Erkenntnisgewinn durch Beinarbeit

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Zwei gelungene Abende bescherten das Auto und Uhrenmuseum und die Stadtwerke Schramberg am Freitag und Samstag den Besuchern. Beim Fahrradkino gab es neben dem Filmerlebnis auch eindrucksvolle Informationen zu Strom und seiner Gewinnung. Dabei gingen die Erkenntnisse sowohl durch den Kopf als auch durch die Beine.

Zwei Jubiläen in Coronazeiten

Kino mit Menschenkraft. Foto: ari

Harald Burger, der Leiter des Museums hatte  die beiden Jubiläen, zehn Jahre Museum und 20 Jahre Schramberger Stadtstrom, zum Anlass genommen das Fahrradkino des Freiburger Vereins „Solare Zukunft“ einzuladen.

Harald Burger

Franz Nübel vom Schramberger Subiaco lieferte die beiden Filme, einen Krimi mit Daniel Craig und einen Spielfilm  über die Kindheit und Jugend Udo Lindenbergs.

Franz Nübel vom Subiaco

Die Idee: Zehn Fahrräder werden auf Gestelle gespannt, die Hinterräder treiben kleine Generatoren an.

Der Stromgenerator am Hinterrad. Foto: ari

Der erzeugte Strom aller zehn Fahrräder wird in eine zentrale Einheit geleitet und versorgt von dort einen Beamer, die Lautsprecher und einen Laptop, auf dem der Film gespeichert ist.

In Schramberg Premiere nach Coronapause

Rolf Behringer vom Verein freute sich in einer kurzen Ansprache, dass sie erstmals seit Anfang März nun in Schramberg wieder mit ihrem Fahrradkino auftreten können. Wegen Corona sei seither alles abgesagt worden.

Rolf Behringer und Hans Haaser

Eigentlich hatten Burger und sein Team gehofft, das Fahrradkino auf dem Parkplatz open air veranstalten zu können. Doch der kalte Regen trieb  die Akteure ins Museum.

Engagierte Pedaleurinnen und Pedaleure

Zehn Freiwillige, beim ersten Abend darunter fünf Stadträtinnen und Räte, Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, Carsten Kohlmann vom Stadtarchiv und –Stadtmuseum und der Radbeauftragte Gunnar Link, schwangen sich in die Sattel und strampelten los.

Noch ganz entspannt: Carsten Kohlmann   Foto: ari

Auf der Leinwand konnte man ablesen, wie viel Leistung jeder Radler und Radlerin gerade erbrachte. War die Leistung insgesamt höher als der Verbrauch, wurde ein Akku geladen: Schwächelten die Radler, kam zusätzliche Energie aus dem Akku. Behringer riet den Radlern: „Überfordern Sie sich nicht!“

Die Leistung der einzelnen Räder ist auf der Leinwand zu sehen

Eine hielt komplett durch

Wer ein Handzeichen gab, konnte sich ablösen lassen – nachdem Museumsmitarbeiterinnen den Lenker desinfiziert hatten. Nach etwa einer viertel Stunde merkte man, dass es durchaus anstrengend ist, beständig 50 Watt Strom zu liefern.

Nach einer halben Stunde wechselten die ersten aus dem Sattel auf den Stuhl. Die einzige, die den gesamten Film durch gehalten hat, war Buntspecht-Stadträtin Lara Kiolbassa, besonders beklatscht vom Publikum und den Mitradlern.

Oberbürgermeisterin Eisenlohr und Lara Kiolbassa, im Hintergrund Barbara Kunst und Reinhard Günter. Foto: Ringwald

Die Leistungen der Radlerinnen und Radler schwankten – durchaus parallel mit den Filminhalten: wurde der Krimi sehr spannend, ließ die Leistung nach. Spielten die Bands im Lindenbergfilm Rock ‚n‘ Roll, traten die Radler umso kräftiger in die Pedale.

Was ist eine Kilowattstunde?

Bei Rock ‚ n‘ Roll steigt die Leistung….

Als der Abspann lief, griff Behringer nochmals zum Mikrofon und rechnete dem Publikum vor: “Jeder Rollentrainer liefert etwa 50 Watt, macht bei zehn  500 Watt, macht bei einer Stunde 500 Watt pro Stunde. Der Film dauerte zwei Stunden, macht 1000 Wattstunden. Das ist eine Kilowattstunde. Wissen Sie, was eine Kilowattstunde kostet?“ Großes Erstaunen, denn eine Kilowattstunde kommt gerade auf etwa 30 Cent. Die Leistung aller Radelnden ist gerade Mal so viel wert wie eine halbe Brezel.

Behringer meinte, er wolle nicht dazu verleiten, nun wie wild Strom  zu verbrauchen, weil er ja so billig ist. „Wir wollen Ihnen zeigen, wie viel Energie in einer Kilowattstunde steckt, und dass sie davor ein wenig Respekt bekommen.“

Bei den jeweils etwa 40 Besucherinnen und Besuchern, und besonders denen, die selbst Bein angelegt und ordentlich geschwitzt haben, ist den Initiatoren das hervorragend gelungen.

Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.