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„„Wir planen mit Ärzten““, Veröffentlicht: Dienstag, 12. Juli 2022, 23.45 Uhr

„Wir planen mit Ärzten“

In der Rottweiler Königstraße hat der Abriss von Gebäuden begonnen, die einem großen Ärztehaus Platz machen werden. Richtig gelesen: Was bis vor ein paar Tagen öffentlich noch als Ärzte- und Wohnhaus galt, wird nach neuestem Stand voraussichtlich keine Wohnungen beherbergen. Die entstehen anderswo, unter gleicher Trägerschaft.

Als Erstes fiel „Zum Engel“. Die alteingesessene Imbissbude, die anscheinend Hals über Kopf verlassen und dann über viele Monate des Leerstands verwüstet worden war. Die NRWZ berichtete. Ein Bagger machte sich am Dienstagmorgen über die Bude her. Sie hatte ihm nichts entgegenzusetzen, ihre Bestandteile lagen kurz darauf fein säuberlich aufgestapelt neben Haus Königstraße 17. Auch dieses Gebäude fällt. „Das lässt uns nicht kalt“, sagt Harald Sailer, einer der beiden Bauherren. Er ist mit seinem Bruder Norman da, beide nutzen den Vor-Ort-Termin mit der NRWZ, um ihre Hunde Gassi zu führen. Camillo und Maikky, gefällt’s.

Baggerbiss an Haus Nummer 17. Foto: gg

Sailers Wurzel

Warum sie, also die Gebrüder Sailer, der bevorstehende Abriss von Nummer 17 nicht kaltlässt: „Ursprünglich war dies das Stammhaus von Sailer Immobilien“, so Harald Sailer, Ende der 60-er Jahre sei es in den Familienbesitz gekommen, bereits auf Abriss gekauft. Der sich dann ganz offensichtlich reichlich verzögert habe, ergänzt Norman Sailer lachend. Die Familie, inzwischen die Brüder, habe das Haus durchgehend bewirtschaftet, teils selbst bewohnt, die Beiden verbinden Erinnerungen damit. An Gärten hinten raus, etwa. Zuvor soll es auch welche vorne hinaus gegeben haben, dort bis zur Königstraße hin. An seine Zeit als Bürgerhaus. Und sie verknüpfen damit lange Gespräche – etwa auch mit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks, der jetzt, vor zwei Jahren, an sie verkauft, und damit den Weg für einen großen Neubau freigemacht hat.

Was jetzt dort kommt: eine „zeitgemäße Entwicklung“, so die Sailers. Die sei im Bestandsgebäude nicht möglich. „Es ist innen schwer zu erschließen“, so Norman Sailer, weise Halbstockwerke auf, viele Treppen.

Der Morgen des Abrisses.
Die Abrissarbeiten für ein neues Ärztehaus in der Königstraße in Rottweil haben begonnen. Foto: gg

1200 neue Quadratmeter, fünf Millionen Euro

Nun planen sie – entsprechend ihrer Kernkompetenz, wie Harald Sailer anfügt – einen 1200 Quadratmeter umfassenden Neubau. Und diesen höchstwahrscheinlich nur für Ärztinnen und Ärzte. Allein das Dachgeschoss könnte noch Wohnung werden, so der aktuelle Stand, aber das ist längst nicht mehr gewiss. Denn auch für eine Praxis unter dem Dach gebe es einen Bedarf. Wie es einen großen Bedarf an Ärzten in der Stadt gebe. Zumal an so einem zentralen Standort, die beiden verweisen auf die nahen Parkplätze und die gute Busanbindung mit Haltestellen direkt vor dem Haus.  

Die Königstraße Nummer 19 ist bereits ein Ärztehaus mit 800 Quadratmetern Fläche. Und es beherbergt eine Apotheke. Das neue Gebäude soll sich direkt daran anschließen, der bestehende Glasaufzug fällt dem Umbau zum Opfer (natürlich kommt ein neuer Aufzug, der auch Liegendtransporte ermöglicht). Es soll aber kein großer, mächtiger Baukörper entstehen, „kein Riesenhaus“, so die Bauherren. „Sondern ein Haus in typischer Königstraßen-Manier“, sagt Harald Sailer. Mit drei voneinander abgesetzten Einzelgebäuden.

