ISH in Werdohl abgesprungen / Das Ende naht

BBS: Rätsel um die Markenrechte

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Immer undurchsichtiger wird, was sich derzeit zwischen Schiltach, Werdohl in Nordrhein-Westfalen, Fichtenberg im Landkreis Schwäbisch Hall, Achern und Istanbul abspielt. Hier sitzen die Akteure, die sich um die wertvollen Reste von BBS balgen und für die Zukunft von mehreren hundert Arbeitsplätzen in Werdohl und Schiltach mitverantwortlich sind. Dabei dreht sich alles um die Markenrechte von BBS und die Werksanlagen in Schiltach und Superior in Werdohl.

Schiltach. Bis Ende Juni schien alles klar. Eine türkische Industrieholding, die ISH, hatte im Dezember 2023 BBS aus der Insolvenz (Nr.4) gekauft und den Beschäftigten Investitionen und einen Fortbestand ihres Werkes versprochen.

Zwar hatten Ilkem Sahin und sein Kollege Karani Gülec die Löhne für Mai und Juni nicht bezahlt und auch mit den Markenrechten schien nicht alles geklärt. Alles kein Problem, die Löhne kamen. Zugleich aber auch die Nachricht, BBS habe ein großes Werk für Leichtmetallräder aus der Insolvenz von Superior Industries in Werdohl gekauft.

Hoffnung in Werdohl

Dort im Westfälischen keimte wieder Hoffnung auf, während man im Lehengericht staunte. Was planen die ISH-Bosse? Wollen diese womöglich die BBS-Räder künftig im deutlich moderneren Werk im Norden produzieren? Die Sorge verdichtete sich, als BBS eine erfahrene Managerin anheuerte, die in Werdohl jahrzehntelang gearbeitet hatte.

Wieder ein paar Tage später platzte die nächste Bombe: BBS-Autotechnik meldete Insolvenz an, die fünfte.

Da der Kauf des Superior-Werkes aber noch nicht vollzogen war, die neuen BBS-Herren hatten den Kaufpreis nicht bezahlt und der Insolvente laden kann natürlich keine weitere Firma kaufen, war in Werdohl wieder alles offen.

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Vor 15 Jahren stand schon mal die Produktion in Frage. Archivfoto: him

BBS künftig aus Westfalen?

Die Hoffnung aber bestand, dass die ISH selbst in Werdohl zugreifen könnte. Entsprechende „Signale“ habe der Superior-Insolvenzverwalter Jens Lieser von den ISH-Herren erhalten, berichtete Volker Griese von der Lokalzeitung „Süderländer Volksfreund“.  So konnte man spekulieren: ISH kauft Superior, angelt sich die Markenrechte von BBS und produziert in Werdohl.

Hoffnung sei bei den Superior-Beschäftigten aufgekeimt, „dass die Öfen dort bald wieder hochgefahren werden könnten“, schreibt Griese denn auch.

…doch nicht

Doch Ende letzter Woche kam die kalte Dusche: „Die IS Holding hat uns mitgeteilt, dass sie das Werdohler Werk von Superior Industries doch nicht kaufen wird“, so Lieser zum Süderländer Volksfreund. „Wir waren sehr überrascht, diese Absage kam aus dem Nichts.“ Eine Begründung aus Istanbul habe es nicht gegeben.

Markenrechte liegen weiter bei KW Automotive

Ob es an der ungeklärten Situation mit den Markenrechten lag? Nach Informationen der NRWZ liegen diese weiterhin bei KW-Automotive in Fichtenberg, denen BBS bis zur Insolvenz Nummer 4 gehörte. „Eigentlich war alles in trockenen Tüchern“ ist aus Fichtenberg zu hören. Betonung auf eigentlich.

Bis Ende August sollte alles über die Bühne gehen, hatte auch Ilkem Sahin schon mal angekündigt. Doch nach der Insolvenz ist wieder alles offen. Wenn man auf die Homepage von KWAutomotive schaut, steht da BBS weiterhin als eine der Marken des Unternehmens.

