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„Wir sind es, die spalten“

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(Meinung). #CoronaistkeinSpaziergang. Den Hashtag find ich gut, auch wenn ich im Grunde durchaus Verständnis habe für die „Spaziergänge“, die ja doch Demos sind. 

Ich bin mittlerweile geboostert, aber gegen eine Impfpflicht, und gegen 2G bin ich auch. Mitgehen tu ich trotzdem nicht. Mir sind die Anliegen zu diffus. So meine ich, gegen Maskenpflicht ist nicht wirklich viel einzuwenden, und ich verstehe  nicht, weshalb auf diesen Demos kaum jemand Mundschutz trägt. Es wäre ein sichtbares Zeichen, dass man nicht rundweg auf alles pfeift, nicht grundsätzlich leugnet oder schwurbelt.  So braucht sich niemand zu wundern, dass er mit Leuten in einen Topf geworfen wird, mit denen er/sie sonst nicht viel zu schaffen hat. Ich kenne einige Spaziergänger, die keineswegs blau-braun oder vollkommen durchgeknallt sind. Aber die Grenzen sind eben nicht sichtbar. Ich fand 3G auch völlig in Ordnung. Lüften und Händewaschen sowieso und Abstand halten auch, wenngleich ich manche Massenveranstaltungen inklusive Gedränge vermisse.  Auch vermisse ich mehr Entscheidungsspielraum für individuelle, situative Lösungen. Was beim einen richtig ist, ist beim anderen falsch. Viele Regeln sind zu weit weg von der gelebten Wirklichkeit und lassen sich nicht anpassen. 

Aber ich gehe nicht mit Rechten. Selbst wenn sie bei den Montagsdemos leise sind – die AfD schreibt es sich aufs Konto und macht alle zu Mitstreitern ihrer Sache. Und ich will der AfD und dem ganzen blauen und braunen und grundsätzlich aufwieglerischen Gemisch keinen Grund zum Jubeln geben.

Die Diskussion über eine Impfpflicht, die macht mich fassungslos. Kann man noch blöder Vertrauen kaputtmachen? „Eine Impfpflicht wird es nicht geben“, „…macht keinen Sinn“,…, ich habe die Beteuerungen der Politik noch im Ohr. Und als anfangs der Pandemie schon Leute gegen sämtliche Maßnahmen gewettert haben und mit einer drohenden Impfpflicht den Teufel an die Wand malten, habe ich stets dagegen gehalten, es als Hirngespinste abgetan, zu Besonnenheit gemahnt, „so weit sind wir noch lange nicht“. Und jetzt sind wir doch an dem Punkt. Darf ich schon mies finden. Zumal jetzt, da Omikron zwar durch die Welt fegt, aber keine Intensivstationen bersten. Was soll das? Mehr als 70 Prozent sind geimpft und haben leichte Verläufe. Und wenn sich auch die Krankenhäuser füllen, dann zeigt das nicht unbedingt, dass zu wenige geimpft sind, sondern dass man zu arg kaputtgespart hat, und das noch während der Pandemie. Was haben wir gestaunt, als China innerhalb von drei Monaten Krankenhäuser nur für Covid hochgezogen hat. Bei uns wurden Betten abgebaut. Es ist ein Elend, dass die Impfung nicht hält, was man sich von ihr versprach. Aber so ist es, und man kann nicht einfach so tun, als wäre es nicht so und sie weiter als die ultimative Lösung anpreisen.

Und dann sagt auch keiner, auf wie viele Impfungen sich eine solche Impfpflicht erstreckte. Auf die drei Mal, die jetzt die meisten haben, auf 6, 10 oder 15 Mal? Ich will auch nicht alle paar Monate boostern gehen! Auf Twitter kursieren massenhaft Tweets, die regelmäßiges Impfen mit Zähneputzen vergleichen. Aber das halte ich auch für eine unzulässige Banalisierung. Zwischen Impfen und Zähneputzen ist doch ein großer Unterschied.

Die Politik hat es in der ganzen Zeit nicht schaffen können, dass der Impfstoff überall hinkommt, sodass weltweit geimpft wird und solche Mutationen überhaupt nicht erst entstehen? Die UNO mahnt unentwegt, man müsse den Impfstoff besser verteilen. Aber in der reichen, westlichen Welt wird über eine vierte Impfung geredet, und anderswo ist niemand geimpft, nicht ein erstes Mal. 

