Stadt Rottweil stellt klar: „Wir wenden uns nicht gegen eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration“

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Nach der Berichterstattung der NRWZ, in der wir unter anderem die Frage aufwarfen, ob die Stadt Rottweil bei ihrem Kampf gegen die Corona-„Spaziergänge“ zu weit gehe – und in die wir die Stadtverwaltung einbezogen haben -, geht diese nun in die Offensive. Sie stellt klar, dass sich die Stadt Rottweil nicht gegen eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration wende. Schon deshalb hinke der Vergleich mit einem Verfassungsgerichtsurteil aus dem Jahre 2017.

Die „Spaziergängerin“ und AfD-Stadträtin Margit Pfriender hatte zunächst die Frage aufgeworfen, ob die Stadtverwaltung Rottweil mit ihrer Aufforderung, sich nicht den „Spaziergängern“ anzuschließen, gegen das ihr auferlegte Neutralitätsgebot verstoße. „Die Spaziergänger sind dafür bekannt, gegenüber bundes- und landespolitischen Maßnahmen in Bezug auf Corona kritisch eingestellt zu sein, während die Stadtverwaltung offensichtlich mit städtischen Geldmitteln, aber auch mit der Infrastruktur der Stadtverwaltung und dem Gewicht der Stadtverwaltung im Meinungskampf meint, die Gegenmeinung repräsentieren zu müssen“, schrieb Pfriender. Dem hatte die Stadt direkt widersprochen: „Die Stadtverwaltung sieht das Neutralitätsgebot im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts-Urteils gewährleistet. Es ging und geht ausschließlich darum, sachlich auf die Einhaltung staatlicher Corona-Regelungen und Empfehlungen bezüglich der Coronapandemie hinzuweisen.“

Angesichts von Bannern an Gebäuden wie dem Alten Rathaus, einer digitalen Unterschriftenaktion, von Videos mit Bürgerinnen und Bürgern und nun auch einem Aufruf per E-Mail an Vereine fragte die NRWZ am Samstag: Geht die Stadtverwaltung damit zu weit? Immerhin wendeten sich diese Maßnahmen direkt gegen die sogenannten „Spaziergänge“. So forderte die Stadtverwaltung die Bürger dazu auf, nicht an diesen Demonstrationen teilzunehmen.

Die NRWZ schaute sich daraufhin noch einmal das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts an. Im verhandelten Fall ging es um eine öffentliche Versammlung mit dem Motto „Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Die Stadt Düsseldorf hatte auf diese reagiert und das Motto: „Lichter aus! Düsseldorf setzt Zeichen gegen Intoleranz“ ausgerufen. Die NRWZ arbeitete auch die Unterschiede heraus: In Düsseldorf gab es eine Veranstalterin des Protests, die die Versammlung ordnungsgemäß angemeldet hatte. Es gab anschließend eine Klägerin gegen die Aktion von Stadtverwaltung und Oberbürgermeister. Die Corona-„Spaziergänge“ dagegen sind auch in Rottweil vorgeblich spontan und unorganisiert. Einen Veranstalter gibt es nicht.

Nun stellt die Stadt Rottweil klar, wie es aus ihrer Sicht aussieht:

„In der medialen Berichterstattung und in den Sozialen Netzwerken wird die Frage aufgeworfen, ob die Aktionen der Stadt Rottweil unter dem Motto ‚Corona ist kein Spaziergang‘ und der Aufruf ‚Unser Rottweil – Solidarisch – Friedlich – Vernünftig‘ mit geltendem Recht vereinbar sind“, so die Stadtverwaltung. Insbesondere werde in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Stadt Düsseldorf verwiesen (BVerwG 10 C 6.1).

„Hierzu möchten wir klarstellen:

  1. Im Unterschied zum Düsseldorfer Fall wendet sich die Stadt Rottweil nicht gegen eine nach dem Versammlungsgesetz ordnungsgemäß angemeldete Demonstration.
  2. Es geht nicht um eine steuernde Einflussnahme auf den politischen Meinungsbildungsprozess, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht im Düsseldorfer Fall festgestellt hat. Vielmehr empfiehlt die Stadt Rottweil ihren Bürgerinnen und Bürgern, den sogenannten ‚Spaziergängen‘ fernzubleiben, da diese sowohl gegen das Versammlungsgesetz (Notwendigkeit der Anmeldung, Benennung eines Versammlungsleiters und der zu erwartenden Personenzahl) als auch gegen Vorgaben des Infektionsschutzes (Abstandsgebot, Maskenpflicht) verstoßen. Neben dem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Infektionen besteht auch ein erhöhtes Unfall- und Verletzungsrisiko, da die Behörden im Vorfeld mit dem Veranstalter keine Absprachen zur Absicherung der Versammlung (Umzugsstrecke, Absperrungen etc.) treffen können.
  3. Die Stadt Rottweil sieht sich angesichts der sich zuspitzenden pandemischen Situation verpflichtet, die Einhaltung der gültigen staatlichen Bestimmungen zum Infektionsschutz anzumahnen und zur gesellschaftlichen Solidarität aufzurufen. Der Appell ‚Unser Rottweil: Solidarisch – Friedlich – Vernünftig‘ stützt sich dabei auf wissenschaftliche Erkenntnisse und befindet sich im Einklang mit den gültigen Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes Baden-Württemberg.
  4. Die Stadt Rottweil handelt also aus Sorge um das Allgemeinwohl im Sinne des Gesundheits- und Infektionsschutzes und wendet sich mit sachlichen und rational begründeten Argumenten an die Bürgerschaft. Dies ist selbstverständlich zulässig und stellt keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot oder gar gegen Neutralitätspflichten einer Kommune im demokratischen Meinungsbildungsprozess dar.“

Das interessiert diese Woche



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Nach der Berichterstattung der NRWZ, in der wir unter anderem die Frage aufwarfen, ob die Stadt Rottweil bei ihrem Kampf gegen die Corona-„Spaziergänge“ zu weit gehe – und in die wir die Stadtverwaltung einbezogen haben -, geht diese nun in die Offensive. Sie stellt klar, dass sich die Stadt Rottweil nicht gegen eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration wende. Schon deshalb hinke der Vergleich mit einem Verfassungsgerichtsurteil aus dem Jahre 2017.

