(Keine) Engel an Fasnet und Festtagen

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Pfingsten liegt genau zwischen den mit prächtigen Prozessionen verbundenen Festen Christi Himmelfahrt und Fronleichnam. Wichtige Protagonisten an diesen Tagen waren lange die sogenannten Engelsgesellen. Ihnen hat Winfried Hecht nun eine Publikation gewidmet.

Als „Engelsgesellschaft“ hat sich in die Rottweiler Stadtgeschichte die Vereinigung eingeschrieben, der jene Handwerksgesellen angehörten, die Söhne von Rottweiler Handwerksmeistern oder von Rottweiler Bürgern waren. Die Bezeichnung führt dabei leicht auf eine falsche Fährte.

Die Bezugnahme auf „Engel“ verweist nämlich nicht auf etwaige hervorragende Charaktereigenschaften oder das Streben um Vorbildlichkeit der Mitglieder. Vielmehr ergab er sich – wie man in der wieder einmal überaus kundigen Schrift von Altstadtarchivar Dr. Winfried Hecht erfährt – weil sich die Sozietät unter den Schutz des Erzengels Michael gestellt hatte.

Das geschah wohl im 15. Jahrhundert – so ganz genau lässt sich es sich den Quellen nicht entnehmen. Im Rottweiler Stadtrecht von 1546 wird die Engelsgesellschaft jedenfalls als etablierte Institution „wie von alter her“ aufgeführt. Hecht zeigt, dass einiges dafür spricht, dass es die Engelsgesellen bereits 1446 gab. Bei einem Brand des Rottenmünsters taten sie sich jedenfalls so tatkräftig hervor, dass die Engelsgesellen bis ins späte 18. Jahrhundert alljährlich im Rottenmünster einen großen Lebkuchen erhielten und in festlichem Zug in die Stadt führten.

Die Engelsgesellen waren, wie Hecht zeigt, vor allem in ihrer Glanzzeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, eine wichtige Säule des städtischen Lebens. Sie hatten einen festen Platz in der Fasnet, stellen im Kriegsfall viele wehrfähige Männer und waren in etliche kirchliche und weltliche Anlässe fest eingebunden. Dabei gaben sie wohl ein schmuckes Bild ab. Einer Regelung von 1768 zufolge mussten sie bei Hochfesten wie Pfingsten Mantel und Degen tragen, durften sich nicht ohne Handschuhe und Halstuch in der Stadt blicken lassen.

In etwa so könnten die Engelsgesellen ausgesehen haben: Darstellung eines Gesellen in Festtagstracht nach Jost Amann Foto: Publikation

Die Engelsgesellen waren aber nicht immer Stützen der öffentlichen Ordnung. In den städtischen Akten haben sich etliche Vermerke erhalten, wonach Tanzveranstaltungen der Engelsgesellen reglementiert wurden und es immer wieder Querelen gab – etwa einen „Schlaghandel“ zwischen „jungen ledigen Bürgersöhnen“ und zwei auswärtigen Kürschnergesellen, von denen das Ratsprotokoll 1624 berichtet. Im 18. Jahrhundert rumpelte es dann regelmäßig. So wurde den Engelsgesellen 1719 „Hoffart, Halsstarrigkeit und ungehorsamb“ vorgeworfen.

Zeugnisse der Glanzzeit der Engelsgesellen: Ein St. MIchael (links) sowie ein St. Gabriel, die ursprünglich wohl Prozessionsstangen der Engelsgesellschaft krönten. Heute haben sie einen Platz rechts beim Westportal des Heilig-Kreuz-Münsters. Fotos: Publikation (S. Kratt)

Ein trauriger Tiefpunkt ereignete sich, wie Winfried Hecht anschaulich darlegt, 1784: Die Gesellen ließen es sich im „Rössle“ oder „Paradies“ gut gehen. Und waren dabei bis weit nach Mitternacht so laut, dass „kein Nachbar davor Ruhe haben konnte“. In aufgeheizter Stimmung landete anschließend ein zwei Pfund schwerer Backstein in der Stube des Alpirsbacher Pflegers in der Unteren Hauptstraße. Gut beleumundet war die Engelsgesellschaft danach nicht mehr, ihr Ende 1805 kam nicht unerwartet.

Aber die gute Tradition der Gesellenorganisation geriet nicht in Vergessenheit. Stadtpfarrer Georg Martin von Dursch gelang es, einen Katholischen Gesellenverein in Rottweil anzustoßen, der 1885 schließlich Fuß fasste. Und auch mit der Monatsprozession der Zünfte sowie im Narrenengel an der Fasnet lebt noch ein Stück der langen Tradition der Engelsgesellen bis heute weiter.

Info: Die Broschüre ist im Buchhandel für sechs Euro erhältlich. Mitglieder des Rotweiler Geschichts- und Altertumsvereins (GAV) erhalten sie als Jahresgabe 2022.

