Große Pläne für Sulgen

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„Der Stadtteil Sulgen ist ein bedeutender regionaler sowie überregionaler Industrie und Gewerbestandort.“ So grundsätzlich beginnt Veronika Schneider von der Stadtplanung ihre Vorlage zu einem Rahmenplan für Sulgen. Am vergangenen Donnerstag hat ihr Abteilungsleiter Joschka Joos im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) den Plan vorgestellt und – um es vorweg zu nehmen – viel Lob dafür erhalten.

Schramberg. Sulgen sei historisch stark gewachsen und habe mehr als 7000 Einwohner. Die Betriebe seien vom Tal auf die Höhe gezogen. Dank der guten vorhandene Infrastruktur, Verkehrsanbindung, der günstigen Topografie und verfügbaren Flächen am Ortsrand gebe es weiteres Potential.

Im Rahmenplan seien Ideen und Konzepte aus der Landesgartenschau-Bewerbung und des Stadtentwicklungsprogramms (STEP) 2020 eingeflossen. Auch die schon angedachten Ideen für das nächste Stadtentwicklungsprogramm 2035 würden berücksichtigt.

Der Rahmenplan. Grafik: Stadt

„Wir wollen mit dem Plan Struktur rein bekommen“, so Joos. Es sei ein Rahmenplan für den gesamten Stadtteil, der aber „nicht in Stein gemeißelt“ sei. Ziel sei die Nachverdichtung im Innenbereich, also das Schließen von Baulücken, so Joos. So ließen sich bis zu 20 Bauplätze generieren.

Schießacker und Wittum

Zwei Großprojekten, dem „Innovationspark Schießacker“ und der Entwicklungsfläche Wittum komme ein hoher Stellenwert in der künftigen Entwicklung von Sulgen zu. Mit dem Landschaftspark Wittum soll eine Pufferzone zur Wohnbebauung zwischen dem neuen Innovationspark Schießacker entstehen.

Der Park verfüge über eine Seepromenade, Haus am See und ein gastronomisches Angebot. Gleichzeitig biete das Gebiet durch schattenspendende Bäume und großzügige Grünflächen Rückzugsmöglichkeiten für die Naherholung, heißt es in dem Plan.

Beim Schießacker seien zukunftsfähige Modellprojekte wie ein Mobilitätsknoten mit Busbahnhof, Carsharing und Gebietsparkhäuser geplant, um weiteren extremen Flächenfraß zu vermeiden. Auch ein modernes Regenwassermanagement sei möglich.

Der Schießacker im Rahmenplan rechts.

Osttangente bis zur Bundesstraße

Die seit langem vorgeschlagene Ortsumfahrung Ost-Tangente und ein weiterer Anschluss an die Bundesstraße 462 mit Tankstelle und Rasthof kämen hinzu, berichtete Joos.

Im Bereich Kultur und Soziales ist im Plan eine Fläche für einen möglichen Hochschulcampus eingeplant. Bei den beruflichen Schulen könnte ein Wohnheim für externe Schüler entstehen. Für Freizeit und Sport sollen weitere Flächen im Wittumgelände bereitstehen. Grünachsen im Schießacker sollen auch dem Umwelt- und Klimaschutz dienen.

Kaupp: Langersehnt

Jürgen Kaupp (CDU) fand, „der langersehnte Rahmenplan“ sei hervorragend, er fragte aber: „Haben wir die Kosten im Blick? Übernehmen wir uns nicht mit diesem Vorhaben?“ Aktuell würden dringend Gewerbeflächen gebraucht. Parkhäuser seien „eine super Idee“. Es müsse aber auf das Landesbaurecht geachtet werden.

Joos entgegnete, der Schießacker werde nicht in fünf Jahren komplett umgesetzt. Jetzt könne man in die Detailplanung einsteigen. Zur Finanzierung meinte er, große Gewerbeflächen brächten auch höhere Gewerbesteuereinnahmen. Die Erschließung könne je nach Grundstücksverfügbarkeit auch in Abschnitten erfolgen. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr verwies auf die vorhandenen Gewerbeflächen in Waldmössingen.

Die Skateranlage im Wittumgelände. Archiv-Foto: him

Reuter: Mehr Fragen als Antworten

Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) hatte als Sulgener „mehr Fragen als Antworten“ nach dem Durchlesen des Planes und lehnte den Rahmenplan ab. Er kritisierte den Vorschlag, „bestehende Grünflächen“ zu bebauen und andererseits im Industriegebiet Grünflächen zu schaffen.

