Donnerstag, 18. April 2024

Waldmössinger Kindergarten: Entscheidung rückt näher

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In Sachen Kindergartensanierung und -erweiterung in Waldmössingen kommt Bewegung. Der Ortschaftsrat und der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats werden sich kommende Woche mit einer ausführlichen Vorlage der Verwaltung befassen. Darin hat Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch gemeinsam mit Abteilungsleiterin Kerstin Flaig, Stadtkämmerer Klemens Walter und Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr die verschiedenen Möglichkeiten dargestellt: nur die  Sanierung des katholischen Kindergartens, die Sanierung und Erweiterung oder den Bau eines Betriebskindergartens. Das Thema ist im Ort heiß umkämpft.

In dem siebenseitigen Papier stellt die Verwaltung zunächst die Kindergartenbedarfsplanung für Waldmössingen vor. Demnach fehlen seit einiger Zeit immer wieder einzelne Plätze im U3- und Ü3-Bereich. Insbesondere im Krippenalter steige die Nachfrage. Aktuell stünden bereits für das Kindergartenjahr 2021/22 acht Kinder auf der Warteliste.

Im Ü3-Bereich seien alle Plätze belegt. Ab 2022 würden weitere Plätze erforderlich,  um den Bedarf künftig zu decken. Wegen des Neubaugebiets „Kehlenstraße“ seien Zuzüge von Familien zu erwarten.

Schaffung zusätzlicher Kindergartenplätze

Seit mehreren Jahren diskutiere man über die Sanierung und mögliche Erweiterung des Katholischen Kindergartens St. Josef im Stadtteil Waldmössingen. In diesem Jahr habe die Verwaltung den Auftrag erhalten, zum einen den Vertrag mit der Kirchengemeinde St. Valentin zu dieser Sanierung und möglichen Erweiterung nach zu verhandeln. Zum anderen sollte die Verwaltung prüfen, ob ein Modell betrieblich unterstützter Kinderbetreuung für den Stadtteil Waldmössingen möglich wäre.

Katholischer Kindergarten St. Josef

Der aktuelle Kindergartenvertrag aus dem Jahr2012  legt fest, „dass die Kirchengemeinde zur Finanzierung der Investitionsausgaben einen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent des nicht  gedeckten Aufwands trägt“. Wenn neue Kindergartenplätze geschaffen würden, müsse man eine gesonderte Vereinbarung über die Höhe des Baukostenzuschusses abschließen.

Letztes Jahr hatte die Kirchengemeinde St. Valentin erklärt, sie werde zu einer Kindergartenerweiterung finanziell nichts mehr beitragen können. Bei Nachverhandlungen mit der Kirchengemeinde St. Valentin und der Diözese Rottenburg erreichte die Stadt die Zusage, dass die Kirchengemeinde sich mit 220.000 Euro an der Sanierung und Erweiterung beteiligen würde. Das sind 110.000 Euro  mehr als die 100.000 Euro, die bisher für die Sanierung  zugesagt waren.

Ein Architekt geht für dieses Vorhaben von Gesamtkosten in Höhe von 2,9 Millionen Euro aus. Weil neue Plätze entstehen, könnte es vom Bund 409.000 Euro Zuschuss geben. Die Stadt müsste demnach 2,3 Millionen Euro ausgeben. Die Stadt würde diesen Betrag deckeln. „Baumehrkosten fielen ins Risiko der Kirchengemeinde“, heißt es in der Vorlage.

Die Sanierung und Erweiterung des Kindergartens St. Josef für sechs Gruppen verursache eine jährliche Haushaltsbelastung von 450.000 Euro in einem Bezugszeitraum von 25 Jahren.

Die kleine Lösung

Würde man den bestehenden Kindergarten lediglich sanieren, entfiele eine Gruppe, weil für den zeitgemäßen Betrieb weitere Räume gebraucht würden. Die „reine Sanierung bei Wegfall einer Gruppe“  würde laut Kirchengemeinde etwa 1,1 Millionen Euro kosten. Um Ersatz für die wegfallende Gruppe zu schaffen, müsste man einen Modulbau errichten.

Eine dritte Variante mit dem Erhalt der bisherigen Gruppen sieht eine Erweiterung mit den nötigen Zusatzräumen für etwa 300.000 Euro vor. Kosten insgesamt also etwa 1,4 Millionen Euro. Die Stadt schätzt die jährliche Haushaltsbelastung auf 300.000 Euro in einem Bezugszeitraum von 25 Jahren.

Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung

Erst seit einigen Wochen werde auch über das Modell einer betrieblich unterstützten Kinderbetreuung für Waldmössingen intensiv diskutiert. Es gebe deshalb noch wenig Konkretes dazu,  die Ideen seien noch „im Fluss“.  Allerdings habe sich in Waldmössingen eine Gruppe von Personen gebildet, die sehr daran interessiert sei, „eine betrieblich unterstützte Kinderbetreuung in Waldmössingen auf den Weg zu bringen“.

