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„Tief parken. Hoch wohnen. Auf der Erde leben.“ – Visionen für Rottweil von Michael Grimm

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Zu viele Autos in der Stadt, zu wenige Parkplätze. Und fehlende zündende Ideen. Das hat offenbar der Einzelhändler Michael Grimm in Rottweil ausgemacht. In einem Essay entwirft er Visionen. Und kommt zu dem Schluss: „Tief parken. Hoch wohnen. Auf der Erde leben.“ Wir bringen seinen Beitrag im Wortlaut.

Ein Gastbeitrag von Michael Severin Grimm

Was wir bebauen und worauf wir leben. Wir nehmen es von der Natur. Fläche ist wertvoll. Ressourcen müssen geschont werden. Jede Baumaßnahme muss abgewogen werden. Will genau durchdacht sein. Zumal in einem eng besiedelten Land wie Deutschland. Um Fläche zu schonen, oder weil einfach keine mehr da ist, baut der Mensch in die Höhe. Sehr hoch. In Rottweil dürfen wir uns glücklich schätzen, dass unsere Häuser nach einigen Etagen schon wieder gedeckelt sind.

Rottweil benötigt Parkplätze. Wir sind auf längere Zeit ohne eine gute Zugverbindung Nord-Süd. Und ob diese jemals optimal werden wird, ist aus heutiger Sicht schwer zu sagen. Rottweil wird sicher stets das Ziel von Individualverkehr sein. Innerhalb der Stadt muss der ÖPNV ausgebaut werden. Das Ziel: Viele Autos so nahe wie möglich an die Innenstadt heranbringen. Aber die historische Innenstadt so autofrei wie möglich halten. Dies jedoch stößt in Rottweil nicht nur wegen der Topografie an seine Grenzen. Oder es verlangt mehr Visionen und Fantasie als bisher.

Eine Straßenbahn auf der Ebene von Süd nach Nord und durch einen Tunnel beim Stumpp-Gelände über die Marxstrasse wieder zurück nach RW-Süd? „Cable Car“ von der Au bis zum Hochturm?

Die Innenstadt soll verkehrsberuhigter werden. Autofrei? Auch die Anwohner in den Quartieren sollen laut Stadt nicht mehr dort parken, wenn sie keine Garage haben? Diesen Bürger:innen muss man wohnortnah Parkmöglichkeiten anbieten. Für Lorenz-, Münster- und Waldtorort kommt der Nägelesgraben infrage. Dorthin soll aber auch der Zentrale Umsteigepunkt für Busse kommen. Und auch die Busse der Besucher unserer Stadt werden hier zumindest halten, um diese aus- und einsteigen zu lassen. Besucher, die über die geplante Hängebrücke auf die Stadt zulaufen, sehen zuerst eine rote Wand aus Bussen und einen großen Parkplatz, statt einer einladenden Parklandschaft? Eine attraktive und für die Menschen großartige Fläche würde parkenden Autos und Bussen geopfert. So wird wertvolle Fläche für den Menschen entwertet. Urbanes Leben wird von hier verdrängt.

Andere Kommunen „schieben“ benötigte Parkflächen unter ihre Stadt. Unter Häuser, Parks und Plätze. Ulm, Lahr, Ravensburg,….Mit teilweise enormen Kosten und großem Aufwand. Ein großes Geschenk, wenn man unbebaute Fläche mitten in einer Stadt hat. Man kann diese doppelt nutzen. Fläche und Ressourcen werden geschont und eingespart.

Nägelesgraben: Hier haben sich die Rottweiler Bürgerinnen und Bürger erfolgreich gegen ein Parkhaus gewehrt. Meine mehrfach angeregte Lösung einer Tiefgarage wird nicht ernsthaft verfolgt. Zu wenig Zeit. Zu teuer. So das selbst beruhigende Mantra der Verantwortlichen.

Zu wenig Zeit? Ist die Landesgartenschau das Ende aller Planungen? Eine „Deadline“? Rottweil soll durch die Landesgartenschau doch erst richtig „lebig gmacht“ werden. Und soll danach sicher nicht „dead“ sein. Die Rottweiler Geschichte dreht sich auch nach der Landesgartenschau weiter. Wurden zwei, drei oder mehr Jahre verschenkt, weil man sich nur auf die Sackgasse Parkhaus konzentriert hat?

