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Mahnmal für Wladyslaw Repetowski enthüllt

Gedenken an NS-Opfer im Regen

Etwa 50 Menschen versammelten sich im strömenden Regen am Sonntagnachmittag bei einem massiven Granitfelsen an der Auffahrt zum Langenberg. Sie waren gekommen, um eines jungen Mannes zu gedenken, den die Gestapo vor 83 Jahren hier ermordet hat: Wladyslaw Repetowski.

Schramberg. An dieser Stelle hatten die Nazis am 5. Juni 1942 den damals 18-jährigen Zwangsarbeiter an einem Ahornbaum erhängt. Er hatte die gleichaltrige Agnes Kunz vom Baschenjockeleshof geliebt und mit ihr ein Kind. Agnes kam im Januar in zwei berüchtigte Konzentrationslager, bevor sie im Herbst 1942 auf den Hof zurückkehren durfte.

Gäste aus Polen dabei

Neben vielen Tennenbronnern und Schrambergern waren Familienangehörige von Wladyslaw aus Polen und Thüringen und von Agnes zu der Feier am Volkstrauertag gekommen. Auch Schrambergs ehemaliger OB und Ehrenbürger Herbert O. Zinell war am Langenberg dabei.

Am Mahnmal versammeln sich die Besucher. Foto: him

Zu Beginn spielte eine Bläsergruppe des Musikvereins Frohsinn eine traurige Melodie. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr begrüßte die Gäste aus Polen und Thüringen und die Angehörigen von Agnes Kunz. Der Volkstrauertag sei nicht nur Rückschau, sondern bedeute auch, dass wir Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft übernehmen und wachsam bleiben gegenüber Hass und Gewalt, erklärte sie.

Feier im Regen. Foto: him

Verbotene Liebe

Eisenlohr erinnerte an das kurze Leben von Wladyslaw, der als 16-Jähriger aus seinem Heimatdorf Iwkoka nach Tennenbronn verschleppt worden war. „Auf dem Hof hat er sich in Agnes verliebt, und daraus ging ein Kind hervor.“ Die Liebe blieb nicht unbeobachtet. Die beiden wurden denunziert, verhaftet verhört, in KZs gesteckt. „Sie haben sich nie wieder lebend gesehen.“ Ihr Schicksal stehe für viele zerstörte Leben, so Eisenlohr, stehe „für Unrecht, das nie vergessen werden darf“.

Eisenlohr bedankte sich bei der Heimathausgruppe, die drangeblieben sei und das Mahnmal umgesetzt habe. Es stehe nun an der Stelle, an der schon vier Wochen nach Kriegsende, die ehemaligen polnischen Zwangsarbeiter eine Gedenktafel für Wladyslaw angebracht hatten. Das sei damals eine der ersten Gedenkorte in Deutschland an ein Opfer der NS-Diktatur gewesen.

Nun gebe es wieder einen Ort, „an dem wir uns erinnern und aus der Geschichte lernen:  Nie wieder.“

„Es lebe die Freiheit“

Alfred Moosmann von der Heimathausgruppe sprach davon, dass die NS-Diktatur die menschliche Zuneigung der beiden verboten habe.  Der junge Pole galt als „rassisch minderwertig“. Auf Rassenschande stand die Todesstrafe. Wladyslaw fiel dieser Ideologie zum Opfer.

Er frage sich, wie die Beteiligten damals an diesem Ort standen. Haben sie geschrien, geweint, gebetet? Haben die Gestapo-Leute über ihre Spesenabrechnung nachgedacht? Wie haben die Tennenbronner reagiert, haben sie das Urteil gebilligt oder waren sie schockiert?

Alfred Moosmann. Seine Ansprache hat eine Dolmetscherin übersetzt. Foto: him

Moosmann erinnerte an die ursprüngliche Aufschrift der polnischen Kameraden: „Schande über diejenigen, die Gesetzt gegen Gottes Willen geschaffen haben. Schande den Erfindern der Rassengesetze. Es lebe die Freiheit!“

Das neue Mahnmal habe drei Aufgaben: Es soll an das schlimme Ereignis erinnern, es sei eine Art Grabmal für Wladyslaw, und es soll uns heute Lebende mahnen, die Demokratie gegen Propaganda, Hass und Aufwiegelung zu schützen.

Gemeinsam mit Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr enthüllte Moosmann dann das Denkmal und die daneben am Fels angebrachte Informationstafel. Die beiden legten einen Kranz nieder.

Kranzniederlegung. Foto: him

Drei Nichten von Wladyslaw, Ursula Batorska, Janina Motak und Barbara Michalak legten ein Blumengebinde in den polnischen Nationalfarben Rot-weiß ab.

Die Nichten von Wladyslaw und ihr Blumengebinde im Kranz der Stadt Schramberg. Foto: him

Denkmalweihe

Anschließend weihte Pfarrer Harald Dörflinger das Gedenkkreuz. Wer hier vorüber gehe, solle sich fragen: “Ist es richtig, was ich denke und was ich tue?“

Pfarrer Harald Dörflinger und Robert Hermann von der Heimathausgruppe. Foto: him

Abschließend dankte Robert Herrmann allen, die dazu beigetragen haben, dass das Mahnmal entstehen konnte. Mit einem abschließenden Musikstück endete die Feier am Mahnmal.

Im Anschluss fand im katholischen Gemeindesaal noch eine Gedenkveranstaltung statt, über die wir noch berichten.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.
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