Coronakrise: Auch Schramberg muss sparen

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SCHRAMBERG  (him) –   Nach mehreren erfreulichen Tagesordnungspunkten hatte Stadtkämmerer Klemens Walter im Gemeinderat eine weniger angenehme Rolle: Die, wie er selbst sagte, des „Spielverderbers“: Er stellte den Jahresabschluss 2018 vor und  die Vorschläge der Stadt für eine „hauswirtschaftliche Sperre nach Paragraph 29 der Gemeindehaushaltsverordnung“.

Eigentlich müsste er den Abschluss 2019 vorlegen, wusste Walter, man sei aber durch Personalwechsel bisher einfach noch nicht dazugekommen. „Vor der Sommerpause“ werde der Abschluss 2019 aber vorliegen, versprach er. Für 2018 habe er „erfreuliche Zahlen“, so der Kämmerer. Dank guter Gewerbesteuereinnahmen und Minderausgaben lag das Ergebnis bei 3,7 Millionen Euro.

Beim Finanzergebnis sei 2018 „mittelprächtig“ gewesen. Bei den Investitionen sei  nur etwa die Hälfte der geplanten Projekte auch umgesetzt worden. Die Liquidität schrumpfe von 30 Millionen auf 20 Millionen im vergangenen Jahr. Sie sei aber auch gesunken, weil die Stadt  keine neuen Kredite aufgenommen hat. Der Rat hat den  Abschluss 2018 einstimmig ohne lange Debatten  genehmigt.

2020: Fünf Millionen Euro Gewerbesteuer weniger

Diskussionsfreudiger war das Gremium bei Walters nächstem Thema: der angekündigten Haushaltssperre. Walter hatte zunächst über die gegenwärtige Lage berichtet: Bei der Gewerbesteuer liege die Stadt wegen der Corona-Krise derzeit etwa 2,1 Millionen Euro unter Plan. Eigentlich sei das Minus wesentlich dramatischer: Etwa fünf Millionen Euro seien aktuell weniger geflossen. Dank Nachzahlungen aus guten Vorjahren von 2,6 Millionen sehe es gegenwärtig nicht gar so schlimm aus: „Für 2021 wird es vielleicht nur 16 Millionen Euro geben, und die Liquidität würde weiter auf zehn Millionen Euro sinken“, machte Walter deutlich.

Insgesamt rechne er mit 2,6 Millionen Euro Mindereinnahmen. „Wenn eine solche Situation sich ergibt, muss man Dinge überdenken und aufschieben.“ Das sei der Sinn einer haushaltswirtschaftlichen Sperre. Sie sei kurzfristig machbar und solle einen Nachtragshaushalt vermeiden. Man müsse das machen, wenn der Haushalt aus dem Gleichgewicht komme. „Für mich ist das kein Tagesgeschäft.“ Bei einer Haushaltskonsolidierung gehe es um die nachhaltige und langfristige Verbesserung des Ergebnishaushalts.

Sparvorschläge genau geprüft

Zusammen mit den Fachbereichen habe die Kämmerei geprüft, welche Ausgaben man schieben könnte und wo man einmalig etwa 30 Prozent kürzen könnte. Manche Sachkosten seien fix, wie Versicherungen oder Energiekosten. Bei den Kürzungsvorschlägen sei „nichts fixiert“, so Walter, der Gemeinderat entscheide. Seine Vorschläge brächten unter dem Strich etwa 2,7 Millionen Euro und würden das erwartete Loch so eben ausgleichen.

Bevor die eigentliche Diskussion begann, hat die geschäftsführende Schulleiterin Tanja Witkowski  auf die schwierige Situation der Schulen in Corona-Zeiten hingewiesen (wir haben berichtet).

