KI Workshop mit Tobias Hilgert

„Von der Industriellen Revolution zur KI-Revolution“

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Es ist sicher selten, dass ein Teilnehmer eines Vortrags am Ende meint: „Das war so toll, davon werde ich heute Nacht noch träumen.“ Nach dem dritten KI-impact-Workshop im Rahmen der Initiative „Make it in Schramberg“ hatte am Mittwochabend der technische Geschäftsführer der Aichhalder Simon Group, Tobias Hilgert, gesprochen. Sein Thema: „Von der Industriellen Revolution zur KI-Revolution: Chancen und Perspektiven für mittelständische Unternehmen.“

Schramberg. In den Räumen von Karin Birkels Firma good Skillz in Junghans-Gewerbepark trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nun zum dritten Mal seit Ende April. Mark Finnern, der mit Birkel die Workshops leitet, erinnerte an die Motivation der Informatik- und Computerpioniere: „Wie können wir eine Gesellschaft entwickelt, die positiv für alle ist.“

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Mark Finnern. Foto: him

Doug Engelbart, einer der Pioniere der Computerentwicklung, habe betont, die Technologie solle nicht darauf abzielen, den Menschen überflüssig zu machen, sondern seine Fähigkeiten verstärken.

Von der Theorie zur Praxis

Tobias Hilgert, Informatik-Ingenieur mit Vertiefung technische Mathematik, berichtete auch aus der Unternehmenspraxis in Aichhalden, wo heute schon in mehreren Bereichen die Künstliche Intelligenz erfolgreich eingesetzt werde. Die Simon Group mit etwa 800 Beschäftigten sei Weltmarktführer bei der Produktion von Hartmetallmeißeln für die Bauindustrie. Asphaltfräsen oder Tunnelbohrmaschinen würden damit bestückt. „Wir sind ein ‚Hidden Champion‘“, so Hilgert.

Er ist überzeugt, dass für Länder wie Deutschland, das über keine Rohstoffe verfüge, „Wissen die Basis unseres Wohlstand ist“. Und das werde sich mit KI so weiter entwickeln.

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Tobias Hilgert. Foto: him

Die vier industriellen Revolutionen

Hilgert beschrieb die vier industriellen Revolutionen, nach den Jahrtausenden der Stagnation. Bis ins Mittelalter seien die Menschen in erster Linie mit der Nahrungssuche beschäftigt gewesen, es habe keine großen Fortschritte gegeben. Dann mit der Erfindung der Dampfmaschine wurde die Muskelkraft ersetzt und die Wirtschaft entwickelte sich viel schneller als zuvor.

Mit der zweiten industriellen Revolution also der Erfindung von Otto- und Dieselmotor, der dritten ab 1960 mit Elektronik und Automatisierung und der vierten ab etwa 2016 mit Künstlicher Intelligenz, Blockchain und Big Data, wurde die Beschleunigung exponentiell.

Das Problem: Der Mensch hat in den Jahrtausenden davor Instinkte entwickelt, die mit den neuen Möglichkeiten nicht oder nur schwer in Einklang zu bringen sind. „Die lineare Entwicklung hat uns geprägt“, so Hilgert. Das passe schwer in die exponentielle Welt.

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Von linear zu exponentiell in wenigen Jahrzehnten. Foto: him

Ein Beispiel: In der ersten industriellen Revolution stieg die Produktivität um das 600-fache im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Mit der Erfindung des Computers vervielfachte sich die Rechenleistung um eine Billiarde. Bei diesem Tempo kommen viele Menschen nicht mit, resignieren, werden überfordert.

Ein weiteres Problem sei, dass mit wachsender Produktivität die Deflation ansteigt. Mehr Produkte können mit weniger Aufwand hergestellt werden, also fallen die Preise. Schlecht für die Wirtschaft, weil die Menschen zögern einzukaufen. Dies hätten die Notenbanken in den vergangenen Jahrzehnten durch Gelddrucken ausgeglichen.

Innovation oder Disruption?

Jede neue Technologie oder Innovation brächte auch Disruption, also Marktverwerfungen mit sich. Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Josef Schumpeter habe dafür den Begriff der „schöpferischen Zerstörung“ geprägt.