Die „Spaziergängerin“ und AfD-Stadträtin Margit Pfriender hatte zunächst die Frage aufgeworfen, ob die Stadtverwaltung Rottweil mit ihrer Aufforderung, sich nicht den „Spaziergängern“ anzuschließen, gegen das ihr auferlegte Neutralitätsgebot verstoße. „Die Spaziergänger sind dafür bekannt, gegenüber bundes- und landespolitischen Maßnahmen in Bezug auf Corona kritisch eingestellt zu sein, während die Stadtverwaltung offensichtlich mit städtischen Geldmitteln, aber auch mit der Infrastruktur der Stadtverwaltung und dem Gewicht der Stadtverwaltung im Meinungskampf meint, die Gegenmeinung repräsentieren zu müssen“, schrieb Pfriender. Dem hatte die Stadt direkt widersprochen: „Die Stadtverwaltung sieht das Neutralitätsgebot im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts-Urteils gewährleistet. Es ging und geht ausschließlich darum, sachlich auf die Einhaltung staatlicher Corona-Regelungen und Empfehlungen bezüglich der Coronapandemie hinzuweisen.“

Angesichts von Bannern an Gebäuden wie dem Alten Rathaus, einer digitalen Unterschriftenaktion, von Videos mit Bürgerinnen und Bürgern und nun auch einem Aufruf per E-Mail an Vereine fragte die NRWZ am Samstag: Geht die Stadtverwaltung damit zu weit? Immerhin wendeten sich diese Maßnahmen direkt gegen die sogenannten „Spaziergänge“. So forderte die Stadtverwaltung die Bürger dazu auf, nicht an diesen Demonstrationen teilzunehmen.

Die NRWZ schaute sich daraufhin noch einmal das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts an. Im verhandelten Fall ging es um eine öffentliche Versammlung mit dem Motto „Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Die Stadt Düsseldorf hatte auf diese reagiert und das Motto: „Lichter aus! Düsseldorf setzt Zeichen gegen Intoleranz“ ausgerufen. Die NRWZ arbeitete auch die Unterschiede heraus: In Düsseldorf gab es eine Veranstalterin des Protests, die die Versammlung ordnungsgemäß angemeldet hatte. Es gab anschließend eine Klägerin gegen die Aktion von Stadtverwaltung und Oberbürgermeister. Die Corona-„Spaziergänge“ dagegen sind auch in Rottweil vorgeblich spontan und unorganisiert. Einen Veranstalter gibt es nicht.

Nun stellt die Stadt Rottweil klar, wie es aus ihrer Sicht aussieht:

„In der medialen Berichterstattung und in den Sozialen Netzwerken wird die Frage aufgeworfen, ob die Aktionen der Stadt Rottweil unter dem Motto ‚Corona ist kein Spaziergang‘ und der Aufruf ‚Unser Rottweil – Solidarisch – Friedlich – Vernünftig‘ mit geltendem Recht vereinbar sind“, so die Stadtverwaltung. Insbesondere werde in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Stadt Düsseldorf verwiesen (BVerwG 10 C 6.1).

„Hierzu möchten wir klarstellen:

  1. Im Unterschied zum Düsseldorfer Fall wendet sich die Stadt Rottweil nicht gegen eine nach dem Versammlungsgesetz ordnungsgemäß angemeldete Demonstration.
  2. Es geht nicht um eine steuernde Einflussnahme auf den politischen Meinungsbildungsprozess, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht im Düsseldorfer Fall festgestellt hat. Vielmehr empfiehlt die Stadt Rottweil ihren Bürgerinnen und Bürgern, den sogenannten ‚Spaziergängen‘ fernzubleiben, da diese sowohl gegen das Versammlungsgesetz (Notwendigkeit der Anmeldung, Benennung eines Versammlungsleiters und der zu erwartenden Personenzahl) als auch gegen Vorgaben des Infektionsschutzes (Abstandsgebot, Maskenpflicht) verstoßen. Neben dem erhöhten Gesundheitsrisiko durch Infektionen besteht auch ein erhöhtes Unfall- und Verletzungsrisiko, da die Behörden im Vorfeld mit dem Veranstalter keine Absprachen zur Absicherung der Versammlung (Umzugsstrecke, Absperrungen etc.) treffen können.
  3. Die Stadt Rottweil sieht sich angesichts der sich zuspitzenden pandemischen Situation verpflichtet, die Einhaltung der gültigen staatlichen Bestimmungen zum Infektionsschutz anzumahnen und zur gesellschaftlichen Solidarität aufzurufen. Der Appell ‚Unser Rottweil: Solidarisch – Friedlich – Vernünftig‘ stützt sich dabei auf wissenschaftliche Erkenntnisse und befindet sich im Einklang mit den gültigen Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes Baden-Württemberg.
  4. Die Stadt Rottweil handelt also aus Sorge um das Allgemeinwohl im Sinne des Gesundheits- und Infektionsschutzes und wendet sich mit sachlichen und rational begründeten Argumenten an die Bürgerschaft. Dies ist selbstverständlich zulässig und stellt keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot oder gar gegen Neutralitätspflichten einer Kommune im demokratischen Meinungsbildungsprozess dar.“

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