Dienstag, 19. März 2024

Fasnet 1954: Ehrsame Rottweiler und „barbarischer Lärm“

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Schwarz-Weiß und doch sehr lebendig: Der SWR hat einen Film-Beitrag über die Rottweiler Fasnet von 1954 online gestellt. Auf der ARD-Mediathek ist er abrufbar. Der achtminütige Bericht vermittelt nicht nur Eindrücke vom damaligen Narrentreiben, sondern auch vom Nachkriegs-Rottweil.

Als ziemliche verschlafenes Städtchen wird Rottweil eingangs dargestellt: „Nichts Lautes und Besonderes geschieht hier das ganze Jahr über“, weiß der Sprecher etwas steif zu vermelden.

Als langweilig und grau wird Rottweil in dem Filmdokument dargestellt – interessant wird die Stadt erst, als ein Rottweiler zu einer Truhe schreitet und ein Narrenkleidle hervorholt. Screenshot: al

Bilder von einem fast leeren Friedrichsplatz, über den nur ein bulliger LKW tuckert und von der Oberen Hauptstraße noch mit Verkehr stadtaufwärts und parkenden Autos, bilden jedoch bloß eine Kontrastfolie für das, was dann folgt.

Denn plötzlich wird Spannung aufgebaut: „Nur einmal, jetzt zur Fasnachtszeit, bereitet sich ein seltsamer Spuk in diesen grauen Häusern vor“, heißt es vieldeutig.

Gutgelaunter Ausscheller in Aktion anno 1954. Sceenshot: al

Und dann werden die Zuschauer eingeführt in das engere Fasnetsgeschehen: Vom Öffnen einer Truhe, die noch aus Reichstadt-Zeiten stammen könnte und ein Kleidle beherbergt, über die Vorbereitungen bis zum Narrensprung.

Die Narren sind gleich geblieben, aber manche Häuserpartie sieht anders aus als 1954. Screenshot: al

Die Macher verwenden viel Film-Zeit dafür, Larven zu zeigen. Sie hielten sie wohl für die stärksten Motive der Rottweiler Fasnet. Aber auch mit Sequenzen von Narren in den Gassen und vom Sprung geizten sie bei der Szenenauswahl zum Glück nicht.

Zeitlose Szene: Ein Rössle unterwegs, aufgenommen 1954. Screenshot: al

Neben vielem, das man heute auch bei der Fasnet sehen kann – noch dazu in Farbe – lässt sich lassen sich dabei manche Entdeckungen machen: Häuser und Straßenzeilen, die damals anders aussahen etwa. Oder dass beim Sprung keine Landsknechte für Ordnung sorgten, sondern Polizisten.

Besonders interessant: Man kann hinter die Fassade von Häusern schauen, beobachtet das Ankleiden – und sieht viele Gesichter von Rottweilern der damaligen Zeit. Das vermittelt Lebensnähe und hat viel Atmosphäre.

Musikalische Stabführung: Szene aus dem Filmdokument von 1954. Screenshot: al

Am schwächsten sind der Text, der zum Beispiel sagt, am Fasnetssonntag würden die „ehrsamen Rottweiler Bürger“ in ihre Narrengewänder steigen oder den Schellen einen „wirklich barbarischen Lärm“ zuschreibt, sowie der Ton. Meist muss man sich mit dem steifen Sprecher begnügen und beim Glockenschlag vom Schwarzen Tor wird Ersatz – vielleicht eine Zimmer-Standuhr – eingespielt.

Abschließend wird das Kleidle wieder in die altertümliche Truhe gelegt. Screenshot: al

Aber immerhin gibt es Straßen-Tonaufnahmen vom Geschehen. Und vor allem viele interessante Bewegt-Bilder von der Fasnet anno 1954.Info: Der Beitrag ist in der ARD-Mediathek aufrufbar unter: https://www.ardmediathek.de/video/swr-retro-abendschau/der-rottweiler-narrensprung/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExOTY4MTQ

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