Interview mit Trumpf Laser Chef Björn Dymke Teil 2

Trumpf Laser: E-Mobilität bringt Aufträge

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Schrambergs inzwischen größter Arbeitgeber hat seit diesem Sommer einen neuen Chef: Björn Dymke. Die NRWZ hatte Gelegenheit, mit ihm ein ausführliches Interview zu führen, das wir in mehreren Teilen veröffentlichen. Im ersten Teil ging es um Dymkes bisherigen Lebensweg und wie er sich seine Arbeit bei Trumpf Laser in Schramberg vorstellt.

Schramberg. Im zweiten Teil beleuchtet Dymke die Möglichkeiten der Laser-Technologie und damit auch die Chancen für sein Unternehmen am Standort Schramberg. Es geht aber auch um China und die Strompreise. Zum Gespräch trafen wir uns im neuen Multifunktionsgebäude von Trumpf Laser an der Aichhalder Straße. Dort hat Dymke ein schlichtes Büro.

NRWZ: Sie sind hier in Schramberg im Sommer mit offenen Armen empfangen worden. Was gefällt Ihnen hier besonders?
Dymke: Ich mag die direkte Schramberger Art und ich mag auch, dass wir nicht so viel drumherum reden, sondern einfach mal tun. Diese zupackende Mentalität kommt mir sehr entgegen.

Als Nicht-Physiker haben Sie da vielleicht auch einen neuen Blick auf die Entwicklung?
Dymke: Es geht uns immer darum, eine gute Lösung für den Kunden zu finden, es muss aber auch eine gute technische Lösung für physikalische Herausforderungen sein.

Grundlagenforschung lockt

Und die Physikerinnen und Physiker sind eher an einer tollen Lösung interessiert und weniger am Kundeninteresse?
Nein, das Kundeninteresse beziehungsweise die industrielle Umsetzbarkeit steht bei allen unseren Entwicklungen im Vordergrund. Aber wir sehen auch Chancen darin, bahnbrechende Lösungen zu entwickeln, mit denen wir derzeit noch kein Geld verdienen, deren kommerzieller Nutzen sich nicht sofort zeigt, sondern vielleicht erst in ein paar Jahren.

High-Tech aus Schramberg. Foto: him

Weshalb ist das wichtig?
Für einen Physiker ist es wichtig, einen großen Gestaltungsspielraum zu haben. Das macht es auch attraktiv für die Mitarbeiter, hier am Standort zu arbeiten. Wir haben erstaunlicherweise auf der Physikerseite keine großen Rekrutierungsprobleme. Nicht nur weil wir einen sehr guten Ruf hier in der Region haben, sondern auch in der internationalen Lasercommunity. Bei uns können Mitarbeiter im Laserbereich an einzigartigen Technologien mitentwickeln.

Wettbewerb wird härter

Kommen wir zur wirtschaftlichen Lage. Als Sie 2008 zu Trumpf kamen, begann die große Finanzkrise. Ist die Lage heute vergleichbar?
Nein, die Situation ist nicht mit 2008 vergleichbar. Auch bei uns geht der Auftragseingang zurück, wir haben allerdings auch drei starke Wachstumsjahre hinter uns.

Was macht Ihnen dann Sorgen?
Der Wettbewerb mit China wird härter. Wir sehen chinesische Wettbewerber, die auf den Markt drängen. Und das nicht nur im Schneidmarkt, auch im Schweißmarkt. Damit verbunden ist auch ein gewisser Preis- und Kostendruck.

Wie begegnen Sie dem?
Wir differenzieren uns vom Wettbewerb aus Asien und erklären unseren Kunden, dass die günstigen Lösungen nicht mit unseren vergleichbar sind, dass es Unterschiede in der Performance, im Funktionsumfang und vor allem auch bei der Sicherheit gibt, und dass eine bessere Leistung auch mehr wert sein muss.
Und funktioniert das?

