Messerstecher von Rottweil twittert nach der Tat: „Drei Stiche warte auf Polizei“

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Bei einem Messerangriff durch einen 58-Jährigen ist am Donnerstag eine Mitarbeiterin des Jobcenters schwer verletzt worden. Die 50-Jährige schwebte nach Informationen der NRWZ zwischenzeitlich in akuter Lebensgefahr. Der mutmaßliche Messerstecher indes hat seine Tat offenbar auf Twitter angekündigt. Und wird von einem Nutzer dafür gefeiert: „Er hat geliefert.“ Unterdessen geht die Staatsanwaltschaft inzwischen von versuchtem Mord aus. Der 58-Jährige sitzt in Haft und schweigt zu den Vorwürfen, sein Opfer konnte noch nicht vernommen werden.

Es sind verstörende Worte, die auch einen Tag nach dem Messerattentat auf der Social-Media-Plattform Twitter zu finden sind (nicht im Account des mutmaßlichen Täters Uwe B., dieser ist gesperrt worden): „Ich werde morgen eine Person des Jobcenters töten (Verurteilen) Pan“, schrieb er am Mittwoch, 15. Januar, um 21.23 Uhr, der Screenshot liegt der NRWZ vor. Einen Tag darauf macht er seine Drohung offenkundig wahr.

Nach bisherigen Erkenntnissen kommt der Mann zu seinem Termin ins Jobcenter, Zimmer 7xx. Verspätet, wie der Staatsanwalt Frank Grundke später notieren wird. Aber mit einem Messer bewaffnet. Was dann passiert, ist im Detail noch nicht bekannt, es gebe keine Zeugen für die Tat, so ein Polizeisprecher.

Uwe B. twittert dann allerdings selbst wieder: „Drei Stiche warte auf Polizei“. Wieder „unterzeichnet“ er mit „Pan“. Was er damit meint, bleibt unklar, sein Profilfoto auf Twitter ähnelt dem echten Uwe B. gar nicht, es zeigt einen behelmten Mann mit scharfen Gesichtszügen, ganz anders, als der 58-Jährige wirklich aussah. Es zeigt Perry Rhodan, den Sience-Fiction-Held.

Und tatsächlich: Nachdem Uwe B. sein Opfer schwer verletzt hatte, „äußerte er gegenüber hinzukommenden Mitarbeitern des Jobcenters, dass man die Polizei verständigen könne“, so Staatsanwaltschaft Rottweil und Polizeipräsidium Konstanz in einer gemeinsamen Mitteilung am Mittwochabend. Der mutmaßliche Täter – der er auch bei anscheinend klarer Sachlage bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung bleibt – habe sich anschließend ins Erdgeschoss des Bürogebäudes begeben und sich dort eintreffende Polizeibeamten des Polizeireviers Rottweil widerstandslos festnehmen lassen.

Sein Opfer: eine 50-Jährige Angestellte des Jobcenters. Sie hatte B. auf Donnerstag um 10.30 Uhr geladen. „Das nennt man Vorladung, darauf folgt die Hauptladung. Pan“, schrieb B. auf Twitter dazu.

Die Morddrohung wurde dem Anschein nach nicht „geliked“, wie man das nennt. Sie war an eine Person namens „DollyParton“ gerichtet, ist aber offenbar in den Nachtstunden um am Morgen der Tat nicht wahrgenommen worden. Dennoch wird sie im Prozess gegen Uwe B. eine Rolle spielen, die Staatsanwaltschaft wirft ihm ein versuchtes Tötungsdelikt vor. Der Vorsatz scheint gegeben, die Tat scheint geplant gewesen zu sein. Update: Inzwischen sieht die Staatsanwaltschaft auch Mordmerkmale gegeben.