CDU-Fraktionssprecher Thomas Brantner bemängelte, dass die Verwaltung nicht die aktuellen Zahlen für 2019 vorlegen könne. Seine Fraktion sei  nach der Vorlage der Meinung gewesen, die erwarteten gut zwei Millionen Euro weniger in der Kasse seien „kein Anlass für eine Haushaltssperre“. Nach Walters Vortrag sähen die Zahlen ein wenig anders aus. „Wir haben nun mehrere Stunden im Nebel diskutiert“, beklagt Brantner. Aber wenn die Liquidität von 30 auf zehn Millionen sinke, sei das bedenklich. Man wisse auch nicht, was das zweite Halbjahr bringe.

Antizyklisches Verhalten

Tanja Witkowski  betonte für die SPD-Buntspechtfraktion, dass die öffentliche Hand in Krisenzeiten eigentlich nicht sparen sollte, um die Wirtschaft nicht noch weiter abzuwürgen. Andererseits sei es die Verantwortung des Kämmerers, dem Rat solche Sparvorschläge zu unterbreiten. Sie fragte nach möglichen Hilfen vom Bund und Land, und ob das Regierungspräsidium eine höhere Verschuldung akzeptieren würde.

Die Sperre nannte Witkowski eine Vorsichtsmaßnahme. „Sollte sich die Lage bessern, können wir die Bremse auch wieder lockern.“ Freie-Liste-Sprecher Udo Neudeck lobte die Verwaltung, nicht gleich wie andere Kommunen eine Vollbremsung hinzulegen. Die Sparvorschläge trage seine Fraktion mit.

Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) riet zur Vorsicht. Das Regierungspräsidium mahne immer wieder bei den Haushaltserlassen, dass Schramberg mehr sparen müsse. Der beschlossene Schulcampus sei ein „Projekt, das uns viele Jahre einschränkt“. Die anderen Fraktionen hätten ihre Projekte, die sie umsetzen wollten.

Jürgen Winter (CDU) erinnerte an die Panikreaktion vor einigen Jahren, als man wegen ein paar tausend Euro für das Schlachthaus in Waldmössingen stritt. Stattdessen solle der Rat ein „positives Signal nach außen senden“. Emil Rode (Freie Liste) riet zum antizyklischen Verhalten und zugleich zur Vorsicht.

CDU kritisiert Haltung der „Aktiven Bürger“

Dominik Dieterle (CDU) erinnerte Reuter daran, dass die Haushalterlasse immer ein schlechteres Bild gespiegelt hätten, als es die Ergebnisse am Jahresende erbrachten. Mit dem Begriff der Haushaltssperre tue er sich schwer. „Das klingt, als ob morgen kein Geld mehr da ist.“

Sein Fraktionskollege Clemens Maurer kritisierte ebenfalls Reuter. Dessen Aussage von „Projekten der anderen Fraktionen“, sei falsch. „Es gibt keine Projekte von CDU, SPD-Buntspecht oder freier Liste.“ Die Projekte fänden sich im Haushaltsplan, dem die „Aktiven Bürger“ ebenfalls zugestimmt hätten.

Große Mehrheit für Sparvorschläge

Der Begriff „Haushaltswirtschaftliche Sperre“ stehe eben im Gesetz, bedauerte Kämmerer Walter. Nach einer von der CDU-Fraktion erbetenen Unterbrechung schlug Brantner vor, beim Ergebnishaushalt die vorgeschlagenen Kürzungen zu beschließen, bei den Investitionen aber keine Sperre vorzusehen. Bei nur acht Ja-Stimmen lehnte der Rat diesen Vorschlag ab und nahm schließlich bei 17 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen den Verwaltungsvorschlag an.

 Info: Auf  der Homepage der Stadt im Bereich „Kommunalpolitik“ kann man unter https://www.schramberg.de/de/Unsere-Stadt/Rathaus/Kommunalpolitik/Sitzungen/2020/Tagesordnung-vom-28.05.2020 den Tagesordnungspunkt 12 anklicken und dort im Anhang die Sparvorschläge finden.

