Stadtentwicklung ist Motor für die Stadt

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Seit Jahr und Tag klagen Gemeinderätinnen und -räte, dass es bei Gewerbe- und Baugebieten nicht recht voran geht. Am Jahresbeginn  sind große Investitionen geplant und am Jahrsende nur die Hälfte umgesetzt. „Leute wollen bauen, aber die Stadt kommt nicht in die Pötte“, so eine häufig gehörte Kritik.

Der stellvertretende Fachbereichsleiter und Stadtplanungschef Bent Liebrich hat sich das zu Herzen genommen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Linda Niebel, verantwortlich für Baurecht und Bauverwaltung in der Stadtverwaltung, hat er den Gemeinderätinnen und Räten einen ausführlichen Vortrag über den Sachstand bei Bebauungsplänen, Flächennutzungsplänen, Ökokonten und Liegenschaften gegeben. Das scheint nötig gewesen zu sein.  Der Sprecher der CDU-Fraktion Thomas Brantner meinte beispielsweise, ihm  sei „die Situation bisher nicht so klar“ gewesen.

Ein Rädchen greift ins andere – oder eben nicht

Liebrich hatte per Powerpoint die Entwicklung der Vergangenheit aufgezeigt. Wie sich aus den Stadtbildprozessen Step 2020 ergab, wie daraus die Landesgartenschaubewerbung sich entwickelte und nach deren Scheitern Step 2030+.

Bei einer strategischen Stadtentwicklung spielten viele Faktoren zusammen: Digitalisierung, Mobilität, Wohnen, Fördermittel, Natur und Ökologie, Industrie, Einzelhandel, Bürger, Bodenpolitik, Behörden oder auch der Tourismus. „Alles Dinge, die einfließen, und in ein Gesamtkonzept gebracht werden“, so Liebrich. „Die Stadtentwicklung ist der Motor für die Stadt.“

Viele Elemente wirken zusammen.

Drei Bereiche sind entscheidend: Die Liegenschaften, das Bauplanungsrecht und schließlich das Bauordnungsrecht.

Idealerweise läuft der Prozess an einem „Roten Faden“: Die Stadt kauft Grundstücke für ein neues Baugebiet. Wenn alles beisammen ist, stellt man einen Bebauungsplan auf. Eine Baufirma macht die Erschließung. Die Stadt berechnet die Kosten und verkauft die Grundstücke. Doch so läuft es selten. Es fehlen einzelne Grundstücke oder Ausgleichsflächen für Ökopunkte. Deshalb kann ein Bebauungsplan nicht rechtssicher werden. Oder es fehlen für die Kostenberechnung bei den Erschließungsbeiträgen die Ausgleichsflächen. Dann kann die Stadt die erschlossenen Grundstücke nicht verkaufen.

Oft hängt es an den fehlenden Grundstücken

Linda Niebel sprach von „komplexen Sachverhalten“. Die Verwaltung wolle sich dringend verbessern, man habe aber „große Baustellen.“ Beispiel Schoren: Dort fehlten noch Grundstücke, weswegen die Erschließungsbeiträge nicht berechnet werden könnten. „Weil der Bebauungsplan noch nicht rechtskräftig ist, gibt’s auch noch keine Baugenehmigungen.“

Ähnlich sieht es beim Industriegebiet Webertal 3 in Waldmössingen aus, so Liebrich. Auch da fehle die Rechtsverbindlichkeit. Im Rahmen der Priorisierung von Maßnahmen wolle er im kommenden Frühjahr dort Rechtssicherheit schaffen.

Im Herbst 2014 waren die Straßenbauarbeiter im Webertal 3 fast fertig. BIs heute gibt’s kein Baurecht. Archiv-Foto: him

Neue Verfahren bringen Schwung

Besser dagegen läuft es im vereinfachten  13b-Verfahren Kehlenstraße. Dort habe man schon ein Gutteil der Grundstücke erworben. Liebrich und Niebel stellten auch Lösungsansätze vor. Beim Haldenhof nutze man das 13b-Verfahren und die Konzeptvergabe. Einen „Vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ wende man beim neuen Norma-Markt in Waldmössingen an. Wichtig sei aber auch mehr Personal, um die vielen Altlasten abzuarbeiten. Auch  vergebe man wie etwa beim Sanierungsgebiet Bühlepark Aufgaben an externe Betreuer.

