Gesund altern – was hilft gegen die häufigsten Alterskrankheiten?

Der Landkreis Rottweil hat einen hohen Anteil hochbetagter Menschen. Wie man Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Stürzen vorbeugen kann – und welche Unterstützung es vor Ort gibt.

Die gute Nachricht zuerst: Wir werden immer älter. Während die Lebenserwartung vor 200 Jahren noch bei 45 Jahren lag, erreichen Menschen in Deutschland heute durchschnittlich über 80 Jahre. Die Herausforderung: Mit dem Alter steigen auch die Risiken für bestimmte Erkrankungen. Doch die Forschung zeigt: Bis zu 45 Prozent der Demenzfälle und viele andere Alterskrankheiten könnten durch einen gesunden Lebensstil verhindert oder hinausgezögert werden.

Demenz – die unsichtbare Bedrohung

„Geistig fit bleiben bis ins hohe Alter – das wünschen sich die meisten Menschen“, weiß das Gesundheitsamt. Doch im Landkreis Rottweil, der beim Anteil hochbetagter Menschen im zweithöchsten Quintil in Baden-Württemberg rangiert, ist Demenz eine reale Sorge. In Deutschland leben derzeit rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz – Tendenz steigend.

Was viele nicht wissen: Der Abbau von Nervenzellen beginnt bereits Jahrzehnte vor den ersten Symptomen, oft schon im mittleren Alter. „Wenn dann erste Gedächtnisstörungen auftauchen, sind die Schäden im Gehirn oft schon weit fortgeschritten“, erklären Neurowissenschaftler. Einmal verloren gegangene Nervenzellen können nicht wieder ersetzt werden. Deshalb ist Vorbeugung so unerlässlich.

Die Mittelmeerküche fürs Gehirn

Studien zeigen: Eine gesunde Ernährung bremst die Alterung des Gehirns. Besonders empfehlenswert ist die mediterrane Küche mit viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Fisch. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren aus kaltgepresstem Olivenöl, Vollkornprodukten und Nüssen senken das schädliche LDL-Cholesterin und verhindern, dass die Gefäße im Gehirn verkalken.

„Omega-3-Fettsäuren aus Thunfisch, Makrele oder Rotbarsch fördern die Hirnentwicklung, indem sie die Kontakte zwischen den Nervenzellen vermehren“, erläutern Ernährungsexperten. Dagegen sollten Fertigprodukte, viel Salz, fettreiche Milchprodukte und Zucker gemieden werden. Eine Ernährungsumstellung im Sinne einer mediterranen Diät kann sich sogar positiv auf erste Gedächtnisstörungen auswirken und die Gedächtnisleistung wieder verbessern.

Bewegung ist Medizin

„Es gibt nicht einen bestimmten Schwellenwert“, sagt Neurowissenschaftler Stefan Remy. „Am besten richtet man sich nach den Empfehlungen für körperliche Bewegung – und ruhig auch ein wenig nach dem eigenen Gefühl.“ Schon 30 Minuten Bewegung am Tag machen einen Unterschied. Das kann ein flotter Spaziergang sein, Gartenarbeit oder Radfahren.

Besonders wichtig: Bewegung an der frischen Luft. Sie macht nicht nur gute Laune, sondern hilft auch dem Vitamin-D-Spiegel – ein Faktor, der im Winter oft vernachlässigt wird. Regelmäßige körperliche Aktivität senkt zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Übergewicht – alles Faktoren, die wiederum das Demenzrisiko erhöhen.

Bluthochdruck im Griff behalten

Was den Blutgefäßen gut tut, ist auch für die Gesundheit des Gehirns gut. Bluthochdruck, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte und deutliches Übergewicht sind die wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren für Demenz – insbesondere für die gefäßbedingte Demenz. „Das heißt jedoch nicht, dass jeder mit Bluthochdruck Angst haben muss, später dement zu werden“, betonen Mediziner. „Denn das erhöhte Risiko hält sich in Grenzen, wenn die jeweilige Krankheit wirkungsvoll behandelt wird.“

Generell ist erforderlich, den Blutdruck auf ein akzeptables Maß zu senken und die Blutzuckerwerte unter Kontrolle zu haben. Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt sind daher unverzichtbar – auch um Vitamin- und Hormonmangelzustände rechtzeitig zu erkennen.

Hören und Sehen nicht vernachlässigen

Ein oft unterschätzter Risikofaktor: Schwerhörigkeit und Sehschwäche. „Das Risiko für Demenz wird auch durch den Hörverlust erhöht“, warnen Experten. Wer schlecht hört oder sieht, zieht sich zurück, wird einsam – und Einsamkeit ist ein eigenständiger Risikofaktor für Demenz.

Die Lösung ist einfach: das frühzeitige Tragen von Hörgeräten und Sehhilfen. „Schwerhörigkeit und Altersichtigkeit tragen oft zur Isolation bei“, erklärt das Gesundheitsamt. Dabei ist gerade der soziale Kontakt so wichtig: Freunde und Familie regelmäßig treffen, an Veranstaltungen teilnehmen, sich austauschen – all das hält das Gehirn fit.

Das Gehirn auf Trab halten

„Die kognitive Vitalität stärken, indem man sich immer wieder neuen Dingen zuwendet und Bekanntes vertieft, das ist für das Gehirn ein Segen“, sagt Neurowissenschaftler Remy. Kreuzworträtsel sind nett, aber nicht genug. Besser: eine Fremdsprache lernen, ein Musikinstrument spielen, an einem Computerkurs teilnehmen oder sich mit komplexen Themen beschäftigen.