Gesamtpakete

Meistens gelingt uns das. Aber trotzdem ist es unser Anspruch und unser Versprechen, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Deshalb kommen wir ihm auch entgegen, indem wir zum Beispiel attraktive Preise für Gesamtpakete vereinbaren oder den Funktionsumfang unserer Lösung kundenorientiert anpassen.

Nochmal zur wirtschaftlichen Entwicklung: Flacht die Kurve nach oben nur ab oder geht es runter?
Wir sehen derzeit, dass der Auftragseingang in der Lasertechnik spürbar zurückgeht. Das Kalenderjahr 2024 wird für unseren Standort schwieriger werden als 2023. Auf die Frage, wie es weiter geht, hat unsere Chefin Nicola Leibinger-Kammüller in der Süddeutschen Zeitung kürzlich mit einem Zitat von Erich Kästner geantwortet: „Optimismus ist Pflicht“. Dem schließe ich mich an.

Wie sehen Sie die Entwicklung in Schramberg konkret?
Die Auftragseingänge gehen zurück. In diesem Jahr profitieren wir beim Umsatz noch von dem guten Auftragsbestand aus dem vergangenen Geschäftsjahr, jedoch sehen wir für das kommende Geschäftsjahr schon Rückgänge.

China ist sehr wichtig

Wie wichtig ist China für Trumpf Lasertechnik?
China spielt für uns eine große Rolle. Das Batterie-Geschäft und die E-Mobilität sind ein sehr großer Markt für uns. Und hier findet viel in China statt. Zunächst hatten wir Bedenken, dass der Wechsel vom Verbrenner zu E-Auto uns hart treffen würde, weil wir traditionell sehr viel in die Automobilindustrie liefern und geliefert haben.

Aber?
Ein E-Auto hat viel mehr Schweißnähte als ein konventioneller Verbrenner. Auch beim Antrieb, im Leichtbau und bei der Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien sowie der Hochleistungselektronik kommen die Laser von Trumpf zum Einsatz. Das heißt, es gibt sogar viel mehr Anwendungsfelder für unsere Produkte in einem E-Auto als in einem konventionellen Auto.

Batteriemodell für E-Auto: Sehr viele sehr präzise Schweißnähte sind erforderlich. Foto: him

E-Autos sind gut für Trumpf Laser

Das klingt ja positiv.
Ja, das hat bei uns auch zu einer gewissen Sonderkonjunktur in den letzten Jahren geführt. Wir haben mehrfach von der Nachfrage der Erstausrüster in Asien profitiert. Unser Asienanteil und besonders der Chinaanteil sind daher sehr stark gestiegen.

Nun hat sich die Weltpolitik nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine stark geändert. Auch die deutsche Regierung möchte, dass wir unabhängiger von China werden. Wie sehen Sie das?
Das ist für uns ein zweischneidiges Schwert. Deutschland und China sind unsere größten Absatzmärkte für die Produkte aus Schramberg. Eine Veränderung der Politik gegenüber China würde uns schon treffen.

Bereiten Sie sich auf solche Szenarien vor?
Wir bereiten uns natürlich darauf vor und haben diese Szenarien auch durchgespielt. Wir sind aber auch nicht vollkommen von China abhängig und haben eine hohe Fertigungstiefe, was die Komponenten für unsere Produkte angeht. Trotzdem gibt es Teile, die wir aus China beziehen. Viele davon sind in Europa kaum noch erhältlich. Hinzu kommt auch noch die indirekte Zulieferkette, die wir nicht vollständig überblicken können.

Das heißt?
Unsere Lieferanten beziehen ja auch wieder für ihre Produkte Komponenten aus China. Über die ganze Lieferkette hinweg, ist meistens etwas Chinesisches drin. Insofern ist das totale Entkoppeln von China eine große Herausforderung.

Unabhängiger werden

Was heißt das konkret für Trumpf Lasertechnik?
Wir haben analysiert, wie wir die wichtigsten Komponenten für unsere Laser ohne chinesische Beteiligung herstellen können Bei vielen davon ist es möglich, ein Lieferantennetzwerk aus Europa aufzubauen.

