Samstag, 20. April 2024

„Ärmel hochkrempeln“

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Mit ein paar Wochen Verspätung hat am Donnerstagabend Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr ihre Haushaltsrede gehalten. Als der Haushalt eingebracht wurde, war sie an Corona erkrankt.

„Mit jedem Haushaltsplan, den wir als Gremium verabschieden, greifen wir einmal tief und mutig in den Farbtopf der Geschichte und verleihen der Vision vom Schramberg der Zukunft Farbe und Leuchtkraft“, versicherte sie zu Beginn ihrer Rede. Aus blassen Zahlen würden übers Jahr „lachende Kindergartenkinder, leckere Schulmittagessen oder sportliche Erfolge in frisch sanierten Sportstätten“.

Sie erläuterte, dass es neben den Pflichtaufgaben eben auch freiwillige Aufgaben gebe, wie das Hallenbad, die Musikschule, den Theaterring oder den Erhalt der Villa Junghans. Das Angebot solcher freiwilligen Leistungen sei „für eine Stadt unserer Größenordnung unheimlich groß“. Das sollte man sich immer mal wieder bewusst machen, findet Eisenlohr.

Krisenbewältigung

Ein Haushaltplan sei im Idealfall ein „perfektes Instrument zur strategischen Steuerung“. Allerdings kämen von außen Einflüsse wie Corona oder Ukraine-Krieg, die die Kommune kaum beeinflussen könne. „Krieg in Europa – was für ein Tiefschlag.“

Seit Kriegsbeginn seien 288 Ukrainerinnen und Ukrainer nach Schramberg gekommen. 224 seien noch in der Stadt. Aber auch andere Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien und anderen Ländern habe Schramberg aufgenommen. Eisenlohr lobte alle Beteiligten, die geholfen hätten, die Geflüchteten unterzubringen und zu unterstützen. Sie erwähnte die sieben Willkommensklassen an vier Schulen. „Solidarität und Gemeinsinn funktionieren bei uns sehr gut.“

Wegen der vielen Krisen sei die Verwaltung gezwungen gewesen, immer wieder Aufgaben „kurzerhand zur Seite zu schieben und sich dann auf das zu konzentrieren, was die Krise als Nächstes brauche“, so Eisenlohr. Derzeit beschäftige sich ein städtischer Krisenstab mit den Folgen eines Black outs. Man bereite Notfalltreffpunkte und Wärmeinseln vor.

Unter dem Beifall des Rats dankte Eisenlohr den in der Stadtverwaltung Beschäftigten für ihre Einsatzbereitschaft und Flexibilität.

Sozialhilfe

Sie erwähnte die Rückdelegation der Sozialhilfe an das Landratsamt. Die Abteilung habe sich aufgrund ständiger Personalengpässe leider nicht in Schramberg halten lassen. „Für die Menschen in Schramberg bleiben mit der Servicestelle Soziales, der Wohngeld- und der Rentenstelle drei kompetente Ansprechpartnerinnen vor Ort“, betonte sie gleichwohl.

2023 sei Zeit für einen Neuanfang. Vom 2009 verabschiedeten Programm Step 2020+ seien etwa 35 Prozent umgesetzt. Sie wolle ein Stadtentwicklungsprogramm 2035 auf den Weg bringen. Das sei für sie „das zentrale Instrument, um unsere Zukunftsvision für Schramberg zu diskutieren, zu überprüfen und festzulegen“. Dabei komme es auf den Mix von großen und kleinen Projekten an.

Gut im Planen…

Wie schon früher hapere es nicht an Plänen, sondern bei der Umsetzung, so Eisenlohr. Es gebe „mehr kühnes Planen als beherztes Umsetzen“, kritisierte sie. Neben den Krisen habe das mehrere Gründe.

Im Jahr 2022 seien auf dem Markt die Preise für Bauleistungen enorm gestiegen. Sie hoffe auf Entspannung im kommenden Jahr. Weiter fehle es an Personal, Stellen blieben unbesetzt, Mitarbeiter erkrankten oder ließen sich aus familiären Gründen beurlauben. Und schließlich fordere der Gemeinderat zu viele Projekte, die nicht umsetzbar sind, weil die Ressourcen fehlten.

Eisenlohr will beim Personal gegensteuern und beispielsweise in der Bauabteilung aufstocken. Außerdem möchte sie Vorhaben gemeinsam mit dem Rat priorisieren, „deren Erfüllung wir dann konsequent verfolgen“.

Rathausbelegschaft altert

In ihrer Haushaltsrede hat OB Eisenlohr daran erinnert, dass in den kommenden Jahren mehr als ein Viertel der Belegschaft ins Rentenalter kommt. Der Generationenwechsel sei auch eine große Chance. Es brauche von allen Beteiligten „Offenheit und Kompromissbereitschaft – zwei Eigenschaften, auf die wir auch bei der Personalgewinnung künftig vermehrt achten werden“, so Eisenlohr.

Sie durchleuchte auch die „zum Teil Jahrzehnte alten Strukturen in der Stadtverwaltung“ und plane Änderungen in den nächsten Jahren, kündigte sie an.

Es gehe darum, Synergien zwischen Fachbereichen und Abteilungen zu nutzen und Probleme interdisziplinär zu lösen. „Was zählt, ist das gemeinsame gute Ergebnis – nicht mehr, und nicht weniger.“

OB Eisenlohr. Foto: him

Gewerbesteuer sprudelt

Bei den Haushaltszahlen hat OB Eisenlohr auf die 2023 zu erwartenden hohen Gewerbesteuereinnahmen von knapp 25 Millionen Euro hingewiesen. Auch bei der Einkommens- und Umsatzsteuer erwarte die Kämmerei mehr Geld. Damit sollte das bestehende Minus ausgeglichen und Geld für den Schulcampus zurückgelegt werden.

Bei den Ausgaben sei der größte Posten das Personal. Bei den Ausgaben für Energie rechnet Eisenlohr mit 750.000 Euro Mehrausgaben wegen der Preiserhöhungen. Im Finanzhaushalt sei erstmals seit Jahren ein Programm von unter 20 Millionen Euro vorgesehen gewesen. Wegen der Wünsche nach einem Wohnmobilstellplatz und einer Straßensanierung in Tennenbronn komme man nun doch wieder über 20 Millionen.

Schwerpunkt Kitas und Schulen

Im Bereich Kinderbetreuung würden gut sechs Millionen Euro investiert, bei den Schulen 1,8 Millionen Euro. Mittel- und langfristig stünden der Schulcampus und die Sanierung der Grund- und Werkrealschule Sulgen an. Der drittgrößte Posten sei der Radweg Sulgen Mariazell, denn Bund, Land und Landkreis zu 95 Prozent zahlten.

Hinzu kämen mittel- und langfristig die Hallenprojekte und die weiter benötigten Kindergartenplätze. Schließlich dürfe man den Innovationspark Schießacker nicht unterschätzen. An den Rat gewandt meinte Eisenlohr: „Wir dürfen üben, auch mal ‚nein‘ zu sagen und die darauffolgenden kommunalpolitischen Wellen auszuhalten…“

Am Ende stand der Dank an die Kämmerei, die übrige Verwaltung, den Gemeinderat, die Ortschaftsräte und die Presse. Sie schloss mit der Aufforderung: „Lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln, und gemeinsam arbeiten, für Schramberg, für unsere wunderschöne Stadt und ihre Menschen.“

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Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.