Das interessiert diese Woche



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SCHRAMBERG  (him) –   Nach mehreren erfreulichen Tagesordnungspunkten hatte Stadtkämmerer Klemens Walter im Gemeinderat eine weniger angenehme Rolle: Die, wie er selbst sagte, des „Spielverderbers“: Er stellte den Jahresabschluss 2018 vor und  die Vorschläge der Stadt für eine „hauswirtschaftliche Sperre nach Paragraph 29 der Gemeindehaushaltsverordnung“.

Eigentlich müsste er den Abschluss 2019 vorlegen, wusste Walter, man sei aber durch Personalwechsel bisher einfach noch nicht dazugekommen. „Vor der Sommerpause“ werde der Abschluss 2019 aber vorliegen, versprach er. Für 2018 habe er „erfreuliche Zahlen“, so der Kämmerer. Dank guter Gewerbesteuereinnahmen und Minderausgaben lag das Ergebnis bei 3,7 Millionen Euro.

Beim Finanzergebnis sei 2018 „mittelprächtig“ gewesen. Bei den Investitionen sei  nur etwa die Hälfte der geplanten Projekte auch umgesetzt worden. Die Liquidität schrumpfe von 30 Millionen auf 20 Millionen im vergangenen Jahr. Sie sei aber auch gesunken, weil die Stadt  keine neuen Kredite aufgenommen hat. Der Rat hat den  Abschluss 2018 einstimmig ohne lange Debatten  genehmigt.

2020: Fünf Millionen Euro Gewerbesteuer weniger

Diskussionsfreudiger war das Gremium bei Walters nächstem Thema: der angekündigten Haushaltssperre. Walter hatte zunächst über die gegenwärtige Lage berichtet: Bei der Gewerbesteuer liege die Stadt wegen der Corona-Krise derzeit etwa 2,1 Millionen Euro unter Plan. Eigentlich sei das Minus wesentlich dramatischer: Etwa fünf Millionen Euro seien aktuell weniger geflossen. Dank Nachzahlungen aus guten Vorjahren von 2,6 Millionen sehe es gegenwärtig nicht gar so schlimm aus: „Für 2021 wird es vielleicht nur 16 Millionen Euro geben, und die Liquidität würde weiter auf zehn Millionen Euro sinken“, machte Walter deutlich.

Insgesamt rechne er mit 2,6 Millionen Euro Mindereinnahmen. „Wenn eine solche Situation sich ergibt, muss man Dinge überdenken und aufschieben.“ Das sei der Sinn einer haushaltswirtschaftlichen Sperre. Sie sei kurzfristig machbar und solle einen Nachtragshaushalt vermeiden. Man müsse das machen, wenn der Haushalt aus dem Gleichgewicht komme. „Für mich ist das kein Tagesgeschäft.“ Bei einer Haushaltskonsolidierung gehe es um die nachhaltige und langfristige Verbesserung des Ergebnishaushalts.

Sparvorschläge genau geprüft

Zusammen mit den Fachbereichen habe die Kämmerei geprüft, welche Ausgaben man schieben könnte und wo man einmalig etwa 30 Prozent kürzen könnte. Manche Sachkosten seien fix, wie Versicherungen oder Energiekosten. Bei den Kürzungsvorschlägen sei „nichts fixiert“, so Walter, der Gemeinderat entscheide. Seine Vorschläge brächten unter dem Strich etwa 2,7 Millionen Euro und würden das erwartete Loch so eben ausgleichen.

Bevor die eigentliche Diskussion begann, hat die geschäftsführende Schulleiterin Tanja Witkowski  auf die schwierige Situation der Schulen in Corona-Zeiten hingewiesen (wir haben berichtet).