Am Beispiel der Uhr und des Smartphones hat Hilgert dies verdeutlicht. Die Armbanduhr war eine Innovation im Vergleich zur Wanduhr. Das Smartphone aber macht die Uhr, die Kamera, das Telefon, den PC, den Plattenspieler überflüssig, zerstört damit also den Markt für diese Produkte. „Wir müssen also immer produktiver werden, sonst bricht das System zusammen“, so Hilgerts Schluss.

Als Beispiel für die rasante Geschwindigkeit der digitale Revolution nannte Hilgert den Bordcomputer des Apollo Raumschiffs. Der Computer habe vor 55 Jahren auf heutige Preise umgerechnet 250 Millionen Dollar gekostet und über einen Arbeitsspeicher von zwei Kilobit verfügt. Ein I-Phone koste heute etwa 1200 Dollar und habe einen Speicher mit acht Gigabyte.

Disruptionen habe es immer schon gegeben. „Im Kapitalismus gibt es Gewinner und Verlierer.“ Heute werde die Entwicklung von den Rechnerleistungen und der Computertechnologie getrieben. KI sei im Grunde gar nicht so neu. Der Finanzverwalter BlackRock nutze solche Systeme bereits seit 1988 um künftige wirtschaftliche Entwicklungen voraus zu sehen, berichtete Hilgert.

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Foto: him

Daten, Mathe, Rechner

Für KI brauche man als Basis Daten und Informationen, darauf bauen mathematische Modelle, Rechenpower und die Vernetzung mit dem Internet auf. Systeme könnten einfach sein, kompliziert oder komplex, erläuterte Hilgert. Einfach sei beispielsweise eine Glühbirne: Glas, Gas, Wolframdraht, ein, aus. Kompliziert eine Uhr mit Zahnrädern, Feder, Öl, Reibung… Diese beiden Systemarten könne man gut berechnen. Schwierig sei es bei komplexen Systemen wie Mensch oder Wald. Da seien viele Daten unscharf, unvollständig oder „verrauscht“.

Um diese komplexen Systeme doch durchdringen zu können, habe man „neuronale Netze“ entwickelt, die den menschlichen Nervenzellen im Gehirn nachempfunden seien. Seit es genügend Rechenpower gäbe, könne man solche selbst lernenden Systeme betreiben.

Hilgert zeigte dies am Beispiel der Bilderkennung. Dem System werden zehntausend Katzenbilder eingegeben. Irgendwann hat es die „katzentypischen“ Merkmale gelernt und kann entscheiden: „Katze – keine Katze“.

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Katze oder Hund? Foto: him

Hilgert wies auch auf die Gefahren hin: Wenn ChatGPT erkennt, was an einem Fahrrad kaputt ist, braucht man nicht mehr selbst überlegen, beschrieb er eine der eher harmlosen negativen Folgen. Gravierender sind die Fragen des Datenschutzes oder die Frage, wann werden uns die neuen Technologien übertreffen? „Ob dann so etwas wie Selbständigkeit entsteht?“ müsse man sich fragen.

Anwendungsbeispiele aus der Simon-Praxis

In seinem Unternehmen setze man die KI ein, um das hohe Datenvolumen zu beherrschen und die verschiedenen Daten aus den Betrieben und Abteilungen miteinander zu verknüpfen. Mit Hilfe von KI versuche man beispielsweise den Stromverbrauch für die nächste Zeit vorher zu berechnen. „Wir haben einen sehr hohen Stromverbrauch“, so Hilgert.

Da mache es Sinn, genauere Prognosen zu ermitteln, um günstiger einkaufen zu können. In die Berechnungen flössen beispielsweise die Fehltage wegen Krankheiten ein, die Sonnenscheindauer, die Außentemperatur. Waren früher die Prognosen plus – minus 20 Prozent genau, so sind sie dank KI nun auf zwei Prozent genau.

In der Werkstoffprüfung müssten täglich hunderte von Bildern ausgewertet werden. Das übernehme inzwischen der Computer mit einer Genauigkeit, die ein Mitarbeiter nie erreichen könne.

Im Betrieb arbeite man dezentral an den KI-Systemen. Es gebe eine kleine Gruppe, die sich intensiv damit beschäftige. Die Mitarbeiter kämen aus allen Abteilungen, nicht speziell aus der IT.

Hilgert ist überzeugt, dass KI eine große Chance für Deutschland und seine Industrie sei. „Wir werden nur so halten können, was wir haben.“ Deutsche Realtechnologie kombiniert mit KI, das sei die Chance auch für mittelständische Firmen.

