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Thomas Poller kritisiert: „Gefälligkeitsgutachten“

Gut Berneck: Steim appelliert an Denkmalschützer +++ aktualisiert

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Steht der gesamte restliche Park unter Gut Berneck bis hinunter an die Gärten der Häuser an der Schillerstraße unter Denkmalschutz oder nur der Bereich bis unterhalb der „Burgfried“ genannten Mauer? Im Zusammenhang mit dem Sanierungsgebiet Bühlepark und einem Investorenwettbewerb für das ehemalige Krankenhausgelände ist diese Frage von Bedeutung. Bei diesem Wettbewerb hatte die Stadt nämlich den Bau von einer Häuserreihe unterhalb von Gut Berneck für möglich erachtet.

Schramberg. Der Miteigentümer von Gut Berneck, Dr. Hans-Jochem Steim sieht das anders. Er ist überzeugt, dass Gut Berneck in Gesamtheit mit dem Park und dem Waldstück mit dem Mausoleum unter Denkmalschutz stehen.

Die Stadtverwaltung hatte sich daraufhin ans Landesdenkmalamt gewandt und um eine Klärung dieser Frage gebeten. Am 20. Oktober hatte das Landesdenkmalamt Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr geschrieben und darin die Sicht der Stadt bestätigt. Dr. P. J. ( Auf Wunsch des Landesdenkmalamts haben wir den Namen anonymisiert.) schrieb, seine Behörde betrachte den unteren Teil des Parks nicht mehr als denkmalschutzwürdig: Bei der betroffenen Fläche handle es sich „nur noch um den Rest einer ursprünglich erheblich größeren Parkanlage einer älteren, heute nicht mehr existierenden Villa.“ (Wir haben berichtet.)

„Mit Erstaunen“ gelesen

Auf dieses Schreiben, das Eisenlohr an Dr. Steim weitergeleitet hatte, reagiert dieser nun und schreibt an J., er habe „mit Erstaunen“ seine Mitteilung 83.1-Ju/Kie an die Stadt Schramberg vom 26. Oktober 2023 zu Kenntnis genommen. Er betont, dass „das ganze Gebiet seit 1996 unter Denkmalschutz“ stehe.

Steim weist darauf hin: “Der Eigentümer ist verpflichtet, diesen Zustand aufrecht zu erhalten.“ Das Grundstück gehört seit den 50er Jahren der Stadt Schramberg.

Historikerin: Park erhalten

In seinem Brief verweist Steim auf das Buch „Gut Berneck, das Wohnhaus des Arthur Junghans in Schramberg“ Darin beschreibe Isabel David unter der Überschrift „Ringsum, ein Garten, ein kleines Paradies voll köstlicher Besonderheiten“ die Garten- und Parkanlagen von Gut Berneck. David führe dort unter anderem aus, dass der Berneck-Park nach seiner Fertigstellung einem stetigen Wandel unterlegen habe.

Die historische Aufnahme von Gut Berneck zeigt auch die weitläufige Parkanlage. Archiv: Kohlmann

„Im Jahr 1918 erfolgte die Erweiterung des Parkgeländes Richtung Osten mit dem Bau einer Urnenhalle für Arthur Junghans` verstorbene Frau Marie. Um 1930 ließ die Familie eine Liegehalle im Bereich der Moltkestraße sowie ein modernes Schwimmbad anstelle des „Grottensees“ herstellen.“

Die weitreichendste Veränderung für die Garten- und Parkanlagen brachte laut David die Entscheidung der Junghans-Erben, Gut Berneck im Jahr 1946 an die Stadt Schramberg zu stiften, verbunden mit der Auflage, es als städtisches Krankenhaus zu nutzen. „Mit der Nutzungsäderung folgten gravierende Flächenverluste im Zuge von Überbauungen und Umgestaltungen. Trotz aller Veränderungen bildet der fragmentarisch überlieferte Park gemeinsam mit der burgenartigen Villa bis heute die Krone der historischen Industrielandschaft Schrambergs.“

Nur bis hierher reicht nach Ansicht der Denkmalschutzer der Park. Foto: him

David betont, die Inwertsetzung des Grünraums und der Schutz vor weiterer Überbauung seien „wichtige Zielsetzungen zum Erhalt des Denkmalensembles, aber auch zur Bewahrung des historischen Ortsbilds“. Im Rahmen zukünftiger Bemühungen um die Sachgesamtheit sollte der Zusammenhang von Gebäude, Garten- und Parkanlage wieder erlebbar gemacht werden.

Steim: Verwahrlosung nicht auch noch belohnen

Steim schreibt weiter an Denkmalschützer J., er sei überzeugt, dass das Denkmalamt nach Paragraf 15 nicht berechtigt sei, die Kartierung zu ändern. Die Aufhebung des Denkmalschutzes über ein Teilgebiet würde das Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigen. Auch wären „überwiegende Gründe des Gemeinwohles betroffen“.

Steim argumentiert, dass sich seit der Eintragung des Kulturdenkmals Gut Berneck im Jahre 1996 an dem Zustand, der zur Eintragung ins Denkmalbuch geführt hat, nichts mehr verändert habe. „Es darf nicht sein, dass ein öffentlicher Eigentümer seinen Besitz verwahrlosen lässt, damit man ihn aus dem Denkmalschutzprogramm entfernen kann.“Er appelliert an den Denkmalschützer J., dies nicht zuzulassen.

