind: Zum Beispiel der Altar der Neuapostolischen Kirche Singen, den Kammerer aus Gussaluminium wie eine Schale geformt hat – lesbar etwa als verdichtetes Sinnbild des Abendmahlsgeschehens, das im Zentrum christlicher Theologie steht.

    Oder die archaische Kraft der Bronzestücke in der Kapelle im Hospiz am Spaichinger Dreifaltigkeitsberg: Sie scheinen – ganz ohne harte Linien und exakte Kanten – von der Unwägbarkeit des Lebens, aber auch seinen Dynamiken und Schwingungen zu sprechen. Oder das Kreuz im Gebetsraum des Altenpflegeheims St. Lioba in Fulda: Kammerer hat den Christus nicht auf gequerte Balken gespannt. Er taucht ihn in einen sonnenartigen Kreis mit aufsteigender Geste ein – aus dem Gekreuzigten wird so auch ein Auferstehender.

    Neben bekannten Arbeiten wie etwa der Dunninger Christophorus-Kapelle bietet die Dokumentation auch echte Überraschungen, die man sonst kaum zu Gesicht bekäme. Beispielsweise das Evangeliar der Kirche St. Peter und Paul im oberfränkischen Effelter: Kammerer hat einen eindrucksvollen Bucheinband aus gegossenem Aluminium geschaffen – ganz in der Tradition prächtigster Buchhüllen seit dem Frühmittelalter. Aber doch mit unverkennbar eigener, im 21. Jahrhundert beheimateter Handschrift.

    Tobias Kammerer gestaltet auch liturgische Textilien – hier ein Beispiel aus der Evangelischen Kirche Möhrfelden. Foto: al

    Eine echte Entdeckung sind von Kammerer gestaltete Paramente, also in der Liturgie verwendete Stoffe – sei es für Altäre oder priesterliche Aufgaben. Auch derlei Textilien verleiht der Künstler mit enormer Gestaltungssensibilität eine ästhetische Kraft und Lebendigkeit, verbunden mit symbolischer Sinntiefe. Auch in diesem Gestaltungsfeld gelingt es ihm also, Sinnlichkeit und Übersinnlich-Spirituelles zusammenzuführen.

    Der Band ist damit eine Inspiration nicht nur fürs Auge, sondern nicht minder für die Seele.

    Info: Das Buch „Orte der Verkündigung: Skulpturen für den Sakralraum“, mit Texten von Tobias Kammerer, Bernd Goldmann und Iris Nestler ist im B. Kühnen Verlag erschienen (ISBN 978-3874485418, 356 Seiten) und für 79 Euro im Buchhandel erhältlich.

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