Auch bezweifelte er, dass die Stadt die Flächen überhaupt bekomme. Weil das geplante Industriegebiet tiefer als der neue Wittumsee liege, sei er gespannt, wie das Oberflächenwasser von dort in den See fließen soll oder ob es gepumpt werden muss.

Wohngebiete mit den Baulücken.

Der Umzug der Straßenmeisterei des Landkreises sei vergessen worden, so Reuter. „Das sind Baracken.“ Weiter wies er auf die Überalterung in der Bärensiedlung, Wittum und Eckenhof hin, Die Menschen dort würden nach und nach ins Seniorenwohnheim umziehen. Und: „Wenn man über 90 wird, endet irgendwann das Leben.“ Dann gebe es Platz und man müsse keine neuen Baugebiete erschließen, folgerte Reuter.

Stadtplaner Liebrich erläuterte, das Regenwasser in dem von Reuter angesprochenen Bereich werde nicht in den Wittumsee fließen, sondern in ein anderes Retentionsbecken geleitet. Gepumpt werde nicht.

Nahverdichtung muss kommen

Weil die Stadt viele Baulücken habe, müsse sie den Fokus auf die Nachverdichtung legen. „Wohngebiete im Außenbereich werden wir so schnell nicht mehr genehmigt bekommen.“ Die Grünflächen seien seit Jahrzehnten als Baugebiete erschlossen. Die Grünzonen im Industriegebiet dienten auch dem ökologischen Ausgleich im Gebiet und verbesserten das Kleinklima.

Zur Straßenmeisterei meinte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, man habe dem Kreis zugesagt, sie könne dort bleiben. Joos ergänzte, es gebe auch einen Alternativstandort, so der Kreis das wünsche. Eisenlohr bestätigte, die demografischen Veränderungen. Immer wieder kämen Häuser im Eckenhof auf den Markt. In der Bärensiedlung würde die kleinen Häuschen umgebaut. Da müsse man an eine Änderung des Bebauungsplans denken.

Rode: Zu langsam

Von Thomas Brugger (CDU) gab es ein großes Lob für den Gesamtüberblick. Emil Rode (Freie Liste) fand, die Verwaltung habe weit gedacht. Ihm gehe es aber zu langsam. „Wir können Firmen nichts anbieten und dann kann es sein, dass sie wegziehen.“ Der Schießacker sehe 60 Jahre gleich aus.

Viel Platz im Schießacker.

Joos entgegnete, der Schießacker sei auch „eine andere Hausnummer als ein normales Gewerbegebiet“. Die Stadt sei beim Grunderwerb nicht untätig gewesen. Wirtschaftsförderer Ralf Heinzelmann berichtete, bei den Grundstücksverhandlungen mit denen, die freiwillig verkaufen wollen, sei man so gut wie fertig. Beim freiwilligen Erwerb sei man zu 98 Prozent durch. Es gebe aber noch den Wunsch nach Tauschflächen, den die Stadt bisher nicht erfüllen könne.

Auf Nachfrage von Rode, wann es im Gewerbegebiet Sulgen-Ost losgehe, berichtete Heinzelmann, bis auf ein Grundstück, das die Stadt zurückhalte, seien alle Grundstücke verkauft.

Volker Liebermann (ÖDP) fragte zum Schießacker, wie viel der benötigten Gesamt-Fläche der Stadt inzwischen gehöre. Das seien etwa 60 Prozent, so Heinzelmann.

Witkowski: Werbung für Sulgen

Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) meinte, wenn alles so komme, sei das „eine Werbung für den Sulgen“. Für das heikle Thema Flächenverbrauch seien gute Lösungen gefunden worden. Um Fachkräfte zu finden, sei ein attraktives Wohnumfeld wichtig.

Im Schoren wird gebaut. Foto: him

Oskar Rapp (Freie Liste) fragte sich, ob die Ost-Tangente mit dem Landkreis abgestimmt sei. Dazu sei noch ein Planfeststellungsverfahren erforderlich, so Joos. Fachbereichsleiter Bent Liebrich berichtete, die Stadt sei mit dem Regierungspräsidium Freiburg und dem Landratsamt Rottweil in ständigem Kontakt. „Wir sind da auf aktuellem Stand“, versicherte Liebrich.