Leser der Tweets des in Rottweil bekannten, dort auch sozial engagierten, mutmaßlichen Täters reagieren mit Unverständnis und Abscheu. Bis etwa auf seinen Twitterfreund Alfred S. Dieser kommentierte Uwe B.s Tat mit „Er hat geliefert.“

Ein Rettungshubschrauber steht zum Transport des Opfers bereit. Foto: Peter Arnegger

Das Opfer kämpfte um sein Leben

B.s Opfer, offenkundig seine Beraterin beim Jobcenter in Rottweil, kämpfte in dem Moment, in dem B. seinen Tweet absetze und Alfred S. ihn beantwortete, um ihr Leben. DRK-Retter versorgten sie, ein Hubschrauber brachte sie ins Schwarzwald-Baar-Klinikum in Villingen-Schwenningen. Sie konnte bisher nicht vernommen werden.

Schockierend aber war die Tat im Jobcenter ganz offenbar für dessen Mitarbeiter. Sichtlich gezeichnet verließen diese am Nachmittag nach und nach das Gebäude. Mit Rücksicht auf diese habe man sich entschlossen, die Einrichtung für den Nachmittag zu schließen, sagte ein Polizeisprecher. An Arbeit war angesichts einer solchen Attacke nicht zu denken.

Uwe B. hat gehört offenbar zum rechten Spektrum, gehört etwa zu denjenigen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Lüge vorwerfen. In seiner „Mietparzelle“, wie er seine Wohnung nannte, befänden sich zudem Schriften. Man möge einen Blick auf diese werfen, bat B. seine Social-Media-Kontakte und -Vorbilder. Unter diesen ist Peter Weber, ein fränkischer Unternehmer, dessen Youtube-Botschaften auf eine ideologische Nähe zur AfD hinweisen.

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Weitere Informationen

Das Magazin „Monitor“ hat Webers Videos nach eigenen Angaben notiert und kommt auf Zitate wie „Frau Merkel, erweisen Sie Ihrem Land, Ihrer Partei einen letzten Dienst: danken Sie ab.“ – „Heute ein wichtiges Thema: und zwar unser Staatsfernsehen, ARD und ZDF, in Klammern: Propaganda.“ – „Und wenn jemand hier bei uns Schutz sucht und hat ein Messer dabei, muss ich sagen, pass auf, tschüss, müssen wir uns verabschieden.“ – „Also ich halte diese Toleranz für krankhaft, dieses Verständnis – das muss ich offen sagen – und wenn mich dann jemand als Rassist oder ausländerfeindlich bezeichnet, damit kann ich gut leben.“

Uwe B. war mehr als ein interessierter Follower dieses Weber, versuchte diesen sogar, mit seiner Gedankenwelt bekannt zu machen.

Hintergrund: Die Betreuung der SGB II – Kunden im Landkreis Rottweil wird seit dem Jahr 2005 in getrennter Aufgabenwahrnehmung durch den Landkreis Rottweil und die Agentur für Arbeit Rottweil wahrgenommen. Seit Januar 2012 nimmt das Jobcenter Landkreis Rottweil die Aufgabe in Form einer gemeinsamen Einrichtung. Die Leistungsgewährung erfolgt in drei Geschäftsstellen an den Standorten Oberndorf, Rottweil und Schramberg.

Termine beim Jobcenter haben eine sogenannte Meldepflicht. Das bedeutet: Die „Kunden“ müssen zu diesen Terminen erscheinen. Das gehört zu den Pflichten derjenigen, die Arbeitslosengeld II erhalten.

Bei den Terminen geht es zum Beispiel darum, …

  • ob jemand die Voraussetzungen für Arbeitslosengeld II oder andere finanzielle Unterstützung erfüllt,
  • dass es noch Fragen zu einem Antrag gibt oder Nachweise fehlen,
  • wie die Kunden sich ihre berufliche Zukunft vorstellen und welche Schritte dafür notwendig sind,
  • welche Voraussetzungen die Arbeitslosengeldbezieher für Einstiegsgeld erfüllen müssen oder
  • wie sie eine anstehende Weiterbildung oder Umschulung vorbereiten.

