Halle Sulgen: Bald wieder geöffnet?

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Halb so wild – so könnte man das Ergebnis eines Gutachtens zum Zustand der Halle in Sulgen zusammenfassen Thomas Müller von der Abteilung Hochbau hat es am Donnerstagabend im Verwaltungsausschuss vorgestellt. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr kassierte für das Vorgehen der Verwaltung bei der Hallenschließung Ende März heftige Vorwürfe von allen drei Gemeinderatsfraktionen.

Schramberg. „Überstürzt“ habe sie gehandelt, lautete noch einer der milderen Vorwürfe von CDU-Sprecher Thomas Brantner. „Irritiert“ war die Sprecherin von SPD-Buntspecht Tanja Witkowski über das Vorgehen der Verwaltung. Ralf Rückert (Freie/Neue Liste) sprach im Zusammenhang mit der Schließentscheidung am 24. März von einem „komplett überstürzten und überzogenen Verhalten“.

Wir erinnern uns: am 23. März hatte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr angeordnet, dass die Sulgener Turn- und Festhalle sofort für alle Veranstaltungen gesperrt werde, weil es Probleme mit dem Brandschutz und der Deckenstatik gebe.

Eisenlohr berief sich auf ein plötzlich aufgetauchtes Papier aus dem Jahr 2018, in dem Mängel in diesen Bereichen erwähnt würden.

Damals beauftragte die Stadt ein Rottweiler Büro damit, die Halle zu prüfen und Hinweise zu geben, welche Maßnahmen erforderlich wären, um sie weiter betreiben zu können. Dieses Gutachten war am Mittwoch bei der Stadt eingegangen. Dass dieses Gutachten auf der Ratsinformationsseite nachzulesen sei, hätten die Gemeinderätinnen und -räte erst eine halbe Stunde vor der Donnerstagssitzung erfahren, ärgerte sich Brantner.

Der Berg kreißte – und gebar eine Maus

Zu Beginn des Tagesordnungspunktes hatte sich Eisenlohr über das Interesse gefreut, das das Thema auslöse. Sie wisse um die Bedeutung der Halle „für den zweitgrößten Stadtteil“. Der Vereinsring Sulgen war mit etlichen Vertretern im Publikum vertreten.

Gutachten vorgestellt

Der kommissarische Leiter der Abteilung Hochbau Thomas Müller berichtete anschließend von den ersten Ergebnissen des Gutachterteams, nachdem er zuvor nochmals die lange Vorgeschichte hatte Revue passieren lassen. Bevor er die Katze aus dem Sack ließ, wies er noch auf zwei offene Fragen hin: Bleibt der Bestandsschutz erhalten, wenn die Deckenbeleuchtung der Halle ausgetauscht wird? Was ist mit der Ballwurfsicherheit und der Elektrik?

Sieben-Punkte-Plan. Foto: him

Dann kam er zu dem Gutachten, das feststellt, dass das Tragwerk fürs Dach bleiben könne, wenn der Brandschutz verbessert wird. Das Büro Kund Decker hat sieben Punkte aufgelistet, die für den Brandschutz erforderlich wären.

Das reichte von zwei zusätzlichen oder ausgeweiteten Rettungswegen auf der Nordseite der Halle über bessere Rettungswege an der Ostseite, zusätzliche Brandmelder in Nebenräumen und einen Anschluss des Dachraums an die Brandmeldeanlage bis hin zu einem Brandschutzfenster F30 in der Damenumkleide und einen Austausch der Oberlichter gegen eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage.

Thomas Müller. Foto: him

Weiterbetrieb möglich

Fazit der Gutachter: „Der Weiterbetrieb kann akzeptiert werden, wenn die Brandschutzmaßnahmen umgesetzt werden.“ Die Stadtverwaltung wolle wegen der Eingriffe in den Bestand eine Schadstoffprüfung beauftragen und bis zur Sommerpause einen Maßnahmenplan vorlegen, so Müller. Ein Zeitplan und eine Kostenschätzung könne er noch nicht vorlegen.

Wenn diese Maßnahmen umgesetzt seien, könne man auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2021 über die Zukunft der Halle beraten. „Das Ziel ist eine tragfähige Lösung für die kommenden Jahrzehnte.“

Eisenlohr fand, „wir können recht froh sein, dass der Bestandsschutz gilt“. Nach Umsetzung der sieben Punkte hoffe sie, dass man die Halle schnell wieder nutzen könne.

Brantner: Scharfe Kritik an Eisenlohr

Thomas Brantner beklagte, dass entgegen einer Absprache im Ältestenrat die Ratsmitglieder das Gutachten erst eine halbe Stunde vor der Sitzung gekommen hätten. Seine Fraktion und die anderen Fraktionen hätten den Schließungsbeschluss am 23. März als überstürzt angesehen. Die Verwaltung hätte damals schon mit den Verantwortlichen von früher sprechen sollen. Die Schließung sei „nicht sachgerecht“ gewesen.

Er als Rat habe damals von den Vereinen „den Rost runter bekommen“. Es sei auch unmöglich, dass die Vereine zunächst ihre Sachen nicht aus der Halle holen – und später nicht dorthin zurückbringen durften. Er beklagte auch, dass der zuständige Fachbereichsleiter Recht und Sicherheit nicht anwesend war. Später nannte er den Austausch der Schlösser einen „Vertrauensbruch gegenüber den Vereinen“. Brantner appellierte an die Verwaltung, die Notlage der Vereine zu erkennen und nicht erst umfangreiche Schadstoffuntersuchungen anzustellen. Auch bei der Ausschreibung solle man schleunigst vorankommen.