Hinzu kommen transparente und strukturierte Prozessabläufe, klare Ziele und feste Ansprechpartner innerhalb der Verwaltung für  einzelne Projekte.

Die drei Zahnräder: Liegenschaften,Bauordnungsrecht und weitere Akteure.

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr sprach von einem „Kulturwandel in der Stadtverwaltung“. Schon im OB-Wahlkampf sei das Thema 60 noch offene Bebauungspläne immer wieder angesprochen worden.

Überraschung im Rat

Brantner dankte für die offene Darstellung. Er beklagte einen „enormen Stillstand in der Bauentwicklung“. Die Sorge vor Umlegungsverfahren habe mit dem Thema nichts zu tun. Er sagte die Unterstützung seiner CDU-Fraktion bei Personaleinstellungen zu.

Johannes Grimm („Aktive Bürger“) wollte von Liebrich erfahren, „welche Ressourcen brauchen wir?“ Bei der Priorisierung sollten die Industriegebiete vorgezogen werden. Außerdem solche Bebauungspläne, die in kurzer Zeit abgeschlossen werden könnten.

Liebrich entgegnete, die Industriegebiete seien schon priorisiert. Zeitpläne anzugeben sei schwierig, weil man etwa beim Grunderwerb nicht wisse, wann das klappt. Ähnliches gelte für den Flächennutzungsplan oder die Ökokonten.

Stadtplaner Bent Liebrich erläutert seine Präsentation  im Gemeinderat. Fotos: him

„Schwere Kost“ habe Liebrich  vorgelegt, meinte Clemens Maurer (CDU). Die Verwaltung habe „zu lange an den Symptomen rumgedoktert“. Ihn wundere, weshalb die Verwaltung nun bei den Ökopunkten Probleme habe. Liebrich entgegnete, dass die Stadt bei Ökopunkten gut aufgestellt sei. Man komme aber inzwischen an ein Limit, weil mehr und mehr Dinge abgearbeitet würden. Auch Maurer versprach, den Prozess massiv zu unterstützen, auch wenn die Verwaltung weitere Stellen beantragen wolle.

Manpower schaffen

Udo Neudeck (Freie Liste) meinte, er habe „selten einen so selbstkritischen Vortrag gehört“. Die Priorisierung  der Vorhaben müsse von der Verwaltung kommen. Beim Personal appellierte er an den Rat, wenn das Thema so wichtig sei, müsse man die Manpower eben schaffen.

Jürgen Winter (CDU) sah in der Rechtsverbindlichkeit der Bebauungspläne ein hohes Gut. Er schaute auf die Mitarbeiter, die im Hamsterrad nicht überfordert werden dürften. Er bat, sich bei Überlastung künftig früher zu melden.

Keine Überraschung für SPD-Buntspecht

Für den „offenen und ehrlichen Bericht“ dankte Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht). Auch der Gemeinderat trage Verantwortung. „Es gab auch in der Vergangenheit immer wieder Hinweise, dass man überlastet ist“, so Witkowski Sie fand die vorgelegte Priorisierungsliste „immer noch sehr sportlich“ und schlug vor, „zwei oder drei Projekte nach vorne zu ziehen, um der Bevölkerung zu zeigen, es geht voran“.

OB Eisenlohr erklärte, das Vorhaben Webertal 3 sei ein solches Leuchtturmprojekt, für das die Stadt  im kommenden Frühjahr Rechtsverbindlichkeit anstrebe.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig die vorgelegte Priorisierung der Projekte. Außerdem soll die Verwaltung die Liste aktualisieren und zeigen, wo man gerade steht, sowie halbjährlich im Rat berichten.