Wie sieht es bei den berühmten Chips aus, die während der Corona-Pandemie nicht mehr aus Fernost kamen, und ganze Produktionszweige lahmgelegt haben?
Was die Pumpdioden für unsere Laser betrifft, hat Trumpf eine eigene Halbleiterfabrik in Princeton. Ähnliches gilt für die Laserfasern. Da hat Trumpf schon 2008 eine Firma in England gekauft, die die Faserlasertechnologie beherrscht. Bei den klassischen Elektronikbaugruppen hängen wir aber auch vom Weltmarkt ab.

Sie haben vorhin erwähnt, dass Laserschweißen bei der E-Mobilität immer wichtiger wird. In welchem Bereich spielt die Schweißtechnik so eine große Rolle?
Es ist gigantisch, wie viele Schweißnähte für eine Batteriezelle gebraucht werden. Vor allem die Dichtigkeit der Zelle ist wichtig, damit keine Elektrolyte auslaufen können. Wenn die Schweißnaht nicht sauber ist, dann kann das zu schweren Defekten in der Batteriezelle führen. Oder aber man muss nacharbeiten, was sehr teuer ist. Wir bieten hier jedoch qualitativ hochwertige Produkte an, die sehr gute Schweißergebnisse liefern.

Aus einem Firmenvideo im Foyer. Foto: him

Lösungsanbieter

Sie verfolgen aber noch eine weitere Strategie?
Ja, wir verstehen uns als Lösungsanbieter. Das heißt, wir verkaufen unseren Kunden nicht nur einfach die Maschine beziehungsweise den Laser, sondern eine maßgeschneiderte Gesamtlösung. Beispiel Batterie. Da geht es nicht nur um die Schweißnaht, sondern auch um den Nachweis, dass die Schweißnaht wirklich dicht ist. Der Kunde muss das nicht mehr selbst kontrollieren, stattdessen erbringen wir den Qualitätsnachweis.

Der Vorteil für die Kunden?
Sie wissen: Bei uns kaufen sie nicht ausschließlich den Laser zum Schweißen, sondern wir liefern auch noch Prozessüberwachung dazu. Ein Überwachungssystem, mit dem man sicher sein kann, dass die Qualität stimmt.

Damit hätten Sie einen Vorsprung vor anderen Anbietern.
Ja, denn die Kostenersparnis für den Kunden ist am Ende so hoch, dass sich die höhere Investition in Lösungen von Trumpf rechnen.

Strompreis nicht entscheidend für Standort

Zum Standort Deutschland: Viele Unternehmen beklagen die hohen Energiepreise. Sie auch?
Wir bezahlen jetzt mehr als vor der Energiekrise, jedoch sinken die Preise glücklicherweise wieder. Außerdem produzieren wir unseren Strom teilweise selbst, zum Beispiel mittels Photovoltaikzellen auf unseren Dächern hier am Standort. Uud unser Umwelt- und Energiemanagementteam ist ständig auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten beim Energieverbrauch. Alleine wegen der Energiekosten würden wir nicht an einem anderen Standort investieren.

Ein Industriestrompreis wäre aber schon ok?
Die höheren Energiekosten belasten auch Trumpf Laser. Für uns spielen die Energiekosten im Vergleich beispielsweise zu Chemieunternehmen oder Bäckern im Handwerk allerdings eine untergeordnete Rolle.

Aber für Ihre Kunden?
Wir müssen generell in Deutschland auf die Energiepreise schauen. Unsere Laser verbrauchen Strom. Und ist der Strompreis unverhältnismäßig hoch, verkaufen wir unsere Laser vielleicht nicht mehr nach Deutschland, sondern unsere Kunden investieren in anderen Ländern. Das mag dann Trumpf Lasertechnik weniger hart treffen, aber in Deutschland gehen Arbeitsplätze verloren. Also ist ein wettbewerbsfähiger Energiepreis natürlich sehr wichtig.

Wo sehen Sie die Grenze?
Wir müssen nicht den billigsten Strom der Welt haben, aber er muss wettbewerbsfähig sein. Vergleichbar mit dem, was andere EU-Länder oder die USA für Energie bezahlen.