Künftige Ärzte namentlich bekannt

Die Bausumme: fünf Millionen Euro. Sie ist schon deutlich gestiegen. Die Fertigstellung des Gebäudes ist für übernächstes Jahr geplant. Ende 2024 könnte also der erste Patient, die erste Patientin darin behandelt werden.

Von wem? Das wissen die beiden Bauherren, sagen es aber nicht. „Wir planen mit Ärzten“, erklären sie, wüssten also bereits, wer einziehen werde. Die Namen seien aber noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Manch einem Vermieter einer Praxis steht da wohl Veränderung ins Haus. Doch sollen die Ärzte nicht nur aus Rottweil kommen, also in einen Neubau umsiedeln. „Rottweil hat dann mehr Ärzte“, verspricht Harald Sailer.

Gerade ohnehin allgemeines Thema: das Heizen im Winter. Für den Neubau ist eine große Pelletheizanlage geplant. „Das war mir ein Herzenswunsch“, sagt Norman Sailer, im Team der Techniker. Die sei ökologisch sinnvoll und effizient, ergänzt sein Bruder. Die Zentralheizung, die nur für Spitzenlasten Gas benötigt, soll das Sailersche Hotel in direkter Nachbarschaft, ein ihnen gehörendes Mehrfamilienhaus gleich daneben und eben den Neubau samt bestehender Apotheke versorgen. Das Quartier, wie sie es nennen.

Zu diesem Quartier werden auch 50 Parkplätze gehören, die im Rücken des Neubaus, Richtung Ruhe-Christi-Straße angeordnet sind. Das werde eine Hofanlage, teils überdacht, teils begrünt.

Warum Praxen? Warum nicht Wohnungen?

Aber noch mal zurück: Ursprünglich, und das kommunizieren sie auch online, haben die Sailers ein Ärzte- und Wohnhaus geplant. Warum jetzt eventuell keine Wohnungen mehr an der Königstraße? Verdient man mit Arztpraxen etwa mehr? „Das kommt sich gleich“, sagt Norman Sailer. Er sinniert, dass mit Wohnungen dasselbe zu verdienen sei. Aber: „Es hat sich ergeben, dass der Bedarf an Praxisflächen so groß ist, dass wir keine Wohnungen mehr entstehen lassen“, so Harald Sailer.  Es sei eben das richtige Konzept für die Königstraße.

14 Mietwohnungen in Sailerscher Trägerschaft – und ein Wohn- und Ärztehaus

Wohnungen oder Praxen: „Wir laufen mit dem einen wie dem anderen die Türen ein“, so Harald Sailer. Deshalb planen die beiden parallel weitere Projekte: 14 Mietwohnungen zwischen Rottweil und Göllsdorf, zum einen. Und zwar tatsächlich Miet-, nicht Eigentumswohnungen. Eine Immobilienfirma mit Norman Sailer als Geschäftsführer wird dort als direkter Vermieter auftreten.

Außerdem soll ein Ärzte- und Wohnhaus direkt an der Helios-Klinik in Rottweil kommen. Baustart dort könnte 2025 sein, sagen sie. Bis dahin sei aber noch viel zu tun, sagt Harald Sailer: „Bebauungsplan und Tod und Teufel“, und alles abgestimmt mit dem Bedarf der Klinik.

Lächelnd sagen die beiden das, jonglieren mit Millionen und mehreren Projekten. Weit in die Zukunft gerichtet. In der Gegenwart warten andere Bedürfnisse: Jagdhund Maikky hat den Herren jetzt lange genug gelauscht, signalisiert er, und zieht sein Herrchen in den nahen Park. Wasserhund Camillo dagegen hat sich schon erleichtert. Und trabt nun fröhlich mit seinem Herrchen zum Mittagessen. In die nahe Markthalle. Wo heute die Imbisse zu finden sind, wenn schon nicht mehr direkt an der Königstraße.

 

 

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