Eine Impfpflicht wäre vielleicht eine Notlösung, und von einer Notlage kann man schon sprechen. Aber sie wäre auch ein Ablenken von Missständen im System und politischen Fehlern, und dagegen darf man schon protestieren. Nur doch nicht mit Rechten und Spinnern.

Eine Impfpflicht würde die gegenwärtige Welle nicht mehr brechen. Und viele ließen sich auch mit Pflicht und Androhung aller möglichen Konsequenzen nicht impfen. Wenn das so weitergehen soll, nach der 3. die 4. und 7. und so weiter, sonst verliert man den Status „G“, dann sagte ich auch eventuell auch mal „nee“. Dann halt die Konsequenzen – bitteschön.

Wenn so das Ende dieser Pandemie aussehen soll, dann ist es ein sehr blödes Ende.  Das Ziel, das formuliert war, hieß lange „wie davor“, „normal“. Mittlerweile muss jedem klar sein, dass „wie davor“ es nicht geben wird, und „normal“ wird anders sein. Es ist zu viel passiert. Es sind Leute gestorben , haben gelitten, sind bankrott gegangen, haben ihre Erwerbsquelle verloren, sind an den Maßnahmen krank geworden,…  Das Ende wird jetzt geschrieben  – Ich meine, es wäre an der Zeit, Ziele zu formulieren. 

Wir sind nicht China. Wir müssen Krisen anders lösen können. Beherztes Handeln wie Krankenhäuser dann bauen, wenn sie gebraucht werden – ja. Aber wenn wir die bleiben wollen, die wir meinen, dass wir sie sind, dann sollten wir Wege finden, die mehr Souveränität und individuelle Lösungen erlauben, dann sollten wir mit der Eigenverantwortung auch Fehlertoleranz einkalkulieren. 

Vielleicht kommen wir alle mal wieder runter? Es wird zu arg gestritten. Zwischen den Gegensätzen „NoCovid“ und „Gar keine Maßnahmen“ ist viel  zu viel Wut und Unverständnis und anscheinend „Spaltung“. Es gibt ein politisch entschiedenes Trennen in „geimpft“ und „ungeimpft“, das man gut finden kann oder nicht, ich finde es auch nicht gut. Aber wir sind es, die spalten. Wir sind es, die auf die jeweils anderen schimpfen und uns entzweien. Die Politik kann kaum besser sein als die Bevölkerung, über die sie regiert. Wären wir nicht so leidenschaftlich bereit zu streiten und uns zu entzweien und wären wir toleranter gegenüber anderen Haltungen und nachsichtiger bei Fehlern, die es überall gibt, wo gehandelt wird, würde sich nichts und niemand spalten. Wir sind mitunter schrecklich kleinmütig. 

Omikron fegt durch, und vielleicht wird der Müll mal nicht pünktlich abgeholt oder im Supermarkt ist ein Regal nicht aufgefüllt, vielleicht fallen Schulstunden aus oder die Post kommt zwei Tage später. Dann ist das halt so. Wenn die Krankenversorgung hapert, dann ist das freilich arg. Für ein auf Leistungsfähigkeit, nicht auf Gewinnmaximierung geplantes Gesundheitswesen würde sich auch mal lohnen, zu demonstrieren. Ich wäre dabei.

P.S. Das Klepfen in der Oberen Hauptstraße war eine tolle Idee! :)

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Beate Kalmbach
Beate Kalmbach
... ist Gastautorin der NRWZ und bloggt auf https://beatekalmbach.home.blog/

11 Kommentare

  1. Zunächst einmal freue ich mich über diesen zur Mäßigung aufrufenden und um einen Austausch der Meinungen bemühten Beitrag. Allerdings kann ich das Postskriptum »Das Klepfen in der Oberen Hauptstraße war eine tolle Idee!« nicht ganz nachvollziehen.

    Die Spaziergänge sind vielleicht ursprünglich mal von der AfD initiiert worden, das kann ich nicht beurteilen. Die AfD mag die steigende Zahl der Menschen, die da mitgehen, feiern und daraus eine Zustimmung zu ihren politischen Zielen ableiten. Na und? Sollen sie halt, wen interessiert das?