US-Konjunkturprogramm hilft

Da kommt der Inflation Reduction Act hinzu, bei dem US-Präsident Joe Biden mehrere 100 Milliarden Dollar in die heimische Wirtschaft pumpen will. Macht Ihnen das zu schaffen?
Nein, das ist für uns momentan sogar von Vorteil. Wir verzeichnen ein großes Wachstum in Amerika, vor allem im Bereich Werkzeugmaschinen. Die Firmen kaufen hochqualitative Technologie, die wir ihnen bieten können. Und US-Firmen wollen normalerweise keine chinesische Technologie einsetzen. Sie sind meistens stolz, wenn sie Hochtechnologie aus Deutschland einsetzen können.

Was ist der andere positive Effekt?
Biden möchte stark in grüne Technologien investieren. Und bei den Batterien für die E-Mobilität sind, wie gesagt, sehr viele Schweißnähte erforderlich. Und dafür braucht es Laser. Die sind nicht alle von Trumpf, aber sie könnten theoretisch alle von Trumpf sein. Dass man von diesem Kuchen etwas abbekommt, ist dann sehr wahrscheinlich.

Gebäude von Trumpf Laser in Sulgen. Foto: him

Am Standort konsolidieren

Zurück nach Schramberg: Sie haben in den letzten Jahren hier viel gebaut.
Stimmt. Seit ich 2013 zum ersten Mal hier herkam, hat sich der Standort komplett geändert. Wir haben fast 100 Millionen Euro investiert. Das Entwicklungszentrum wurde 2013 eingeweiht, und das haben wir schon drei Jahre später aufgestockt. Die Produktion war halb so groß damals. Für Trumpf war es zudem ein Glücksfall, dass es die Möglichkeit gab, das Ganterareal nebenan zu erwerben. Später konnten wir das Gelände der Firma Diehl auf der anderen Straßenseite und den früheren Tengelmann-Markt kaufen.

Wie ging das mit den Eigentümern und der Stadt?
Ich fand toll, dass alle Gespräche sehr zielorientiert und auch sehr heimatverbunden waren. Allen war daran gelegen, dass wir uns bei Trumpf weiterentwickeln können. Jeder, dem ich den Entwicklungsplan damals gezeigt habe, hat gesagt: ‚Okay, wir wollen dem nicht im Wege stehen, wenn ihr das so umsetzt.‘

Gibt es weitere Ausbaupläne?
Wir haben auf dem Gelände noch Platz für Erweiterungen. Aber zuerst müssen wir unsere bisherigen Investitionen konsolidieren. Wir sind extrem gewachsen in den letzten zehn Jahren.

Inzwischen ist Trumpf der größte Arbeitgeber in Schramberg.
Als ich 2013 hierher kam, hatte Trumpf keine 700 Mitarbeiter, inzwischen sind es etwa 1600, mehr als eine Verdoppelung in zehn Jahren.

Aber es gibt doch den Masterplan?
Richtig, der Masterplan sieht weitere Ausbauschritte vor. Aber in den nächsten drei bis fünf Jahren planen wir hier keine weiteren Bauten. Wir müssen die bisherigen Investitionen erstmal verdauen. Wir haben jetzt viele schöne Räumlichkeiten und können auch noch den einen oder anderen Mitarbeiter einstellen und auf vorhandenen Flächen unterbringen.

Homeoffice verändert die Arbeitswelt

Dank Corona ist Homeoffice ja auch in Deutschland üblicher geworden.
Dank Homeoffice sind jetzt zumindest für die Verwaltungsjobs weniger Raumangebote notwendig. Wenn ich hier manchmal durchlaufe, dann haben wir wirklich sehr, sehr schöne Arbeitsplätze, aber die sind manchmal nur an wenigen Tagen die Woche besetzt. Also haben wir hier derzeit noch viel freien Raum, den wir nur geschickt nutzen müssen.

In einem dritten Teil wird sich Björn Dymke zu neuen Technologien und Laseranwendungen insbesondere in der Messtechnik und im Bereich Wasserstoff äußern.