Zu teuer? Wurden überhaupt schon Bodenuntersuchungen vorgenommen? Der Nägeles- ist ein aufgeschütteter Graben. Gespräche mit diversen Tiefbaufirmen lassen auf nicht oder kaum belastetes Aufschüttmaterial schließen. Wie kann man so über Kosten spekulieren? Auch wenn eine Tiefgarage doppelt so teuer wäre. Auf lange Sicht? Nicht erst die nächste Generation wird uns diese Investition sicher danken. Die Fläche über den Fahrzeugen lässt sich erneut nutzen. Für einen Park, Skulpturengarten oder teilweise sogar für den Bau von Wohnungen, was wiederum Geld bringen würde, wenn man schon versucht, die Tiefgarage mit monetären Argumenten zu verhindern. Lebensraum! Wertvolle Fläche für die Menschen. Nicht für Autos.

Und man muss so planen, dass man in fernerer Zukunft eventuell nicht mehr benötigte unterirdische Parkfläche alternativ nutzen könnte. Einen tollen Club für unsere Jugend, eine Einkaufgalerie mit teilweise Öffnung der Decke, ein Museum, eine Bowlingbahn, … Es wird mehr Ideen als Fläche geben.

Wer die Möglichkeit hat, in einer Stadt Fläche doppelt zu nutzen, hat eigentlich keine Alternative. Man muss es tun.

Eine Stadt sollte nach oben keinen „Wohnraum“ für Autos mehr bauen. Man baut Wohnraum für Menschen.

So wie es hier möglich und sinnvoll wäre: Groß’sche Wiese: Eine freie Fläche. Diese darf nicht nur wegen Autos bebaut werden. Diese gehören nach unten. Darüber könnten Stadtbau oder Siedlungswerk für günstigeren Wohnraum sorgen. Mitten in der Stadt. Die Fläche wäre doppelt genutzt. Mit Solar auf dem Dach sogar 3-fach. An dieser Stelle nur ein Parkhaus zu bauen, ist aus meiner Sicht weder effizient noch sinnvoll.

Tief parken. Hoch wohnen. Auf der Erde leben.

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8 Kommentare

  1. Was mir auffällt, dass immer von viel von zu wenig Parkplätzen in Rottweil geredet wird, aber andererseits der Kapuziner Parkplatz für auswärtige gar nicht mehr erreichbar ist und auch die Parkplätze an der alten Feuerwehr und hinter der Weinstube Grimm nur noch schwer und kompliziert anfahrbar sind. Und dann steht da noch ein Boot in der unteren Hauptstraße auf Parkplätzen, wahrscheinlich, weil Rottweil so schön an einem See liegt, aber das Boot hat ja eine andere Bedeutung. 

    Auch ich habe eine nachhaltige Vision, die über die Landesgartenschau hinaus geht. Attraktiv wäre es, die Bahnhofstraße ab der Villa Duttenhofer bis zum Bahnhof komplett zu sperren – der Bahnhof ist nach wie vor über die Eisenbahnstraße gut zu erreichen – und auf der Bahnhofstraße selbstfahrende Shuttles vom Bahnhof bis zur Duttenhofer Villa einzurichten. Nach dem Motto: „ die älteste Stadt Baden-Württembergs „ mit einer innovativen Verkehrsinfrastruktur! Dann kämen endlich alle bequem den Buckel rauf in die Stadt. Dazu ließen sich im Rahmen des Gartenschauprojekts sicher auch zusätzliche Gelder akquirieren. 

    Dass nach 20 Jahren immer noch kein zusätzlicher Parkraum an der „Großen Wiese“ geschaffen wurde ist ein Trauerspiel. Damals war die Idee von Erwin Grimm und mir eine einfache, einstöckige Stahlkonstruktion über dem jetzigen Parkplatz, mit Zu- und Abfahrt in die Kaiserstrasse zu errichten und so die Parkplätze bei überschaubaren Kosten nahezu zu verdoppeln.

  2. Absolut richtig was Herr Grimm dort sagt,
    investionen in Infrastruktur sind nie zu teuer!
    eine Untertunnelung Rottweils so wie ein angeschlossenes Parkhaus und eine Verlegung der Umgehungsstraße ist das einzige was Rottweil Zukunftsfähig halten kann.

    • Wie wäre es Rottweil einfach Platz zu machen und dann Grimmweil zu bauen? Dort ist alles besser und Probleme gibt es dann auch nicht ….

  3. Aha Visionen …. Wer schreibt da? Ach jener der einen Fußweg entwidmen ließ damit er ihn Überbrauen könnte … Ach ja. So lang es um einen selbst geht ist die Allgemeinheit egal …..

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