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Foto: him

Fragen von Energie bis Wirecard

In der Diskussion waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass KI eher die Bürojobs als die Arbeitsplätze in der Produktion gefährde. Ob überhaupt genügend Energie vorhanden sei, fragte sich ein Teilnehmer. Das sei tatsächlich ein Thema: Eine Anfrage bei ChatGPT verbrauche etwa zehn Mal mehr Strom als eine Google-Suche, so Hilgert. Er ist deshalb überzeugt, dass die großen Rechenzentren weiterhin in den USA arbeiten werden, weil dort der Strom günstiger sei.

Eine andere Frage befasste sich mit den Mitarbeitern: Wie man die eher Skeptischen begeistern könne? Hilgert hat dabei die Erfahrung gemacht, dass es weniger auf das Alter oder die Bildung ankomme, sondern auf Einstellungen. Wenn jemand einen Partner aus einem anderen Kulturkreis habe, dann sei da oft auch mehr Offenheit für Neues wie die KI zu spüren. Die klassischen IT-ler seien eher sachorientiert unterwegs, hat er beobachtet.

Ob die KI den Wirecard-Schwindel entdeckt hätte, fragte sich ein Wirtschaftsprüfer und erntete Gelächter. Hilgert wies am Ende auch auf die Grenzen von KI hin: „Was passiert, wenn sich eine Lage drastisch verändert, die KI aber auf die alte Situation trainiert ist?“ Der Aspekt Mensch bleibe, ist Hilgert sich sicher. An die Leistungsträger einer Gesellschaft würden die Ansprüche nochmals steigen.

Traumhafte Aussichten?

Info: Am 19. Juni um 19 Uhr wird Mario Herger in der Geisshalde über „Wachstumsmotor Künstliche Intelligenz – Schramberg lässt sich von Silicon Valley inspirieren“ sprechen. Diese Veranstaltung bietet eine weitere Gelegenheit, sich über die neuesten Entwicklungen zu informieren und zu diskutieren, wie man diese Technologien zum Vorteil der lokalen Wirtschaft nutzen könnte.

Das interessiert diese Woche



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Es ist sicher selten, dass ein Teilnehmer eines Vortrags am Ende meint: „Das war so toll, davon werde ich heute Nacht noch träumen.“ Nach dem dritten KI-impact-Workshop im Rahmen der Initiative „Make it in Schramberg“ hatte am Mittwochabend der technische Geschäftsführer der Aichhalder Simon Group, Tobias Hilgert, gesprochen. Sein Thema: „Von der Industriellen Revolution zur KI-Revolution: Chancen und Perspektiven für mittelständische Unternehmen.“

Schramberg. In den Räumen von Karin Birkels Firma good Skillz in Junghans-Gewerbepark trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nun zum dritten Mal seit Ende April. Mark Finnern, der mit Birkel die Workshops leitet, erinnerte an die Motivation der Informatik- und Computerpioniere: „Wie können wir eine Gesellschaft entwickelt, die positiv für alle ist.“

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Mark Finnern. Foto: him

Doug Engelbart, einer der Pioniere der Computerentwicklung, habe betont, die Technologie solle nicht darauf abzielen, den Menschen überflüssig zu machen, sondern seine Fähigkeiten verstärken.

Von der Theorie zur Praxis

Tobias Hilgert, Informatik-Ingenieur mit Vertiefung technische Mathematik, berichtete auch aus der Unternehmenspraxis in Aichhalden, wo heute schon in mehreren Bereichen die Künstliche Intelligenz erfolgreich eingesetzt werde. Die Simon Group mit etwa 800 Beschäftigten sei Weltmarktführer bei der Produktion von Hartmetallmeißeln für die Bauindustrie. Asphaltfräsen oder Tunnelbohrmaschinen würden damit bestückt. „Wir sind ein ‚Hidden Champion‘“, so Hilgert.

Er ist überzeugt, dass für Länder wie Deutschland, das über keine Rohstoffe verfüge, „Wissen die Basis unseres Wohlstand ist“. Und das werde sich mit KI so weiter entwickeln.