Reuter wies darauf hin, dass mit der Ost-Umfahrung die Straßenbaulast der alten Strecke auf die Stadt übergehen werde und die Stadt dann zahlen müsse. Schließlich stimmten neun Ausschussmitglieder für die Empfehlung an den Gemeinderat, Reuter war dagegen.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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„Der Stadtteil Sulgen ist ein bedeutender regionaler sowie überregionaler Industrie und Gewerbestandort.“ So grundsätzlich beginnt Veronika Schneider von der Stadtplanung ihre Vorlage zu einem Rahmenplan für Sulgen. Am vergangenen Donnerstag hat ihr Abteilungsleiter Joschka Joos im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) den Plan vorgestellt und – um es vorweg zu nehmen – viel Lob dafür erhalten.

Schramberg. Sulgen sei historisch stark gewachsen und habe mehr als 7000 Einwohner. Die Betriebe seien vom Tal auf die Höhe gezogen. Dank der guten vorhandene Infrastruktur, Verkehrsanbindung, der günstigen Topografie und verfügbaren Flächen am Ortsrand gebe es weiteres Potential.

Im Rahmenplan seien Ideen und Konzepte aus der Landesgartenschau-Bewerbung und des Stadtentwicklungsprogramms (STEP) 2020 eingeflossen. Auch die schon angedachten Ideen für das nächste Stadtentwicklungsprogramm 2035 würden berücksichtigt.

Der Rahmenplan. Grafik: Stadt

„Wir wollen mit dem Plan Struktur rein bekommen“, so Joos. Es sei ein Rahmenplan für den gesamten Stadtteil, der aber „nicht in Stein gemeißelt“ sei. Ziel sei die Nachverdichtung im Innenbereich, also das Schließen von Baulücken, so Joos. So ließen sich bis zu 20 Bauplätze generieren.

Schießacker und Wittum

Zwei Großprojekten, dem „Innovationspark Schießacker“ und der Entwicklungsfläche Wittum komme ein hoher Stellenwert in der künftigen Entwicklung von Sulgen zu. Mit dem Landschaftspark Wittum soll eine Pufferzone zur Wohnbebauung zwischen dem neuen Innovationspark Schießacker entstehen.

Der Park verfüge über eine Seepromenade, Haus am See und ein gastronomisches Angebot. Gleichzeitig biete das Gebiet durch schattenspendende Bäume und großzügige Grünflächen Rückzugsmöglichkeiten für die Naherholung, heißt es in dem Plan.

Beim Schießacker seien zukunftsfähige Modellprojekte wie ein Mobilitätsknoten mit Busbahnhof, Carsharing und Gebietsparkhäuser geplant, um weiteren extremen Flächenfraß zu vermeiden. Auch ein modernes Regenwassermanagement sei möglich.

Der Schießacker im Rahmenplan rechts.

Osttangente bis zur Bundesstraße

Die seit langem vorgeschlagene Ortsumfahrung Ost-Tangente und ein weiterer Anschluss an die Bundesstraße 462 mit Tankstelle und Rasthof kämen hinzu, berichtete Joos.

Im Bereich Kultur und Soziales ist im Plan eine Fläche für einen möglichen Hochschulcampus eingeplant. Bei den beruflichen Schulen könnte ein Wohnheim für externe Schüler entstehen. Für Freizeit und Sport sollen weitere Flächen im Wittumgelände bereitstehen. Grünachsen im Schießacker sollen auch dem Umwelt- und Klimaschutz dienen.

Kaupp: Langersehnt

Jürgen Kaupp (CDU) fand, „der langersehnte Rahmenplan“ sei hervorragend, er fragte aber: „Haben wir die Kosten im Blick? Übernehmen wir uns nicht mit diesem Vorhaben?“ Aktuell würden dringend Gewerbeflächen gebraucht. Parkhäuser seien „eine super Idee“. Es müsse aber auf das Landesbaurecht geachtet werden.

Joos entgegnete, der Schießacker werde nicht in fünf Jahren komplett umgesetzt. Jetzt könne man in die Detailplanung einsteigen. Zur Finanzierung meinte er, große Gewerbeflächen brächten auch höhere Gewerbesteuereinnahmen. Die Erschließung könne je nach Grundstücksverfügbarkeit auch in Abschnitten erfolgen. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr verwies auf die vorhandenen Gewerbeflächen in Waldmössingen.

Die Skateranlage im Wittumgelände. Archiv-Foto: him

Reuter: Mehr Fragen als Antworten

Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) hatte als Sulgener „mehr Fragen als Antworten“ nach dem Durchlesen des Planes und lehnte den Rahmenplan ab. Er kritisierte den Vorschlag, „bestehende Grünflächen“ zu bebauen und andererseits im Industriegebiet Grünflächen zu schaffen.