Das interessiert diese Woche



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Pfingsten liegt genau zwischen den mit prächtigen Prozessionen verbundenen Festen Christi Himmelfahrt und Fronleichnam. Wichtige Protagonisten an diesen Tagen waren lange die sogenannten Engelsgesellen. Ihnen hat Winfried Hecht nun eine Publikation gewidmet.

Als „Engelsgesellschaft“ hat sich in die Rottweiler Stadtgeschichte die Vereinigung eingeschrieben, der jene Handwerksgesellen angehörten, die Söhne von Rottweiler Handwerksmeistern oder von Rottweiler Bürgern waren. Die Bezeichnung führt dabei leicht auf eine falsche Fährte.

Die Bezugnahme auf „Engel“ verweist nämlich nicht auf etwaige hervorragende Charaktereigenschaften oder das Streben um Vorbildlichkeit der Mitglieder. Vielmehr ergab er sich – wie man in der wieder einmal überaus kundigen Schrift von Altstadtarchivar Dr. Winfried Hecht erfährt – weil sich die Sozietät unter den Schutz des Erzengels Michael gestellt hatte.

Das geschah wohl im 15. Jahrhundert – so ganz genau lässt sich es sich den Quellen nicht entnehmen. Im Rottweiler Stadtrecht von 1546 wird die Engelsgesellschaft jedenfalls als etablierte Institution „wie von alter her“ aufgeführt. Hecht zeigt, dass einiges dafür spricht, dass es die Engelsgesellen bereits 1446 gab. Bei einem Brand des Rottenmünsters taten sie sich jedenfalls so tatkräftig hervor, dass die Engelsgesellen bis ins späte 18. Jahrhundert alljährlich im Rottenmünster einen großen Lebkuchen erhielten und in festlichem Zug in die Stadt führten.

Die Engelsgesellen waren, wie Hecht zeigt, vor allem in ihrer Glanzzeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, eine wichtige Säule des städtischen Lebens. Sie hatten einen festen Platz in der Fasnet, stellen im Kriegsfall viele wehrfähige Männer und waren in etliche kirchliche und weltliche Anlässe fest eingebunden. Dabei gaben sie wohl ein schmuckes Bild ab. Einer Regelung von 1768 zufolge mussten sie bei Hochfesten wie Pfingsten Mantel und Degen tragen, durften sich nicht ohne Handschuhe und Halstuch in der Stadt blicken lassen.

In etwa so könnten die Engelsgesellen ausgesehen haben: Darstellung eines Gesellen in Festtagstracht nach Jost Amann Foto: Publikation

Die Engelsgesellen waren aber nicht immer Stützen der öffentlichen Ordnung. In den städtischen Akten haben sich etliche Vermerke erhalten, wonach Tanzveranstaltungen der Engelsgesellen reglementiert wurden und es immer wieder Querelen gab – etwa einen „Schlaghandel“ zwischen „jungen ledigen Bürgersöhnen“ und zwei auswärtigen Kürschnergesellen, von denen das Ratsprotokoll 1624 berichtet. Im 18. Jahrhundert rumpelte es dann regelmäßig. So wurde den Engelsgesellen 1719 „Hoffart, Halsstarrigkeit und ungehorsamb“ vorgeworfen.

Zeugnisse der Glanzzeit der Engelsgesellen: Ein St. MIchael (links) sowie ein St. Gabriel, die ursprünglich wohl Prozessionsstangen der Engelsgesellschaft krönten. Heute haben sie einen Platz rechts beim Westportal des Heilig-Kreuz-Münsters. Fotos: Publikation (S. Kratt)

Ein trauriger Tiefpunkt ereignete sich, wie Winfried Hecht anschaulich darlegt, 1784: Die Gesellen ließen es sich im „Rössle“ oder „Paradies“ gut gehen. Und waren dabei bis weit nach Mitternacht so laut, dass „kein Nachbar davor Ruhe haben konnte“. In aufgeheizter Stimmung landete anschließend ein zwei Pfund schwerer Backstein in der Stube des Alpirsbacher Pflegers in der Unteren Hauptstraße. Gut beleumundet war die Engelsgesellschaft danach nicht mehr, ihr Ende 1805 kam nicht unerwartet.

Aber die gute Tradition der Gesellenorganisation geriet nicht in Vergessenheit. Stadtpfarrer Georg Martin von Dursch gelang es, einen Katholischen Gesellenverein in Rottweil anzustoßen, der 1885 schließlich Fuß fasste. Und auch mit der Monatsprozession der Zünfte sowie im Narrenengel an der Fasnet lebt noch ein Stück der langen Tradition der Engelsgesellen bis heute weiter.

Info: Die Broschüre ist im Buchhandel für sechs Euro erhältlich. Mitglieder des Rotweiler Geschichts- und Altertumsvereins (GAV) erhalten sie als Jahresgabe 2022.

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