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Coronavirus: Zeit gewinnen ist das Ziel

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Am Nachmittag hat der neu eingerichtete Verwaltungsstab über „alle notwendigen und angemessenen Maßnahmen“ beraten, die die Stadt wegen des neuartigen Krankheitserregers Covid 19 ergreifen muss.  Mit dabei war auch Dr. Jürgen Winter als OB Stellvertreter und Mediziner. Eisenlohr betonte: Es geht nicht darum, neue Infektionen zu vermeiden, das wird nicht mehr gehen. Es geht darum, die große Welle der Infektionen in die etwas wärmere Jahreszeit zu verschieben.“ Der Grund: derzeit sind viele Klinikbetten von Patienten mit Grippe/ Influenza belegt. Wenn diese geheilt entlassen werden können, werden Corona-Patienten  leichter behandelt werden können. „Dann wäre das Gesundheitswesen nicht mehr so stark durch Influenza-Patienten belastet“, so die von Eisenlohr geäußerte Hoffnung.

Sie wünsche sich, dass „eine gewisse Ruhe bleibt“, sagte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr am Ende eines Pressegesprächs zum Coronavirus. „Panik hat uns noch nie geholfen.“ Zuvor hatte sie  die Allgemeinverfügung erläutert, die die Stadt kurz zuvor erlassen hatte (wir haben berichtet).

Bis Ende der Osterferien herrscht Ruhe – vorerst

Das Versammlungsverbot und alle anderen Regelungen gelten vorerst bis Ende der Osterferien, also dem 19. April. Allerdings wisse niemand, ob dies ausreichen werde. „Bei neuen Erkenntnissen werden wir die Verfügung weiter entwickeln.“

Anschlag an der Rathaustür.

Für Risikogruppen, also Menschen mit anderen Erkrankungen und älteren Menschen gelte, dass diese sich gut überlegen sollten, ob sie zu Veranstaltungen mit weniger als 100 Menschen gehen oder ob das für sie nicht verzichtbar sei. Da gelte die Eigenverantwortung.

Wenn ab Dienstag die Schulen und Kindertagesstätten geschlossen würden, werde die Stadt ihren Mitarbeitern frei stellen, zu Hause zu bleiben, wenn sie keine Kinderbetreuung organisieren können. „Die städtischen Ämter sollen aber alle offen bleiben.“ Die Stadt arbeite mit Hochdruck daran, eine Notbetreuung für Kinder von Eltern zu organisieren,  die zum „systemrelevanten Personal“ gehören. Gemeint seien beispielsweise Mediziner und Pflegepersonal, so Eisenlohr.

Die Sportstätten blieben geöffnet. Die Vereine seien in der Pflicht, selbst zu entscheiden, so Eisenlohr. Abgesagt seien inzwischen aber alle Turniere. Geöffnet bleibe vorerst das Hallenbad „Badschnass“. Laut Dr. Winter gebe es Untersuchungen wonach die Ansteckungsgefahr im Wasser odereinem Hallenbad eher geringer als beim einkaufen sei. Deshalb lasse man das Hallenbad vorerst noch offen.

Die Kirchen seien aufgefordert, ebenfalls keine Versammlungen von mehr als 100 Menschen abzuhalten. Die Freitagsgebete in den Moscheen seinen untersagt. Das sei in Absprache mit DITIB geschehen, erläuterte Eisenlohr. Beim Freitagsgebet seien die Menschen doch sehr nah im Kontakt zueinander und die Räume oft sehr eng.

Ansteckungsanlässe vermeiden und Zeit gewinnen

Ein ums andere Mal betonte Eisenlohr, man könne eine Ansteckung mit Covid 19 nicht verhindern, es gelte aber „ große Ansteckungsanlässe zu vermeiden“. Andererseits  blieben die Geschäfte  und auch der Wochenmarkt geöffnet. Letzterer weil er unter freiem Himmel stattfindet und zur Versorgung der Bevölkerung dient.

Offen ist noch, wie die Busse verkehren werden, wenn die Schulen geschlossen sind. Amr Montag sei noch ganz normaler Betrieb, da werde man  eine Lösung für den Busverkehr erarbeiten. Offen – und auch nicht Thema der Stadt – ist, wie die Schülerinnen und Schüler in der Zeit zu Hause unterrichtet werden und wie sie auf die anstehenden Prüfungen vorbereitet werden.

Gefragt, weshalb  man die Zahl 100 als Grenze gewählt habe, meinte Eisenlohr, das hänge auch von der Größe einer Stadt ab. Wie lange die Schutzmaßnahmen aufrecht erhalten bleiben, sei nicht vorher zu sagen, so Winter. „Wir haben da keine Erfahrung, und was auch China an Informationen kommt, ist nicht immer verwertbar.“ Zahlen über Erkrankte beziehen sich dort oft auf diejenigen, die in Krankenhäusern behandelt wurden. Die vielen, die  sich zu Hause selbst auskuriert haben, seien oft gar nicht erfasst. „Wir müssen versuchen, Zeit zu gewinnen“, betonte auch Dr. Winter. „Wir haben keine Sicherheit, dass irgendwelche Vorhersagen auch eintreffen.“

Achim Ringwald.      Fotos: him

Achim Ringwald, der die sozialen Medien für die Stadt betreut, findet, es sei „überraschend ruhig auf Facebook“. Es gebe keine extremen Reaktionen und bisher niemand, der die getroffenen Maßnahmen in Frage stelle. Auch Eisenlohr hat „viel Normalität“ beobachtet. „Ich spüre sogar eine gewisse Leichtigkeit.“

Die Menschen grüßen sich tatsächlich anders und oft mit einem Lächeln. So hat Corona auch sein Gutes.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.