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BBS zu finden auf KWautomotive. Screenshot: him

Der BBS-Insolvenzverwalter bestätigt, dass die ISH-Eigner weiter mit KW verhandeln: „Der Gesellschafter von BBS hat mit dem Eigentümer der Markenrechte über deren Kauf verhandelt. Ob diese Verhandlungen noch laufen, einen aktuellen Stand oder einen Zeitpunkt für eine mögliche Einigung kann ich als vorläufiger Insolvenzverwalter von BBS keine Aussagen machen, da ich in die Verhandlungen nicht involviert bin“, sagt Dr. Dirk Pehl von Schultze & Braun in Achern.

Pehl bestätigt auch, dass die Markenrechte nicht bei der BBS Autotechnik GmbH lägen. „Ein geplanter Rückkauf der Markenrechte durch BBS wurde nicht vollzogen.“

Es wird dunkel in Werdohl und Schiltach-Hinterlehengericht

Würde KW Automotive sich mit Sahin einigen, dann gingen die Markenrechte tatsächlich an die türkische ISH. Was diese damit anstellt? Wahrscheinlich werden sie weder in Werdohl noch in Hinterlehengericht Räder fertigen. Laut Süderländer Volksfreud will der dortige Insolvenzverwalter „das Werk nun Stück für Stück verkaufen“. Torsten Kasubke, bei der IG Metall Märkischer Kreis zuständig für Insolvenzen, findet den Vorgang „abenteuerlich“ und hat wenig Hoffnung für den Erhalt der mehr als 400 Arbeitsplätze in Werdohl.

Aber auch im Süden gibt es scharfe Kritik an Sahin und Co. Der vorläufige Insolvenzverwalter bei BBS, Dirk Pehl, beklagt, dass er „weiterhin nur kurz und rudimentär“ Kontakt zum Gesellschafter und Geschäftsführer habe herstellen können. „Mehr Engagement der Geschäftsführung wäre im Interesse aller Beteiligten wünschenswert, um schnell Klarheit über die Situation bei BBS schaffen zu können“, so Pehl.

Ende August sollte wenigstens das Markenrechtsproblem geklärt sein. Aber auch in Hinterlehengericht glaubt kaum jemand mehr dran, dass hier die Öfen nochmal angeworfen werden und jemand Räder produzieren wird.

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Wahrscheinlich Geschichte: BBS-Räder aus Schiltach. Archivfoto: him

Das interessiert diese Woche



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Immer undurchsichtiger wird, was sich derzeit zwischen Schiltach, Werdohl in Nordrhein-Westfalen, Fichtenberg im Landkreis Schwäbisch Hall, Achern und Istanbul abspielt. Hier sitzen die Akteure, die sich um die wertvollen Reste von BBS balgen und für die Zukunft von mehreren hundert Arbeitsplätzen in Werdohl und Schiltach mitverantwortlich sind. Dabei dreht sich alles um die Markenrechte von BBS und die Werksanlagen in Schiltach und Superior in Werdohl.

Schiltach. Bis Ende Juni schien alles klar. Eine türkische Industrieholding, die ISH, hatte im Dezember 2023 BBS aus der Insolvenz (Nr.4) gekauft und den Beschäftigten Investitionen und einen Fortbestand ihres Werkes versprochen.

Zwar hatten Ilkem Sahin und sein Kollege Karani Gülec die Löhne für Mai und Juni nicht bezahlt und auch mit den Markenrechten schien nicht alles geklärt. Alles kein Problem, die Löhne kamen. Zugleich aber auch die Nachricht, BBS habe ein großes Werk für Leichtmetallräder aus der Insolvenz von Superior Industries in Werdohl gekauft.

Hoffnung in Werdohl

Dort im Westfälischen keimte wieder Hoffnung auf, während man im Lehengericht staunte. Was planen die ISH-Bosse? Wollen diese womöglich die BBS-Räder künftig im deutlich moderneren Werk im Norden produzieren? Die Sorge verdichtete sich, als BBS eine erfahrene Managerin anheuerte, die in Werdohl jahrzehntelang gearbeitet hatte.

Wieder ein paar Tage später platzte die nächste Bombe: BBS-Autotechnik meldete Insolvenz an, die fünfte.

Da der Kauf des Superior-Werkes aber noch nicht vollzogen war, die neuen BBS-Herren hatten den Kaufpreis nicht bezahlt und der Insolvente laden kann natürlich keine weitere Firma kaufen, war in Werdohl wieder alles offen.