    Was wäre eigentlich, wenn die meisten der Spaziergänger am vergangenen Montag gar nichts mit der AfD am Hut hätten, sondern einfach mit der Regierungspolitik nicht einverstanden sind? Diese Menschen haben hier eine Möglichkeit gefunden, ihren Unmut schweigend zu zeigen – ohne irgendwelche Parteilinien vertreten zu müssen.

    Jedenfalls finde ich es nicht korrekt, die Teilnehmer unter einen AfD-Generalverdacht zu stellen. Nach meiner Beobachtung waren da ganz bunt zusammengewürfelte Arten von Menschen unterwegs, und »Buntheit« schreibt sich doch gerne die Linke auf die Fahne…

    Die Linke hat es allerdings verpennt, fragwürdige Corona-Maßnahmen infrage zu stellen und skandalöse Dinge wie Masken-Deals und krasse Kollateralschäden der Maßnahmen zu thematisieren. Die links-grüne Jugend scheint daran sowieso kein Interesse zu haben; stattdessen werden Spaziergänger pauschal als AfD-Sympathisanten diffamiert. Das finde ich bedrückend und anti-demokratisch.

    Nachdenklich sollte machen, dass an diesem 17. Januar 1400 Menschen völlig friedlich und still durch Rottweil gegangen sind, sich allenfalls leise unterhaltend. Das Einzige, was aggressiv gewirkt hat, war das Peitschenknallen der Klepfer-Aktivisten. So kann man auch zu Konfrontation und Spaltung beitragen…

  2. Zur Überschrift – Wir spalten

    Ich bin 62 Jahre alt und wurde erstmals durch die Diskussion über die von Egon Bahr und Willy Brandt ausgehandelten Ostverträge politisiert. Als Schüler und Student erlebte (und erlitt) ich weitere heftige gesellschaftliche Konflikte, Stichworte Kernkraft, Nachrüstung.

    Bei den geschilderten Themen war man entweder dafür oder dagegen, oder eben nicht interessiert. Insoweit war das Land – in ihren Worten – auch damals gespalten. Die Auseinandersetzungen nicht weniger heftig. Nur anders organisiert, statt vieler kleiner dezentraler Proteste wie heute die großen Events: Brockdorf, Wackersdorf – Wasserwerfer, Tränengas, Schlagstöcke, „Kampf“hubschrauber.

    Später kamen dann noch ein paar harmlosere Themen, Stichworte Staatsbürgerschaftsrecht, Hartz-Gesetze. Dann der Golfkrieg, in dem sich mancher plötzlich im Lager der früheren politischen Gegner sah, ich auch! Letzte Reste von (politischer) Leidenschaft.

    Dann schlief die Republik irgendwie ein. Statt „ja“ oder „nein“ Kompromisse, in denen sich jeder irgendwie wiederfinden konnte und mit denen doch niemand wirklich zufrieden sein konnte. Symptomatisch der Zustand der Universitäten.

    Seit Jahren schon nenne ich das die neue Biedermeierzeit.

    Dank Corona haben wir wieder mal ein aufwühlendes Thema. Zum Streiten für fast alle, nicht nur für ein paar Spezialisten. Gut so! Schade, dass es ein Virus brauchte, um die Biedermeierzeit zu beenden.

    Der Diskurs braucht verschiedene Lager, und leidenschaftliche Auseinandersetzungen sind nicht schlecht, sondern ein Zeichen für Engagement. In der Wissenschaft ist Streit fast schon Voraussetzung für Fortschritt!

    Wir spalten nicht, wir ringen um den richtigen Weg. Endlich mal wieder, auch mit harten Bandagen. Und wie früher wird das scheinbar gespaltene Land später wieder zusammenfinden.

    Und auch schon bei den geschilderten früheren Konflikten musste jeder schauen, dass er sich mit einem berechtigten Anliegen nicht ungewollt vor den Karren von Leuten spannen ließ, die in Wirklichkeit ganz andere Absichten haben, oder sogar noch ganz ganz andere…….

    • Das große Problem ist aber, dass es sehr oft persönlich wird und nicht einfach nur ein Meinungsstreit ist und dann Friede, Freude, Eierkuchen!

