Altes Pfarrhaus Waldmössingen: Lösung gefunden?

Protokoll veröffentlicht / Streit zwischen OBin und Ortsvorsteher

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Zu einer lebhaften Debatte kam es im Waldmössinger Ortschaftsrat wegen der Unterbringung von geflüchteten Menschen im alten Pfarrhaus. Schließlich stimmte der Ortschaftsrat doch mehrheitlich für den Vorschlag, in den kommenden sieben bis zehn Jahren dort Geflüchtete unterzubringen.

Schramberg. Der Ortschaftsrat wollte eigentlich, dass dort die Vereine Platz bekommen. Die Stadt, die das Gebäude auf Wunsch des Ortschaftsrats gekauft hatte, hatte aber die Unterbringung von etwa einem Dutzend Geflüchteter beschlossen. Dabei hat sich der Rat auf den Grundsatzbeschluss berufen, dass Geflüchtete verstärkt auch in den Ortsteilen außerhalb der Talstadt untergebracht werden sollen.

Debatte im Ortschaftsrat

Im März hat sich dann der Ortschaftsrat mit den Vereinen über die Lage beraten. Dabei ergab sich der Raumbedarf für einige Vereine, allerdings sahen sich die Vereine „außer Stande mit eigenen Mitteln die Räumlichkeiten des Alten Pfarrhauses für eine Vereinsnutzung herzurichten“, wie es im Protokoll für die Ortschaftsratssitzung vom 12. Mai heißt.

Gleichzeitig hatte der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats klargestellt, es werde lediglich etwa 57.000 Euro für die Unterbringung Geflüchteter in das Gebäude investiert, nicht für Vereinszwecke. Außerdem hatte der Ausschuss zur Bedingung gemacht, dass die Ortschaft andere Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete bereitstellt, sollten die Vereine ins alte Pfarrhaus einziehen.

In der Ortschaftsratssitzung hat Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr zwei Änderungswünsche am Beschlussvorschlag. Sie wies darauf hin, dass „normalerweise … abgestimmte Beschlussvorschläge in die Gremien“ eingebracht würden. (Aber Waldmössingen ist eben nicht normal.)

Waldmössinger Wunschliste

Im Beschlussvorschlag des geschäftsführenden Ortsvorstehers Reiner Ullrich heißt es, es sollten „vorrangig Familien und ältere Menschen im Pfarrhaus untergebracht werden“. Das sei zwar in Ordnung, die Stadt könne es aber nicht garantieren. “Wir können es uns nicht aussuchen, welche Menschen kommen.“

Am Schluss wollte der geschäftsführende Ortsvorsteher erreichen, dass die Stadt die Kosten für einen Umbau der Heizung im Keller übernimmt. Eisenlohr verwies auf die schlechte Haushaltslage. Auch wisse die Verwaltung nicht, mit welchen Kosten da zu rechnen sei, da die Hochbauabteilung damit nicht befasst gewesen sei.

Eisenlohr conra Ullrich

Ortsvorsteher Ullrich wollte Eisenlohrs Wünsche als Änderungsantrag zur Abstimmung stellen, was Eisenlohr laut Protokoll „albern“ fand. Ullrich wies sie zurecht, eine Abänderung eines Beschlussvorschlags sei ein Änderungsantrag, und über den müsse der Ortschaftsrat abstimmen.

In der Sitzung ging es dann um die Heizung im Keller, die erforderlich sei, damit die Vereine ihre Sachen dort lagern können.

Ortschaftsrat Lorenz Risch beklagte mangelnde Kommunikation, die Bevölkerung sei nicht genügend einbezogen worden. Ohne massive Umbauten, die statisch gar nicht machbar seien, könne man das Gebäude für die Vereine nicht nutzen. „Entweder steht das Pfarrhaus die nächsten zehn Jahre leer oder man nutzt es sinnvoll für Leute, die es brauchen.“

Weiter ging es um einen Öltank, den man entfernen sollte. Der Vereinsring sei davon ausgegangen die 57.000 Euro seien für kleinere Reparaturen gedacht, meinte Martin Kieninger.

Ullrich erklärte, bei der Infrastruktur des Gebäudes müsse man sich fragen, ob das nicht Sache des Eigentümers, sprich der Stadt, sei. Er erkläre nochmals, die 57.000 Euro seien für die Flüchtlingsunterbringung. Eisenlohr verwies darauf, das sei eine grob geschätzte Summe und die sei zweckgebunden.