Das interessiert diese Woche



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Schrambergs inzwischen größter Arbeitgeber hat seit diesem Sommer einen neuen Chef: Björn Dymke. Die NRWZ hatte Gelegenheit, mit ihm ein ausführliches Interview zu führen, das wir in mehreren Teilen veröffentlichen. Im ersten Teil ging es um Dymkes bisherigen Lebensweg und wie er sich seine Arbeit bei Trumpf Laser in Schramberg vorstellt.

Schramberg. Im zweiten Teil beleuchtet Dymke die Möglichkeiten der Laser-Technologie und damit auch die Chancen für sein Unternehmen am Standort Schramberg. Es geht aber auch um China und die Strompreise. Zum Gespräch trafen wir uns im neuen Multifunktionsgebäude von Trumpf Laser an der Aichhalder Straße. Dort hat Dymke ein schlichtes Büro.

NRWZ: Sie sind hier in Schramberg im Sommer mit offenen Armen empfangen worden. Was gefällt Ihnen hier besonders?
Dymke: Ich mag die direkte Schramberger Art und ich mag auch, dass wir nicht so viel drumherum reden, sondern einfach mal tun. Diese zupackende Mentalität kommt mir sehr entgegen.

Als Nicht-Physiker haben Sie da vielleicht auch einen neuen Blick auf die Entwicklung?
Dymke: Es geht uns immer darum, eine gute Lösung für den Kunden zu finden, es muss aber auch eine gute technische Lösung für physikalische Herausforderungen sein.

Grundlagenforschung lockt

Und die Physikerinnen und Physiker sind eher an einer tollen Lösung interessiert und weniger am Kundeninteresse?
Nein, das Kundeninteresse beziehungsweise die industrielle Umsetzbarkeit steht bei allen unseren Entwicklungen im Vordergrund. Aber wir sehen auch Chancen darin, bahnbrechende Lösungen zu entwickeln, mit denen wir derzeit noch kein Geld verdienen, deren kommerzieller Nutzen sich nicht sofort zeigt, sondern vielleicht erst in ein paar Jahren.

High-Tech aus Schramberg. Foto: him

Weshalb ist das wichtig?
Für einen Physiker ist es wichtig, einen großen Gestaltungsspielraum zu haben. Das macht es auch attraktiv für die Mitarbeiter, hier am Standort zu arbeiten. Wir haben erstaunlicherweise auf der Physikerseite keine großen Rekrutierungsprobleme. Nicht nur weil wir einen sehr guten Ruf hier in der Region haben, sondern auch in der internationalen Lasercommunity. Bei uns können Mitarbeiter im Laserbereich an einzigartigen Technologien mitentwickeln.

Wettbewerb wird härter

Kommen wir zur wirtschaftlichen Lage. Als Sie 2008 zu Trumpf kamen, begann die große Finanzkrise. Ist die Lage heute vergleichbar?
Nein, die Situation ist nicht mit 2008 vergleichbar. Auch bei uns geht der Auftragseingang zurück, wir haben allerdings auch drei starke Wachstumsjahre hinter uns.

Was macht Ihnen dann Sorgen?
Der Wettbewerb mit China wird härter. Wir sehen chinesische Wettbewerber, die auf den Markt drängen. Und das nicht nur im Schneidmarkt, auch im Schweißmarkt. Damit verbunden ist auch ein gewisser Preis- und Kostendruck.

Wie begegnen Sie dem?
Wir differenzieren uns vom Wettbewerb aus Asien und erklären unseren Kunden, dass die günstigen Lösungen nicht mit unseren vergleichbar sind, dass es Unterschiede in der Performance, im Funktionsumfang und vor allem auch bei der Sicherheit gibt, und dass eine bessere Leistung auch mehr wert sein muss.
Und funktioniert das?

Gesamtpakete

Meistens gelingt uns das. Aber trotzdem ist es unser Anspruch und unser Versprechen, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Deshalb kommen wir ihm auch entgegen, indem wir zum Beispiel attraktive Preise für Gesamtpakete vereinbaren oder den Funktionsumfang unserer Lösung kundenorientiert anpassen.

