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Petition fordert Ende des Rottweiler Verkehrsversuchs

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Mehr als 1000 Unterschriften hat eine Online-Petition zusammenbekommen. Deren Forderung: „Stoppen Sie den Verkehrsversuch 2023 in Rottweil.“

(Rottweil). Eigentlich geht er jetzt in die Zielgerade: der Rottweiler Verkehrsversuch, der den Verkehr in der Innenstadt gleichmäßiger verteilen soll. Zur Erinnerung: die Initiatoren wollen ermitteln, ob ein Einbahnverkehr am Friedrichsplatz in Verbindung mit einem Ringverkehr in der Innenstadt und weiteren verkehrslenkenden Maßnahmen in den Quartieren zu einer spürbaren Entlastung führt. Das erklärte Ziel ist „eine deutliche Steigerung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt“, sagt die Stadtverwaltung. Berechnungen von Verkehrsplanern hätten ergeben, dass mit den nun in Gelb und mit einigen Schildern umgesetzten Maßnahmen eine Entlastung erreicht werden kann.

Protest dagegen gibt es immer wieder.Der Umsatz ist eingebrochen„: Früh schon wehrten sich Einzelhändler gegen die Änderungen. Die Stadt hielt am Versuch fest, besserte aber stellenweise nach. Gegen die Ignoranten unter den Autofahrern, die trotz klarer Beschilderung weiterhin entgegen der Einbahnstraße vom Nägelesgraben zum Friedrichsplatz fahren, kann die Verwaltung wenig tun. Allerdings werden immer wieder Bußgelder verhängt. 50 Euro kostet der Spaß. Apropos: Es scheint manchem Fahrzeuglenker einer zu sein, eine Art Mutprobe, am Kreisverkehr am Kriegsdamm umzudrehen und zurückzucruisen, haben Zeugen beobachtet.

Eine Gruppierung hat sich positiv zu Wort gemeldet: Der ADFC Kreisverband Rottweil und das Team Radkultur bewerten den Verkehrsversuch positiv. Die hiesigen Radfahr-Verbände, also. Es zeige sich, dass Radfahren – besonders mit Kindern – in der näheren Umgebung der Innenstadt und der Innenstadt selbst einiges sicherer geworden sei, heißt es in einer Erklärung. Grund dafür sei, dass sich durch den Versuch das Verkehrsaufkommen dort maßgeblich verringert habe. Es gebe weniger Staus, weswegen man mit dem Fahrrad auch schneller vorankomme. Der Friedrichsplatz mit seiner neuen Markierung sei nun auch für Kinder mit Laufrädern gut geeignet.

Indessen sind aber Radfahrerinnen und -fahrer diejenigen, die manch ausgebremstem Automobilisten die Zornesröte ins Gesicht treiben. Oder manch einer Automobilistin, wie dieser NRWZ-Leserin: „Wenn für Autos 20 km/h gilt, sollte sich der Radfahrer auch dran halten, aber die fahren ja links und rechts an einem vorbei, als gelte für die die STVO nicht“, schreibt sie auf der NRWZ-Facebookseite und erntet viel Zustimmung. „Langsam ist mir das auch zu blöde, dass Radler hier die Narrenfreiheit bekommen und der Autofahrer, wohlgemerkt der, der noch willens ist in der Stadt einzukaufen und nicht der Poser oder Lärmer, durch einseitige Lobby rausgedrängt wird“, ergänzt sie. Auch andere NRWZ-Leserinnen und Lesern schildern ihre (schlechten) Erfahrungen mit Radfahrern. Die bretterten ohnehin entlang, wo sie wollen, Regeln würden für sie nicht gelten.