Das interessiert diese Woche



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Seit Jahr und Tag klagen Gemeinderätinnen und -räte, dass es bei Gewerbe- und Baugebieten nicht recht voran geht. Am Jahresbeginn  sind große Investitionen geplant und am Jahrsende nur die Hälfte umgesetzt. „Leute wollen bauen, aber die Stadt kommt nicht in die Pötte“, so eine häufig gehörte Kritik.

Der stellvertretende Fachbereichsleiter und Stadtplanungschef Bent Liebrich hat sich das zu Herzen genommen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Linda Niebel, verantwortlich für Baurecht und Bauverwaltung in der Stadtverwaltung, hat er den Gemeinderätinnen und Räten einen ausführlichen Vortrag über den Sachstand bei Bebauungsplänen, Flächennutzungsplänen, Ökokonten und Liegenschaften gegeben. Das scheint nötig gewesen zu sein.  Der Sprecher der CDU-Fraktion Thomas Brantner meinte beispielsweise, ihm  sei „die Situation bisher nicht so klar“ gewesen.

Ein Rädchen greift ins andere – oder eben nicht

Liebrich hatte per Powerpoint die Entwicklung der Vergangenheit aufgezeigt. Wie sich aus den Stadtbildprozessen Step 2020 ergab, wie daraus die Landesgartenschaubewerbung sich entwickelte und nach deren Scheitern Step 2030+.

Bei einer strategischen Stadtentwicklung spielten viele Faktoren zusammen: Digitalisierung, Mobilität, Wohnen, Fördermittel, Natur und Ökologie, Industrie, Einzelhandel, Bürger, Bodenpolitik, Behörden oder auch der Tourismus. „Alles Dinge, die einfließen, und in ein Gesamtkonzept gebracht werden“, so Liebrich. „Die Stadtentwicklung ist der Motor für die Stadt.“

Viele Elemente wirken zusammen.

Drei Bereiche sind entscheidend: Die Liegenschaften, das Bauplanungsrecht und schließlich das Bauordnungsrecht.

Idealerweise läuft der Prozess an einem „Roten Faden“: Die Stadt kauft Grundstücke für ein neues Baugebiet. Wenn alles beisammen ist, stellt man einen Bebauungsplan auf. Eine Baufirma macht die Erschließung. Die Stadt berechnet die Kosten und verkauft die Grundstücke. Doch so läuft es selten. Es fehlen einzelne Grundstücke oder Ausgleichsflächen für Ökopunkte. Deshalb kann ein Bebauungsplan nicht rechtssicher werden. Oder es fehlen für die Kostenberechnung bei den Erschließungsbeiträgen die Ausgleichsflächen. Dann kann die Stadt die erschlossenen Grundstücke nicht verkaufen.

Oft hängt es an den fehlenden Grundstücken

Linda Niebel sprach von „komplexen Sachverhalten“. Die Verwaltung wolle sich dringend verbessern, man habe aber „große Baustellen.“ Beispiel Schoren: Dort fehlten noch Grundstücke, weswegen die Erschließungsbeiträge nicht berechnet werden könnten. „Weil der Bebauungsplan noch nicht rechtskräftig ist, gibt’s auch noch keine Baugenehmigungen.“

Ähnlich sieht es beim Industriegebiet Webertal 3 in Waldmössingen aus, so Liebrich. Auch da fehle die Rechtsverbindlichkeit. Im Rahmen der Priorisierung von Maßnahmen wolle er im kommenden Frühjahr dort Rechtssicherheit schaffen.

Im Herbst 2014 waren die Straßenbauarbeiter im Webertal 3 fast fertig. BIs heute gibt’s kein Baurecht. Archiv-Foto: him

Neue Verfahren bringen Schwung

Besser dagegen läuft es im vereinfachten  13b-Verfahren Kehlenstraße. Dort habe man schon ein Gutteil der Grundstücke erworben. Liebrich und Niebel stellten auch Lösungsansätze vor. Beim Haldenhof nutze man das 13b-Verfahren und die Konzeptvergabe. Einen „Vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ wende man beim neuen Norma-Markt in Waldmössingen an. Wichtig sei aber auch mehr Personal, um die vielen Altlasten abzuarbeiten. Auch  vergebe man wie etwa beim Sanierungsgebiet Bühlepark Aufgaben an externe Betreuer.

