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Urteil wahrscheinlich am 8. Januar / Aber der Schwindel geht weiter

OneCoin-Prozess in Münster: Verteidiger wollen Freisprüche oder Bewährungstrafe +++ aktualisiert

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Im OneCoin Verfahren vor dem Landgericht Münster haben heute die Verteidiger von Manon H. und Frank R. aus Greven und der Münchner Rechtsanwalt Martin B. ihre Plädoyers gehalten. Wie der WDR meldet, haben sie Freisprüche beziehungsweise eine Strafe auf Bewährung gefordert. Die drei Angeklagten sollen unter anderem Millionenbeträge für die in Schramberg aufgewachsene Krypoqueen  Ruja Ignatova gewaschen und auf Konten in der Karibik transferiert haben.

Münster/Schramberg. Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang Dezember für die drei Angeklagten mehrjährige Haftstrafen gefordert. Die Verteidiger dagegen haben Freispruch für Frank R und Martin B beziehungsweise eine geringe Bewährungsstrafe für die Angeklagte Manon H. gefordert. Sie hätten nicht gewusst, dass die von Ignatova erfundene Kryptowährung OneCoin gar nicht existiert hat.

Frank R. war ein hochrangiger OneCoin-Promoter, er Münchner Anwalt einer der erst nun wichtigsten Berater von Ruja Ignatova. Mehr als acht Stunden haben die Anwälte der drei Angeklagten für ihre Plädoyers benötigt.

Noch fehlen ein Plädoyer für den Münchner Anwalt und den Grevener Angeklagten und auch die Schlussworte der Angeklagten. Eine Sprecherin des Landgerichts erklärt auf Anfrage der NRWZ, diese Plädoyers seien für den 8. Januar geplant, wobei es „an dem Tag dann aller Voraussicht nach auch zum Urteil kommen wird“. Die Kammer hat für den 8. und 11. Januar bereits Termine vorgesehen.

Die Vorwürfe

Nach mehr als 40 Verhandlungstagen endet dann ein Verfahren vor dem Landgericht Münster gegen zwei führende Köpfe der OneCoin-Szene und die Ehefrau eines der Angeklagten. Das Ehepaar aus Greven Manon H. und Frank R. soll eine Firma International Marketing Services gegründet und über IMS-Bankkonten 320 Millionen Euro von etwa 88.000 OneCoin-Kunden eingenommen und auf andere Konten weitergeleitet haben.

Der Münchner Rechtsanwalt soll unter anderem für ein Luxusapartment 20 Millionen Euro nach London transferiert und dabei falsche Angaben gemacht haben.

Die Anträge der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft hatte daher für die Angeklagten Strafen zwischen dreieinhalb und fünf Jahren gefordert.  Der Anwalt solle drei Jahre und zehn Monate in Haft wegen Geldwäsche jeweils in einem besonders schweren Fall.

Fünf Jahre Gefängnis beantragte der Staatsanwalt für den Grevener sowie dreieinhalb Jahre für dessen Ehefrau. Bei beiden wegen Beihilfe zu einem besonders schweren Fall des Betruges sowie wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (ZAG).

Die Plädoyers der Verteidiger

Wie die „Westfälischen Nachrichten“ (WN) berichten, habe der Rechtsbeistand des Münchener Anwalts argumentiert, dieser habe zwar falsche Angaben gemacht, aber nicht vorsätzlich, um sich an Geldwäsche oder Betrug zu beteiligen. Deshalb sei er freizusprechen.

Für den Grevener beantragte dessen Rechtsbeistand einen Freispruch. Der Geschäftsmann habe die Bulgarin in 2015 kennengelernt und „keinen Zweifel an ihrer Seriosität gehabt“, sagte der Anwalt laut Westfälischen Nachrichten.

Beim Besuch einer von Ignatovas Werbeveranstaltungen in der Londoner Wembley-Arena seien „tausende Menschen“, nämlich Anleger und potenzielle Anleger von OneCoin von den Ideen der Begründerin begeistert gewesen, und es habe „keine Anzeichen“ gegeben, dass das Handeln für „OneCoin“ strafrechtlich relevant gewesen wäre, so der Verteidiger.

Für die Ehefrau Manon H. beantragte deren Anwalt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten.* Er erklärte, seine Mandantin habe nicht gewusst, dass es sich bei OneCoin um einen Schwindel handle Er betonte, dass die Frau vor und nach der Arbeit für das System „OneCoin“ nicht strafrechtlich aufgefallen sei.

Die Angeklagten und die Kryptoqueen

Der Grevener Angeklagte hatte eine Firma an Ruja Ignatova verkauft und war dann als hochrangiger Verkäufer bei OneCoin eingestiegen und hatte mehrere Jahre bei großen Events für OneCoin geworben. Er hatte auch als Ignatovas Berater in juristischen Dingen gearbeitet.

Der Münchner Anwalt war als Jurist ganz früh für OneCoin tätig, war Direktor einer OneCoin Firma in Gibraltar und später Mitunterzeichner etlicher Verträge Ignatovas.

Weiteres „One Zentrum“ in Hanoi eröffnet

Nachdem Ruja Ignatova seit anderthalb Jahren auf der Liste der zehn meistgesuchten Personen des FBI steht, ihr Mitgründer Sebastian Greenwood in den USA eine 20-jährie Haftstrafe verbüßt, ihr Bruder Konstantin Ende Februar sein Urteil erhält, sollte man meinen, der Spuk ist zu Ende.

Weit gefehlt. Vor wenigen Tagen hat One – so nennt sich OneCoin seit einiger Zeit – neben dem Büro in Sofia nun ein zweites „One Hauptquartier“ in Hanoi eröffnet.

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Mehr Informationen

Dazu war der „CEO“ von One Ventsislav Zlatkov nach Vietnam geflogen. „Melanie from Germany“, die sich mit OneCoin bestens auskennt, vermutet, auch in China werde One ein solches Büro eröffnen, „so dass der Schwerpunkt für OneCoin in Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit in Asien liegen wird. Dort, wo es mit Bigcoin und OneCoin ursprünglich auch mal begonnen hat.“ Bigcoin war ein erster Versuch, an dem Ignatova und Greenwood beteiligt waren.

Einladung zu einer Bigcoin-Veranstaltung im Juni 2014. Archiv: him

Dafür spricht auch, dass One in seinem jüngsten Newsletter ein „Weltereignis“ in Malaysia Ende März ankündigt.

Melanie vermutet, mit diesen Filialen bezwecke die Zentrale in Sofia, sich selbst aus der Schusslinie zu ziehen, wenn der Schwindel dort auffliegt nach dem Motto: „Wenn wir davon gewusst hätten, hätten wir das natürlich nicht genehmigt oder unterbunden!“

Wenn man das Video von der Einrichtung in Hanoi anschaut, fällt auf, wie ähnlich es dem Hauptquartier in Sofia ist.

*in einer früheren Version hieß es, wie in den WN berichtet, Frank R.s Anwalt habe für diesen ein Jahr und zwei Monate beantragt, für die Ehefrau Freispruch. Die Gerichtssprecherin hatte es umgekehrt berichtet. Eine erneute Nachfrage beim Landgericht ergab, dass die Verteidiger für R. tatsächlich Freispruch und für seine Frau Manon H. die Bewährungsstrafe beantragt haben. 27.12.2023 him

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.