Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen „Kryptoqueen“ Ignatova erhoben
OneCoin-Gründerin wegen Betrugs und Geldwäsche angeklagt / Lebt sie noch? / Verjährung droht

„Solange das Gegenteil nicht erwiesen ist, gehen wir davon aus, dass sie am Leben ist“, meint der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld Carsten Nowak zu Ruja Ignatova. Auf 571 Seiten hat seine Behörde die Anklage gegen die selbsternannte Kryptoqueen aufgeschrieben. Nun muss das Landgericht entscheiden, ob es das Hauptverfahren eröffnet. Hintergrund ist, dass so die Verjährungsfrist um weitere fünf Jahre verlängert wird, wie Nowak der NRWZ erläutert.
Bielefeld/Schramberg. Die Staatsanwaltschaft wirft Ignatova, die bekanntlich in Schramberg zur Schule gegangen ist, Betrug in 17,552 Fällen vor. Außerdem zwei Fälle von Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Kauf ihrer 20-Millionen Euro teuren Penthousewohnung in London und einer Überweisung von 75 Millionen Euro auf die Cayman Islands.

Bildungspakete an 17.552 Kunden verkauft
Die Staatsanwaltschaft bezieht sich in ihrer Anklage auf die Zeit von Dezember 2015 bis August 2016. In dieser Zeit hatte die Grevener Firma IMS auf drei Konten für OneCoin Kundengelder einkassiert, erst bei einer kleinen Sparkasse, dann bei der Deutschen Bank und schließlich bei der Commerzbank. Die Staatsanwälte haben bei 17.552 Kunden der „OneCoin-Bildungspakete“ die Daten überprüft und die Geschädigten ermittelt. Deshalb bestehe die Anklageschrift auch zum größten Teil aus Tabellen, so Nowak.
Bei Ignatova gehe man davon aus, dass es sich „von Anfang an um Betrug gehandelt hat“. Die von den US-Justizbehörden beschlagnahmten E-Mails zwischen Ignatova und ihrem OneCoin-Miterfinder Sebastian Greenwood seien dafür „ein wesentlicher Beweis“.

Zwar seien bekanntlich deutlich mehr Millionen über die IMS-Konten geflossen, nämlich 320 Millionen Euro, berichtet Nowak. Man habe bei den 57 Millionen der Anklage aber jede einzelne Summe einem Einzahler zuordnen können. Das Landeskriminalamt habe zwischen 60 und 80 Opfer befragt. „Die Beamten sind kreuz und quer durch Deutschland gefahren.“

Die 17.552 Opfer stammten aus allen Teilen Deutschlands, aber auch aus anderen europäischen Ländern. Weil fünf bis zehn auch aus Ostwestfalen stammten, sei die Staatsanwaltschaft Bielefeld zuständig.
Hoffnung bleibt
Den Aufwand habe man betrieben, weil man „die Hoffnung noch nicht vollständig aufgegeben“ habe, Ignatova doch noch zu fassen. Nowak erinnert an den Fall des verschwundenen Wirecard-Managers Jan Marsalek, den jetzt Reporter im Moskau ausfindig gemacht haben. „Auch der hat sich ja optisch stark verändert.“
Die Anklage habe man jetzt erhoben, um weitere fünf Jahre Zeit zu gewinnen. Betrug verjährt nach fünf Jahren. Eine Beschlagnahme, ein Haftbefehl oder eine Durchsuchung können die Verjährungsfrist verlängern. Aber nach maximal zehn Jahren ist Schluss. Außer es gibt eine Hauptverhandlung, dann ruhe die Frist für weitere fünf Jahre, erläutert Nowak. Ohne dieses Ruhen wäre Ignatovas mutmaßlicher Betrug im August 2026 verjährt.
Konstantin Ignatov wird nicht verfolgt
Während Ruja Ignatova also die deutschen Justizbehörden weiter fürchten muss, so sie denn noch lebt, kann ihr jüngerer Bruder sorglos einreisen. Die Verfahren gegen Konstantin Ignatov und gegen Sebastian Greenwood habe man eingestellt, berichtet Nowak der NRWZ.

Nach der Strafprozessordnung kann die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einstellen, wenn jemand im Ausland bereits für die betreffende Tat verurteilt worden ist,und die in Deutschland zu erwartende Strafe „nicht ins Gewicht fiele“. Das sei bei den 20 Jahren für Greenwood und den fünf für Ignatov der Fall, so Nowak.