Quelle: Landkreis Rottweil / Jobcenter digital

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Bei einem Messerangriff durch einen 58-Jährigen ist am Donnerstag eine Mitarbeiterin des Jobcenters schwer verletzt worden. Die 50-Jährige schwebte nach Informationen der NRWZ zwischenzeitlich in akuter Lebensgefahr. Der mutmaßliche Messerstecher indes hat seine Tat offenbar auf Twitter angekündigt. Und wird von einem Nutzer dafür gefeiert: „Er hat geliefert.“ Unterdessen geht die Staatsanwaltschaft inzwischen von versuchtem Mord aus. Der 58-Jährige sitzt in Haft und schweigt zu den Vorwürfen, sein Opfer konnte noch nicht vernommen werden.

Es sind verstörende Worte, die auch einen Tag nach dem Messerattentat auf der Social-Media-Plattform Twitter zu finden sind (nicht im Account des mutmaßlichen Täters Uwe B., dieser ist gesperrt worden): „Ich werde morgen eine Person des Jobcenters töten (Verurteilen) Pan“, schrieb er am Mittwoch, 15. Januar, um 21.23 Uhr, der Screenshot liegt der NRWZ vor. Einen Tag darauf macht er seine Drohung offenkundig wahr.

Nach bisherigen Erkenntnissen kommt der Mann zu seinem Termin ins Jobcenter, Zimmer 7xx. Verspätet, wie der Staatsanwalt Frank Grundke später notieren wird. Aber mit einem Messer bewaffnet. Was dann passiert, ist im Detail noch nicht bekannt, es gebe keine Zeugen für die Tat, so ein Polizeisprecher.

Uwe B. twittert dann allerdings selbst wieder: „Drei Stiche warte auf Polizei“. Wieder „unterzeichnet“ er mit „Pan“. Was er damit meint, bleibt unklar, sein Profilfoto auf Twitter ähnelt dem echten Uwe B. gar nicht, es zeigt einen behelmten Mann mit scharfen Gesichtszügen, ganz anders, als der 58-Jährige wirklich aussah. Es zeigt Perry Rhodan, den Sience-Fiction-Held.

Und tatsächlich: Nachdem Uwe B. sein Opfer schwer verletzt hatte, „äußerte er gegenüber hinzukommenden Mitarbeitern des Jobcenters, dass man die Polizei verständigen könne“, so Staatsanwaltschaft Rottweil und Polizeipräsidium Konstanz in einer gemeinsamen Mitteilung am Mittwochabend. Der mutmaßliche Täter – der er auch bei anscheinend klarer Sachlage bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung bleibt – habe sich anschließend ins Erdgeschoss des Bürogebäudes begeben und sich dort eintreffende Polizeibeamten des Polizeireviers Rottweil widerstandslos festnehmen lassen.

Sein Opfer: eine 50-Jährige Angestellte des Jobcenters. Sie hatte B. auf Donnerstag um 10.30 Uhr geladen. „Das nennt man Vorladung, darauf folgt die Hauptladung. Pan“, schrieb B. auf Twitter dazu.

Die Morddrohung wurde dem Anschein nach nicht „geliked“, wie man das nennt. Sie war an eine Person namens „DollyParton“ gerichtet, ist aber offenbar in den Nachtstunden um am Morgen der Tat nicht wahrgenommen worden. Dennoch wird sie im Prozess gegen Uwe B. eine Rolle spielen, die Staatsanwaltschaft wirft ihm ein versuchtes Tötungsdelikt vor. Der Vorsatz scheint gegeben, die Tat scheint geplant gewesen zu sein. Update: Inzwischen sieht die Staatsanwaltschaft auch Mordmerkmale gegeben.