Dieses allgemeine Gemurre über den Verkehrsversuch mündet jetzt in eine Online-Petition, die seit rund drei Wochen besteht. Mehr als 1000 Menschen haben sie unterzeichnet, forden darin: „Stoppen Sie den Verkehrsversuch 2023 in Rottweil.“ Die Initiatorin hat sich an die NRWZ gewandt und auf ihre Initiative aufmerksam gemacht,

Nachfragen zu ihrer Motivation beantwortet sie wie folgt: 

Die Lebens- und Wohnqualität von meiner Familie und mir hat sich seit Beginn des Verkehrsversuchs stark verschlechtert. Wir wohnen in der Marxstrasse und ertragen diese Vervielfachung des Verkehrs nicht mehr. Der Geruch nach Abgasen und der Lärm der Autos ist kaum auszuhalten. Viele Nachbarn und ich können unsere Fenster kaum noch öffnen. Wir Anwohner der Marxstrasse bitten darum, dass die Sperrungen in der Waldtorstraße und am Friedrichsplatz bald wieder aufgehoben werden.

Im Zuge meiner Erkundigungen fragte ich auch in den Geschäften nach, wie es ihnen mit den Verkehrsveränderungen ergeht. Ich stellte bald fest, dass viele Geschäftsinhaber und Gastronomen laut deren Aussage weniger Kundschaft in den Läden haben als im vorigen Jahr um dieselbe Jahreszeit. Zudem kommen viele Leute aus der Umgebung nicht mehr nach Rottweil zum Einkaufen, da ihnen die Umwege zu umständlich sind und sie dann lieber anderweitig ausweichen.

Eigentlich soll der Verkehrsversuch zum 15. Oktober enden.

Jedenfalls: „Leider bringt die Umsetzung des Verkehrsversuchs in Rottweil viele Nachteile mit sich“, stellt die Petition fest. „Es werden viele Umwege gefahren, somit werden mehr Abgase produziert. Viele Straßen sind höher belastet als vor den Sperrungen. Die Anwohner sind durch vermehrte Abgase und Lärm sehr belastet. Der erhöhte Verkehr wirkt sich negativ auf die Umwelt aus. Wir haben uns in Geschäften erkundigt. Cafés, Kneipen, Bäcker und Blumenläden haben Probleme, da ihnen die Laufkundschaft fehlt. Es schließen Läden in Rottweil. Das macht die Stadt schlechter besucht und unattraktiver. Durch die unglückliche Verkehrsführung kommen weniger Menschen in die Innenstadt.“ Daher die Forderung: „Stoppen Sie den Verkehrsversuch, dessen Weiterführung und heben sie nach dem 15.10.23 alle damit verbundenen Sperrungen auf.“

Darum unterschreiben die Leute:

  • Die Zeit von A nach B hat sich deutlich verlängert und die Wege sind sinnlos verkompliziert worden …“.
  • Und: „Dieser Versuch ist ein totaler Schwachsinn da nun der Verkehr eben durch andere Stadtteile fährt. Hierbei werden Bürger genau wie in der großen Politik verarscht. Diejenigen, die das durchsetzen wollen, meinen, die Bürger merken das nicht , aber weit getäuscht. Denkt mal an die bereist verpflanzten Bäume. Das soll doch ein Versuch sein. Bin mal gespannt was mit den Bäumen passiert, sollte der Versuch sich nicht durchsetzen. Achso ist ja schon beschlossen, oder?“
  • Und: „Ich viel länger benötige um in die Innenstadt zu kommen. Die Straßenführung nach für mich so keinen Sinn! Seit der neuen Straßenführung meide ich es in die Stadt zu gehen und so geht es auch vielen von unseren Nachbarn und Freunden.“
  • Und: „Es den Einzelhandel noch weiter schwächt, die Innenstadt unattraktiv macht und die Durchsetzung unmöglich ist/war.“

Dies sind Stimmen aus Tuttlingen, Villingen-Schwenningen, Dauchingen und Stuttgart.

Die Stadtverwaltung hat unterdessen ihre zweite Umfrage gestartet. Derzeit würden vonseiten der Stadt die Möglichkeiten von Anpassungen der Versuchsanordnung in der Marxstraße und in der Waldtorstraße untersucht. Eine Verkehrsschau mit der Polizei Mitte September soll dazu eine abschließende Bewertung ergeben, sodass noch im Rahmen des Verkehrsversuchs diese Anpassungen getestet werden können.

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)https://www.nrwz.de
... ist seit gut 25 Jahren Journalist. Mehr über ihn hier.