    • Das ist ein schöner Blickwinkel. Und ich stimme Ihnen zu, bzw., ich glaube daran auch – dass, egal, wie gespalten man die Gesellschaft derzeit empfinden mag – es wird wieder zusammenfinden.

  3. Jeder kann seinen eigenen Protest bei „Spaziergängen“ mitbringen. Und es ist nicht von der AFD ins Leben gerufen worden. Wenn dies so wäre, würden viele Menschen dort nicht mitgehen. Sie haben wohl ein Problem damit, dass dort nicht zwischen Linken und Rechten unterschieden wird. Es sind einfach Menschen, welche ihrem Unmut Luft machen. Gehen Sie dann auch nicht in in einen Supermarkt, wenn dort vermutlich AfD-Anhänger einkaufen? Es Gibt keine Parolen und keine Rufe. Es wird keine politische Meinung geäußert, weder rechts, links noch mittig. Wenn sich andere Partei dazu gesellen wollen, ist dies wohl in Ordnung, solange sie sich an das einfache Spazieren halten. Jede Partei darf sich um die Ängste und Sorgen der Bürger kümmern. Das Framing in politische Lager ist ein großes Problem. Aber Schubladen sind einfach eine bequeme Einrichtung.

    • Dass die Spaziergänge auf dem Mist der Rechten gewachsen sind ist mittlerweile allgemein bekannt. Die Rechten sind es auch, die diese Spaziergänge zur eigenen Vermarktung nutzen.
      Und hier liegt der Unterschied zu ihrem Supermarkt Beispiel: Würde die AfD Rottweil einen Supermarkt als „den lieblings-Supermarkt der AfD“ proklamieren, weil dieser die Werte der AfD vertritt, dann würde ich da auch nicht mehr einkaufen, solange sich der Supermarkt nicht davon distanziert. Wer es sich gefallen lässt, sich politisch und medienwirksam vor den Karren der Nazis spannen zu lassen, darf nachher nicht behaupten er wäre nur im wahrsten Sinne mitgelaufen. Ihr seid in dem Fall nichtsandres als Mitläufer.

      • DIE Rechten haben kein Vorrecht auf die Erfindung oder Durchführung von Montagsspaziergängen und Montagsprotesten. Der Montag ist traditionell ein Protesttag. In der DDR waren es die Montagsdemos, vor dem Atomausstieg wurde Montags gegen die Atomkraft gelaufen. Und nun ist es der Unmut über die Corona-Politik. Es ist schön, dass die dort Mitlaufenden Menschen mit Migrationshintergrund, Linksliberale, Konservative usw. alle in die ganz RECHTE Schublade gesteckt werden. Immer einfach weiter in den vorgegebenen Strukturen denken. Wie sagte ein Teilnehmer am Spaziergang: So langsam glaube ich, dass ich eine links-rechts Schwäche habe oder an an links-rechts Verwechslung leide. Eigentlich ist es Rot-Grün :) .
        Es könnte, wie geschrieben, auch andere Partei mit spazieren, doch man überlässt der AfD das Feld. Ich finde dies auch nicht toll, aber es ist für viele Menschen die einzige Möglichkeit ihren Protest zu zeigen. Und solange sich niemand die Führung an sich reist und somit eine politische Richtung der Spaziergänge bestimmt, ist die Anwesenheit von allen Menschen ok. Wenn damit parteipolitische Ziele erreicht werden sollen, wird sich das Ganze schnell verkleinern. Ich kann die Menschen verstehen, die nicht mehr in politische Lager gesteckt werden wollen, sondern ihren Protest auf die Straße tragen.

    • Herr Haas hat es im Grunde beantwortet. Die Montagsspaziergänge sind, so meine ich auch, von den Rechten initiiert. Und sie werden nach wie von ihnen als Erfolg und Zustimmung verbucht.
      Sie scheint ein Selbstläufer geworden zu sein. Gut möglich, dass es heuer keine Einladungen und Aufrufe mehr braucht, weil alle wissen, was wann wo läuft. Da steht dann nicht Afd oä darunter, aber dahinter.
      Auf das Supermarktbeispiel hat Herr Haas ebenfalls treffend erwidert. Ich kenne die Gesinnung der Läden nicht, in denen ich einkaufe. Wenn diese im Betrieb der Märkte eine Rolle spielten, dann überlege ich mir schon, ob ich da noch hingehe.