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Tobias Hilgert. Foto: him

Die vier industriellen Revolutionen

Hilgert beschrieb die vier industriellen Revolutionen, nach den Jahrtausenden der Stagnation. Bis ins Mittelalter seien die Menschen in erster Linie mit der Nahrungssuche beschäftigt gewesen, es habe keine großen Fortschritte gegeben. Dann mit der Erfindung der Dampfmaschine wurde die Muskelkraft ersetzt und die Wirtschaft entwickelte sich viel schneller als zuvor.

Mit der zweiten industriellen Revolution also der Erfindung von Otto- und Dieselmotor, der dritten ab 1960 mit Elektronik und Automatisierung und der vierten ab etwa 2016 mit Künstlicher Intelligenz, Blockchain und Big Data, wurde die Beschleunigung exponentiell.

Das Problem: Der Mensch hat in den Jahrtausenden davor Instinkte entwickelt, die mit den neuen Möglichkeiten nicht oder nur schwer in Einklang zu bringen sind. „Die lineare Entwicklung hat uns geprägt“, so Hilgert. Das passe schwer in die exponentielle Welt.

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Von linear zu exponentiell in wenigen Jahrzehnten. Foto: him

Ein Beispiel: In der ersten industriellen Revolution stieg die Produktivität um das 600-fache im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Mit der Erfindung des Computers vervielfachte sich die Rechenleistung um eine Billiarde. Bei diesem Tempo kommen viele Menschen nicht mit, resignieren, werden überfordert.

Ein weiteres Problem sei, dass mit wachsender Produktivität die Deflation ansteigt. Mehr Produkte können mit weniger Aufwand hergestellt werden, also fallen die Preise. Schlecht für die Wirtschaft, weil die Menschen zögern einzukaufen. Dies hätten die Notenbanken in den vergangenen Jahrzehnten durch Gelddrucken ausgeglichen.

Innovation oder Disruption?

Jede neue Technologie oder Innovation brächte auch Disruption, also Marktverwerfungen mit sich. Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Josef Schumpeter habe dafür den Begriff der „schöpferischen Zerstörung“ geprägt.

Am Beispiel der Uhr und des Smartphones hat Hilgert dies verdeutlicht. Die Armbanduhr war eine Innovation im Vergleich zur Wanduhr. Das Smartphone aber macht die Uhr, die Kamera, das Telefon, den PC, den Plattenspieler überflüssig, zerstört damit also den Markt für diese Produkte. „Wir müssen also immer produktiver werden, sonst bricht das System zusammen“, so Hilgerts Schluss.

Als Beispiel für die rasante Geschwindigkeit der digitale Revolution nannte Hilgert den Bordcomputer des Apollo Raumschiffs. Der Computer habe vor 55 Jahren auf heutige Preise umgerechnet 250 Millionen Dollar gekostet und über einen Arbeitsspeicher von zwei Kilobit verfügt. Ein I-Phone koste heute etwa 1200 Dollar und habe einen Speicher mit acht Gigabyte.

Disruptionen habe es immer schon gegeben. „Im Kapitalismus gibt es Gewinner und Verlierer.“ Heute werde die Entwicklung von den Rechnerleistungen und der Computertechnologie getrieben. KI sei im Grunde gar nicht so neu. Der Finanzverwalter BlackRock nutze solche Systeme bereits seit 1988 um künftige wirtschaftliche Entwicklungen voraus zu sehen, berichtete Hilgert.

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Foto: him

Daten, Mathe, Rechner

Für KI brauche man als Basis Daten und Informationen, darauf bauen mathematische Modelle, Rechenpower und die Vernetzung mit dem Internet auf. Systeme könnten einfach sein, kompliziert oder komplex, erläuterte Hilgert. Einfach sei beispielsweise eine Glühbirne: Glas, Gas, Wolframdraht, ein, aus. Kompliziert eine Uhr mit Zahnrädern, Feder, Öl, Reibung… Diese beiden Systemarten könne man gut berechnen. Schwierig sei es bei komplexen Systemen wie Mensch oder Wald. Da seien viele Daten unscharf, unvollständig oder „verrauscht“.

Um diese komplexen Systeme doch durchdringen zu können, habe man „neuronale Netze“ entwickelt, die den menschlichen Nervenzellen im Gehirn nachempfunden seien. Seit es genügend Rechenpower gäbe, könne man solche selbst lernenden Systeme betreiben.