Nochmal zur wirtschaftlichen Entwicklung: Flacht die Kurve nach oben nur ab oder geht es runter?
Wir sehen derzeit, dass der Auftragseingang in der Lasertechnik spürbar zurückgeht. Das Kalenderjahr 2024 wird für unseren Standort schwieriger werden als 2023. Auf die Frage, wie es weiter geht, hat unsere Chefin Nicola Leibinger-Kammüller in der Süddeutschen Zeitung kürzlich mit einem Zitat von Erich Kästner geantwortet: „Optimismus ist Pflicht“. Dem schließe ich mich an.

Wie sehen Sie die Entwicklung in Schramberg konkret?
Die Auftragseingänge gehen zurück. In diesem Jahr profitieren wir beim Umsatz noch von dem guten Auftragsbestand aus dem vergangenen Geschäftsjahr, jedoch sehen wir für das kommende Geschäftsjahr schon Rückgänge.

China ist sehr wichtig

Wie wichtig ist China für Trumpf Lasertechnik?
China spielt für uns eine große Rolle. Das Batterie-Geschäft und die E-Mobilität sind ein sehr großer Markt für uns. Und hier findet viel in China statt. Zunächst hatten wir Bedenken, dass der Wechsel vom Verbrenner zu E-Auto uns hart treffen würde, weil wir traditionell sehr viel in die Automobilindustrie liefern und geliefert haben.

Aber?
Ein E-Auto hat viel mehr Schweißnähte als ein konventioneller Verbrenner. Auch beim Antrieb, im Leichtbau und bei der Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien sowie der Hochleistungselektronik kommen die Laser von Trumpf zum Einsatz. Das heißt, es gibt sogar viel mehr Anwendungsfelder für unsere Produkte in einem E-Auto als in einem konventionellen Auto.

Batteriemodell für E-Auto: Sehr viele sehr präzise Schweißnähte sind erforderlich. Foto: him

E-Autos sind gut für Trumpf Laser

Das klingt ja positiv.
Ja, das hat bei uns auch zu einer gewissen Sonderkonjunktur in den letzten Jahren geführt. Wir haben mehrfach von der Nachfrage der Erstausrüster in Asien profitiert. Unser Asienanteil und besonders der Chinaanteil sind daher sehr stark gestiegen.

Nun hat sich die Weltpolitik nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine stark geändert. Auch die deutsche Regierung möchte, dass wir unabhängiger von China werden. Wie sehen Sie das?
Das ist für uns ein zweischneidiges Schwert. Deutschland und China sind unsere größten Absatzmärkte für die Produkte aus Schramberg. Eine Veränderung der Politik gegenüber China würde uns schon treffen.

Bereiten Sie sich auf solche Szenarien vor?
Wir bereiten uns natürlich darauf vor und haben diese Szenarien auch durchgespielt. Wir sind aber auch nicht vollkommen von China abhängig und haben eine hohe Fertigungstiefe, was die Komponenten für unsere Produkte angeht. Trotzdem gibt es Teile, die wir aus China beziehen. Viele davon sind in Europa kaum noch erhältlich. Hinzu kommt auch noch die indirekte Zulieferkette, die wir nicht vollständig überblicken können.

Das heißt?
Unsere Lieferanten beziehen ja auch wieder für ihre Produkte Komponenten aus China. Über die ganze Lieferkette hinweg, ist meistens etwas Chinesisches drin. Insofern ist das totale Entkoppeln von China eine große Herausforderung.

Unabhängiger werden

Was heißt das konkret für Trumpf Lasertechnik?
Wir haben analysiert, wie wir die wichtigsten Komponenten für unsere Laser ohne chinesische Beteiligung herstellen können Bei vielen davon ist es möglich, ein Lieferantennetzwerk aus Europa aufzubauen.