CDU-Fraktionssprecher Thomas Brantner bemängelte, dass die Verwaltung nicht die aktuellen Zahlen für 2019 vorlegen könne. Seine Fraktion sei  nach der Vorlage der Meinung gewesen, die erwarteten gut zwei Millionen Euro weniger in der Kasse seien „kein Anlass für eine Haushaltssperre“. Nach Walters Vortrag sähen die Zahlen ein wenig anders aus. „Wir haben nun mehrere Stunden im Nebel diskutiert“, beklagt Brantner. Aber wenn die Liquidität von 30 auf zehn Millionen sinke, sei das bedenklich. Man wisse auch nicht, was das zweite Halbjahr bringe.

Antizyklisches Verhalten

Tanja Witkowski  betonte für die SPD-Buntspechtfraktion, dass die öffentliche Hand in Krisenzeiten eigentlich nicht sparen sollte, um die Wirtschaft nicht noch weiter abzuwürgen. Andererseits sei es die Verantwortung des Kämmerers, dem Rat solche Sparvorschläge zu unterbreiten. Sie fragte nach möglichen Hilfen vom Bund und Land, und ob das Regierungspräsidium eine höhere Verschuldung akzeptieren würde.

Die Sperre nannte Witkowski eine Vorsichtsmaßnahme. „Sollte sich die Lage bessern, können wir die Bremse auch wieder lockern.“ Freie-Liste-Sprecher Udo Neudeck lobte die Verwaltung, nicht gleich wie andere Kommunen eine Vollbremsung hinzulegen. Die Sparvorschläge trage seine Fraktion mit.

Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) riet zur Vorsicht. Das Regierungspräsidium mahne immer wieder bei den Haushaltserlassen, dass Schramberg mehr sparen müsse. Der beschlossene Schulcampus sei ein „Projekt, das uns viele Jahre einschränkt“. Die anderen Fraktionen hätten ihre Projekte, die sie umsetzen wollten.

Jürgen Winter (CDU) erinnerte an die Panikreaktion vor einigen Jahren, als man wegen ein paar tausend Euro für das Schlachthaus in Waldmössingen stritt. Stattdessen solle der Rat ein „positives Signal nach außen senden“. Emil Rode (Freie Liste) riet zum antizyklischen Verhalten und zugleich zur Vorsicht.

CDU kritisiert Haltung der „Aktiven Bürger“

Dominik Dieterle (CDU) erinnerte Reuter daran, dass die Haushalterlasse immer ein schlechteres Bild gespiegelt hätten, als es die Ergebnisse am Jahresende erbrachten. Mit dem Begriff der Haushaltssperre tue er sich schwer. „Das klingt, als ob morgen kein Geld mehr da ist.“

Sein Fraktionskollege Clemens Maurer kritisierte ebenfalls Reuter. Dessen Aussage von „Projekten der anderen Fraktionen“, sei falsch. „Es gibt keine Projekte von CDU, SPD-Buntspecht oder freier Liste.“ Die Projekte fänden sich im Haushaltsplan, dem die „Aktiven Bürger“ ebenfalls zugestimmt hätten.

Große Mehrheit für Sparvorschläge

Der Begriff „Haushaltswirtschaftliche Sperre“ stehe eben im Gesetz, bedauerte Kämmerer Walter. Nach einer von der CDU-Fraktion erbetenen Unterbrechung schlug Brantner vor, beim Ergebnishaushalt die vorgeschlagenen Kürzungen zu beschließen, bei den Investitionen aber keine Sperre vorzusehen. Bei nur acht Ja-Stimmen lehnte der Rat diesen Vorschlag ab und nahm schließlich bei 17 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen den Verwaltungsvorschlag an.

 Info: Auf  der Homepage der Stadt im Bereich „Kommunalpolitik“ kann man unter https://www.schramberg.de/de/Unsere-Stadt/Rathaus/Kommunalpolitik/Sitzungen/2020/Tagesordnung-vom-28.05.2020 den Tagesordnungspunkt 12 anklicken und dort im Anhang die Sparvorschläge finden.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.