Hilgert zeigte dies am Beispiel der Bilderkennung. Dem System werden zehntausend Katzenbilder eingegeben. Irgendwann hat es die „katzentypischen“ Merkmale gelernt und kann entscheiden: „Katze – keine Katze“.

ki workshop hilgert tobias dk 050624 (17)
Katze oder Hund? Foto: him

Hilgert wies auch auf die Gefahren hin: Wenn ChatGPT erkennt, was an einem Fahrrad kaputt ist, braucht man nicht mehr selbst überlegen, beschrieb er eine der eher harmlosen negativen Folgen. Gravierender sind die Fragen des Datenschutzes oder die Frage, wann werden uns die neuen Technologien übertreffen? „Ob dann so etwas wie Selbständigkeit entsteht?“ müsse man sich fragen.

Anwendungsbeispiele aus der Simon-Praxis

In seinem Unternehmen setze man die KI ein, um das hohe Datenvolumen zu beherrschen und die verschiedenen Daten aus den Betrieben und Abteilungen miteinander zu verknüpfen. Mit Hilfe von KI versuche man beispielsweise den Stromverbrauch für die nächste Zeit vorher zu berechnen. „Wir haben einen sehr hohen Stromverbrauch“, so Hilgert.

Da mache es Sinn, genauere Prognosen zu ermitteln, um günstiger einkaufen zu können. In die Berechnungen flössen beispielsweise die Fehltage wegen Krankheiten ein, die Sonnenscheindauer, die Außentemperatur. Waren früher die Prognosen plus – minus 20 Prozent genau, so sind sie dank KI nun auf zwei Prozent genau.

In der Werkstoffprüfung müssten täglich hunderte von Bildern ausgewertet werden. Das übernehme inzwischen der Computer mit einer Genauigkeit, die ein Mitarbeiter nie erreichen könne.

Im Betrieb arbeite man dezentral an den KI-Systemen. Es gebe eine kleine Gruppe, die sich intensiv damit beschäftige. Die Mitarbeiter kämen aus allen Abteilungen, nicht speziell aus der IT.

Hilgert ist überzeugt, dass KI eine große Chance für Deutschland und seine Industrie sei. „Wir werden nur so halten können, was wir haben.“ Deutsche Realtechnologie kombiniert mit KI, das sei die Chance auch für mittelständische Firmen.

ki workshop hilgert tobias dk 050624 (20)
Foto: him

Fragen von Energie bis Wirecard

In der Diskussion waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass KI eher die Bürojobs als die Arbeitsplätze in der Produktion gefährde. Ob überhaupt genügend Energie vorhanden sei, fragte sich ein Teilnehmer. Das sei tatsächlich ein Thema: Eine Anfrage bei ChatGPT verbrauche etwa zehn Mal mehr Strom als eine Google-Suche, so Hilgert. Er ist deshalb überzeugt, dass die großen Rechenzentren weiterhin in den USA arbeiten werden, weil dort der Strom günstiger sei.

Eine andere Frage befasste sich mit den Mitarbeitern: Wie man die eher Skeptischen begeistern könne? Hilgert hat dabei die Erfahrung gemacht, dass es weniger auf das Alter oder die Bildung ankomme, sondern auf Einstellungen. Wenn jemand einen Partner aus einem anderen Kulturkreis habe, dann sei da oft auch mehr Offenheit für Neues wie die KI zu spüren. Die klassischen IT-ler seien eher sachorientiert unterwegs, hat er beobachtet.

Ob die KI den Wirecard-Schwindel entdeckt hätte, fragte sich ein Wirtschaftsprüfer und erntete Gelächter. Hilgert wies am Ende auch auf die Grenzen von KI hin: „Was passiert, wenn sich eine Lage drastisch verändert, die KI aber auf die alte Situation trainiert ist?“ Der Aspekt Mensch bleibe, ist Hilgert sich sicher. An die Leistungsträger einer Gesellschaft würden die Ansprüche nochmals steigen.

Traumhafte Aussichten?

Info: Am 19. Juni um 19 Uhr wird Mario Herger in der Geisshalde über „Wachstumsmotor Künstliche Intelligenz – Schramberg lässt sich von Silicon Valley inspirieren“ sprechen. Diese Veranstaltung bietet eine weitere Gelegenheit, sich über die neuesten Entwicklungen zu informieren und zu diskutieren, wie man diese Technologien zum Vorteil der lokalen Wirtschaft nutzen könnte.

Das interessiert diese Woche

Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.