Hinzu kommen transparente und strukturierte Prozessabläufe, klare Ziele und feste Ansprechpartner innerhalb der Verwaltung für  einzelne Projekte.

Die drei Zahnräder: Liegenschaften,Bauordnungsrecht und weitere Akteure.

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr sprach von einem „Kulturwandel in der Stadtverwaltung“. Schon im OB-Wahlkampf sei das Thema 60 noch offene Bebauungspläne immer wieder angesprochen worden.

Überraschung im Rat

Brantner dankte für die offene Darstellung. Er beklagte einen „enormen Stillstand in der Bauentwicklung“. Die Sorge vor Umlegungsverfahren habe mit dem Thema nichts zu tun. Er sagte die Unterstützung seiner CDU-Fraktion bei Personaleinstellungen zu.

Johannes Grimm („Aktive Bürger“) wollte von Liebrich erfahren, „welche Ressourcen brauchen wir?“ Bei der Priorisierung sollten die Industriegebiete vorgezogen werden. Außerdem solche Bebauungspläne, die in kurzer Zeit abgeschlossen werden könnten.

Liebrich entgegnete, die Industriegebiete seien schon priorisiert. Zeitpläne anzugeben sei schwierig, weil man etwa beim Grunderwerb nicht wisse, wann das klappt. Ähnliches gelte für den Flächennutzungsplan oder die Ökokonten.

Stadtplaner Bent Liebrich erläutert seine Präsentation  im Gemeinderat. Fotos: him

„Schwere Kost“ habe Liebrich  vorgelegt, meinte Clemens Maurer (CDU). Die Verwaltung habe „zu lange an den Symptomen rumgedoktert“. Ihn wundere, weshalb die Verwaltung nun bei den Ökopunkten Probleme habe. Liebrich entgegnete, dass die Stadt bei Ökopunkten gut aufgestellt sei. Man komme aber inzwischen an ein Limit, weil mehr und mehr Dinge abgearbeitet würden. Auch Maurer versprach, den Prozess massiv zu unterstützen, auch wenn die Verwaltung weitere Stellen beantragen wolle.

Manpower schaffen

Udo Neudeck (Freie Liste) meinte, er habe „selten einen so selbstkritischen Vortrag gehört“. Die Priorisierung  der Vorhaben müsse von der Verwaltung kommen. Beim Personal appellierte er an den Rat, wenn das Thema so wichtig sei, müsse man die Manpower eben schaffen.

Jürgen Winter (CDU) sah in der Rechtsverbindlichkeit der Bebauungspläne ein hohes Gut. Er schaute auf die Mitarbeiter, die im Hamsterrad nicht überfordert werden dürften. Er bat, sich bei Überlastung künftig früher zu melden.

Keine Überraschung für SPD-Buntspecht

Für den „offenen und ehrlichen Bericht“ dankte Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht). Auch der Gemeinderat trage Verantwortung. „Es gab auch in der Vergangenheit immer wieder Hinweise, dass man überlastet ist“, so Witkowski Sie fand die vorgelegte Priorisierungsliste „immer noch sehr sportlich“ und schlug vor, „zwei oder drei Projekte nach vorne zu ziehen, um der Bevölkerung zu zeigen, es geht voran“.

OB Eisenlohr erklärte, das Vorhaben Webertal 3 sei ein solches Leuchtturmprojekt, für das die Stadt  im kommenden Frühjahr Rechtsverbindlichkeit anstrebe.

Der Gemeinderat beschloss einstimmig die vorgelegte Priorisierung der Projekte. Außerdem soll die Verwaltung die Liste aktualisieren und zeigen, wo man gerade steht, sowie halbjährlich im Rat berichten.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.