      Eben hatte ich ein Telefonat mit einer Dame, die an den Montagsspaziergängen in Rottweil teilnimmt und sich durchaus nicht zu den Rechten zählt und zählen lassen will. Und ganz bestimmt gehört sie da auch nicht hin. Und ich kann die Motivation ihres Protestes gut nachvollziehen. So weit so gut.
      Und doch fehlt von Beginn der Proteste bis heute eine Distanzierung.
      Selbstverständlich kann man sagen, „es liegt nicht in meiner Verantwortung, wer im selben Zug läuft“.
      Aber ich habe es in der Hand, ob ich im Zug laufe.
      Ein Pazifist sagt „kein Krieg!“, auch wenn es heißt, der diene dem Frieden. Ich sage „keinen Zentimeter nach rechts“, und so halte ich es auch. Ich stimme vieler Kritik zu. Aber ich gehe nicht in diesen Zug.

      Und wenn ich gegen Impfpflicht protestieren will, dann such ich andere Wege. Mag sein, das gibt dann nicht so die große Masse. Aber viele kleine Aktionen sind auch eine große. Ein Schild ins Fenster, ein Transparent an die Hauswand. gegen Windkrafträder geht das auch. Petitionen, Aufkleber, Flugblätter, Grafity; nicht jedermanns Sache – aber Greta Thunberg hat sich mit einem Pappschild vors Parlament gesetzt, …

      Es stimmt, es ist schwierig derzeit zu protestieren.Die Maßnahmen und das Vereinnahmt-werden durch rechts und verquer stehen im Weg. Die Spaziergänge sind eine „einfache Einrichtung“, um es mit Ihren Worten zu sagen. Und das ist der springende Punkt.

      Es ist keine Schublade, in die ich stecke, es ist eine Haltung, nach der ich handle.
      Ich gehe nicht mit.

      • Jeder soll sich von irgendetwas distanzieren. Die einen in diese Richtung die andren in eine andere. Da sieht man doch das Framing und die Schubladendenkweise. Es wird überhaupt nichts skandiert oder sichtbar gefordert. Es wird einfach nur „spaziert“. Aber solange der Protest auf diese Weise abläuft, sind die Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht das Ziel der Spaziergänge. Alles muss immer politisch korrekt bewertet werden. Um die Sache darf es nicht gehen. Es ist nur in Ordnung, wenn das eigene politische Lager auch dafür ist. Hier geht es aber nicht um politische Lager, sondern um Unmut, Angst und Protest, und das alles ruhig und friedlich. Es ist themenorientiert und es geht nicht um eine politische Richtung. Jeder Mensch der sich betroffen fühlt darf mitgehen.