J.s Begründung für die Herausnahme des unteren Parkteils, es handle sich bei der umstrittenen Fläche nur noch „um den Rest einer ursprünglich erheblich größeren Parkanlage einer älteren, heute nicht mehr existierenden Villa“ sei „absolut falsch und wird keiner juristischen Auseinandersetzung Stand halten“. Der ursprüngliche Zusammenhang dieser Parkanlage mit Gut Berneck sei sehr wohl erkennbar.

Das Modell macht es deutlich: Das Gelände unterhalb des Krankenhauses und Gut Bernecks ist sehr steil. Ob hier überhaupt zu annehmbaren Preisen gebaut werden kann, ist fraglich. Foto: him

Einladung auf Gut Berneck

Er lade J. zum Besuch von Gut Berneck ein, damit er „den Ausblick auf die bis jetzt nicht verbaute Fläche darunter“ genießen könne. Eingeladen sei auch die Untere Denkmalschutzbehörde, man werde sicher kurzfristig einen Termin finden. Steim schließt mit einem „Wink mit dem Zaunpfahl“: „Sollte es nicht zu diesem erbetenen Ortstermin kommen, werde ich weitere Schritte einleiten.“

Schlecht für Schrambergs Krankenhauspläne

Das klingt nicht gut für die Pläne der Stadt. Entweder das Landesdenkmalamt folgt Steims Argumentation, dann fallen die geplanten Terrassenhäuser weg und der mögliche Investor müsste neu rechnen.

Umstritten, Die acht „Klötze“ unterhalb des ehemaligen Krankenhauses und Gut Berneck aus dem Sanierungsgebietsvorhaben „Bühlepark“. Foto: him

Oder Steim und die anderen Eigentümer klagen gegen die Entscheidung. Dann verzögert sich ein möglicher Baubeginn für das Krankenhausareal – und der Investor müsste ebenfalls neu rechnen. In beiden Fällen hätte sich aber die Geschäftsgrundlage erheblich geändert.

Thomas Poller: „Gefälligkeitsgutachten“

Der Herausgeber des Buchs „Gut Berneck“, Thomas Poller, hat sich nach unserem Bericht ebenfalls zu Wort gemeldet. Er verweist auf die „Hauschronik“, die Arthur Junghans 1887 verfasst hatte.

Thomas Poller bei der Einweihung von Gut Berneck im September. Foto: him

Der zwischen 1884 und 1887 angelegte Park insgesamt, beziehungsweise das, was heute noch übrig sei, sei Teil des herausragenden, ideellen „Gesamtkonzepts“ von Gut Berneck, „Metapher der Familien- wie Firmengeschichte des Erbauers Arthur Junghans und damit unaufteilbar“. In seiner Hauschronik beschrieb Junghans den gewundenen Weg hinauf zur Villa als Sinnbild für den schwierigen Weg der Familie und der Firma zum Erfolg. Auch zur Villa Junghans im Park der Zeiten führt ein solch serpentinenartiger Weg hinauf.

Der Lageplan von 1952 zeigt deutlich den serpentinenartigen Weg hinauf zu Gut Berneck. Plan: Archiv Poller

Gut Berneckbuch als wissenschaftliche Grundlage

Poller, ein Nachfahr der Familie Junghans und Kunsthistoriker, sieht im Buch zu Gut Berneck „eine neue, wissenschaftlich fundierte Grundlage, die es beim Ortstermin am 2. Dezember 2020 nicht gab“.

Jede Stellungnahme des Regierungspräsidiums zum Denkmalschutz müsse sich deshalb auf das Buch beziehen und die dort gewonnenen Erkenntnisse würdigen. „Tut es das nicht, wäre das aus meiner Sicht grob fahrlässig“, schreibt Poller. “Das RP-Gutachten rückt in die Nähe eines ‚Gefälligkeitsgutachtens‘ zu Gunsten des Investors!“

Mit Gut Berneck und allem, was aktuell noch erhalten ist, habe Schramberg „ein bundesweit einmaliges Denkmal“. Viele hätten das immer noch nicht begriffen, bedauert Poller in seinem Schreiben an die NRWZ. Sein Fazit: „Ziel muss dann doch sein, wo immer möglich, zurück zum Ursprung, nicht weitere Dezimierung und Zerstörung.“

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

1 Kommentar

  1. Wenn man diesen Artikel aufmerksam liest, sollte man über alle diese Worte kräftig nachdenken und an einem Erhalt einer schönen Stadt mitarbeiten.
    Das gilt nicht nur für Schramberg. Auch in meiner Stadt wird nicht „ge“baut, sondern „ver“baut. Das sind nicht reparierbare Schäden. Und trotzdem werden sie immer noch gemacht.
    Wer das zuläßt oder befürwortet müßte bestraft werden. Jeder, der mit einer Spraydose schöne Gebäude verschandelt, wird bestraft – wenn er erwischt wird. Bei der Verschandelung eines Stadtbildes kennt man die Schuldigen – sie werden nicht bestraft, erhalten sogar gute Gehälter. Haben denn die Leute, keinen Fotoapparat ? Wahrscheinlich wollen sich die Verantwortlichen die Bilder gar nicht ansehen.

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