Er wollte wissen, ob auch ohne die Ausweitung der Fluchtwege kleinere Gruppen die Halle nutzen könnten. Dann wäre wenigstens der Schulsport schneller wieder möglich. Brantner schloss: „Wir waren bestürzt, wie dieser Sachverhalt behandelt wurde.“

Kiolbassa: „Hohe Priorität“

Eisenlohr fand die Vorwürfe „in Teilen ungerecht“. Zu einzelnen Dingen sprach sie von „doofen Aktionen“. Zur Vergabe meinte sie die Verwaltung werde alles ausloten, was möglich sei. Die Schließung begründete sie mit „Gefahr im Verzug“ und ihrer persönlichen Haftung.

Müller erläuterte, man sei zur Schadstoffuntersuchung verpflichtet, auch wegen der Sicherheit der Handwerker. Die Frage der Zugänge und kleinerer Gruppen wolle er prüfen. Allerdings werde die Halle ohne die Umsetzung der anderen Dinge geschlossen bleiben.

Diskussionsbedarf. Foto: him

Lara Kiolbassa (SPD-Buntspecht) fand, die Wiederöffnung der Halle müsse „hohe Priorität“ haben. Andere Hallen seien für die Vereine weit weg, die Geräte müssten hin und her gebracht werden. Wegen der Schadstoffbelastung hakte sie ebenfalls nach.

Müller betonte, nur da, wo Wände wegen der Fluchtwege geöffnet würden, werde man auf Schadstoffe prüfen. Ziel sei, die Halle ab Oktober wieder öffnen zu können.

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) fand die Beschlussvorschläge „zu vage“. Sie möchte konkretere Angaben, wann ausgeschrieben und umgesetzt wird. Sie sei irritiert, dass das Gutachten von 2018, das zur Schließung geführt habe, nicht beigefügt sei.

Eisenlohr sagte zu, dass bis zur nächsten Gemeinderatssitzung im Juni genaueres wie auch die Kosten vorgelegt werden könne. Dann werde man auch sehen, inwieweit die Arbeiten ausgeschrieben werden müssen.

Bei dem Papier von 2018 handle es sich nicht um ein Gutachten, so Müller, sondern nur um eine Stellungnahme eines Ingenieurbüros, in dem kein Maßnahmenkatalog drinstehe. „Aber zur Schließung hat es gereicht“, warf Thomas Brantner ein.

Rückert: „Verantwortung übernehmen“

Ralf Rückert kritisierte die Oberbürgermeisterin: Sie sei „Kopf der Verwaltung“ und habe das überzogene Vorgehen zu verantworten. Sie müsse den Schulsport gewährleisten. „Ich erwarte, dass Sie die Verantwortung übernehmen.“ Er erinnerte an den großen Aufwand, den die Verwaltung, aber auch der Stadtverband für Sport und die Vereine hatten, um die Folgen der „überzogenen und überstürzten Hallenschließung“ zu bewältigen.

Auch Rückert forderte, man müsse prüfen, ob man nicht schon nächste Woche die Halle wieder für kleine Gruppen und Schulklassen öffnen könne.

Eisenlohr: „Persönlich haftbar“

Eisenlohr verteidigte sich ein weiteres Mal, sie habe den Gemeinderat am 23. März zu einer dringlichen Sitzung, teils im Rathaus, teils virtuell eingeladen Mehr als die Hälfte des Gremiums sei dabei gewesen. „Zwölf Führungskräfte wollten einen Termin mit mir und sagten: ‘Wir müssen die Halle schließen.‘“ Als Vorsitzende habe sie handeln müssen, es gehe auch um ihre persönliche Haftung. „Wenn mir zwölf Leute sagen, ich muss schließen, dann muss ich das tun.“

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr. Foto: him

Rückert konterte, die Sitzung sei sehr kurzfristig einberufen worden und die Verwaltung habe nur informiert. „Wir konnten nichts sagen, wurden vor den Fakt gestellt, die Halle wird geschlossen.“

Das sei richtig, sie sei aber erst am Vormittag um 11.30 Uhr informiert werden, rechtfertigte sich Eisenlohr.

Reuter: „Maßnahmen umsetzen“

Rückerts Fraktionskollege Udo Neudeck wollte nach vorn schauen, es sei ein Notfall. Die Verwaltung habe das Signal der Politik so schnell als möglich zu handeln. Er sehe bei keiner der sieben Maßnahmen, dass sie so umfangreich seien, dass sie groß ausgeschrieben werden müssten. „Gebt Vollgas, das ist die wichtigste Baustelle.“

Jürgen Reuter (Aktive Bürger) verwies auf die neuen Obergrenzen im Vergaberecht von 221.000 Euro. Der Verwaltungsausschuss soll beschließen, dass die sieben Maßnahmen umgesetzt und die Mittel frei gegeben werden.

Tanja Witkowski bat bei allem Zeitdruck, es müsse schon ordentlich und rechtssicher vorgegangen werden. Der Ausschuss stimmte schließlich einstimmig dafür, dass die Mittel für die sieben Maßnahmen bewilligt werden und die Stadtverwaltung an die Umsetzung gehen soll.

 Vereinsring begrüßt Beschluss

Tobias Pfundstein vom Vereinsring Sulgen, man begrüße die Aussage der Verwaltungsausschussmitglieder, dass die Halle „absolute Priorität genießt“. Man müsse bis zum Herbst eine Lösung haben, weil man nicht mehr in andere Hallen ausweichen könne. „Mit dieser Lösung können wir leben.“ 

Einige Mitglieder des Vereinsring Sulgen verfolgten die Diskussion. Foto: him

Ohne die Halle würden die Sulgener Vereine „kaputt gehen“, fürchtet Pfundstein, auch weil es den Nachwuchs stark beeinträchtige, wenn die Halle geschlossen bleibt.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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