Die Devise lautet: „Wer rastet, der rostet“ gilt auch fürs Gehirn. Eine geistig anspruchsvolle Tätigkeit, regelmäßige Denksportübungen oder das Erlernen neuer Fähigkeiten fordern und fördern die grauen Zellen. Wichtig ist die Kombination: Ernährung, Bewegung und kognitives Training zusammen sind besonders wirksam.

Sturzprophylaxe rettet Leben

Neben Demenz sind Stürze eine der größten Gefahren im Alter. Die Folgen können verheerend sein: Knochenbrüche, Pflegebedürftigkeit, Verlust der Selbstständigkeit. Dabei lässt sich viel tun: Kraft- und Gleichgewichtstraining, wie es in vielen Sportvereinen in der Region angeboten wird, stärkt die Muskulatur und verbessert die Koordination.

Auch die Wohnung sollte sturzfrei gestaltet werden: Stolperfallen wie lose Teppiche entfernen, geeignete Beleuchtung installieren, Haltegriffe im Bad anbringen. „Viele Stürze passieren nachts auf dem Weg zur Toilette“, warnen Fachleute. Eine Nachtbeleuchtung kann Leben retten.

Stress reduzieren, besser schlafen

Dauerstress kann krank machen und das Demenzrisiko erhöhen. Kurse zur Stressreduktion, etwa Achtsamkeitstraining, werden von den Krankenkassen größtenteils übernommen. Auch erholsamer Schlaf ist ein wichtiger Faktor: Während des Schlafens werden schädliche Stoffwechselprodukte entsorgt, die eine Demenz begünstigen können.

„Neben der Schlafdauer beeinflussen auch Ein- und Durchschlafstörungen unsere geistige Leistungsfähigkeit“, erklären Schlafmediziner. Wer nachts nicht zur Ruhe kommt, sollte das ärztlich abklären lassen. Oft helfen schon einfache Maßnahmen: regelmäßige Schlafenszeiten, kein Koffein am Abend, ein dunkles, kühles Schlafzimmer.

Geselligkeit als Medizin

„Menschen sollten sich keinesfalls aus dem Alltag zurückziehen, auch nicht in der Hoffnung, dass das Rätselheft die Gehirnzellen schon wieder auf Trab bringen wird“, warnen Demenzforscher. Geselligkeit in der Familie und mit Freunden, Reisen, kulturelle Veranstaltungen besuchen – all das hilft zur Vorbeugung.

Die Demenzforschung zeigt: Prävention muss an drei „Baustellen“ ansetzen – an Körper, Geist und Seele. Und zur Seele gehören der soziale Kontakt, die menschliche Zuwendung und das Gespräch. Einsamkeit und geistige „Verarmung“ können den Beginn einer Demenz beschleunigen.

Alkohol und Rauchen – die versteckten Risiken

Rauchen erhöht nicht nur das Risiko für Lungenkrebs, sondern auch für Demenz. Grund: Die Durchblutungsstörungen, die das Rauchen verursacht, schädigen auch das Gehirn. Auch übermäßiger Alkoholkonsum ist ein Risikofaktor. „Trinken Sie nur mäßig Alkohol“, raten Mediziner. Ein Glas Rotwein gelegentlich ist in Ordnung – mehr sollte es nicht sein.

Hilfe in der Region

Der Landkreis Rottweil bietet verschiedene Unterstützungsangebote für ältere Menschen. Das Gesundheitsamt hat Spaziertreffs für Senioren initiiert – ein präventiver Ansatz, um Bewegung und soziale Kontakte zu fördern. Das geplante Gesundheitsportal Rottweil, das 2025 an den Start gehen soll, wird Gesundheitsangebote für Bürgerinnen und Bürger bündeln – mit wichtigen Informationen zur Gesundheitskompetenz und Prävention.

Auch die AOK bietet regelmäßig Projekte an, wie die NachaltICHkeitsarena, die an Schulen Station macht und Bewusstsein für eine gesunde Lebensweise vermittelt. Viele Sportvereine in der Region bieten spezielle Kurse für Senioren an, von Wassergymnastik bis Nordic Walking.

Nie zu spät für Veränderungen

Die entscheidende Botschaft: Es ist nie zu spät, anzufangen. „Demenz vorbeugen – es ist nie zu früh und nie zu spät, um zu beginnen“, betonen Alzheimerforscher. Selbst kleine Veränderungen im Lebensstil können einen erheblichen Unterschied machen. Und das Beste: Was der Demenz vorbeugt, schützt gleichzeitig vor Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und vielen anderen Volkskrankheiten.

„Es lohnt sich, die eigenen Lebensumstände auf beeinflussbare Risikofaktoren hin zu überprüfen“, empfehlen Gesundheitsexperten. „Damit Sie am Ball bleiben und Änderungen dauerhaft in den Alltag integrieren, ist es wichtig, dass Ihnen die neuen Elemente Freude bereiten.“ Gesund altern ist kein Zufall – sondern eine Entscheidung, die wir jeden Tag aufs Neue treffen können.


10 Tipps für gesundes Altern:

  1. Mediterran ernähren: viel Gemüse, Obst, Fisch, Olivenöl
  2. Täglich 30 Minuten bewegen – an der frischen Luft
  3. Gehirn fordern: Neues lernen, nicht nur Kreuzworträtsel
  4. Soziale Kontakte pflegen, Einsamkeit vermeiden
  5. Blutdruck und Blutzucker kontrollieren lassen
  6. Hörgerät und Brille konsequent nutzen
  7. Nicht rauchen, Alkohol nur in Maßen
  8. Ausreichend und gut schlafen
  9. Stress reduzieren durch Entspannungstechniken
  10. Sturzrisiken in der Wohnung minimieren
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