Lauterbach: Rathaushaussegen hängt schief
Bürgermeister Leichtle bezieht Stellung zu Vorwürfen

Keine guten Nachrichten sind aus dem Lauterbacher Rathaus zu vernehmen. Dort scheint zwischen der Belegschaft und der Chefetage der Haussegen ordentlich schief zu hängen. Sogar in der Einwohnerfragestunde bei der jüngsten Gemeinderatssitzung kam das Thema zur Sprache. Eine langjährige Mitarbeiterin war vom Dienst freigestellt und mit einem Hausverbot belegt worden. Über die Anfrage berichtet das Lauterbacher Amtsblatt „Bürger und Gemeinde“. Gegenüber der NRWZ hat Bürgermeister Jürgen Leichtle ausführlich Stellung bezogen und sich gegen „pauschale Vorwürfe“ gewehrt.
Lauterbach. Im Amtsblatt vom 25. April ist zu lesen, im Rahmen der Einwohnerfragestunde sei Verena Oehl auf Missstände im Rathaus, auch im Umgang mit Angestellten eingegangen. Sie habe gefragt, „wie der Bürgermeister mit Personalangelegenheiten umgeht und wie demokratische Verantwortung gelebt wird“. Sie habe den Fall einer sehr langjährige Mitarbeiterin erwähnt, die vom Dienst freigestellt worden sei.
Freistellung als Machtmissbrauch?
Zudem habe man dieser Mitarbeiterin verboten, gemeindeeigene Gebäude zu betreten. Dies betreffe nicht nur das Rathaus, sondern zum Beispiel auch die Leichenhalle, das Gemeindehaus und andere öffentliche Räume. Oehl fragte sich laut Amtsblatt, ob dies rechtlich überhaupt zulässig ist. „Aus meiner Sicht ist so ein Verbot nur möglich, wenn schwerwiegende Vorfälle dies rechtfertigen. Alles andere ist in einer demokratisch geführten Verwaltung nicht akzeptabel und riecht nach Machtmissbrauch oder Mobbing“, sagte sie.

Weiter bemängelte Oehl den Umgang der im Rathaus Beschäftigten untereinander. Gerade auch mit Menschen, die jahrzehntelang für die Gemeinde gearbeitet hätten. Dies sei aus ihrer Sicht „menschlich und moralisch mehr als fragwürdig“.
Autoritärer Führungsstil?
Sie berichtete weiter, dass der Personalrat zurückgetreten sei und mehrere Angestellte gekündigt hätten. Das verstärke den Eindruck, dass Bürgermeister Jürgen Leichtle „einen sehr autoritären Führungsstil pflege und keine Rücksicht auf Bedürfnisse der Mitarbeiter nehme“, zitiert das Amtsblatt Verena Oehl.
Auch die Besetzung von Stellen aus dem Umfeld des Bürgermeisters und des Kämmerers hätten ein „Gschmäckle“. Sie als Bürgerin erwarte, dass der Bürgermeister seine Aufgaben ernst nehme und sich nicht aus der Verantwortung ziehe. Gerade jetzt, wo demokratische Werte vielerorts wackelten, brauche es Menschen in politischen Ämtern die zuhören, mitgestalten und sich selbst kritisch hinterfragen, sowie die Mitarbeitenden mit Respekt behandeln.
Gemeinderat gefordert
Oehl habe sich auch an den Gemeinderat gewandt und gefragt, ob dieser das Verhalten der Rathausführung mittrage. Der Gemeinderat müsse doch auch spüren, dass etwas aus dem Ruder laufe. Jetzt sei der richtige Moment, um Haltung zu zeigen für Anstand, für Miteinander und vor allem für demokratische Kultur.
„Das Thema wecke natürlich Emotionen, besonders wenn eine langjährige Mitarbeiterin betroffen ist“, sagte der Bürgermeister laut Amtsblatt. Er sprach sich dafür aus, die Diskussion zu versachlichen und bat um Verständnis dafür, dass er zu einzelnen Personalangelegenheiten keine Stellung nehmen könne. Dies diene in erster Linie dem Schutz der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten.
Er erklärte, die Bürger könnten davon ausgehen, „dass die Verwaltung auf der Grundlage von Gesetzen handelt“. Es sei nicht so, dass die Verwaltung ungeprüft Dinge tue, die sie nicht dürfe. Zum Personalrat meinte Leichtle, dass dieses Gremium von den Beschäftigten abhänge. Zur Neubesetzung der Stelle erklärte er, dass diese vorschriftsgemäß ausgeschrieben worden sei und abschließend die Wahl im Gemeinderat stattgefunden habe. Dabei sei das übliche Verfahren vollständig durchlaufen worden.
Hohe Fluktuation im Rathaus
Die Fluktuation im Lauterbacher Rathaus ist tatsächlich hoch. Bei insgesamt einem Dutzend Beschäftigten hätten seit Leichtles Amtsantritt drei die Verwaltung verlassen, eine vierte Person sei auf dem Absprung, ist zu hören.
Besonders nach dem Amtsantritt des neuen Kämmerers im Sommer 2023 sei die Stimmung gekippt. Dieser und Leichtle sind alte Bekannte aus der Baumwartvereinigung. Ein Vorwurf aus dem Rathausumfeld lautet demnach auch, Leichtle hole sich Leute aus seinem Bekanntenkreis ins Rathaus. Der Kämmerer ist auch für die Personalangelegenheiten in der Verwaltung verantwortlich.
Weshalb die langjährige Mitarbeiterin freigestellt wurde, darüber schweigen sich Bürgermeister und Gemeinderäte aus. Das ist korrekt, um die Betroffene zu schützen. Doch müssen die Vorwürfe recht gravierend sein, um solche Maßnahmen wie Freistellung und Betretungsverbote zu rechtfertigen.
Bürgermeister Leichtle: Aktuell kein Hausverbot
Die NRWZ hat Bürgermeister Leichtle um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Im Fall der langjährigen Mitarbeiterin, die freigestellt wurde, erklärt Leichtle wie schon in der Gemeinderatssitzung, er werde sich „zu einzelnen Personalangelegenheiten grundsätzlich nicht öffentlich äußern. Dies dient dem Schutz der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten – auch und gerade dann, wenn in der Öffentlichkeit über Vorgänge spekuliert wird.“
Leichtle betont im Zusammenhang mit der freigestellten Kollegin und dem Betretungsverbot: „Aktuell besteht gegenüber keiner Person ein solches Verbot. Die Verwaltung steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen – auch in schwierigen Situationen.“
Alles ordnungsgemäß ausgeschrieben
Zum Vorwurf, er würde Stellen mit ihm bekannten Personen besetzen, erwidert Leichtle: „Alle Stellen in der Gemeindeverwaltung Lauterbach wurden ordnungsgemäß, wiederholt, öffentlich und auf verschiedenen Kanälen ausgeschrieben. Die Einstellungen erfolgten jeweils auf Grundlage eines strukturierten und nachvollziehbaren Auswahlverfahrens, an dem mehrere Personen beteiligt waren. Die abschließende Entscheidung über die Besetzung traf jeweils der Gemeinderat.“
Persönliche Bekanntschaften seien dabei nicht Grundlage einer Stellenbesetzung gewesen. „Das ist mir auch im Interesse der betroffenen Mitarbeitenden wichtig klarzustellen.“