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Vor 15 Jahren stand schon mal die Produktion in Frage. Archivfoto: him

BBS künftig aus Westfalen?

Die Hoffnung aber bestand, dass die ISH selbst in Werdohl zugreifen könnte. Entsprechende „Signale“ habe der Superior-Insolvenzverwalter Jens Lieser von den ISH-Herren erhalten, berichtete Volker Griese von der Lokalzeitung „Süderländer Volksfreund“.  So konnte man spekulieren: ISH kauft Superior, angelt sich die Markenrechte von BBS und produziert in Werdohl.

Hoffnung sei bei den Superior-Beschäftigten aufgekeimt, „dass die Öfen dort bald wieder hochgefahren werden könnten“, schreibt Griese denn auch.

…doch nicht

Doch Ende letzter Woche kam die kalte Dusche: „Die IS Holding hat uns mitgeteilt, dass sie das Werdohler Werk von Superior Industries doch nicht kaufen wird“, so Lieser zum Süderländer Volksfreund. „Wir waren sehr überrascht, diese Absage kam aus dem Nichts.“ Eine Begründung aus Istanbul habe es nicht gegeben.

Markenrechte liegen weiter bei KW Automotive

Ob es an der ungeklärten Situation mit den Markenrechten lag? Nach Informationen der NRWZ liegen diese weiterhin bei KW-Automotive in Fichtenberg, denen BBS bis zur Insolvenz Nummer 4 gehörte. „Eigentlich war alles in trockenen Tüchern“ ist aus Fichtenberg zu hören. Betonung auf eigentlich.

Bis Ende August sollte alles über die Bühne gehen, hatte auch Ilkem Sahin schon mal angekündigt. Doch nach der Insolvenz ist wieder alles offen. Wenn man auf die Homepage von KWAutomotive schaut, steht da BBS weiterhin als eine der Marken des Unternehmens.

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BBS zu finden auf KWautomotive. Screenshot: him

Der BBS-Insolvenzverwalter bestätigt, dass die ISH-Eigner weiter mit KW verhandeln: „Der Gesellschafter von BBS hat mit dem Eigentümer der Markenrechte über deren Kauf verhandelt. Ob diese Verhandlungen noch laufen, einen aktuellen Stand oder einen Zeitpunkt für eine mögliche Einigung kann ich als vorläufiger Insolvenzverwalter von BBS keine Aussagen machen, da ich in die Verhandlungen nicht involviert bin“, sagt Dr. Dirk Pehl von Schultze & Braun in Achern.

Pehl bestätigt auch, dass die Markenrechte nicht bei der BBS Autotechnik GmbH lägen. „Ein geplanter Rückkauf der Markenrechte durch BBS wurde nicht vollzogen.“

Es wird dunkel in Werdohl und Schiltach-Hinterlehengericht

Würde KW Automotive sich mit Sahin einigen, dann gingen die Markenrechte tatsächlich an die türkische ISH. Was diese damit anstellt? Wahrscheinlich werden sie weder in Werdohl noch in Hinterlehengericht Räder fertigen. Laut Süderländer Volksfreud will der dortige Insolvenzverwalter „das Werk nun Stück für Stück verkaufen“. Torsten Kasubke, bei der IG Metall Märkischer Kreis zuständig für Insolvenzen, findet den Vorgang „abenteuerlich“ und hat wenig Hoffnung für den Erhalt der mehr als 400 Arbeitsplätze in Werdohl.

Aber auch im Süden gibt es scharfe Kritik an Sahin und Co. Der vorläufige Insolvenzverwalter bei BBS, Dirk Pehl, beklagt, dass er „weiterhin nur kurz und rudimentär“ Kontakt zum Gesellschafter und Geschäftsführer habe herstellen können. „Mehr Engagement der Geschäftsführung wäre im Interesse aller Beteiligten wünschenswert, um schnell Klarheit über die Situation bei BBS schaffen zu können“, so Pehl.

Ende August sollte wenigstens das Markenrechtsproblem geklärt sein. Aber auch in Hinterlehengericht glaubt kaum jemand mehr dran, dass hier die Öfen nochmal angeworfen werden und jemand Räder produzieren wird.

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Wahrscheinlich Geschichte: BBS-Räder aus Schiltach. Archivfoto: him

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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