Auch bezweifelte er, dass die Stadt die Flächen überhaupt bekomme. Weil das geplante Industriegebiet tiefer als der neue Wittumsee liege, sei er gespannt, wie das Oberflächenwasser von dort in den See fließen soll oder ob es gepumpt werden muss.

Wohngebiete mit den Baulücken.

Der Umzug der Straßenmeisterei des Landkreises sei vergessen worden, so Reuter. „Das sind Baracken.“ Weiter wies er auf die Überalterung in der Bärensiedlung, Wittum und Eckenhof hin, Die Menschen dort würden nach und nach ins Seniorenwohnheim umziehen. Und: „Wenn man über 90 wird, endet irgendwann das Leben.“ Dann gebe es Platz und man müsse keine neuen Baugebiete erschließen, folgerte Reuter.

Stadtplaner Liebrich erläuterte, das Regenwasser in dem von Reuter angesprochenen Bereich werde nicht in den Wittumsee fließen, sondern in ein anderes Retentionsbecken geleitet. Gepumpt werde nicht.

Nahverdichtung muss kommen

Weil die Stadt viele Baulücken habe, müsse sie den Fokus auf die Nachverdichtung legen. „Wohngebiete im Außenbereich werden wir so schnell nicht mehr genehmigt bekommen.“ Die Grünflächen seien seit Jahrzehnten als Baugebiete erschlossen. Die Grünzonen im Industriegebiet dienten auch dem ökologischen Ausgleich im Gebiet und verbesserten das Kleinklima.

Zur Straßenmeisterei meinte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, man habe dem Kreis zugesagt, sie könne dort bleiben. Joos ergänzte, es gebe auch einen Alternativstandort, so der Kreis das wünsche. Eisenlohr bestätigte, die demografischen Veränderungen. Immer wieder kämen Häuser im Eckenhof auf den Markt. In der Bärensiedlung würde die kleinen Häuschen umgebaut. Da müsse man an eine Änderung des Bebauungsplans denken.

Rode: Zu langsam

Von Thomas Brugger (CDU) gab es ein großes Lob für den Gesamtüberblick. Emil Rode (Freie Liste) fand, die Verwaltung habe weit gedacht. Ihm gehe es aber zu langsam. „Wir können Firmen nichts anbieten und dann kann es sein, dass sie wegziehen.“ Der Schießacker sehe 60 Jahre gleich aus.

Viel Platz im Schießacker.

Joos entgegnete, der Schießacker sei auch „eine andere Hausnummer als ein normales Gewerbegebiet“. Die Stadt sei beim Grunderwerb nicht untätig gewesen. Wirtschaftsförderer Ralf Heinzelmann berichtete, bei den Grundstücksverhandlungen mit denen, die freiwillig verkaufen wollen, sei man so gut wie fertig. Beim freiwilligen Erwerb sei man zu 98 Prozent durch. Es gebe aber noch den Wunsch nach Tauschflächen, den die Stadt bisher nicht erfüllen könne.

Auf Nachfrage von Rode, wann es im Gewerbegebiet Sulgen-Ost losgehe, berichtete Heinzelmann, bis auf ein Grundstück, das die Stadt zurückhalte, seien alle Grundstücke verkauft.

Volker Liebermann (ÖDP) fragte zum Schießacker, wie viel der benötigten Gesamt-Fläche der Stadt inzwischen gehöre. Das seien etwa 60 Prozent, so Heinzelmann.

Witkowski: Werbung für Sulgen

Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) meinte, wenn alles so komme, sei das „eine Werbung für den Sulgen“. Für das heikle Thema Flächenverbrauch seien gute Lösungen gefunden worden. Um Fachkräfte zu finden, sei ein attraktives Wohnumfeld wichtig.

Im Schoren wird gebaut. Foto: him

Oskar Rapp (Freie Liste) fragte sich, ob die Ost-Tangente mit dem Landkreis abgestimmt sei. Dazu sei noch ein Planfeststellungsverfahren erforderlich, so Joos. Fachbereichsleiter Bent Liebrich berichtete, die Stadt sei mit dem Regierungspräsidium Freiburg und dem Landratsamt Rottweil in ständigem Kontakt. „Wir sind da auf aktuellem Stand“, versicherte Liebrich.

Reuter wies darauf hin, dass mit der Ost-Umfahrung die Straßenbaulast der alten Strecke auf die Stadt übergehen werde und die Stadt dann zahlen müsse. Schließlich stimmten neun Ausschussmitglieder für die Empfehlung an den Gemeinderat, Reuter war dagegen.

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