Leser der Tweets des in Rottweil bekannten, dort auch sozial engagierten, mutmaßlichen Täters reagieren mit Unverständnis und Abscheu. Bis etwa auf seinen Twitterfreund Alfred S. Dieser kommentierte Uwe B.s Tat mit „Er hat geliefert.“

Ein Rettungshubschrauber steht zum Transport des Opfers bereit. Foto: Peter Arnegger

Das Opfer kämpfte um sein Leben

B.s Opfer, offenkundig seine Beraterin beim Jobcenter in Rottweil, kämpfte in dem Moment, in dem B. seinen Tweet absetze und Alfred S. ihn beantwortete, um ihr Leben. DRK-Retter versorgten sie, ein Hubschrauber brachte sie ins Schwarzwald-Baar-Klinikum in Villingen-Schwenningen. Sie konnte bisher nicht vernommen werden.

Schockierend aber war die Tat im Jobcenter ganz offenbar für dessen Mitarbeiter. Sichtlich gezeichnet verließen diese am Nachmittag nach und nach das Gebäude. Mit Rücksicht auf diese habe man sich entschlossen, die Einrichtung für den Nachmittag zu schließen, sagte ein Polizeisprecher. An Arbeit war angesichts einer solchen Attacke nicht zu denken.

Uwe B. hat gehört offenbar zum rechten Spektrum, gehört etwa zu denjenigen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Lüge vorwerfen. In seiner „Mietparzelle“, wie er seine Wohnung nannte, befänden sich zudem Schriften. Man möge einen Blick auf diese werfen, bat B. seine Social-Media-Kontakte und -Vorbilder. Unter diesen ist Peter Weber, ein fränkischer Unternehmer, dessen Youtube-Botschaften auf eine ideologische Nähe zur AfD hinweisen.

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Das Magazin „Monitor“ hat Webers Videos nach eigenen Angaben notiert und kommt auf Zitate wie „Frau Merkel, erweisen Sie Ihrem Land, Ihrer Partei einen letzten Dienst: danken Sie ab.“ – „Heute ein wichtiges Thema: und zwar unser Staatsfernsehen, ARD und ZDF, in Klammern: Propaganda.“ – „Und wenn jemand hier bei uns Schutz sucht und hat ein Messer dabei, muss ich sagen, pass auf, tschüss, müssen wir uns verabschieden.“ – „Also ich halte diese Toleranz für krankhaft, dieses Verständnis – das muss ich offen sagen – und wenn mich dann jemand als Rassist oder ausländerfeindlich bezeichnet, damit kann ich gut leben.“

Uwe B. war mehr als ein interessierter Follower dieses Weber, versuchte diesen sogar, mit seiner Gedankenwelt bekannt zu machen.

Hintergrund: Die Betreuung der SGB II – Kunden im Landkreis Rottweil wird seit dem Jahr 2005 in getrennter Aufgabenwahrnehmung durch den Landkreis Rottweil und die Agentur für Arbeit Rottweil wahrgenommen. Seit Januar 2012 nimmt das Jobcenter Landkreis Rottweil die Aufgabe in Form einer gemeinsamen Einrichtung. Die Leistungsgewährung erfolgt in drei Geschäftsstellen an den Standorten Oberndorf, Rottweil und Schramberg.

Termine beim Jobcenter haben eine sogenannte Meldepflicht. Das bedeutet: Die „Kunden“ müssen zu diesen Terminen erscheinen. Das gehört zu den Pflichten derjenigen, die Arbeitslosengeld II erhalten.

Bei den Terminen geht es zum Beispiel darum, …

  • ob jemand die Voraussetzungen für Arbeitslosengeld II oder andere finanzielle Unterstützung erfüllt,
  • dass es noch Fragen zu einem Antrag gibt oder Nachweise fehlen,
  • wie die Kunden sich ihre berufliche Zukunft vorstellen und welche Schritte dafür notwendig sind,
  • welche Voraussetzungen die Arbeitslosengeldbezieher für Einstiegsgeld erfüllen müssen oder
  • wie sie eine anstehende Weiterbildung oder Umschulung vorbereiten.

Quelle: Landkreis Rottweil / Jobcenter digital

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)https://www.nrwz.de
... ist seit gut 25 Jahren Journalist. Mehr über ihn hier.

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