ROTTWEIL. Das kam unerwartet. Eigentlich sollte der Gemeinderat die neuen Regeln für die Vergabe von Baugrundstücken beschließen – oder besser absegnen. Doch ein ausführliches und emotionales Plädoyer von Günter Posselt (CDU) hatte eine lange Diskussion zur Folge. Und eine Vertagung.
„Bürokratie-Monster“. Der Begriff war nach Posselts Wortmeldung im Raum. Zunächst hatte Stadtbau-Chef Peter Hauser die Richtlinien neu gefasst. Nach den Vorgaben des Gemeinderats, der im Herbst ausführlich darüber gesprochen hatte. Und unter Berücksichtigung eines Urteils des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in einem anderen Fall – das hier zwar nicht zuständig ist, dessen Rechtsauffassung sich aber das für Rottweil zuständige Gericht in Freiburg durchaus anschließen könnte. „Die Quadratur des Kreises“ sei seine Aufgabe gewesen, wie Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) anmerkte.
Posselts Kritikpunkt zum Beispiel: Wer sich um ein Grundstück bewirbt, muss eine Finanzierungsbestätigung einer Bank über 500.000 Euro bringen, sonst kommt er schon von vorn herein nicht auf die Liste. Das aber, so sagten Posselt und Daniel Karrais (FDP), verhindere, dass die Bauwilligen sich das beste Angebot unter mehreren Banken aussuchen könnten – denn die Bank müsse ja erst mal wissen, welches Grundstück als Sicherheit diene. Er befürchtete außerdem, dass mit den vorgeschlagenen Regelungen junge Menschen, die ein paar Jahre bei Ausbildung oder Studium waren und dann wieder in die Heimat zurück kommen, bei der Verteilung der Plätze benachteiligt werden. Posselt griff noch mehr Punkte an und forderte: „Der einzige Weg ist, Baugrundstücke in ausreichender Zahl anzubieten.“ Beifall Gerhard Aden (FDP).
Dr. Peter Schellenberg (FWV) und Daniel Karrais schlossen sich dem an, Karrais auch mit konkreten Anträgen.
„Im Grunde haben sie ja recht, sie wollen Bürokratie abbauen, aber auch ein System, allen gerecht zu werden“, fasste OB Broß zusammen.
Nach langer Diskussion und einer Pause, in der sich die Fraktionen besprachen, dann die Abstimmungen. Die Finanzierungsbestätigung der Bank soll nicht Voraussetzungen für die Zulassung eines Bewerbers sein, sondern muss erst vor dem Notartermin vorgelegt werden. Für diesen Antrag von Daniel Karrais sprachen sich 13 Räte aus CDU, FWV, FDP und AfD aus, elf aus den Reihen von SPD+FfR sowie Grünen dagegen, zwei enthielten sich.
Dr. Jürgen Mehl (SPD+FfR) wollte, auch im Hinblick auf Bühlingen und Altstadt, keine Sonderregelungen für die Teilorte, sein Antrag wurde mit sieben gegen zwölf Stimmen abgelehnt.
Die Zeit von Studium oder Ausbildung auswärts müsse für einen Bauplatz-Erwerb berücksichtigt werden, als wären die Betreffenden in Rottweil gewesen, das beschloss auf Antrag von Rasmus Reinhardt die Mehrheit von 13 gegen acht Stimmen.
Mit diesen Beschlüssen könnten die Richtlinien nicht mehr verabschiedet werden, sagte Bürgermeister und Jurist Dr. Christian Ruf, da müsse wegen der Punkte-Bewertung erst nachtariert werden. So müssen also die gestrigen Beschlüsse des Rats (insgesamt wurde über sieben Anträge abgestimmt, drei gingen durch) zusammen mit den weiteren Vorschlägen der Verwaltung, über die nicht abgestimmt wurde, in neue Regeln gegossen werden. „Die Vergabekommission ist dafür der richtige Ort“, sagte Bürgermeister Dr. Christian Ruf. Das brauche Zeit, und es sei nicht sicher, ob es vor der Sommerpause noch eine Lösung gebe. Denn auch dann hat der Gemeinderat das letzte Wort.
Die Eröffnung des Bewerbungs- und Vergabeverfahrens für die Grundstücke in Göllsdorf, die auf der Tagesordnung stand und die eigentlich für den 24. Mai vorgesehen war, konnte somit nicht stattfinden, der Tagesordnungspunkt wurde vertagt.