Wie sieht es bei den berühmten Chips aus, die während der Corona-Pandemie nicht mehr aus Fernost kamen, und ganze Produktionszweige lahmgelegt haben?
Was die Pumpdioden für unsere Laser betrifft, hat Trumpf eine eigene Halbleiterfabrik in Princeton. Ähnliches gilt für die Laserfasern. Da hat Trumpf schon 2008 eine Firma in England gekauft, die die Faserlasertechnologie beherrscht. Bei den klassischen Elektronikbaugruppen hängen wir aber auch vom Weltmarkt ab.

Sie haben vorhin erwähnt, dass Laserschweißen bei der E-Mobilität immer wichtiger wird. In welchem Bereich spielt die Schweißtechnik so eine große Rolle?
Es ist gigantisch, wie viele Schweißnähte für eine Batteriezelle gebraucht werden. Vor allem die Dichtigkeit der Zelle ist wichtig, damit keine Elektrolyte auslaufen können. Wenn die Schweißnaht nicht sauber ist, dann kann das zu schweren Defekten in der Batteriezelle führen. Oder aber man muss nacharbeiten, was sehr teuer ist. Wir bieten hier jedoch qualitativ hochwertige Produkte an, die sehr gute Schweißergebnisse liefern.

Aus einem Firmenvideo im Foyer. Foto: him

Lösungsanbieter

Sie verfolgen aber noch eine weitere Strategie?
Ja, wir verstehen uns als Lösungsanbieter. Das heißt, wir verkaufen unseren Kunden nicht nur einfach die Maschine beziehungsweise den Laser, sondern eine maßgeschneiderte Gesamtlösung. Beispiel Batterie. Da geht es nicht nur um die Schweißnaht, sondern auch um den Nachweis, dass die Schweißnaht wirklich dicht ist. Der Kunde muss das nicht mehr selbst kontrollieren, stattdessen erbringen wir den Qualitätsnachweis.

Der Vorteil für die Kunden?
Sie wissen: Bei uns kaufen sie nicht ausschließlich den Laser zum Schweißen, sondern wir liefern auch noch Prozessüberwachung dazu. Ein Überwachungssystem, mit dem man sicher sein kann, dass die Qualität stimmt.

Damit hätten Sie einen Vorsprung vor anderen Anbietern.
Ja, denn die Kostenersparnis für den Kunden ist am Ende so hoch, dass sich die höhere Investition in Lösungen von Trumpf rechnen.

Strompreis nicht entscheidend für Standort

Zum Standort Deutschland: Viele Unternehmen beklagen die hohen Energiepreise. Sie auch?
Wir bezahlen jetzt mehr als vor der Energiekrise, jedoch sinken die Preise glücklicherweise wieder. Außerdem produzieren wir unseren Strom teilweise selbst, zum Beispiel mittels Photovoltaikzellen auf unseren Dächern hier am Standort. Uud unser Umwelt- und Energiemanagementteam ist ständig auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten beim Energieverbrauch. Alleine wegen der Energiekosten würden wir nicht an einem anderen Standort investieren.

Ein Industriestrompreis wäre aber schon ok?
Die höheren Energiekosten belasten auch Trumpf Laser. Für uns spielen die Energiekosten im Vergleich beispielsweise zu Chemieunternehmen oder Bäckern im Handwerk allerdings eine untergeordnete Rolle.

Aber für Ihre Kunden?
Wir müssen generell in Deutschland auf die Energiepreise schauen. Unsere Laser verbrauchen Strom. Und ist der Strompreis unverhältnismäßig hoch, verkaufen wir unsere Laser vielleicht nicht mehr nach Deutschland, sondern unsere Kunden investieren in anderen Ländern. Das mag dann Trumpf Lasertechnik weniger hart treffen, aber in Deutschland gehen Arbeitsplätze verloren. Also ist ein wettbewerbsfähiger Energiepreis natürlich sehr wichtig.

Wo sehen Sie die Grenze?
Wir müssen nicht den billigsten Strom der Welt haben, aber er muss wettbewerbsfähig sein. Vergleichbar mit dem, was andere EU-Länder oder die USA für Energie bezahlen.