        • Natürlich geht es um die Sache, und soll es gehen. Ich persönlich finde es nur schwierig, dass bei diesen Spaziergängen nicht erkennbar ist, gegen welche Maßnahmen genau man sich wendet, um Maskenpflicht, Testpflicht, 2G, 3G, Impfpflicht oder gegen alles prinzipiell, weil „nur ein Grippevirus“ oder so – Mir ist das zu diffus.
          Wenn Ihr Protest sich gegen diese ganze Bandbreite richtet, dann passt das freilich.
          Und Sie haben ganz sicher Recht – und wissen es besser als ich, da Sie dabei sind – dass die Teilnehmer bei diesen Spaziergängen sehr gemischt sind, links, liberal, rechts, grün, einheimisch, zugewandert – durch alle Lager, und das ist sehr schön. Ich denke, das kommt in meinem Text auch klar heraus – es ist mir durchaus bewusst, dass die allermeisten der Teilnehmer ganz und gar nicht rechtsextrem oder dergleichen grusliges sind.
          Trotzdem reklamiert die AfD und ihr Umfeld jeden Zuwachs als Erfolg für sich selbst. Wer auf deren Foren und Seiten geht, sieht das klar und unzweifelhaft vor sich.
          Ja, so gesehen geht es um political correctness: die AfD ist eine zugelassene Partei, (wenngleich auch mitunter vom Verfassungsschutz beobachtet), und ihre Vertreter in den Parlamenten sind demokratisch gewählt. Aber es ist eben auch eine Partei, in der Rassisten, Faschisten, Homophobe, Misogyne, Holocoustleugner und allerhand andere unguten Haltungen eine Heimat finden und nicht nur geduldet, sondern bejubelt werden. Davon, meine ich, sollte sich jeder, der das nicht teilt, deutlich distanzieren, und das unmittelbar und unmissverständlich. Das ist für mich schon absolut NoGo.
          Ich glaube auch nicht, dass es der AfD um die Sache „Corona“ und „Freiheit“ geht. Sie hat das Thema aufgegriffen und den Protest an sich gerissen, weil es ihr um diesen geht.Nichts ist leichter als mit Unmut Stimmung zu machen. Andere Parteien und Organisationen tun und können das nicht, weil sie das Thema differenzierter angehen/müssen. Das ist auch eine Frage der Verantwortung.
          Dass es keinen anderen Führer des Protestes gibt, ist also kein Zufall, meine ich. Ich nehme an, es ist Taktik, den Protest möglich diffus zu halten um möglichst viele Teilnehmer mitnehmen zu können. Denn mit dieser Masse will diese Partei/ihr Umfeld salonfähig werden und in der ganzen Breite der Gesellschaft Fuß fassen. Und wenn Sie auch nicht rechts sind und vielleicht nie AfD wählen und auch all die anderen Teilnehmer nicht – diesen Vorwurf können Sie nicht ganz von der Hand weisen. Diese Brücke haben Sie mitgebaut. Ist so.

          Tröstlich ist, und auch da gebe ich Ihnen ganz Recht – wenn es an parteipolitische Ziele geht, wird das wieder anders aussehen und wird diese Partei deutlich weniger Menschen erreichen.
          Aber in den Köpfen steckt es trotzdem – man ist schon gemeinsam marschiert.

          Die Frage stellt sich daher – MUSS es denn so sein, dass einer den Protest an sich reißt. Kann nicht Gruppe für Gruppe sich äußern – die Wirte, die Künstler, das Gesundheitspersonal, … Oder jeder für sich? MUSS es einen zentralen Protest geben? Es gibt viele Wege seinen Unmut deutlich zu machen und seiner Stimme Ausdruck zu verleihen.
          Die Bund- und Landesregierungen gingen lange von einem großen Rückhalt in der Bevölkerung aus. Eine Mehrheit der Leute trug die Maßnahmen mit, sehr viele wünschten sich eine aktiv schützende Politik. Wenn die Entscheidenden wissen, dass Sie auf diese Mehrheit nicht unbedingt zählen können, wird das die Überlegungen beeinflussen.
          Anfangs der Pandemie haben die Kinder Regenbogenbilder gemalt und in die Fenster gehängt. Meine Kinder und ich sind spazieren gegangen und haben die Bilder gezählt. Das ginge mit anderen Motiven /Parolen/ … auch.

          Hin wie her – es ist, wie´s ist. Und es wird vorbeigehen. Ich habe Familien und Freundschaften zerbrechen sehen an Corona, (der Bruch ging meist vom Gegner der Maßnahmen aus. Ich bin selbnst häufig geblockt worden auf Twitter, sobald ich im NoCovidLager, das für noch viel strengere Maßnahmen wäre, Vorbehalte äußerte. Sei´s drum. Auch diese Spaltung, so es sie denn tatsächlich gibt, wird vorübergehen.
          Alles Gute.

  4. Super Frau Kalmbach, vielen Dank für Ihre besonne Meinung. Genau für Ihre berechtigten Kritikpunkte protestieren eben auch viele Leute, auch geboosterte. Als 2-fach Geimpfter gilt man ja nun schon wieder als ungeimpft. Und auch der Genesenenstatus gilt seit dieser Woche nur noch 3 Monate! In der Schweiz übrigens gilt dieser ganze 12 Monate mit Antikörpertest.

    P.S. Jedem zur Freud und Niemand zum Leid. #KlepfenohneMaske
    (Die Maske ist doch kein Meinungsausdruck, sondern dient nur der Gesunderhaltung, gell ;)

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