Auf die Stelle des Kämmerers habe sich niemand aus Lauterbach beworben. Es habe zwei Bewerbungen gegeben. „Die Auswahl erfolgte auf Grundlage der Qualifikation, Eignung und Erfahrung – entsprechend den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle“, erklärt dazu Bürgermeister Leichtle. Er weist darauf hin, dass zum 1. September „mit Maike Fehrenbacher eine junge Lauterbacherin ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten im Rathaus“ beginnen werde. (Wir haben berichtet.)

Pauschale Vorwürfe helfen niemand
Leichtle bestätigt, dass es derzeit keinen Personalrat im Lauterbacher Rathaus gebe. Ob ein solcher sich bilde, sei Sache der Beschäftigten. Die sei gesetzlich geregelt und „keine Entscheidung der Verwaltungsspitze“.
Leichtle meint in Bezug auf die Personalwechsel in jüngerer Zeit, diese gehörten in jeder Organisation zum Alltag und könnten vielfältige Gründe haben. „Ich halte nichts davon, hier pauschale Zusammenhänge herzustellen.“
Solche Wechsel seien bei einer kleinen Verwaltung nicht ungewöhnlich und lägen „durchaus im Rahmen des Üblichen – etwa im Hinblick auf Ruhestand, persönliche Umorientierung, endende Praktika oder Vorbereitungszeiten für ein Studium sowie familienbedingte Gründe.“ So sei auch ein früherer Kollege zum Bürgermeister einer anderen Gemeinde gewählt worden. „Auch das gehört zur Realität einer sich wandelnden Verwaltung.“
„Engagiertes und belastbares Team“
Auf die Frage, ob es in der Vergangenheit Mediationsversuche innerhalb der Rathausbelegschaft gegeben hat, geht Leichtle in seiner Stellungnahme nicht ein. Er betont aber, er nehme „Rückmeldungen – auch kritische – sehr ernst.
Gleichzeitig sehe ich ein engagiertes und belastbares Team, das sich mit hoher Verantwortung, Fachkenntnis und großem Einsatz für die Belange unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzt. Diese Leistung verdient Anerkennung und Respekt – gerade in einer Zeit, in der der öffentliche Dienst häufig pauschal infrage gestellt wird.“
Sein Ziel bleibe mit einem motivierten Team weiter „zuverlässig für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger da zu sein – mit Offenheit, Verantwortungsbewusstsein und Respekt im Umgang miteinander.“ Leichtle versichert abschließend, die Verwaltung arbeite „mit einem engagierten Team transparent und verantwortungsvoll für unsere Bürgerschaft – pauschale Vorwürfe helfen da niemandem“.
Dass die Gemeinde Lauterbach Personalprobleme hat, zeigt eine Anzeige im aktuellen Amtsblatt: Da wird „zum nächstmöglichen Zeitpunkt ein/e Sachbearbeiter/in (m/w/d) für das Bürgerbüro“ gesucht. In Vollzeit,100 Prozent, unbefristet.