US-Konjunkturprogramm hilft

Da kommt der Inflation Reduction Act hinzu, bei dem US-Präsident Joe Biden mehrere 100 Milliarden Dollar in die heimische Wirtschaft pumpen will. Macht Ihnen das zu schaffen?
Nein, das ist für uns momentan sogar von Vorteil. Wir verzeichnen ein großes Wachstum in Amerika, vor allem im Bereich Werkzeugmaschinen. Die Firmen kaufen hochqualitative Technologie, die wir ihnen bieten können. Und US-Firmen wollen normalerweise keine chinesische Technologie einsetzen. Sie sind meistens stolz, wenn sie Hochtechnologie aus Deutschland einsetzen können.

Was ist der andere positive Effekt?
Biden möchte stark in grüne Technologien investieren. Und bei den Batterien für die E-Mobilität sind, wie gesagt, sehr viele Schweißnähte erforderlich. Und dafür braucht es Laser. Die sind nicht alle von Trumpf, aber sie könnten theoretisch alle von Trumpf sein. Dass man von diesem Kuchen etwas abbekommt, ist dann sehr wahrscheinlich.

Gebäude von Trumpf Laser in Sulgen. Foto: him

Am Standort konsolidieren

Zurück nach Schramberg: Sie haben in den letzten Jahren hier viel gebaut.
Stimmt. Seit ich 2013 zum ersten Mal hier herkam, hat sich der Standort komplett geändert. Wir haben fast 100 Millionen Euro investiert. Das Entwicklungszentrum wurde 2013 eingeweiht, und das haben wir schon drei Jahre später aufgestockt. Die Produktion war halb so groß damals. Für Trumpf war es zudem ein Glücksfall, dass es die Möglichkeit gab, das Ganterareal nebenan zu erwerben. Später konnten wir das Gelände der Firma Diehl auf der anderen Straßenseite und den früheren Tengelmann-Markt kaufen.

Wie ging das mit den Eigentümern und der Stadt?
Ich fand toll, dass alle Gespräche sehr zielorientiert und auch sehr heimatverbunden waren. Allen war daran gelegen, dass wir uns bei Trumpf weiterentwickeln können. Jeder, dem ich den Entwicklungsplan damals gezeigt habe, hat gesagt: ‚Okay, wir wollen dem nicht im Wege stehen, wenn ihr das so umsetzt.‘

Gibt es weitere Ausbaupläne?
Wir haben auf dem Gelände noch Platz für Erweiterungen. Aber zuerst müssen wir unsere bisherigen Investitionen konsolidieren. Wir sind extrem gewachsen in den letzten zehn Jahren.

Inzwischen ist Trumpf der größte Arbeitgeber in Schramberg.
Als ich 2013 hierher kam, hatte Trumpf keine 700 Mitarbeiter, inzwischen sind es etwa 1600, mehr als eine Verdoppelung in zehn Jahren.

Aber es gibt doch den Masterplan?
Richtig, der Masterplan sieht weitere Ausbauschritte vor. Aber in den nächsten drei bis fünf Jahren planen wir hier keine weiteren Bauten. Wir müssen die bisherigen Investitionen erstmal verdauen. Wir haben jetzt viele schöne Räumlichkeiten und können auch noch den einen oder anderen Mitarbeiter einstellen und auf vorhandenen Flächen unterbringen.

Homeoffice verändert die Arbeitswelt

Dank Corona ist Homeoffice ja auch in Deutschland üblicher geworden.
Dank Homeoffice sind jetzt zumindest für die Verwaltungsjobs weniger Raumangebote notwendig. Wenn ich hier manchmal durchlaufe, dann haben wir wirklich sehr, sehr schöne Arbeitsplätze, aber die sind manchmal nur an wenigen Tagen die Woche besetzt. Also haben wir hier derzeit noch viel freien Raum, den wir nur geschickt nutzen müssen.

In einem dritten Teil wird sich Björn Dymke zu neuen Technologien und Laseranwendungen insbesondere in der Messtechnik und im Bereich Wasserstoff äußern.

Das interessiert diese Woche

Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.