Flüchtlingsunterbringung war Idee des Ortschaftsrats

Sie erinnerte daran, dass die Idee der Flüchtlingsunterbringung beim Kauf des Gebäudes vom Ortschaftsrat gekommen war. „Durch die Mieteinnahmen würde sich der Kauf refinanzieren.“ Die Kritik an mangelnder Kommunikation konterte Eisenlohr mit dem Hinweis, sie wäre „gern bei der Besprechung des Vereinsrings dabei gewesen aber vom Ortschaftsrat war gewünscht, dass niemand von der Verwaltung dabei ist und das fand ich schade.“ Angesichts der schwierigen Haushaltslage stellte sie fest sie dürfe „kein weiteres Hochbauprojekt nach Schramberg bringen“.

Ortsvorsteher Ullrich nannte diesen Hinweis „interessant“. Sie dürfe das sagen, gab Eisenlohr zurück.

Zur Frage der Auswahl von Geflüchteten meinte Oberbürgermeisterin Eisenlohr, der Landkreis weise der Stadt die Menschen zu, die sie dann unterbringen müsse. Sie verwies darauf, dass in Tennenbronn einige Männer aus Afrika in einer Unterkunft des Landkreises lebten.

St. Florian – der Waldmössinger Ortsheilige?

Ein anderer Ortschaftsrat wollte wissen, weshalb die Stadt nicht die Gebäude beim Meierhof saniert habe. Das sei ein anderes Thema, das im Rat diskutiert werde, erwiderte Eisenlohr. Sie sei gegen den Kauf des alten Pfarrhauses gewesen, den der Ortschaftsrat beschlossen habe. „Jetzt haben wir es im Besitz und müssen schauen, wie das Pfarrhaus sinnvoll genutzt werden kann.“ Die Flüchtlingsunterbringung sei Pflicht der Stadt und der Rat habe beschlossen, die Menschen dezentral unterzubringen.

Ullrich meinte, jeder Stadtteil habe sich beteiligt. In Waldmössingen lebten Flüchtlinge nicht nur in städtischen Gebäuden.

Ungleiche Verteilung der Geflüchteten in Schramberg. Daten von Ende 2023. Archiv-Foto: him

Deckel drauf

Ortschaftsrat Adrian Schmid erklärte, hätte die Stadt das Gebäude nicht gekauft, sondern ein Privater oder der Landkreis, dann hätte der Ortschaftsrat gar nichts mehr zu sagen. Man sollte „einen Deckel drauf machen“, die Kellerräume für die Vereine nutzbar machen und den Beschlussvorschlag ohne die von Eisenlohr gewünschten Änderungen beschließen.

Schließlich meldete sich Ortschaftsrätin Caroline Heizmann und wollte das Thema nochmals vertagt wissen. Bei vier ja und sechs Nein stimmen votierte der Ortschaftsrat dagegen. Den fünfteiligen Beschlussvorschlag beschloss der Ortschaftrat dann bei acht Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen.

Beschlussvorschlag

1. Aufgrund des Besprechungsergebnisses des Ortschaftsrates mit dem Vereinsring am 19.03.2025, beschließt der Ortschaftsrat, dass das Alte Pfarrhaus zunächst für eine Flüchtlingsunterbringung durch die Stadtverwaltung genutzt werden soll. Dies soll für einen Zeitraum von 7-10 Jahren erfolgen.

2. Nach 5 Jahren der Nutzung soll den Vereinen die Möglichkeit eingeräumt werden, ein Nutzungs- und Umsetzungskonzept durch die Vereine zu entwickeln.

3. Die Nutzung des Alten Pfarrhauses durch die Stadtverwaltung steht unter dem Vorbehalt, dass das Feuerwehrgerätehaus für die Nutzung der Vereine weiterhin zur Verfügung steht.

4. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen im Alten Pfarrhaus soll durch die Stadtverwaltung darauf geachtet werden, vorrangig Familien oder ältere Menschen dort unterzubringen.

5. Die unteren Keller- und Lagerräume sollen den Vereinen zur Nutzung überlassen werden. Eventuelle Kosten für Umbau, Rückbau und Beheizung müssen von der Stadtverwaltung übernommen werden. Nach 5 Jahren der Nutzung soll dies überprüft werden.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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