Bedarfsabfrage bei den  Unternehmen

Die Stadtverwaltung hat laut Vorlage „55 Unternehmen aus Waldmössingen und dem Interkommunalen Industriegebiet Waldmössingen – Seedorf per E-Mail angeschrieben und sie zu einer Videokonferenz eingeladen, bei der es darum ging, das erste Interesse zu ermitteln.“ Zehn Unternehmen – darunter die größten am Ort  – hätten ihr Interesse bekundet. In einer Umfrage bei diesen Firmen erklärten sechs der zehn Betriebe, sie hätten einen Bedarf zwischen 31 bis 46 Plätzen. Elf bis 13 Kinder kämen aus Waldmössingen.

Vier offene Fragen:

Standort

Die Betriebe würden einen Standort im Industriegebiet Waldmössingens bevorzugen, am besten im „Webertal III“. Ein Kindergarten dort würde allerdings das  Inkrafttreten des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Webertal III“ erheblich verzögern. Außerdem brächte ein Betriebskindergarten möglicherweise eine Einschränkung der umliegenden Betriebe mit sich. Ein anderes geeignetes Grundstück in Waldmössingen besitzt die Stadt nicht. Es müsste zudem ein vorhabenbezogenen Bebauungsplan erstellt werden.

Träger

Bei einer Umfrage hat die Stadt einen freien Träger gefunden, eine Stiftung aus der Region. Diese wäre bereit, das Projekt zu bauen und es, im Gegenzug für einen langfristigen Mietvertrag mit der Stadt, auch zu finanzieren.

Finanzierung

Ein Betriebskindergarten macht aus Sicht der Stadt dann Sinn, wenn die Firmen sich nicht nur am Bau sondern auch an den laufenden Kosten beteiligen, also  auch der jährliche Abmangel sinkt. Bisher zahlt die Kirchengemeinde sechs Prozent des Abmangels.  Bei einem Betriebskindergarten müsste dieser Anteil also höher sein. Die Stadt hat deshalb die Betriebe gefragt, ob sie bereit wären, sich an den investitions- und später an den Betriebskosten zu beteiligen.

Von sechs Betrieben gaben lediglich zwei an, sich an Investitionskosten beteiligen zu wollen. Ihre grundsätzliche Bereitschaft, für die Kinder von Mitarbeitenden monatlich Beiträge zu bezahlen, äußerten alle. Allerdings sagten sie nicht, wie viel sie zahlen würden.

Neben einem kirchlichen Kindergarten mit vier Gruppen müsste ein betrieblicher Kindergarten mit ebenfalls vier Gruppen entstehen, sofern zwei Gruppen von auswärtigen Kindern belegt werden. Bei einer voraussichtlichen Investitionssumme von fünf Millionen Euro für den Bau, einem Zuschuss von 528.000 Euro und der Beteiligung der Firmen in Höhe von 105.00 Euro rechnet die Stadt mit einer jährlichen Haushaltsbelastung von 200.000 Euro, bezogen auf von 25 Jahren. Dabei geht man von einer jährlichen Mietbelastung in Höhe von 160.000 Euro aus.

Die jährliche Gesamthaushaltsbelastung für dann zwei Kindergärten in Waldmössingen betrüge etwa 500.000 Euro.

Zeitschiene

Sobald die Baugenehmigung erteilt ist, könnte der Kindergarten St. Josef „relativ zeitnah“ saniert und erweitert werden, heißt es in der Vorlage. „Im Idealfall ist die Erweiterung des Kindergartens im Herbst 2022 abgeschlossen.“ Die Einrichtung eines betrieblich unterstützten Kindergartens würde „auf jeden Fall länger“ dauern, weil bisher weder ein Grundstück noch die Gespräche mit Trägern Investoren oder Firmen abgeschlossen sind. Der Platzbedarf in der Zwischenzeit müsste mit Modulbauten aufgefangen werden.

Die Alternativen

Die Verwaltung hat dem Ortschaftsrat und dem Verwaltungsausschuss nun zwei Beschlussvorschläge zur Auswahl vorgelegt. Sie sehen im Groben so aus:

Alternative 1

Der Ortschaftsrat stimmt der Sanierung und der kleinen Erweiterung (Erhalt vier Gruppen) im Kindergarten St. Josef der Kirchengemeinde St. Valentin mit geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 1,4 Millionen Euro zu.

Die anderen vier Gruppen sollen in einem Betriebskindergarten unterkommen. Die noch offenen Fragen soll die Verwaltung klären.

Alternative 2

Der Ortschaftsrat stimmt für die Sanierung und Erweiterung (sechs Gruppen) im Kindergarten St. Josef der Kirchengemeinde St. Valentin mit voraussichtlichen Gesamtkosten in Höhe von 2,9 Millionen Euro zu. Die Kirchengemeinde trägt das Risiko eventueller Baukostensteigerungen.

In beiden Fällen soll der bisherige Sperrvermerk aufgehoben werden.

 

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Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.