Aha-Effekt beim Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

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Wie fühlt es sich an, blind zu sein? Oder taub? Wie ist es, im Rollstuhl klarkommen zu müssen? Am Montag, dem europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, durften die angehenden Heilerziehungspfleger des Edith Stein-Instituts und ihre Gäste das mal am eigenen Leib spüren.

Rottweil – Ruth Gronmayer, Behindertenbeauftragte der Stadt Rottweil, hatte mit dem Arbeitskreis Zusammenleben in der Gesellschaft der Lokalen Agenda einen Parcours organisiert mit Rollstühlen, Rollatoren, Kopfhörern und Augenbinden, aber auch einen Fußball, den man hören kann, und zusammen mit Konrad Flegr auch die Möglichkeit, die Blinden- also Braille-Schrift kennenzulernen.

Und die Schüler waren voll bei der Sache, stellten fest, wie schwierig es ist, eine Tür zu öffnen, wenn man im Rollstuhl sitzt, ohne sehen und hören zu können durch die eigentlich bekannten Schulräume zu laufen oder auch zu schmecken, wenn man nicht sieht, was man vor sich auf dem Teller hat. Dafür gab es in der Schulküche einen kleinen Obstteller, den man zunächst erriechen und dann erschmecken dufte – das war nicht ganz so schwierig. Aber eine Traube auf eine Gabel zu spießen, ohne sie sehen zu können? Das umso mehr, da nahm man dann doch lieber die Finger. Und für den Rollstuhl-Test waren die Schüler dann doch froh, wenn jemand dabei war und die Tür aufhielt. Oder im Aufzug, in dem man sich so nicht umdrehen kann, die Knöpfe drückte.

Ruth Gronmayer, die selbst von Geburt an nicht laufen kann und entsprechend lange im Rollstuhl sitzt, zeigte kleine Kunststückle, die die Schüler und die Besucher faszinierten – eingeladen waren nämlich alle Interessierten, und mit dabei Menschen mit Einschränkungen von der Bruderhaus Diakonie, und so entwickelte sich auch ein spannendes kleines Fußballspiel mit dem Ball, den man hören kann. Und wie der eigene Name in Braille-Schrift aussieht, auch das wurde ausprobiert.

In der anschließenden Feedback-Runde äußerten die Schüler dann die Hilflosigkeit, die sie spürten, die Überforderung, den Kontrollverlust. Aber auch die veränderte Wahrnehmung, denn wer nicht sieht, lernt, besser zu hören – und andersherum. Wichtige Erfahrungen waren es zu erleben, wie schwer der Alltag wird, wenn man dermaßen eingeschränkt ist, wie sehr man auf Hilfe angewiesen ist. Und was alles nicht mehr möglich wäre, zum Beispiel auf die kleine Cousine aufzupassen oder gar seinen Beruf oder die Hobbies nicht mehr ausüben zu können.

So entwickelten die Teilnehmer schließlich Vorschläge, was nötig wäre, um Menschen mit Beeinträchtigungen das Leben zu erleichtern: Man könnte in der Schule Gebärdensprache unterrichten und sowieso mehr über das Thema aufklären, auch mit solchen Aktionen, in denen man das mal selbst ausprobieren kann. Weniger Treppen, mehr automatische Türen, mehr Handläufe – viele praktische Ideen kamen da zusammen – der Wunsch nach mehr Teilhabe war groß, die Forderungen an die Politik, hier mehr zu tun, ebenfalls.

„Das war eine tolle Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler“, betonte Schulleiter Florian Jäger. Zwar seien die angehenden Heilerziehungspfleger schon durch ihre Ausbildung für das Thema sensibilisiert, aber das mal am eigenen Leib zu erfahren, das sei doch nochmal was Besonderes gewesen. Darum wird nun auch überlegt, den Parcours wieder hier und auch an anderen Schulen anzubieten. „Es gibt schon einen Aha-Effekt“, so Ruth Gronmayer.




Pressemitteilung (pm)

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