7 Kommentare

  1. Ich bin mit dem Versuch sehr zufrieden, da es Fragen aufwirft. Dadurch entstehen Ideen, Vorschläge, Diskussionen. Es ginge nie um CO2 zu veringern, dafür wäre nötig die Durchfahrt für Autos komplett zu verbieten. Ich finde es „gemütlich“ in der Innenstadt, vor allem am Samstag geniesse ich , dass es weniger Verkehr ist.
    Die Innenstadt in Rottweil stirbt, das ist eine Tatsache. Daher ist es ein Versuch wert der „Versuch“. Dieser sollte mit anderen Massnahmen begleitet werden. Es gibt so viel Leerstand, sowohl Wohnungen als auch Geschäfte. Die schöne alte Fassaden sind nur als „Kulisse“ da, hinter denen kaum Leben statt findet. Die Lokalitäten mit guten bürgerlichen schwäbischen Küche werden immer weniger, wir haben zur Auswahl die internationale Küche, immerhin.
    Ich wünsche den „Täter“ oder besser gesagt „Macher“ des „Versuchs“ gute Nerven! Ein „weiter so“ das kann jeder.

  2. Was für Geisteskranke (anders kann man es kaum sagen) sind das denn beim ADFC? Der Friedrichsplatz sei nun auch für Kinder mit Laufrädern gut geeignet? Das ohnehin mit einem Gefälle versehene Ding, das aus komplett welligem Asphalt besteht und das schon für erwachsene Radler anspruchsvoll ist? Und da drauf wollen diese Typen nun Kinder schicken? Obwohl Kinder gem. StVO NICHTS auf der Straße zu suchen haben?

    Was soll das?

  3. „Gegen die Ignoranten unter den Autofahrern, die trotz klarer Beschilderung weiterhin entgegen der Einbahnstraße vom Nägelesgraben zum Friedrichsplatz fahren, kann die Verwaltung wenig tun.“

    Was soll diese wiederholte Lüge? Die Verwaltung könnte den verwaltungseigenen Enforcement-Trailer aufstellen, der 24/7 das Thema überwacht und ahndet. Aber man WILL nicht.

    Nicht wollen und nicht können sind ein massiver Unterschied. Schade, dass die NRWZ dies durch solche nonchalanten Formulierungen auch noch unterstützt.

      • Klar kann er das. Entweder Beschreibung des Herstellers lesen oder einfach die Praxis beobachten. Hat die Stadt RW ja selber schon mehrfach praktiziert auf „Verbot für Fahrzeuge aller Art ausgenommen Forst- und Landwirtschaft“-Wegen rund um die Stadt. Falls Mitglied in der entsprechenden Gruppe, dann bspw. siehe https://www.facebook.com/groups/182592415123842/posts/5496165713766459/

        Das Anhänger-Gerät kann problemlos nach Fahrzeugart filtern, diese Intelligenz haben die Kameras schon seit Jahren. D.h. es blitzt alles außer Busse. Auch die Vollstationären können seit Jahren ja bspw. LKW-Durchfahrtsverbote entsprechend ahnden, indem sie nur bei entsprechender Fahrzeugform auslösen, in der Region RT völlig üblich.

        Oder es blitzt sicherheitshalber einfach alles und dann löscht der Sachbearbeiter auf dem Amt die 15 Busse pro Stunde manuell wieder raus, auch kein Act.

        Jedenfalls, das Gerät kann das und die Stadt WEISS das. Einfach mal Herrn Pfaff oder Frau Glatthaar damit konfrontieren und schauen wie sie rot werden. Danke. ;-)

  4. Jetzt hat der Bürgermeister den Salat. Die wischi waschi Taktik hat noch nie funktioniert. Er wollte es allen recht machen und keinen verprellen obwohl seine Wiederwahl ja wohl noch Jahre hin ist. So wird das nichts mit dem verkehrsversuch und der radstadt rottweil. Eine Sperrung von hochbrücke bis viadukt und Kreisverkehr hinterprediger. Das wäre ein Verkehrsversuch gewesen der den Namen verdient. Nun sind die Autofahrer Radfahrer und fussgänger allesamt unzufrieden. Zumindest diese Gemeinsamkeit hat der OB rausgearbeitet

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